Marken- und Produktpiraterie wird zu einem immer wichtigeren Thema in allen Branchen, das viele Gefahren für Wirtschaft und Verbraucher birgt.
Gegenstand der vorliegenden Arbeit soll die Erläuterung der Problematik von Marken- und Produktpiraterie sein, sowie das Herausarbeiten eines Lösungsansatzes und Schutzmaßnahmen insbesondere für Modeunternehmen.
Nach der Erklärung des Begriffs soll zunächst die wirtschaftliche Bedeutung erläutert werden. Dies findet nicht nur auf der Stufe der Gesamtwirtschaft statt, sondern ebenso auf der von Unternehmen wie von Endverbrauchern. Die Ursachen für die wachsende Zahl der Fälschungen sollen dann ebenfalls sowohl aus dem Blickwinkel der Wirtschaft wie auch aus dem der Endverbraucher betrachtet werden. Des Weiteren werden mögliche Schutzmaßnahmen aus juristischen, technischen sowie organisatorischen Gesichtspunkten erläutert, um dann im Hauptteil zu diskutieren, welche Maßnahmen einen wirksamen Schutz für große Modeunternehmen bieten können.
Im Fazit des vorliegenden Textes werden die Möglichkeiten aufgezeigt, die für den Marken- und Produktschutz eines Modeunternehmens als die sinnvollsten erscheinen.
Inhaltsverzeichnis
II Abbildungsverzeichnis
III Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Begriffserklärung der Marken- und Produktpiraterie
3 Wirtschaftliche Bedeutung
3.1 Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft
3.2 Folgen für Unternehmen
3.2.1 Verlust von Umsatz und Marktanteilen
3.2.2 Imageverlust und Wertminderung der Marke
3.2.3 Produkthaftungsansprüche
3.3 Auswirkungen auf Modeunternehmen
3.3.1 Regelungen gegenüber Lieferanten
3.3.2 Problematik der Factory Overruns
3.3.3 Andere Formen der Produktpiraterie
3.4 Auswirkungen auf den Endverbraucher
3.4.1 Gesundheitliche Gefahren
3.4.2 Rechtliche Folgen
3.4.3 Finanzielle Folgen
3.4.4 Weitere Folgen
4 Ursachen
4.1 Gesamtwirtschaftliche Ursachen
4.1.1 Geringe Kosten für Fälscher
4.1.2 Geringes Risiko entdeckt zu werden
4.2 Einfluss der Endverbraucher
4.2.1 Kaufbeweggründe
4.2.2 Fehlendes Unrechtsbewusstsein
5 Maßnahmen zum Schutz vor Produktpiraterie
5.1 Juristische Maßnahmen
5.1.1 Markengesetz
5.1.2 Patentgesetz
5.1.3 Gebrauchsmustergesetz
5.1.4 Geschmacksmustergesetz
5.1.5 Urheberrechtsgesetz
5.1.6 Geographische Herkunftsangaben
5.1.7 Sonstige Gesetze
5.2 Technische Maßnahmen
5.2.1 Sichtbare Sicherungssysteme
5.2.1.1 Hologramme
5.2.1.2 Kippfarben
5.2.1.3 Verpackungsversiegelungen
5.2.1.4 Track and Trace
5.2.2 Halbsichtbare Sicherungssysteme
5.2.2.1 Thermo - Reactive Druck
5.2.2.2 Druck mit Lumineszenzstoffen
5.2.2.3 Nanooptisches Siegel
5.2.3 Unsichtbare Sicherungssysteme
5.2.3.1 DNA Codierung
5.2.3.2 Laserverifizierbare Farbpigmente
5.2.3.3 Farbcodepartikel
5.2.3.4 RFID Chips
5.3 Organisatorische Maßnahmen
5.3.1 Produktalternativen
5.3.2 Geheimhaltung
5.3.3 Vermeidung von Reverse Engineering
5.3.4 Verkürzung von Innovationszyklen
5.3.5 Schutz der Entwicklungs- und Herstellungsprozesse
5.3.6 Öffentlichkeitsarbeit
5.3.7 Regelmäßige Informationseinholung
6 Geeignete Schutzmaßnahmen für Modeunternehmen
6.1 Juristische Maßnahmen
6.2 Technische Maßnahmen
6.3 Organisatorische Maßnahmen
7 Fazit
IV Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Entwicklung der Zahl der Aufgriffe
Abb. 2: Warenwerte der vom deutschen Zoll beschlag- nahmten Waren
Abb. 3: Anteil der Produktbereiche an den gesamten im Jahr 2006 beschlagnahmten Fälschungen
Abb. 4: Beschlagnahmte Stückzahlen pro Warengruppe aufgeteilt nach Herkunftsländern
Abb. 5: „Straße“ in einer indonesischen Bekleidungs- fabrik
Abb. 6: Gewinnpotential bei Fälschern
Abb. 7: Schutzrechte und die zu schützenden Objekte
Abb. 8: Einfacher Hologrammsticker
Abb. 9: 3-D Hologrammsticker, der je nach Blick- winkel zwischen Weltkarte und Breiten- graden wechselt
Abb. 10: Kippfarben von der Firma schreiner ProSecure auf einer Medikamentenverpackung
Abb. 11: Sicherheitsklebeband von tesa - scribos
Abb. 12: Durch Laser sichtbar gemachte Markierung
Abb. 13: Farbcodepartikel der Firma Simons Security Systems unter dem Mikroskop
Abb. 14: RFID Chip
Abb. 15: Zollbeamtin mit Tasche mit gefälschtem Adidas - Markenzeichen
Abb. 16: geschütztes Karomuster von Burberry
Abb. 17: Hologramm auf dem Label eines Dolce & Gabbana Produktes
Abb. 18: Rückseite des Labels mit Hinweis auf ein Sicherheitsmerkmal
Abb. 19: Label mit eingewebtem Metallstreifen von Diesel
Abb. 20: Pumaartikel unter dem Mikroskop
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Marken- und Produktpiraterie wird zu einem immer wichtigeren Thema in allen Branchen, das viele Gefahren für Wirtschaft und Verbraucher birgt.
Gegenstand der vorliegenden Arbeit soll die Erläuterung der Problematik von Marken- und Produktpiraterie sein, sowie das Herausarbeiten eines Lösungsansatzes und Schutzmaßnahmen insbesondere für Modeunternehmen.
Nach der Erklärung des Begriffs soll zunächst die wirtschaftliche Bedeutung erläutert werden. Dies findet nicht nur auf der Stufe der Gesamtwirtschaft statt, sondern ebenso auf der von Unternehmen wie von Endverbrauchern. Die Ursachen für die wachsende Zahl der Fälschungen sollen dann ebenfalls sowohl aus dem Blickwinkel der Wirtschaft wie auch aus dem der Endverbraucher betrachtet werden. Des Weiteren werden mögliche Schutzmaßnahmen aus juristischen, technischen sowie organisatorischen Gesichtspunkten erläutert, um dann im Hauptteil zu diskutieren, welche Maßnahmen einen wirksamen Schutz für große Modeunternehmen bieten können.
Im Fazit des vorliegenden Textes werden die Möglichkeiten aufgezeigt, die für den Marken- und Produktschutz eines Modeunternehmens als die sinnvollsten erscheinen.
2 Begriffserklärung der Marken- und Produktpiraterie
Es gibt keine gesetzliche Definition von Markenpiraterie und Produktpiraterie. Auch das Gesetz zur Stärkung des Schutzes des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung der Produktpiraterie (Produktpirateriegesetz (PrPG)) nimmt keine unmissverständliche Unterscheidung zwischen beiden Begriffen vor.1
Grundsätzlich versteht man unter Marken- und Produktpiraterie die Nachahmung von Produkten oder Markenzeichen, um den Eindruck von Originalware zu erwecken. Dabei tauchen die Begriffe Raubkopien, Plagiate oder Fälschungen auf. Erstmals benutzt wurde der Begriff Markenpiraterie in den 70er Jahren, als organisierte Fälschungen vermehrt auftauchten, wobei es sich vor allem um Kleidung handelte. Dabei wurden jedoch in erster Linie die Markenzeichen bekannter Hersteller kopiert, nicht aber das Design der Produkte an sich.2 Der Begriff der Produktpiraterie entwickelte sich erst, als auch produktbezogene Fälschungen auftauchten, bei denen nicht nur das Markenzeichen, sondern auch das Design als solches kopiert wurde.3
Noch immer gibt es aber keine einheitliche Definition und Abgrenzung beider Begriffe; oft werden sie synonym benutzt. Eine in der Literatur häufig anzutreffende Definition ist die der Deutschen Bundeszollverwaltung. Demnach ist Markenpiraterie „das illegale Verwenden von Zeichen, Namen, Logos (Marken) und geschäftlichen Bezeichnungen, die von den Markenherstellern zur Kennzeichnung ihrer Produkte im Handel eingesetzt werden“.4
Unter Produktpiraterie versteht man hingegen die Nachahmung einer bestimmten Ware, für die der Originalhersteller sowohl Erfindungs-, Verfahrens- als auch Designrechte besitzt. Dabei umgeht der Nachahmer die Forschungs- und Entwicklungs- kosten, die der Originalhersteller investieren musste, indem er sich unerlaubt das technische Wissen aneignet, welches das Unternehmen des Originalproduktes viel Arbeit, Zeit und Geld gekostet hat.5
Es gibt aber nicht nur diese beiden Unterscheidungen bezogen auf Fälschungen. Ein ebenso großes Problem wie Nachahmungen stellen die sog. Factory Overruns dar. Hierbei handelt es sich um Überproduktionen seitens der mit der Herstellung des Originalprodukts beauftragten Fabrik, bei der diese bewusst mehr als die genehmigte Menge produziert. Qualitätsbezogen handelt es sich bei den Factory Overruns zwar um gleichwertige Ware wie die Originalware, jedoch ist sie unlizenziert und somit rechtlich mit Fälschungen gleich zu stellen.6
Ebenso kann es sein, dass ein Produzent Reste (z.B. Verpackungsmaterial) aus einer Produktion dazu verwendet, um damit Fälschungen echter erscheinen zu lassen7, beispielsweise in dem er das Imitat in der Originalverpackung anbietet. Im vorliegenden Text soll vorrangig das allgemeine Wort Fälschung benutzt werden, das sowohl im Sinne der Marken- als auch der Produktpiraterie zu verstehen ist. Nur bei einer dringenden Notwendigkeit der Differenzierung werden
Markenpiraterie oder Produktpiraterie nach der Definition der Deutschen Bundeszollverwaltung angewendet.
3 Wirtschaftliche Bedeutung
Nachdem nun der Begriff der Marken- und Produktpiraterie erläutert wurde, soll im folgenden Abschnitt auf die wirtschaftlichen und unternehmensbezogenen Folgen eingegangen werden.
3.1 Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft
Die Zahl der von den Zollbehörden gemeldeten Fälschungen hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Der Aktionskreis Deutsche Wirtschaft gegen Produkt- und Markenpiraterie e.V. (APM) schätzt die Schadenssumme durch Fälschungen auf 5 bis 8% des Welthandelsvolumens.8 Im Jahr 1994 ging man noch von 5% aus.9
Europaweit wurden im Jahr 2005 ca. 26.000 Beschlag- nahmungen vorgenommen, im Jahr 2006 waren es bereits 37.334 Fälle, wie die von der Europäischen Kommission veröffentlichten Zollstatistiken belegen. Die Zolluntersuchungen umfassten dabei im Jahr 2005 ca. 75,7 Mio. beschlagnahmte Artikel, im Jahr 2006 waren es ca. 128,6 Mio. Artikel, was eine Steigerung von knapp 70% bedeutet.10
Auch die Zahl der in Deutschland auftauchenden Fälschungen ist drastisch gestiegen, was vor allem die Zahlen der Deutschen Zollverwaltung belegen, wobei der Anstieg der aufgedeckten Fälle nur in geringem Maße auf eine Ausweitung der Kontrollen durch die Zollbehörden zurückzuführen ist.
Wurden von 1988 bis 1994 insgesamt ca. 1.000 Fälle gezählt, in denen gefälschte Ware beschlagnahmt wurde, waren es im Jahr 2005 bereits 7.217 Beschlagnahmungen, im Jahr 2006 sogar 9.164 Fälle.11 Das bedeutete für das Jahr 2006 Fälschungen im Wert von ca. 1,2 Mrd. Euro.12
Betrachtet man die Zolluntersuchungen in Bezug auf gefälschte Waren im Zeitraum von 1997 bis 2006, so stellt man eine Steigerung von rund 700% fest.13
Schwieriger ist es, die Warenwerte der weltweit gehandelten Fälschungen zu beziffern. Während die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Schätzungen über ca. 200 Mrd. Dollar in einer Studie veröffentlichte, spricht die Internationale Handelskammer (ICC) von 600 Mrd. Dollar. Da die OECD allerdings weder die im Internet gehandelten Fälschungen berücksichtigte, noch solche, die innerhalb eines Landes hergestellt und verkauft werden, räumte auch sie ein, dass die Gesamtsumme mehrere hundert Milliarden Dollar höher liegen kann als 200 Mrd. Dollar.14
Bei einem Rekordfund der Deutschen Zollverwaltung im Hamburger Hafen zeigte sich eine deutliche Steigerung der gefälschten Ware im Bereich der Sportartikel. Während im Jahr 2005 noch Ware im Wert von 11,5 Mio. Euro (gemessen am Preis der Originalware) gefunden wurde, waren es im Jahr 2006 bereits 222 Mio. Euro. Auch im Textilbereich sind große Zuwächse zu verzeichnen. Den 13 Mio. Euro Warenwert im
Jahr 2005 standen im Jahr 2006 nun bereits 109 Mio. Euro gegenüber.15
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Entwicklung der Zahl der Aufgriffe
Quelle: Bundesministerium der Finanzen „Gewerblicher Rechtsschutz - Jahresbericht 2006“, S. 32
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Warenwerte der vom deutschen Zoll beschlagnahmten Waren
Quelle: Bundesministerium der Finanzen „Gewerblicher Rechtsschutz - Jahresbericht 2006“, S. 32
Von den Fälschungen sind so gut wie alle Wirtschaftszweige betroffen. Handelte es sich in den 70er Jahren vor allem um gefälschte Kleidung16, sind mittlerweile die Musik- und Filmindustrie genauso betroffen wie Pharmaunternehmen, Automobil- und Luftfahrtindustrie, Kosmetikhersteller, Maschinenbauunternehmen, Lebensmittelhersteller und Schmuckhersteller.17 Die technische Universität München stellte fest, dass im Jahr 2006 ca. 80% aller deutschen Unternehmen von Marken- und Produktpiraterie betroffen waren.18
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Anteil der Produktbereiche an den gesamten im Jahr 2006 beschlagnahmten Fälschungen
Quelle: Homepage der Europäischen Kommission (http://ec.europa.eu/taxation_customs 2006), am 24.10.2007
Dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) zufolge verliert allein die deutsche Wirtschaft 20 bis 30 Mrd. Euro Umsatz pro Jahr durch Marken- und Produktpiraterie. Weiterhin geht der DIHK von bislang schon 70.000 verlorenen Arbeitsplätzen aus.19 Grund dafür sind nicht nur die Umsatzeinbußen, welche die Unternehmen tragen müssen, sondern auch die Kosten, die sie zur Bekämpfung von Produktpiraterie aufbringen müssen.20
Abgesehen von den oben beschriebenen unmittelbaren Schäden, die der Wirtschaft entstehen, gibt es weitere weitreichende Folgen für die Wirtschaft: zunächst entstehen dem Staatshaushalt große Defizite, da ihm durch gefälschte Waren auch die Steuereinnahmen entgehen. Außerdem behindert das Stehlen von geistigem Eigentum die Entwicklung von Innovationen. Genau diese Innovationen sind aber eine wichtige Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum.21
Im Jahr 2006 waren von allen von den Zollbehörden aufgedeckten Fällen 65% der Fälschungen Kleidung und Accessoires (ohne Schmuck und Uhren). Dies machte gut 11% der gesamten beschlagnahmten Menge aus. Fast zwei Drittel der Fälschungen stammten aus China (63%), weit dahinter mit 5% lag Indien auf dem zweiten Platz, die Türkei auf dem dritten Platz mit 3%.22
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: Beschlagnahmte Stückzahlen pro Warengruppe aufgeteilt nach Herkunftsländern
Quelle: Homepage der Europäischen Kommission (http://ec.europa.eu/taxation_customs 2006), am 24.10.2007
3.2 Folgen für Unternehmen
Die Folgen der Produktpiraterie sind für die Unternehmen vielfältig, denn sie können nicht nur in monetären Schäden äußern, sondern auch dem Ansehen der Marke schaden. Dies soll im Folgenden ausführlicher erläutert werden.
3.2.1 Verlust von Umsatz und Marktanteilen
Sobald der Fälscher eine große Menge gefälschter Ware auf den Markt bringt, stellt er eine echte Konkurrenz für den Originalhersteller dar, da Teile des Umsatzes an die gefälschten Produkte verloren gehen können. Meist ist die Fälschung qualitativ minderwertig, was zusätzlich dem Ruf des Unternehmens der Originalprodukte schadet, wenn der Kunde nicht weiß, dass es sich um eine Fälschung handelt.23
Wenn die Fälschung qualitativ gut ist, der Endverbraucher aber weiß, dass es sich nicht um ein Originalprodukt handelt, wird er sich darin bestätigt fühlen, dass es nicht notwendig ist, einen um ein Vielfaches höheren Preis zu bezahlen. Dadurch verliert der Originalhersteller auch diesen Kunden auf Dauer und muss damit Marktanteile an den Fälscher abgeben.24
3.2.2 Imageverlust und Wertminderung der Marke
Stellt der Endverbraucher an einem gefälschten Produkt, das er für Originalware hält, eine mindere Qualität fest, so kann dies bei ihm zu einem schlechten Bild der Marke führen.25 Anne Putz, Pressesprecherin von Adidas, spricht sogar von einem „Vertrauensverlust der Kunden gegenüber der Originalmarken, der durch schlechte Qualität der Plagiate entstehen kann“, und dessen Reichweite nicht messbar ist.26
Zusätzlich zum Imageverlust der Marke durch vermeintlich schlechte Qualität, die der Endverbraucher an der gefälschten Ware feststellt, kann es auch zu einer Wertminderung der Marke kommen. Handelt es sich um ein Luxusgut, möchte der Käufer mit dessen Erwerb meist vor allem nach außen tragen, dass er einen bestimmten Lebensstil führt und sich solch teure und exklusive Produkte leisten kann. Wird dieses Produkt nun in Massen gefälscht und gekauft, führt dies beim potentiellen Käufer der Originalware zum Kaufverzicht, da die Marke augenscheinlich nicht mehr dieselbe Exklusivität ausstrahlt.27
3.2.3 Produkthaftungsansprüche
Eine andere weitreichende Folge von Produktfälschungen sind für das Unternehmen die Haftungsansprüche, die Käufer von gefälschter Ware meist zunächst an den Originalhersteller richten. Dann liegt es am Unternehmen zu beweisen, dass das Produkt nicht von ihm stammt, sondern von einem Nachahmer.28
Im Extremfall kann die Nutzung von gefälschten Produkten sogar sehr gefährlich werden oder tödlich ausgehen. So hat es einen Flugzeugabsturz mit 131 Toten nur deshalb gegeben, weil gefälschte Schrauben benutzt wurden.29
3.3 Auswirkungen auf Modeunternehmen
Da Fälscher vor allem die Produkte von bekannten und sehr erfolgreichen Marken fälschen30, sind in der Bekleidungsbranche neben den Designerlabels wie Gucci, Christian Dior oder Louis Vuitton auch Freizeit- und Lifestylemarken wie Puma, Adidas, Lacoste oder Diesel betroffen.
3.3.1 Regelungen gegenüber Lieferanten
Wenn ein Lieferant für ein namhaftes Modeunternehmen produzieren möchte, so muss er sich nicht nur Prüfungen bezüglich Qualität, Zuverlässigkeit und Lieferpünktlichkeit unterziehen lassen. Meist werden auch andere wichtige Punkte vertraglich festgehalten. Neben der Erklärung, dass er nur schadstofffreie Farben zum Einfärben der Stoffe benutzt, muss er einen Ausschluss von Kinderarbeit genauso unterschreiben, wie auch die Lieferbedingung, dass Über- und Unterlieferung nur zu einem bestimmten Prozentsatz der bestellen Ware akzeptiert wird. Diese Regelung soll vor allem Lagerkosten im Unternehmen vermeiden, da überschüssige Ware sonst nur abgeschrieben werden kann, oder - wenn vorhanden - in einen Outletstore gegeben werden kann, dort allerdings zu einem sehr viel günstigeren Preis angeboten werden muss. Außerdem trägt in diesem Fall das Unternehmen selbst das Risiko, ob die Ware verkauft wird - im Gegensatz zu Bestellungen, die für Kaufhäuser getätigt wurden.31
3.3.2 Problematik der Factory Overruns
Wie oben beschrieben, ist es dem Lieferanten bei vielen Unternehmen nur gestattet, einen bestimmten maximalen Prozentsatz an Überproduktion zu liefern, beispielsweise 1% der bestellten Menge. Um einen bestimmten Qualitätsstandard zu erreichen, muss ein Lieferant allerdings einen Ausschuss von ca.
5 - 10% herstellen. Dies erklärt sich wie folgt:
Nachdem der fertige Stoff zugeschnitten wurde, werden die Schnittteile an die Näherinnen in den sog. Straßen gegeben. In solch einer Fertigungsstraße sitzen je nach Fabrikgröße 10 - 15 Näherinnen. Jede dieser Näherinnen macht bei allen Schnittteilen, die sie bekommt, die gleichen Handgriffe. D.h. dass eine Arbeiterin den ganzen Tag Seitennähte schließt, während eine andere den ganzen Tag Reißverschlüsse einnäht. Diese Vorgänge dauern in den ersten Tagen nicht nur länger als zum Ende hin, sondern es ist auch zunächst eine Art Übungsphase nötig, bis das Kleidungsstück am Ende der Straße in der vereinbarten Qualität ankommt.
Je nach Produktgruppe, Länge der Straße und Anzahl der für den Auftrag eingesetzten Straßen werden in den ersten 2 - 3 Tagen ca. 300 - 500 Teile pro Tag fertig gestellt, nach etwa 5 Tagen können es bis zu 1.200 Teile pro Tag sein.32
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 5: „Straße“ in einer indonesischen Bekleidungsfabrik
Quelle: eigene Aufnahme in einer Fabrik in Indonesien
Bei einer Bestellung von beispielsweise 50.000 Stück und einer Vereinbarung von max. 1% Überlieferung, würde dies eine erlaubte Mehrlieferung von 500 Stück bedeuten. Der Lieferant muss zur Erreichung des Qualitätsstandards aber ca. 2.500 - 5.000 Stück Überschuss produzieren, denn er muss bei der Endkontrolle alle fehlerhaften Waren mit Flecken, Nähfehlern oder Löchern aussortieren und dennoch die bestellte Menge erreichen. Dieser Überschuss muss dann seitens des Lieferanten vernichtet werden. Da aber nur die vereinbarten 50.000 Stück plus den 500 Stück Überlieferung bezahlt werden, muss der Lieferant die Überproduktion schon vorher in den Stückpreis einkalkulieren, damit seine Kosten gedeckt sind.
Im ständigen Konkurrenzkampf zwischen den vielen Fabriken ist es unerlässlich, die Konkurrenten ständig im Preis zu unterbieten um einen Auftrag zu erhalten. So kann man erklären, warum es immer wieder Lieferanten gibt, die die Factory Overruns nicht vernichten, sondern auf dem Schwarzmarkt anbieten. Von den Preisschildern, den sog. Hangtags, und auch von den Einnähschildchen, den sog. Labels, mit dem Marken- zeichen werden üblicherweise immer aufgerundete Mengen zur Fabrik geschickt, um sicherzustellen, dass genug für die komplette A-Ware33 vorhanden ist und nicht schon beim anfänglichen Überschuss verbraucht wurde, wie ein großes Modeunternehmen mit Sitz in Deutschland erklärt.34 Das bedeutet, dass auch die Überschussware, die wie bereits in PunktL3.3.2 beschrieben mit einer Fälschung gleichzusetzen ist, sowohl mit Labels als auch mit Hangtags ausgestattet ist. Dies macht sie von der Originalware nicht unterscheidbar.
3.3.3 Andere Formen der Produktpiraterie
Modemarken müssen sich aber nicht nur mit der Problematik der Factory Overruns auseinandersetzen. Hauptsächlich tauchen Fälschungen im eigentlichen Sinne auf. Dabei werden oft Originallabels und Originalhangtags verwendet, um den Anschein eines Originalproduktes zu erwecken, obwohl die Fälschung nur von minderer Qualität ist.
Dies ist möglich, weil bei einer regulären Produktion sowohl Labels als auch Hangtags übrig bleiben. Oftmals stellt die Bekleidungsfabrik weder Hangtags noch Labels selbst her, sondern bezieht sie bei einem spezialisierten Lieferanten. Bei der Auftragsvergabe seitens des Modeunternehmens an den Bekleidungslieferanten werden somit auch Labels und Hangtags bestellt. Diese werden aber nicht in der gleichen Stückzahl geliefert, wie der Auftrag des Modeunternehmens an den Bekleidungslieferanten, sondern die Menge wird aufgerundet, um Engpässe beim Kleidungslieferanten zu vermeiden, falls es Probleme bei der Produktion gibt. Gerade bei den Labels ist ein solcher Puffer nicht zu umgehen, wenn man sowohl Unterlieferungen als auch Lieferverzögerungen vermeiden will, denn sie werden entweder eingenäht oder durch ein Hitzedruckverfahren aufgedruckt. Bei Produktionsproblemen könnte man sie dann bei der Überschussware nur schlecht oder gar nicht heraustrennen, um sie für ein weiteres Teil benutzen zu können. Gerade diese nicht benötigten Puffer von Labels und Hangtags werden aber von Fälschern verwendet, um Ware in schlechter Qualität zu höheren Preisen zu verkaufen, als sie es eigentlich wert ist.35
3.4 Auswirkungen auf den Endverbraucher
Produktpiraterie hat viele Auswirkungen völlig verschiedener Art auf den Endverbraucher. Zu den unmittelbaren Folgen können gesundheitliche Schäden gehören. Als mittelbare Folgen betreffen fehlende Steuereinnahmen des Staates den Endverbraucher genauso wie der Verlust von Arbeitsplätzen. Auch das Bild, das der Endverbraucher in der Gesellschaft nach außen tragen will, kann durch Fälschungen beeinflusst werden. Außerdem kann der Erwerb von Fälschungen rechtliche Folgen haben.
3.4.1 Gesundheitliche Gefahren
Der Endverbraucher setzt sich beim Erwerb von Fälschungen oftmals Gefahren aus, die auf Anhieb nicht erkennbar sind. Giftige Stoffe in den Produkten oder Sicherheitsmängel werden oft gar nicht bemerkt oder erst viel später. Es kann sogar sein, dass die Fälschungen falsche Gütesiegel tragen.36 Dadurch wiegt sich der Endverbraucher in falscher Sicherheit.
Die Gesundheitsrisiken variieren je nach gefälschtem Produkt. Gefälschte Textilien sind meist aus minderwertigen Stoffen hergestellt und mit gesundheitsschädlichen Farben gefärbt. Diese können z.B. Allergien auslösen.37 Bei gefälschten Sportschuhen besteht die Gefahr, dass der Träger Gelenkprobleme bekommt, da die Verarbeitung meist sehr schlecht ist und die Schritte nicht abgefedert werden.38 Gefälschte Sonnenbrillen hingegen bieten oft keinen Schutz vor den schädlichen UV-Strahlen, so dass diese eine Art Sonnenbrand im Auge hervorrufen können. Dabei kann es neben Sehbeschwerden und tränenden Augen auch zu irreparablen Schäden wie einem grauen Star, d.h. einer Trübung der Augenlinse, kommen. In schweren Fällen kann das Tragen von Sonnenbrillen ohne UV-Schutz sogar zu Netzhautschäden und späterer Erblindung führen.39 Der Zoll berichtet weiterhin von gefälschte MP3 - Playern, die beim Abspielen dem Ohr leichte elektrische Schläge versetzen.40
Fälschungen können aber auch lebensgefährliche Folgen haben:
[...]
1 vgl. Burkart, S. (Globalisierung und Gewerblicher Rechtsschutz 2006), S. 18
2 vgl. Rosen, O. (Markenpiraterie 2006), S. 32
3 vgl. ebenda
4 o.V. (www.zoll.de/b0_zoll_und_steuern/d0_verbote_und_beschraenkungen/f0_ge w_rechtsschutz/a0_marken_piraterie/index.html 2007), am 23.10.2007
5 vgl. ebenda
6 vgl. v. Welser, M./ González, A. (Marken- und Produktpiraterie 2007), S. 25 f.
7 vgl. Wölfel, T. (Marken- und Produktpiraterie 2003), S. 25
8 vgl. o.V. (www2.markenpiraterie-apm.de/index.php?lang=de&rid=2&pid=1 2007), am 17.10.2007
9 vgl. Zerres, M. (Unternehmenserfolg 1994), S. 169
10 vgl. o.V. (http://ec.europa.eu/taxation_customs/customs/customs_controls/counterfeit_ piracy/statistics/index_de.htm 2007), am 23.10.2007
11 vgl. o.V. (www.zoll.de/b0_zoll_und_steuern/d0_verbote_und_beschraenkungen/f0_ge w_rechtsschutz/a0_marken_piraterie/index.html 2007), am 23.10.2007
12 vgl. o.V. (www.dihk.de/inhalt/themen/rechtundfairplay/meldung1/meldung071.html 2007), am 23.10.2007
13 vgl. ebenda
14 vgl. o.V. (www.original-ist-genial.de/produktpiraterie-in- deutschland/zahlen-fakten.html 2007), am 23.10.2007
15 vgl. Bundesministerium der Finanzen (Gewerblicher Rechtsschutz 2006), S. 5
16 Rosen, O. (Markenpiraterie 2006), S. 32
17 vgl. o.V. (www.original-ist-genial.de/produktpiraterie-in- deutschland/auswirkungen.html 2007), am 23.10.2007
18 vgl. o.V. (www.original-ist-genial.de/produktpiraterie-in- deutschland/zahlen-fakten.html 2007), am 23.10.2007
19 vgl. o.V. (www.dihk.de/inhalt/themen/rechtundfairplay/meldung1/meldung070.html 2007), am 23.10.2007 ; o.V. (www.original-ist-genial.de/produktpiraterie-in- deutschland/zahlen-fakten.html 2007), am 23.10.2007
20 vgl. o.V. (www.zoll.de/b0_zoll_und_steuern/d0_verbote_und_beschraenkungen/f0_ge w_rechtsschutz/a0_marken_piraterie/index.html 2007), am 23.10.2007
21 vgl. OECD (Executive Summary 2007), S. 6
22 vgl. o.V. (http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/documents/customs/customs _controls/counterfeit_piracy/statistics/counterf_comm_2006_de.pdf 2006), 24.10.2007
23 vgl. v. Welser, M./ González, A. (Marken- und Produktpiraterie 2007), S. 48
24 vgl. Hölper, S. (IHK - Magazin 2006), S. 9
25 vgl. v. Welser, M./ González, A. (Marken- und Produktpiraterie 2007), S. 48
26 o.V. (Keine Ware 2006), S. 45
27 vgl. v. Welser, M./ González, A. (Marken- und Produktpiraterie 2007), S. 48
28 vgl. ebenda, S. 49
29 vgl. o.V. (Plagiate statt Drogen 2006), S. 44; Hölper, S. (IHK - Magazin 2006), S. 10
30 vgl. v. Welser, M./ González, A. (Marken- und Produktpiraterie 2007), S. 23
31 Anmerkung d. Verf.: interne Information eines großen deutschen Modeunternehmens 12
32 persönliches Gespräch mit einem indonesischen Lieferanten
33 Anmerkung d. Verf.: A-Ware soll hier als Ware mit den vereinbarten qualitativen Eigenschaften verstanden werden.
34 Anmerkung d. Verf.: aufgrund der Sensibilität des Themas möchte das Unternehmen nicht namentlich genannt werden.
35 Anmerkung d. Verf.: interne Information eines großen deutschen Modeunternehmens
36 vgl. Hölper, S. (IHK - Magazin 2006), S. 9
37 vgl. o.V., (http://www.original-ist-genial.de/home/single- news/article/zweifel-an-der-echtheit-hindert-verbraucher-nicht-am-kauf.html 2007), am 09.11.2007
38 vgl. Bergmann, M. (http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/22/0,1872,5515222,00.html 2007), am 23.10.2007; vgl. o.V., (http://www.original-ist-genial.de/produktpiraterie-in- deutschland/auswirkungen.html 2007), am 09.11.2007
39 vgl. Bergmann, M. (http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/22/0,1872,5515222,00.html 2007), am 23.10.2007
40 vgl. ebenda
- Quote paper
- Anika Daberkow (Author), 2007, Marken- und Produktpiraterie. Bedeutung, Auswirkungen und Maßnahmen zum Schutz großer Modemarken, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93876
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