Rundfunkprogramme können neben der Empfangsmöglichkeit über Antenne und Satellit auch über das Kabelnetz gesehen und gehört werden, das ebenso als Medium der Massenkommunikation die Aufgabe der Information übernimmt. Ein Teil dieses Mediums sind die Programmveranstalter, die ihre Sender in die Kabelnetze eingespeisen möchten. Dabei scheint der Trend von den einstigen Vollprogrammen zu Spartenkanälen zu gehen. Jedoch stehen viele Rundfunkveranstalter vor allen im visuellen Medium dem gleichen Problem gegenüber, dass sie aufgrund von Kapazitätsenpässen bei der Einspeisung zumindest nicht vollständig berücksichtigt werden können.
Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit diesem Problem aus rechtlicher Sicht. Ein besonderes Augenmerk gilt der verfassungsmäßigen Prüfung der Grundrechte des Kabelkunden, des Programmveranstalters und des Kabelbetreibers, wobei es zu Verfassungs- und Europarechtseinschränkungen bei der Einspeisung, im besonderen bei der Kanalteilung kommen kann, was anhand verschiedener Einspeisungsentscheidungen aus der Praxis verdeutlicht wird. Daher werden Lösungsansätze gemacht und zugleich wird ein Ausblick auf zukünftige Veränderungen im Kabelfernsehen gewagt.
Inhaltsverzeichnis
A Einleitung
B Entwicklung des Kabelrundfunks und technische Entwicklung
I Entwicklung des Kabelrundfunks
II Technische Entwicklung
III Begriff des Rundfunks
1. Rundfunkbegriff nach einfachem Landesrecht
2. Verfassungsrechtlicher Rundfunkbegriff
C Aufgaben der Landesmedienanstalten
D Rechtsprobleme der Weiterverbreitung analoger Rundfunkprogramme
I Weiterverbreitung
1. Allgemeines
2. Kanalbelegung aus verwaltungsrechtlicher Sicht
II Weiterverbreitungsregelungen in den Mediengesetzen der Länder
1. Auswahlentscheidung im Wege der Gesetzesauslegung
a) Grammatische Auslegung
b) Historische Auslegung
c) Systematische Auslegung
d) Teleologische Auslegung
1. Kanalbelegungsregelungen
a) Rangfolgekriterien des BVerfG und der Literatur
aa) Kriterien des BVerfG
bb) Rangfolgemodelle in der Literatur
b) Kanalbelegungsgrundsätze einzelner Länder
c) Kanalbelegung in Rheinland-Pfalz am Beispiel des Mainzer Kabelnetzes
c) Abweichungen von der Grundkonsistenz
aa) Bayern
bb) Berlin-Brandenburg
cc) Sachsen
dd) Thüringen
d) Rangfolgekriterien im besonderen
aa) gesetzlich bestimmt und ortsüblich
bb) Grundversorgung
cc) Gebührenprinzip
dd) Vorrang der zur originären Veranstaltung zugelassenen Programme
ee) Vorrang der deutschen bzw. der in der EU veranstalteten Programme
ff) Vorrang der Voll- vor den Spartenprogrammen
e) Problem bei im Wesentlichen identischen Programmen
III Verfassungs- und europarechtliche Kriterien bei der Kabeleinspeiung
1. Kabeleinspeisung aus verfassungsrechtlicher Sicht
a) Objektives Verfassungsrecht
b) Grundrechte des Rezipienten
aa) Schutzbereich des Art. 5 I 1 GG
bb) Eingriff in die Informationsfreiheit
cc) Ausgestaltungsvorbehalt
dd) Schranken
c) Grundrechte der Programmveranstalter
d) Grundrechte des Kabelbetreibers
aa) Wirtschaftlicher Aspekt
bb) Publizistischer Aspekt
e) Grundrechtsfähigkeit einer LMA
2. Kabeleinspeisung aus europarechtlicher Sicht
a) Monopolstellung der LMA
b) Auswirkungen auf den Markt
c) Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit
IV Einspeisungsentscheidungen in der Praxis
1. Der Fall “Euronews”
2. Der Fall “TRT International”
3. Der Fall “Phoenix”
V Frequenzsplitting
VI Lösungsansätze zur Kanalbelegung
1. Sichtweise der LMA
2. Vorschläge aus der Literatur
3. Eigene Ansichten
E Rechtsfragen der Einspeisung digitaler Programme
I Verfassungsrechtliche Probleme digitaler Dienste im Kabelnetz
II Rechtliche Fragen bei der Einspeisung von DVB in den Kabelnetzen
F Die Netzebenenproblematik
I Der Anspruch auf ein Entgelt seitens der Kabelbetreiber und der Anspruch auf eine kostenlose Durchleitung seitens der Programmveranstalter
1. Die einzelnen Netzebenen
a) Netzebene 1
b) Netzebene 2
c) Netzebene 3
d) Netzebene 4
e) Netzebene 5
2. Rechtliche Regelung
II Die Netzebenenproblematik aus wettbewerbsrechtlicher Sicht
III Anwendung des TKG auf die Kabelnetze
G Rechtsfragen anderer Medien im Kabelnetz und Ausblick
A Einleitung
Eine beliebte Freizeitbeschäftigung in Deutschland ist, Fernsehen zu schauen. Neben den terrestrisch über Antenne ausgestrahlten Programmen gibt es noch die Möglichkeit, Rundfunkprogramme über Satellit und das Kabelnetz zu empfangen. Gerade das Kabelfernsehen als Medium der Massenkommunikation gewinnt immer mehr an Bedeutung, da es im Prozess der öffentlichen Meinungsbildung die Aufgabe der Information im Wege der Bild- und Tondokumentation übernimmt.[1] Mit ca. 17 Mio. Kabelhaushalten ist Deutschland der weltweit größte zusammenhängende Kabelmarkt.[2] Der an das Kabelnetz angeschlossene Kunde erhält gegen Leistung eines Entgelts derzeit eine beachtliche Auswahl an analogen und teilweise digitalen Programmen. Es bietet zugleich Chancen und Ausführung für die Entwicklung neuer Dienste. Dennoch gibt es zahlreiche analoge Programme, die ins Kabelnetz drängen und aufgrund von Kapazitätsengpässen bei der Einspeisung nicht berücksichtigt werden können. Dabei scheint der Trend beim Kunden vom einst Voll- in ein anspruchsvolleres Spartenprogramm zu gehen. Derzeit gibt es jedoch eine Reihe an Defiziten, die zu einer mangelnden Nutzung der Kabelkanäle führen können. Wurde früher, abgesehen vom Pay-TV, Fernsehen im herkömmlichen Sinn übertragen, bieten die Programmveranstalter heute (alternativ) Programmpakete und Programme im sog. Multiplex-Format sowie multimediale Dienste an. Auch die DTAG als größter Kabelnetzbetreiber hat sich vom staatlichen in ein privates Unternehmen gewandelt. Auch aus diesen sog. Phasenverschiebungen[3] ergeben sich technische, gesellschaftliche und nicht zuletzt rechtliche Probleme, die unter Berücksichtigung der Entwicklungen des Kabelrundfunks nachfolgend untersucht werden.
B Entwicklung des Kabelrundfunks und technische Entwicklung
I Entwicklung des Kabelrundfunks
Während die erste Kabelfernsehanlage in den USA bereits 1948 errichtet wurde, fand in Deutschland der Bau der Gemeinschaftsantennenanlagen erst in den Siebziger Jahren statt, da medienpolitisch die rundfunkrechtliche Diskussion von den technischen Entwicklungen mitbestimmt wurde und hinsichtlich der Zuständigkeit die damalige Deutsche Bundespost, die später in Deutsche Bundespost Telekom und durch den Börsengang in zwei selbständige Unternehmen, Deutsche Bundespost AG und Deutsche Telekom AG, umbenannt wurden, einen maßgeblichen Anteil an der entwicklungsfähigen Kabelinfrastruktur hatte. Sie errichtete 1972 leistungsfähige Breitbandverteilnetze mit dem Ziel, den Empfang von Rundfunk in Abschattungsgebieten zur Garantie einer größtmöglichen Fernsehvollversorgung zu ermöglichen. Als am 24.02.1974 die KtK zusammentrat[4], konnten noch keine genaue Vorhersage über die Entwicklung des Kabelfernsehens gemacht werden. In dem von der KtK 1975 herausgegebenen Telekommunikationsbericht[5] wird die Realisierung von Pilotprojekten zur Erprobung von Technik, Organisation von Inhalten des Kabelfernsehens vorgeschlagen, um festzustellen, wie der Bürger auf ein breites Angebot an Programmen und Diensten anspricht. Dabei wird der Begriff Kabelfernsehen als Verteilung von Rundfunkprogrammen über Kabelsysteme verstanden. Die von den Ministerpräsidenten am 11.04.1978 beschlossenen, zeitlich befristeten und durch einen Kabelgroschen finanzierten Kabelpilotprojekte wurden im Laufe der Achtziger Jahre erstmalig in Berlin, Dortmund, Mannheim-Ludwigshafen und München gestartet. Nach dem 1979 aus finanziellen Gründen verhängten Verkabelungsstopp beschlossen die Länder am 14.11.1980 im Kronberger Beschluss die Deckung der Investitions- und Betriebskosten durch den Kabelgroschen und für eine Bundesmedienkommission die Bereitstellung von 140 Mio. DM aus dem Haushalt der Länder. Am 04.12.1980 wird in Mainz die öffentlich-rechtliche Anstalt AKK gegründet und das Gesetz über einen Versuch mit Breitbandkabel verabschiedet. Somit wird erstmalig in der Rundfunkgeschichte Deutschlands den privaten Veranstaltern eine eigenverantwortliche Tätigkeit ermöglicht. Aus rundfunkrechtlicher Sicht wird die zusätzliche Institutionalisierung privater Veranstalter als verfassungsrechtlich zulässig angesehen.[6] Auch der BVerfG erhebt im Gegensatz zu seiner 1961 vertretenen Rechtsauffassung in einer Grundsatzerklärung im Jahre 1981 keine Einwände mehr gegen die Zulassung privater Rundfunkveranstalter.[7] Die praktische Aufhebung des Frequenzmangels durch das als “neues Medium” bezeichnete Kabelnetz führte zur Durchsetzung politischer Ziele. Die Ministerpräsidenten haben bereits 1983 festgelegt, dass die Kabeleinspeisung von Programmen nicht selbst Rundfunk, sondern ein rundfunkrechtlich relevanter Vorgang sei.[8] Vor Beginn der Pilotprojekte wurden Mediengesetze, später Weiterverbreitungs- und Vorschaltgesetze zur Zulassung des privaten Rundfunks erlassen, was zu einer Kabeleinspeisungspflicht zumindest ortsüblicher Programme führte. Dennoch sind die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze, die als Rahmenbedingungen für eine neue Rundfunkordnung unter Miteinbeziehung privater Anbieter gelten sollten, von den einzelnen Ländern, die die Gesetzgebungskompetenz im Rundfunkbereich gem. Art. 30, 70 GG haben, bei der Schaffung des neuen Landesrundfunkrechts unterschiedlich verstanden worden[9], was zu einer differenzierten Entwicklung des Rundfunkrechts und mitunter zur Verfassungswidrigkeit einiger Landesrundfunkgesetze führte.[10] Daher war die Schaffung eines RfStV, der am 01.12.1987 in Kraft trat[11], notwendig geworden. Um ferner auch auf europäischer Ebene einen gemeinsamen Standard zu finden, wurde am 03.10.1989 die EG-Fernsehrichtlinie geschaffen.[12] Danach wird Deutschland verpflichtet, den freien Empfang von Fernsehsendungen zu gewährleisten und nicht die Weiterverbreitung aus anderen Mitgliedsstaaten aus Gründen zu behindern, die mit dieser Richtlinie koordiniert sind. In diesem Zusammenhang hat die EG zusätzlich am 27.09.1993 eine Richtlinie zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung erlassen.[13] Es kann hinsichtlich des Urheberrechts davon ausgegangen werden, dass in Fällen drahtgebundener Übertragung zum Zuschauer, zu der auch das Kabelfernsehen gehört, keine neue Nutzungsart vorliegt. Es handelt sich weiter um Rundfunk in der Anwendungsart des Drahtfunks.[14]
II Technische Entwicklung
Die damalige Deutsche Bundespost hat vor Beginn der Kabelpilotprojekte mit breitbandigem Kupferkoaxialkabel Kabelnetze systematisch und großflächig mit dem Ziel einer Vollversorgung aufgebaut.[15] Mit der steigenden Akzeptanz des Satellitendirektempfangs sank zugleich das Interesse der Deutschen Bundespost Telekom an einer vollständigen und flächendeckenden Verkabelung.[16] Im Hörfunk spielt das BK eine wesentlich geringere Rolle. Zum einen wird der Hörfunk seltener ortsgebunden genutzt, zum anderen stehen im drahtlosen Hörfunk anders als im Fernsehen eine Fülle von Übertragungsmöglichkeiten wie der UKW-Bereich oder das digitale Radio ADR[17] zur Verfügung. Daher wird im Folgenden nur die Rechtsproblematik der Kabeleinspeisung von Fernsehprogrammen erörtert. Hinsichtlich der Kabeltechnik werden derzeit folgende Frequenzbereiche genutzt:
Frequenzbereich I Kanäle K 02 – K 04 Bandbreite: 47 – 68 MHz,
Frequenzbereich II Hörfunkbereich Bandbreite: 69 – 173 MHz,
Frequenzbereich III Kanäle K 05 – K 12 Bandbreite: 174 – 230 MHz,
Unterer Sonderkanalbereich Kanäle S 04 – S 10 Bandbreite: 125 – 174 MHz,
Oberer Sonderkanalbereich Kanäle S 11 – S 20 Bandbreite: 230 – 300 MHz,
Hyperbandbereich Kanäle S 21 – S 25 Bandbreite: 300 – 342 MHz,
Erweiterter Hyperbandbereich Kanäle S 26 – S 36 Bandbreite: ab 342 MHz.
Im Normalkanalbereich werden Programme weiterverbreitet, auf denen Fernsehsignale auch terrestrisch, d.h. drahtlos über Antenne abgestrahlt werden und im Sonderkanalbereich, auf denen terrestrische Programme nicht zugelassen sind.[18] Derzeit stehen etwa 33 Kanäle zur Einspeisung zur Verfügung. Mit Hilfe der Datenkompression und der Glasfasertechnik können zukünftig bis 500 Programme weiterverbreitet werden.[19]
III Begriff des Rundfunks
Der Rundfunkbegriff wird nach einfachem Landesrecht und nach Verfassungsrecht unterschieden.
1. Rundfunkbegriff nach einfachem Landesrecht
Rundfunk wir gem. § 2 I RfStV als die für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, Ton und Bild unter Benutzung elektrischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters definiert.[20] Der staatsvertraglich geregelte Rundfunkbegriff zieht sowohl Pay-TV als auch Fernsehtext mit ein. In einigen Landesgesetzen wird zudem zwischen Rundfunk und rundfunkähnlichen Kommunikationsdiensten unterschieden. Zu Letzterem zählen neuartige Dienste wie Zugriffs- und Abrufdienste.
2. Verfassungsrechtlicher Rundfunkbegriff
Die durch Art. 5 I 2 GG verfassungsrechtlich geschützte Rundfunkfreiheit ist nach Ansicht des BVerfG eine primär dienende Freiheit. Daher ist Rundfunk die Übermittlung sämtlicher für die Allgemeinheit geeigneten und bestimmten Darbietungen unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen, sofern sie nicht Presse sind.[21] Fraglich ist hier, ob neuere Dienste auch zum Rundfunkbegriff zählen. Grundsätzlich zu bejahen ist dies bei Fernsehtext, BTX, Pay-TV, DAB und Zugriffs- und Datendienste wie Video-on-Demand. Problematisch ist dies allerdings bei Tele- bzw. Homeshopping. Zu bejahen ist diese Form bei nicht rein kommerziellen Interesse, im Rahmen eines Voll- oder Spartenprogramms wie z.B. bei Quantum Television (Eurosport) und dann, wenn sie Showcharakter oder einen anderen Unterhaltungswert haben.
C Aufgaben der Landesmedienanstalten
Kern der Landesmediengesetze sind die Regelungen zur Auswahl und Zulassung privater Rundfunkveranstalter, zu ihrer inneren Organisation sowie zu den Anforderungen an das Programm, besonders im Bereich der Vielfalt. Die Durchführung der gesetzlichen Aufgaben obliegt jeder einzelnen LMA. Sie besteht selbst in ihrer Funktion aus einer pluralistischen Zusammensetzung. Daher scheinen sie in besonderem Maße für die Erhaltung relevanter Grundrechte bei der Auswahlentscheidung geeignet zu sein. Um die Meinungs- und Willensbildung erhalten zu können, verwirklicht die LMA die Pflicht, den Rundfunk bei Kabelengpässen für möglichst viele Träger des Grundrechts aus Art. 5 I 1 GG nutzbar zu machen.[22] Die LMA muss alle wesentlichen und weltanschaulichen Kriterien und die Akzeptanz durch den Rezipienten zumindest mitberücksichtigen. Ebenso wenig dürfen Zielgruppen verschiedener Spartenprogramme benachteiligt werden.
D Rechtsprobleme der Weiterverbreitung analoger Rundfunkprogramme
I Weiterverbreitung
1. Allgemeines
Ein wesentliches Merkmal der Rundfunkverfassung ist es, dass die Tätigkeit einer privatrechtlich organisierten juristischen Person einer gesetzlichen Grundlage unterliegt. Das GG hat im Rundfunkwesen dem Bund keine umfassende Zuständigkeit zugewiesen. Somit liegt die Regelungskompetenz gem. Art. 30, 70 GG bei den Ländern. Der Rundfunk wird von Art. 75 I 2 GG nicht erfasst.[23] Die Länder haben daher Mediengesetze als gesetzliche Grundlage erlassen. Mit der Zulassung privaten Rundfunks üben die Landesmedienanstalten (LMA) als rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltungsrecht[24] unabhängig voneinander und in eigener Verantwortung die gesetzlichen Bestimmungen aus. Eine sog. Modellkonsistenz, eine einheitliche Privatrundfunkstruktur, hat das BVerfG zu Recht abgelehnt.[25] Mit der Einführung und der Novellierung des RfStV[26] gelten die Mediengesetze der Länder nur noch subsidiär.[27] Die Weiterverbreitungsregelungen sowie die Belegung der Kabelkanäle sind im § 52 II RfStV festgelegt, wobei § 52 I RfStV dies nicht selbst, sondern den Ländern die zeitgleiche und unveränderte Weiterverbreitung von bundesweit empfangbaren Programmen im Rahmen der technischen Möglichkeiten überlässt.[28] Die Definition der Weiterverbreitung unterliegt einem ständigen Wandel. Im umfassenden Sinn wird zunächst die Weiterleitung jeglicher Programme in Kabelanlagen in Empfängerrichtung verstanden.[29] Heute lässt sich sagen, dass die Signale von bereits veranstalteten Programmen, die nicht ohne weiteres empfangbar sind, mittels fernmeldetechnischer Mittel der Kabelanlage und damit dem angeschlossenen Haushalt zugeführt werden.[30]
2. Kanalbelegung aus verwaltungsrechtlicher Sicht
Kanalbelegungsentscheidungen sind Verwaltungsakte gem. § 35 VwVfG.[31] § 28 I VwVfG erfordert eine Anhörung der Beteiligten[32] i.S. von § 13 I 2 VwVfG, bevor der Kabelkanal vergeben wird. Sie ist in den Fällen zwingend vorgeschrieben, in denen ein Anbieter bei der Kanalvergabe ex post, d.h. aus Gründen der mangelnden Berücksichtigung, des Frequenzsplittings, oder der Verweisung des Programms ins unattraktive “Hyperband” benachteiligt wurde. Ferner muss die LMA gem. § 39 I 1 VwVfG ihre Entscheidung schriftlich begründen. Dennoch ist es dem benachteiligten Veranstalter erlaubt, die für ihn negativ ausgefallenen Entscheidung gem. § 68 VwVfG anzufechten.
II Weiterverbreitungsregelungen in den Mediengesetzen der Länder
1. Auswahlentscheidung im Wege der Gesetzesauslegung
Die Landesmediengesetze bestimmen die Reihenfolge der Kanalbelegung. Die Konkretisierung der Auswahlentscheidung im Weg der Gesetzesauslegung erfolgt anhand grammatischer, historischer, systematischer und teleologischer Auslegungskriterien.[33]
a) Grammatische Auslegung
Sie dient der von Ansätzen aus dem Wortlaut der Gesetzestexte. Den Sätzen mit dem Wortpaar “im Einzel- oder Zweifelsfall”[34] kann hierfür nichts entnommen werden.
b) Historische Auslegung
Für eine mögliche Entnahme sind hier Gesetzesmaterialien, Protokolle, Vorberatungen und Besprechungen heranzuziehen. Bei der Ministerpräsidentenkonferenz ist festgelegt worden, dass die Einspeisung der herangeführten Programme einer gesetzlichen Regelung bedarf. Dabei soll die Vielfalt im “Meinungsmarkt”[35] besonders zum Ausdruck kommen.
c) Systematische Auslegung
Hier will man aus der Stellung der Vorschrift im Gesetz und des Zusammenhangs mit anderen Vorschriften den Regelungsgehalt konkretisieren.[36] Der Gesetzgeber überträgt die Auswahl der Programme der LMA.
d) Teleologische Auslegung
Hier muss der Sinn und Zweck der Auswahlentscheidung hervorgehoben werden.[37] Für die Ausgestaltung der Rundfunkordnung hat der Gesetzgeber seine Aufgabe, den Rahmen für das von dem Zuschauer zu empfangene Programmangebot auszulegen, erfüllt. Ziel ist auch hier das größtmögliche Erreichen der Programm- und Meinungsvielfalt. Die LMA setzen dann nur noch detaillierte Schwerpunkte.
[...]
[1] Gounalakis, S. 25.
[2] Schmittmann, KuR 1/1998, 1.
[3] Bullinger, ZUM Sonderheft 1997, 283.
[4] http://www.kfs.de/untern/texte/ktk.htm.
[5] http://www.kfs.de/untern/history.htm#2.
[6] Herzog, zit. bei Lerche, Rundfunkmonopol, S. 14, FN 25; Kull, AfP 1977, 251.
[7] vgl. BVerfGE 57, 295 ff..
[8] Hartstein/Ring/Kreile, § 35 RfStV (alte Fassung), RN 2.
[9] vgl. BVerfGE 12, 260; vgl. Herrmann, Rundfunkrecht, § 17, RN 21.
[10] BayVerfGHE 39, 96.
[11] Ricker, NJW 1988, 453.
[12] Bethge, ZUM 1991, 337; Degenhart, JZ 1992, 685; Höfling/Möwes/Pechstein, Europäisches Medienrecht, S. 28 ff..
[13] ABl. Nr. I 248/15 vom 06.10.1993.
[14] Flechsig, ZUM 1/1991, 12, 13.
[15] Bauer, Kabelrundfunk, S. 1-20; v. Holtzbrinck, S. 12; Schuler -Harms, S. 7.
[16] Zimmer, Media Perspektiven 1993, 362.
[17] Thilo-Hagmeyer, S. 84 ff..
[18] Albensöder, S. 39, 40; LfR-Materialien, Band 21, S. 5
[19] Kleinsteuber, RuF 1991/4, 506 ff..
[20] Gersdorf, S. 181.
[21] Degenhart, in: BK, GG, Art. 5, RN 511; Herzog, in Maunz/Dürig, GG, Art. 5, RN 195
[22] Ricker, ZUM 11/1992, 525
[23] Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 75, RN 7.
[24] § 63 I LMGesetz BaWü; BVerfGE 73, 165.
[25] Herrmann, Rundfunkrecht, § 17, RN 3.
[26] RfStV vom 31.08.1991, in Kraft getreten am 01.01.1992, geändert am 19.08.1996, gültig seit 01.01.1997.
[27] Herrmann, Rundfunkrecht, § 17, RN 6.
[28] Dörr, ZUM 5/1997, 338, 339.
[29] Jarass, Gutachten zum 56. DJT, G 56 f..
[30] Dörr, ZUM 5/1997, 339.
[31] Beucher/v. Rosenberg, ZUM 8,9/1996, 645.
[32] vgl. VGH Hannover, ZUM 5/1997, 410 ff..
[33] Ricker, ZUM 11/1992, 521.
[34] vgl. § 51 I 2 LRG Saarland.
[35] Ricker, ZUM 11/1992, 522.
[36] vgl. BVerfGE 51, 150, 156.
[37] BVerfGE 62, 1, 45
- Arbeit zitieren
- Stefan Kountouris (Autor:in), 1998, Rechtliche Probleme der Kabeleinspeisung von Rundfunkprogrammen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93857
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