FRANCESCO PETRARCA, ein Vertreter der tre corone fiorentine, hat die europäische Liebeslyrik nachhaltig geprägt wie kaum ein zweiter nach ihm. Er erneuerte den Liebesdiskurs in der Lyrik gänzlich: Die irdische Liebe zu einem sterblichen Wesen gilt fortan mehr, als die Liebe zu Gott. In Anlehnung an sein Schaffen und seine Intentionen bildete sich eine ganze eigenständige literarische Strömung in der Lyrik heraus, die allein seine Art zu dichten imitierte: der Petrarkismus. Vertreter dieser Strömung in ganz Europa ahmten PETRARCAs Diskurs der Schmerzliebe nach. Seine Poesie lebt von der unerfüllten Liebe zu seiner Angebeteten LAURA, eine Frau, die er niemals erreichen wird. Seine Liebe zehrt ihm alle Lebenskraft aus und lässt ihn leiden: aber gerade diesen Zustand empfindet PETRARCA bzw. das lyrische Ich seiner Canzoniere als einen erstrebenswerten Zustand. Diese Schmerzliebe des inamorato wird treffend mit dem ossimoro ‚dolce e amaro’ beschrieben , d.h. sie ist für ihn eigentlich kaum zu ertragen aber dennoch jedem anderen Gemütszustand vorzuziehen, gerade weil es diese tiefe Liebe ist. Die nun im Folgenden zu analysierende poema CXXXIV des FRANCESCO PETRARCA beschreibt treffend diesen Zustand der inneren Zerrissenheit, den das unglücklich liebende lyrische Ich empfindet. Wie und auf welche Weise dies dort geschieht, gilt es nun von mir zu verdeutlichen.
Francesco Petrarca (1304-1374): Sonnet CIV
„pace non trovo“
Francesco[1] Petrarca, ein Vertreter der tre corone fiorentine, hat die europäische Liebeslyrik nachhaltig geprägt wie kaum ein zweiter nach ihm. Er erneuerte den Liebesdiskurs in der Lyrik gänzlich: Die irdische Liebe zu einem sterblichen Wesen gilt fortan mehr, als die Liebe zu Gott. In Anlehnung an sein Schaffen und seine Intentionen bildete sich eine ganze eigenständige literarische Strömung in der Lyrik heraus, die allein seine Art zu dichten imitierte: der Petrarkismus. Vertreter dieser Strömung in ganz Europa ahmten Petrarcas Diskurs der Schmerzliebe nach. Seine Poesie lebt von der unerfüllten Liebe zu seiner Angebeteten Laura, eine Frau, die er niemals erreichen wird. Seine Liebe zehrt ihm alle Lebenskraft aus und lässt ihn leiden: aber gerade diesen Zustand empfindet Petrarca bzw. das lyrische Ich seiner Canzoniere als einen erstrebenswerten Zustand. Diese Schmerzliebe des inamorato wird treffend mit dem ossimoro ‚ dolce e amaro ’ beschrieben[2], d.h. sie ist für ihn eigentlich kaum zu ertragen aber dennoch jedem anderen Gemütszustand vorzuziehen, gerade weil es diese tiefe Liebe ist. Die nun im Folgenden zu analysierende poema CXXXIV des Francesco Petrarca beschreibt treffend diesen Zustand der inneren Zerrissenheit, den das unglücklich liebende lyrische Ich empfindet. Wie und auf welche Weise dies dort geschieht, gilt es nun von mir zu verdeutlichen.
Er bewegt sich in Widersprüchen
So überschreibt eine von mir zum Vergleich zurate gezogene literarische Übersetzung von Benno Geiger[3], diese canzone, bei der es sich im Übrigen um ein Sonett handelt. Da dem Italienischen als romanische Sprache statt der quantifizierenden (wie z. B. das Deutsche, Lateinische oder Altgriechische) die qualifizierende Metrik zu Eigen ist, werden pro Vers nicht Hebungen, sondern lediglich die Silben gezählt. Das italienische Sonett verwendet als Versmaß traditionell den endecasillabo[4], d. h. einen Vers bestehend aus elf Silben[5]. Dies wird hier in nahezu allen 14 Versen eingehalten[6]. Die Form des Sonetts ist festgelegt: Es beginnt mit zwei je aus vier Versen bestehenden quartini (welche zusammengefasst als Oktave gelten) und anschließend folgen zwei, zusammen oftmals als Sextett bezeichnete terzini zu je 3 Versen. Das Reimschema ist in den quartini alternierend (ABAB ABAB), und das A wiederholt sich in den terzini jeweils im mittleren Vers (CAD CAD). Gerade die Entscheidung des Dichters für ein alternierendes Reimschema in der Oktave anstelle eines umschließenden (ABBA) verdeutlicht bereits beim Lesen einen Wechsel, ein Hin und Her, ganz so wie das lyrische Ich hin und her gerissen ist. Der rimo replicato der terzini ist bewusst gewählt, um der hier ausgedrückten Zusammenfassung des ambivalenten Gemütszustandes des lyrischen Ichs (inklusive der konkreten Ursachennennung dafür: Donna, V. 14) durch eine rhythmische Wiederholung Nachdruck zu verleihen.
[...]
[1] Innerhalb der Liedersammlung (Canzoniere) Petrarcas, nimmt dieses Gedicht bei einer Nummerierung ungeachtet einer Unterteilung in Madrigale, Sestinen, usw. den 134. Platz ein, es ist aber das insgesamt 104. Sonett.
[2] Die Petrarca nacheifernden französischen Dichter der „école lyonnaise“ transponierten dieses ossimoro in das Schlagwort „la douce amertume“ (Die süße Bitterkeit).
[3] Geiger, Benno: Francesco Petrarca, das lyrische Werk – der canzoniere, die Triumphe, Nugellae, Darmstadt: Luchterhand 1958, S. 219.
[4] Aus griech.: ἑνδεκά (= Elf) und συλλαβή (= Silbe); Nicht zu verwechseln mit dem antiken Hendekasyllabus der Griechen und Römer!
[5] Um Hiate zu vermeiden und die korrekte Silbenanzahl zu erhalten, werden aufeinander treffende Vokale verschliffen → Synalöphe/ sinalefi (griech.: συναλοιφή = Verschmelzung)
[6] Vers 11 ist ein verso sdrucciolo, d.h. die letzte Silbe (-i) muss metri causa unbetont bleiben (siehe Skandierung im Textanhang). Der Grund dieser metrischen Abweichung an jener Stelle offenbart sich mir jedoch nicht.
- Arbeit zitieren
- Hendrik Keilhauer (Autor:in), 2008, Analyse und Interpretation der CXXXIV. canzone des Francesco Petrarca, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93847
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