Folgende Forschungsfrage steht im Zentrum dieser Arbeit: Wie kann das Verhältnis von Gender, Neoliberalismus und Populismus aus poststrukturalistischer und kritisch-feministischen Perspektive beschrieben werden? Daran anknüpfend versucht der Autor auch folgende Frage zu beantworten: Inwieweit kann Populismus als Ausdruck der Krisenbearbeitung betrachtet werden?
Der Populismusbegriff ist mittlerweile genauso umstritten wie weit verbreitet. It is one of the main political buzzwords of the 21st century, weil er linke Regierungen in Lateinamerika und rechte Bewegungen und Parteien in Europa gleichermaßen zu beschreiben versucht, weil er mal als Bewegung, mal als Kommunikationsstrategie und mal als (dünne) Ideologie bestimmt wird. Cas Mudde und Cristóbal Rovira Kaltwasser sehen zwei Kritiken an diesem Begriff: Er wird oftmals als Kampfbegriff benutzt um politische Gegner zu denunzieren und sein Inhalt wird ist so vage formuliert, dass er auf jede(n) Politiker*in angewendet werden könnte.
Wo bleibt also der analytische Mehrwert für die Sozialwissenschaften? Diese Frage ist stets verbunden mit der subjektiven Positionierung der/ die Wissenschaftler*in, die sich auf verschiedenen Ebenen des Phänomens bezieht. Aus der liberalen Perspektive von Jan Werner Müller ist Populismus eine Elitenkritik, verbunden mit Antipluralismus und einem moralischen Anspruch der wahren Repräsentation des Volkes.
Inhaltsverzeichnis
1. Thematische Einführung
1. Fragestellung und methodologische Vorgehensweise
2. Begriffsbestimmungen und theoretische Rahmung
2.1 Der poststrukturalistische Blick auf Populismus
2.2 Gender als analytische Kategorie und soziale Trenndimension
3. Neoliberale Hegemonie und widersprüchliche Krisendimensionen
3.1 Neoliberalismus und seine Krise(n)
3.2 Partizipative Krise der repräsentativen Demokratie
3.3 Identitätskrise
4 (Anti-)Egalitäre (Geschlechter-)Verhältnisse als Ausdruck der Krisenbearbeitung
5 Conclusio
1. Thematische Einführung
Der Populismusbegriff ist mittlerweile genauso umstritten wie weit verbreitet (Wolf 2017: 1). It is one of the main political buzzwords of the 21st century (Mudde/Kaltwasser 2017: 1), weil er linke Regierungen in Lateinamerika und rechte Bewegungen und Parteien in Europa gleichermaßen zu beschreiben versucht, weil er mal als Bewegung, mal als Kommunikationsstrategie und mal als (dünne) Ideologie bestimmt wird. Cas Mudde und Cristobal Rovira Kaltwasser (2017:1) sehen zwei Kritiken an diesem Begriff: Er wird oftmals als Kampfbegriff benutzt um politische Gegner zu denunzieren und sein Inhalt wird ist so vage formuliert, dass er auf jede(n) Politikerin angewendet werden könnte. Wo bleibt also der analytische Mehrwert für die Sozialwissenschaften? Diese Frage ist stets verbunden mit der subjektiven Positionierung der/ die Wissenschaftlerin, die sich auf verschiedenen Ebenen des Phänomens bezieht (vgl. Diehl 2011: 274). Aus der liberalen Perspektive von Jan Werner Müller ist Populismus eine Elitenkritik, verbunden mit Antipluralismus und einem moralischen Anspruch der wahren Repräsentation des Volkes (Müller 2016: 188). Aus dem Blickfeld gesellschaftskritischer Ansätze (vgl. Opratko 2017; PROKLA-Redaktion 2016) fehlt bei diesem Definitionsversuch von Müller die Analyse gegenwärtigen Transformationsprozesse und Krisen1. Es handelt sich hierbei um eine tiefgreifende multiple (Brand 2009; Demirovic 2013) bzw. Vielfachkrise (Demirovic/Becker/Bader 2011), die eine hohe Komplexität aufweist und über mehrere Dimensionen verfügt die miteinander verwoben sind. Eine kritische Definition von Populismus muss daher die Wirtschafts- und Finanzkrise (2008/ 09), die partizipative Krise der repräsentativen Demokratie (Merkel 2015: 8f.), die Krise des imperialen Weltsystems (Opratko 2017), die Krise der bestehenden Naturverhältnisse (Ressourcenverbrauch; Umweltverschmutzung), die Identitätskrise (in Folge des Werte- und Strukturwandels) und damit verbunden die Krise der hegemonialen Männlichkeit berücksichtigen. Aus feministischer Betrachtungsweise (Sauer 2017: 4) entsteht das Phänomen des (Rechts-)Populismus nicht (allein) aus einem extremen Rand, sondern aus unbearbeiteten Widersprüchen in der „Mitte der Gesellschaft“. Birgit Sauer (ebd.) geht also davon aus, dass (Rechts-)Populismus tief in gesellschaftliche Verhältnisse hineinreicht und auf ungleiche Geschlechterverhältnisse und tradierte Geschlechterbilder gründet. Aus Sicht der poststrukturalistischen bzw. diskursanalytischen Denkschule von Ernesto Laclau (2014) ist Populismus keine Fehlentwicklung, kein negativ konnotierter Begriff oder ein Ausdruck sozialer Anomie, sondern eine Grunddimension des Politischen. Populismus wird somit als hegemoniales Streben betrachtet, dass die Pluralitäten sozialer Ansprüche in Form von Äquivalenzketten zu bündeln versucht und aus der Teilung des Sozialen bzw. dem gesellschaftlichen Antagonismus entspringt (ebd.). Angesichts dieser verschiedenen und sich oftmals widersprechenden Betrachtungsweisen2 versuche ich Populismus als analytische Kategorie aus einer poststrukturalistischen (Laclau 2007; 2014) und kritisch-feministischen (Sauer 2017; Opratko 2017) Perspektive in Verbindung mit Gender und Neoliberalismus näher zu präzisieren.
1.2 Fragestellung und methodologische Vorgehensweise
Folgende Forschungsfrage steht im Zentrum dieser Arbeit: Wie kann das Verhältnis von Gender, Neoliberalismus und Populismus aus poststrukturalistischer und kritischfeministischen Perspektive beschrieben werden? Daran anknüpfend versuche ich auch folgende Frage zu beantworten: Inwieweit kann Populismus als Ausdruck der Krisenbearbeitung betrachtet werden?
In dieser Arbeit gehe ich von einem poststrukturalistischen bzw. diskursanalytischen Begriff von Populismus aus, der vor allen Dingen von Ernesto Laclau (2007; 2014) geprägt wurde. Dieser inkludiert theoretische Überlegungen zur hegemonialen (im Sinne Grascmis) Entwicklung des Neoliberalismus. Somit wird das Phänomen des Populismus stets im Kontext der bestehenden Macht-, Geschlechter-, und Herrschaftsverhältnisse betrachtet. Zwei Facetten dieser Herangehensweise werden von mir in dieser theoretischen Arbeit aufgezeigt: Einerseits wird Populismus als eine Grunddimension des Politischen verstanden, also als ein antagonistischer Kampf um Hegemonie betrachtet, der sich gegen die neoliberale Hegemonie durchsetzen möchte, andererseits wird Populismus auch als eine Antwort auf gesellschaftliche Krisen interpretiert.
Ich gehe von der These aus, dass sich das sich das derzeitige Phänomen des Populismus, sowohl in seiner linken, als auch rechten Ausprägung, nicht getrennt von der Entwicklung des Neoliberalismus und den bestehenden Geschlechterverhältnissen verstehen lässt (Kap. 3). Während der Linkspopulismus von der Gleichheit aller Menschen ausgeht und für eine gerechte Beteiligung, Umverteilung und Inklusion (insbesondere benachteiligter) Menschen eintritt, geht der Rechtspopulismus von der Ungleichheit der Menschen aus und versucht eine gezielte Ausgrenzung bestimmter Teile der Gesellschaft (Ethnozentrismus) zu forcieren (Gebhardt 2019: 283). Diese Unterscheidung wird im vierten Kapitel in Bezug auf (anti)egalitäre Geschlechter- und Gesellschaftsverhältnisse näher präzisiert. Bevor ich darauf eingehe werde ich die zwei zentralen Begriffe bzw. Konzepte von Populismus und Gender im nächsten Kapitel definieren.
2. Begriffsbestimmungen und theoretische Rahmung
In diesem Kapitel werden meine theoretischen Vorannahmen näher präzisiert. Dabei definiere ich die Kategorie Gender und den (Rechts-)Populismus aus einer poststrukturalistischen und kritisch-feministischen Perspektive.
2.1 Der poststrukturalistische Blick auf Populismus
Demokratie und Populismus sind nicht von „Natur“ aus und „für immer“ bestehende gesellschaftliche Strukturen bzw. Phänomene. Sie sind nicht nur kontigent, historisch eingebettet in Macht-, Herrschafts-, und Geschlechterverhältnisse, sondern sind auch veränderbar. Demokratie und Populismus werden oftmals als Gegensätze verstanden (Mudde/Kaltwasser 2017; Müller 2016). Aus der Sicht radikaler Demokratietheorien sind die beiden hingegen miteinander verwoben. Der Fokus poststrukturalistischer Arbeiten (Mouffe 2010; Laclau 2005) liegt nicht nur auf das Politische, sondern auch auf die Logiken politischer Subjektivierung. Populismus wird hierbei als ein Modus verstanden, der über Diskurse eine Form der Schließung (ein „wir“ und ein „außen“) - konkreter gesagt - Identitäten herstellt und somit eine Form der Artikulation des Politischen darstellt (vgl. Gebhardt 2019: 282). Die Artikulation des Politischen, sowie Formen der Demokratie und der Subjektivierung sind in ständiger Bewegung, unterliegen einer permanenten Destabilisierung und unterliegen einem permanenten Wandel, weshalb Populismus auch als „dünn“ bezeichnet wird (ebd.). Von anarcho-sozialistische Protestbewegungen bis ethno-nationalistische Parteien und Bewegungen, variieren die Programme und Inhalte zwar sehr stark, jedoch sind sie in ihrer Gestalt ähnlich. Sie binden verschiedene und sich zum Teil widersprechende Interessen, Begehren, Wünsche, Träume, Vorstellungen und Subjekte durch leere Signifikanten. Leere Signifikante sind Inhaltsleer, weil es kein eindeutiges Repräsentationsverhältnis zwischen Zeichen und Bedeutung gibt. Einfacher gesagt: Jede(r) hat eine andere Vorstellung von Begriffen wie „Gerechtigkeit“, „Demokratie“ und „Gemeinschaft“. Damit wir uns sprachlich verstehen, damit kollektive Identitäten gebildet werden und demokratische Subjekte gebildet werden können, bedarf es einer temporären Fixierung der Begriffe (die aber weiterhin leer bleiben) und Identitäten. Populismus ist eine Dimension des Politischen, bei der es um das Streben nach Hegemonie geht. Dort wo es Macht gibt, dort gibt es auch widerständige Praktiken (Foucault 1983: 116). In Zeiten der Postdemokratie (Crouch 2008), in welcher der Liberalismus keine Bedingung der Demokratie, sondern ein Versuch darstellt, den demos in die Schranken zu weisen und die fundamentale Ergebnisoffenheit der Demokratie zu begrenzen (vgl. Wolin 1996: 100), wird aus radikaldemokratischer Sichtweise Populismus als demokratische Praxis und demokratisches Aufbegehren verstanden. Im liberalen Modus der Demokratie ist der Widerstreit, ist der Antagonismus verstummt, Emotionen als bloße Begleiterscheinungen degradiert und Politik stellt nur noch den Konsens routinierter Abläufe dar (vgl. Mouffe 2007). Dieses „populistische Moment“ kann somit als konstituierende Macht im Gegensatz zur konstituierten Macht des hegemonial etablierten (Neo-)Liberalismus verstanden werden. Somit spielen für Mouffe (2007) der (Neo-)Liberalismus, Geschlechterverhältnisse und Emotionen eine konstitutive Rolle in der Analyse des (Rechts-)Populismus.
2.2 Gender als analytische Kategorie und soziale Trenndimension
Geschlecht bildet in meiner Arbeit „einen Parameter sozialer Ungleichheit, der zu signifikanten weiteren Kategorien wie u.a. race und class in Bezug gesetzt werden muss“ (Kuster 2019: 8). Geschlechterverhältnisse werden im Kontext bestehender Macht- und Herrschaftsverhältnissen gedacht und somit rücken Analysen der Heteronormativität bzw. Heterosexualität, sozialökonomische Dimensionen, Formen hegemonialer Männlichkeit, sowie symbolisch-diskursive Zuschreibungen in den Fokus (vgl. ebd.: 8ff.). Geschlecht wird als diskursiv erzeugtes Feld und soziale Trennlinie verstanden. Mit dieser radikalfeministischen Auffassung von Geschlecht erfasse ich einerseits weibliche Lebenswirklichkeiten die sich einer hegemonial männlichen Dominanz in der Gesellschaft untergeordnet sehen, andererseits steuere ich einer Essentialisierung entgegen, da ich auf die sozial konstruierte Geschlechtsidentität aufmerksam mache. Geschlecht, als auch geschlechtliche Lebensrealitäten werden somit als veränderbar und kontigent betrachtet. Im Zuge gesellschaftlicher Transformationen, wie etwa der neoliberalen Globalisierung, haben soziale Differenzen an Bedeutung gewonnen und Geschlechterverhältnisse sich stark verändert. Seit den 1970er Jahren vollzog sich nämlich in Europa ein neoliberaler Modernisierungsprozess, der eine Neuordnung von Geschlechterbeziehungen hervorbrachte (Tomic 2011: 11). Das Modell des male breadwinner wurde fallen gelassen: Die weiblichen Reproduktionsarbeit, die im Fordistischen System der privaten Sphäre zugeschrieben wurde, sieht sich einer neuen ideologischen Konstellation konfrontiert. Frauen werden in Zeiten des Neoliberalismus nicht mehr primär die Rolle als fürsorgende Hausfrauen und Mütter zugeschrieben. „Umgekehrt werden sie durch die dem Adult-Worker-Modell inhärente Norm der individuellen Existenzsicherung dazu gedrängt, in Absehung ihrer Sorgeverpflichtung ihre eigene Existenz und die ihrer Kinder durch Lohnarbeit zu bestreiten“ (Soiland 2019: 96). Die Lebenslagen von Frauen aber auch von Männern haben sich dahingehend pluralisiert, da sich die Karrierechancen für hoch-qualifizierte weiße „Mittelschichts-Frauen“ verbessert haben, während Männer durchaus einige Privilegien auf dem Arbeitsmarkt hinnehmen mussten (Nickel 2009: 262). Die neoliberale Ausrichtung gesellschaftlicher Strukturen sorgt nicht nur für eine Machtverschiebung zwischen Staat und Wirtschaft, sondern führt zu schärferen Verteilungskonflikten und sozialen Ungleichheiten entlang von intersektionalen Trennlinien wie etwa Race, Class und u.a. Gender (vgl. Becker- Schmidt/Krüger 2009: 32). Wie beim Begriff des Populismus so auch bei dieser analytischen Kategorie Gender spielt also der (Neo-)Liberalismus eine erhebliche Rolle, um die Macht- und Herrschaftsverhältnisse besser zu analysieren. Nancy Fraser (vgl. 2017; 2018) geht sogar so weit zu sagen, dass der (progressive) Neoliberalismus den Aufstieg des Rechtspopulismus sogar ermöglichte. Für sie hat sich ein liberaler Feminismus der Eliten hegemonial durchgesetzt, der Geschlechtergerechtigkeit als Beseitigung von „Diskriminierung“ versteht, damit einige „talentierte“ Frauen Karriere machen können (Fraser 2018). Es werden nun die neoliberale Hegemonie und seine widersprüchlichen Krisendimensionen beschrieben.
3. Neoliberale Hegemonie und widersprüchliche Krisendimensionen
In diesem Kapitel fokussiere ich mich auf die postfordistische Etablierung des Neoliberalismus und gehe dabei auf drei konkrete Krisendimensionen ein, die in Wechselwirkung mit Gender und (Rechts-)Populismus verstanden werden. Diese Dimensionen wurden aus den Analysen kritisch-feministischer Autor*innen entlehnt (Fraser 2018, Brown 2019, Opratko 2017).3
3.1 Neoliberalismus und seine Krise(n)
Rechtsextremismus, Rechtspopulismus und dergleichen gesellschaftlichen Phänomene lassen sich kaum getrennt von den jeweiligen sozioökonomischen Rahmenbedingungen und der gegenwärtigen Weltmarktdynamik verstehen (Butterwege/Hentges 2008: 14).
„In diesem Zusammenhang spielt der Neoliberalismus als Triebkraft des ökonomischen Globalisierungsprozesses und die Tagespolitik wie das Alltagsbewusstsein fast überall beherrschende Ideologie eine Schlüsselrolle. Wenn der Neoliberalismus mehr als eine Wirtschaftstheorie ist, nämlich auch eine Weltanschauung, politische Zivilreligion und Lebensweise, welche die Hegemonie, d.h. die öffentliche Meinungsführerschaft in allen Industrienationen erobert hat, stellt sich die Frage nach seiner sozialen Basis und seinem Verhältnis zum Rechtsextremismus. Wer die Ökonomie verabsolutiert, wie das Marktradikale tun, negiert die Politik im Allgemeinen und die repräsentative Demokratie im Besonderen. Hier zeigt sich die enge Affinität zwischen Neoliberalismus, Marktradikalismus und Rechtspopulismus“ (ebd., Herv. d. den Autor).
Menschen, die zuwandern, werden von Rechtspopulist*innen und Neoliberalen nach dem Kriterium ihrer Leistung für die Nation bzw. den „Wirtschaftsstandort“ beurteilt (ebd.: 15). Der Antiegalitarismus im Neoliberalismus lässt auch die Grenze zum Sozialdarwinismus verschwimmen, ein Kernmerkmal von Faschismus, Nationalsozialismus und Rechtspopulismus bzw. Rechtsextremismus (ebd.).
Doch abseits dieser inhaltlichen Überschneidungen von Rechtspopulismus und Neoliberalismus, möchte ich nun auf die Faktoren die für den Aufstieg rechtspopulistischer Bewegungen maßgeblich sind, eingehen. In diesem Abschnitt fokussiere ich mich auf die sozioökonomischen Faktoren. Thomas Piketty (2016) hat in seinem Buch Das Kapital des 21. Jahrhundert auf die immer weiter auseinandergehende Schere zwischen „arm und reich“ hingewiesen. Der größte Anteil des Wirtschaftswachstums gelangt ausschließlich in den Händen reichsten 10 % der Weltbevölkerung (ebd.). Oder um es präziser zu formulieren: Das reichste Prozent der Weltbevölkerung strich 82% des erwirtschafteten Vermögenswachstums aus dem Jahr 2017 ein (Oxfam 2018). Das heißt mit anderen Worten: Bestimme privilegierte Bevölkerungsteile haben regelmäßig bessere Lebens-, Berufs-, und Verwirklichungschancen als andere Gruppierungen aufgrund sozioökonomischer Verhältnisse. Sowohl von linken als auch rechten populistischen Bewegungen wird diese Ungleichheit für eigene politische Zwecke instrumentalisiert. Linkspopulistische Bewegungen versuchten mit Slogan „We the 99%“ zu mobilisieren und besetzten symbolträchtige Orte, wie das Börsengebäude in der Wall Street (NYC), das zum Symbol der Skrupellosigkeit der Finanz- und Immobilienmärkte in den USA geworden war (Gebhardt 2019: 288). Der Rechtspopulismus bietet ebenfalls eine Verarbeitungsform dieser ökonomischen Krise. Er überhöht den Leistungsanspruch und richtet ihn gegen jene, die vermeintlich leistungslos leben (Opratko 2017: 128).
[...]
1 Populismus wird auch als Syndrom betrachtet, das sich vorwiegend in Krisenzeiten großer wirtschaftlicher und institutioneller Instabilitäten manifestiert (Wiles 1969: 166-179).
2 Neben den bisher genannten Konzepten möchte ich folgende Erklärungsversuche bzw. Definitionsversuche des Populismus nennen: Morphologie des Populismus (Cedroni 2011); Mehrdimensionales und graduelles Konzept von Populismus (Diehl 2011); Rechtspopulismus als Element der Neodemokratie (Beyme 2018); Politische Ökonomie des Populismus (Stankov 2020) und Cultural Backlash (Norris&Inglehart 2019).
3 Aufgrund der Kürze des Beitrags, werde ich auf weitere Dimensionen wie die Krise der Naturverhältnisse, Krise der Öffentlichkeit und die Krise des imperialen Weltsystems (vgl. Opratko 2017), sowie Formen der Subjektivierung (Focault 1983) nicht eingehen können.
- Quote paper
- Josef Muehlbauer (Author), 2020, (Rechts-)Populismus als Ausdruck der Krisenbearbeitung?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/937821
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