Welche Auswirkungen hat der demografische Wandel auf die Arbeitswelt in der IT-Branche und deren Weiterbildungssystem? Wie können IT-Unternehmen den demografischen Wandel zukünftig als Chance begreifen und wird lernen dürfen, damit zu lernen müssen – auch für ältere Mitarbeitende?
Es ist mittlerweile kein Geheimnis mehr, dass europäische Länder, darunter auch Deutschland, stark vom Phänomen der Überalterung betroffen sind. Seit dem Jahr 2005 waren es erstmals mehr 50-jährige, als unter 30-jährige Erwerbstätige. Aber nicht jedes Unternehmen ist gleichermaßen vom demografischen Wandel betroffen. Die Größe, die Intensität der Technologie und das Humankapital eines Unternehmens sind zentrale Faktoren, welche die Dringlichkeit des Handlungsbedarfs ausmachen.
In der IT-Branche sind ältere Mitarbeiter allerdings bisher selten vertreten. In mehr als der Hälfte der Betriebe in Deutschland, ist aktuell kein Arbeitnehmer beschäftigt, der älter als 50 Jahre ist. Hinzukommt, dass mehr als die Hälfte der über 54-jährigen IT-Spezialisten nicht mehr berufstätig sind. Somit weisen IT-Unternehmen in der Regel eine jugendzentrierte Altersstruktur auf.
Der demografische Wandel verändert die Arbeitslernwelt der IT-Branche nachhaltig
Es ist mittlerweile kein Geheimnis mehr, dass europäische Länder, darunter auch Deutschland, stark vom Phänomen der Überalterung betroffen sind (Statistisches Bundesamt, 2015, S.13). Seit dem Jahr 2005 waren es erstmals mehr 50-jährige, als unter 30-jährige Erwerbstätige (Buck 2003, S.7; Buck & Schletz 2001, S.26). Doch welche Auswirkungen hat der demografische Wandel auf die Arbeitswelt in der IT-Branche und deren Weiterbildungssystem? Wie können IT-Unternehmen den demografischen Wandel zukünftig als Chance begreifen und wird lernen dürfen, damit zu lernen müssen – auch für ältere Mitarbeitende?
Ich selbst sowie viele weitere Forscher in der Literatur (Buck & Dworschak, 2003, S.36f.; Ridder, Burns & Hoon, 2005; Süssmuth, 2014, S.13) sind davon überzeugt: ‚Ja‘ – auch das Lebenslange Lernen im Alter muss aufgrund des demografischen Wandels neu fokussiert werden. Schlagwörter, wie die Globalisierung, der demografische Wandel und die Internationalisierung beherrschen die Welt und fordern zunehmend ein ‚mehr‘ an Innovation, Wettbewerb, Expertenwissen und ein ‚mehr‘ an Lernen ein - und damit auch Lebenslanges Lernen bis ins hohe Alter. Für eine Sicherung des zukünftigen Erfolgs eines Unternehmens muss deshalb die bis heute etablierte Benachteiligung von Frauen, Menschen anderer Kulturen und Älteren Menschen aufhören (Berger, 2011, S.23).
Aber nicht jedes Unternehmen ist gleichermaßen vom demografischen Wandel betroffen. Die Größe, die Intensität der Technologie und das Humankapital eines Unternehmens sind zentrale Faktoren, welche die Dringlichkeit des Handlungsbedarfs ausmachen (Fuchs, Söhnlein & Weber, 2004, S.132).
In der IT-Branche sind ältere Mitarbeiter allerdings bisher selten vertreten. In mehr als der Hälfte der Betriebe in Deutschland, ist aktuell kein Arbeitnehmer beschäftigt, der älter als 50 Jahre ist. Hinzukommt, dass mehr als die Hälfte der über 54-jährigen IT-Spezialisten nicht mehr berufstätig sind (Schweizer 2007; Dostal 2001, S. 32ff.). Somit weisen IT-Unternehmen in der Regel eine jugendzentrierte Altersstruktur auf (Mühlbradt & Schawilye, 2005, S. 38ff.).
Die Gefahr hierbei – auch die IT-Branche wird altern. Aufgrund der zunehmenden voranschreitenden Zeit kann sich die IT-Branche zu einer alterszentrierten Verteilung hinbewegen. Diese Form der Altersstruktur hängt oft mit Einstellungsstopps, aber eben auch mit einem Fachkräftemangel zusammen. Aufgrund dessen verlassen dann in kurzer Zeit viele Mitarbeitende das Unternehmen, weil sie in Rente gehen. Besonders kritisch sind die Zeiten in der nahezu die Hälfte der Arbeitenden in Rente gehen und am Arbeitsmarkt ein Fachkräftemangel zu beobachten ist (Langhoff, 2009, S.63; BITKOM, 2007, S.5ff.). Ein Wissensmanagement darf dann nicht fehlen, mit besonderem Fokus auf die Anlernphase neuer Mitarbeitenden, damit keine Informationen verloren gehen (Köchling, 2004, S.123ff.).
Die IT-Wirtschaft hat zudem im Vergleich einen eher hohen Grad an flexiblen Beschäftigungsverhältnissen, sogenannte Randbelegschaften, wie IT-Freelancer, befristet oder geringfügig Beschäftigte sowie Arbeiter einer Arbeitnehmerüberlassung (Pfeifer, 2006, S.205ff.). Im Fokus zur Bewältigung des demografischen Wandels muss somit zunehmend auch die Karrieregestaltung, die Mitarbeiterbindung sowie die Mitarbeitermotivation stehen (Langhoff, 2009, S. 63). Das bedeutet, dass ein IT-Unternehmen die Mitarbeitenden auf ein langes Erwerbsleben vorbereiten muss, um die Ressource Mensch bis ins hohe Alter voll auszuschöpfen. Denn es wird immer schwieriger werden Nachwuchs zu gewinnen. Ein Lösungsansatz ist somit: Das Lebenslange Lernen, auch der älteren Belegschaft. Die Online-Studie im Jahr 2014 von Geither, Gühne und Schirmer zeigt deutlich, wie wenige deutsche Unternehmen Weiterbildungsangebote für ältere Beschäftigte nutzen. Gerade einmal 13,4% nutzen das Potenzial älterer Mitarbeitenden, wobei das am meisten eingesetzte Instrument die externe und interne Weiterbildung mit 94% ist, um gegen den demografischen Wandel als Unternehmen anzukämpfen (Geither, Gühne & Schirmer, 2015, S.1-25). Ein Grund hierfür könnte das etablierte Defizitmodell-Denken sein. Hierbei wird davon ausgegangen, dass ab einem bestimmten erreichten Alter, jede Person körperlich und geistig abbaut (Fröhlich et al., 2002, S.228). Heute gilt diese Ansicht allerdings als überholt. Auch Studien der Lernfähigkeit zeigen, dass es zwar einen Unterschied im Lernverhalten jüngerer und älterer Personen gibt, dies aber auch stark von somatischen, sozialen, pädagogischen und biographischen Einflussfaktoren abhängt (Lehr 2007, S.94ff.). Zudem fehlt es an der Nachweisbarkeit eines generellen Abbaus von Fähigkeiten mit zunehmendem Alter (Lehr, 1977, S.78-103). Heute ist vielmehr von einem Kompetenzmodell des Alterns die Rede (Michel & Novak, 2004, S.17). Diese Ansicht betont, dass defizitäre Erscheinungen zwar möglich sind, allerdings auch ausgleichbar sind (Michel & Novak, 2004, S.17). Des Weiteren besagt das Modell, dass sich mit zunehmendem Alter die Urteilsfähigkeit, das Selbstbewusstsein, die Konfliktfähigkeit, das lösungsorientierte Denken und die Beratungsfähigkeit sogar verbessern (Huber, 2011, S.116). Doch verliert das Erfahrungswissen nicht an Bedeutung, aufgrund des schnell veralteten technischen Wissens in der IT-Branche? Muss sich die IT-Branche als innovationsgetriebenes Unternehmen um die eigene Innovationsfähigkeit sorgen? Nein, Erfahrungswissen ist sogar eine wichtige Voraussetzung, um Widersprüche und Grenzen zu erkennen, Neues bewerten zu können und damit auch Innovation schaffen zu können (Holtgrewe 2000, S.176). Wichtig hierbei ist: „Innovation, Belegschaftsstrukturen und Altern im Betrieb in ihren wechselseitigen Bezügen [...] nicht als objektive Artefakte [zu betrachten]“ (Reindl et al., 2000, S.19f.). Zudem sollte sogar der Einsatz von arbeitsübergreifenden Kompetenzen älterer Mitarbeitenden stärker genutzt werden (Jana-Tröller, 2009, S. 207f.). Doch in der IT-Branche sind Erfahrungen mit einer älteren Belegschaft kaum vorhanden. Ein primäres Ziel der IT-Branche wird deshalb zukünftig sein, die Leistung aller Mitarbeitenden aufrechtzuerhalten. Leistung als „eine Funktion aus Fähigkeiten, Motivation und situativen Möglichkeiten“ (Kirchler, 2008, S.319) beweist, dass eine Kombination aus Wollen und Können gefragt ist, bzw. unterstützt werden muss. Dies gelingt mit Hilfe des Age-Inclusion-Konzepts von Bieling. Dieses Konzept lehrt, dass alle Mitarbeitenden unabhängig vom Alter, in Weiterbildungsangebote einzubeziehen sind. Dies fördert den Zusammenhalt der Gruppe und wirkt sich auf die Einstellung und das Verhalten aus, was wiederum Auswirkungen auf die Leistung eines jeden hat (Bieling, 2011, S.71ff.). Aufgrund des Einbeziehens aller Mitarbeitenden an Weiterbildungsmaßnahmen, auch die ältere Belegschaft, steigt die wahrgenommene organisationale Gerechtigkeit. Dies fördert die Arbeitszufriedenheit, fördert die Zusammenarbeit im Team und trägt zu einer langfristigen Mitarbeiterbindung bei (Bieling, 2011, S.96). Somit gilt, wenn es an jungen Arbeitskräften mangelt und viele ältere Mitarbeitende vorhanden sind, müssen Unternehmen lernen, sich auf eine neue Zielgruppe auszurichten. Das bedeutet auch ältere Mitarbeiter auf Weiterbildungen zu schicken.
Allein im Jahr 2017 gab es 55.000 offene Stellen für IT-Experten und 2018 stieg die Zahl auf 82.000 deutlich an (BITKOM, 2018, S.2). Dabei ist längst bekannt, dass besonders im Dienstleistungssektor, laut einer Studie von Bauknecht und Heß, Mitarbeiter mehr Wert auf Weiterbildungsmöglichkeiten und Karrierechancen legen (Bauknecht & Naegele, 2014, S.77f.). Zusammenfassend kann an dieser Stelle festgehalten werden, um einen Vorsprung in der sich schnell verändernden Zeit zu erlangen, muss ‚jeder‘ unentwegt lernen, auch Unternehmen und ihre älterwerdende Belegschaft. Dies bedeutet: Keine Anpassungsfähigkeit und kein Vorsprung in der globalisierten Welt ohne Lebenslanges Lernen. Die IT-Branche muss sich verändern und ihren Fokus neu auf die alternde Belegschaft lenken, um dem demografischen Wandel standzuhalten. Somit gilt auch für die IT-Branche: „Höchste Weisheiten sind belanglose Daten, wenn man sie nicht zur Grundlage von Handlungen und Verhaltensweisen macht“ (Drucker, o.J., S.1).
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- Anonymous,, 2020, Der demographische Wandel als Veränderung der Arbeitslernwelt der IT Branche. Müssen IT-Unternehmen langfristig umdenken?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/937024
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