Ziel dieser Arbeit ist es, Lösungen zur notwendigen Steigerung der Dynamik in Unternehmen zu finden. Dabei sollen die Auswirkungen auf die Effizienz beobachtet werden. Hierfür wird bewertet, ob diese konstant bleibt, sich verbessert oder verschlechtert. Im letzten Fall muss entschieden werden, ob die Verschlechterung durch positive Aspekte an anderer Stelle akzeptabel ist.
Der Taylorismus hat eine lange Erfolgsgeschichte. Effizienz durch Arbeitsteilung, insbesondere der Trennung von Planung und Ausführung, war seit der Industrialisierung einer der besten Wege, wirtschaftlich zu produzieren. Letztlich ist es eine sehr effiziente Lösung, Unternehmen in der Art zu organisieren. Ronald Coase untersuchte bereits 1937, warum es überhaupt Unternehmen gibt. Seine Antwort: Transaktionskosten. Denn die Interaktion mit anderen Marktteilnehmern verursacht Kosten. Auch Daniel Kahneman erläutert in seinem Buch "Schnelles Denken, langsames Denken" wesentliche, auf der menschlichen Psyche beruhende Gründe, die für eine prozessorientierte Organisation sprechen.
Doch der Taylorismus scheint an seine Grenzen zu kommen. Technologien entwickeln sich in rasantem Tempo. Das Wissen nimmt stetig zu und wird häufiger erneuert beziehungsweise verworfen denn je. Standardisierte Vorgehensweisen werden zunehmend automatisiert, sodass die Mitarbeiter vermehrt Ausnahmefälle bearbeiten. Ganz allgemein: die Dynamik steigt stetig, zumindest wenn sich das Unternehmen dem Wettbewerb aktiv stellt.
Zentrale Verwaltungen und Organisationen erreichen dadurch zunehmend ihre Grenzen. Insbesondere steigt der Aufwand alle Ausnahmefälle zentral zu steuern gegenüber der ursprünglich damit angestrebten Effizienz. Zu bewerten ist, wie schwer die Probleme und zu meisternden Herausforderungen unserer Zeit gegenüber der bezweckten Effizienz wiegen. Auch muss erörtert werden, ob die Transaktionskosten mit modernen Organisationsformen eventuell andersartig reduziert werden können als durch reine Standardisierung und Arbeitsteilung.
Des Weiteren wird der Wohlstand in den Industrienationen von vielen überdacht und vom Streben nach eben diesem verschiebt sich der Fokus auf Nachhaltigkeit, Natürlichkeit, Lebensqualität und Selbstverwirklichung, im Bewusstsein dafür in anderen Lebensaspekten Abstriche zu machen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
0 Einleitung
1 Gründe für zentrale Organisationsformen
1.1 Das Prinzip der Arbeitsteilung
1.2 Das Prinzip der Fremdmotivation
1.3 Das Prinzip der Transaktionskosten
1.4 Das Prinzip der Risikobereitschaft
1.5 Das Prinzip der menschlichen Irrationalität
1.6 Zusammenfassung
2 Das Vorbild (soziale) Marktwirtschaft
2.1 Der Vorteil der Entscheidungsfindung
2.2 Der Vorteil der Innovationskraft
2.3 Der Vorteil des Preismechanismus
2.4 Die Ordnungspolitik
2.5 Marktprinzipien der Ordnungspolitik
2.6 Soziale Prinzipien der Ordnungspolitik
2.7 Zusammenfassung
3 Dezentralisierung in konventionellen Organisationen
3.1 Eigenverantwortung der Mitarbeiter stärken
3.2 Die differenzierte Mitarbeiterentwicklung
3.3 Duale Organisationsstruktur: Hierarchie und Netzwerk
3.4 Sonderfall der dualen Organisation: „Mannschaftssport“
4 Dezentrale Organisationsformen
4.1 Holakratie und Soziokratie
4.2 Das unternehmensinterne Modell „Soziale Marktwirtschaft“
5 Quintessenz
Literaturverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1 Skala für die Bewertung der Effizienz der untersuchten Modelle
Abbildung 2 Skala für die Bewertung der Dynamik der untersuchten Modelle
Abbildung 3 Das Dilemma der Effizienz zwischen Zentralität und Dezentralität
Abbildung 4 Die Bedürfnispyramide nach Maslow (vgl. Schreyögg 2003 1996, 221)
Abbildung 5 Der Theorie X-Zirkel (vgl. Schreyögg 2003 1996, 227)
Abbildung 6 Der Theorie Y-Zirkel (vgl. Schreyögg 2003 1996, 229)
Abbildung 7 Auswirkungen auf die Effizienz beim Modell „Eigenverantwortung stärken“
Abbildung 8 Auswirkungen auf die Dynamik beim Modell „Eigenverantwortung stärken“
Abbildung 9 Das Reifegradmodell (vgl. Fleischer 2017, 164)
Abbildung 10 Auswirkungen auf die Effizienz beim Modell „Differenziert führen und entwickeln“
Abbildung 11 Auswirkungen auf die Dynamik durch das Modell „Differenziert führen und entwickeln“
Abbildung 12 Zwei Strukturen in einem Unternehmen (vgl. Kotter 2015, 84-85)
Abbildung 13 Auswirkungen auf die Effizienz beim Modell „duale Organisation“
Abbildung 14 Auswirkungen auf die Dynamik durch das Modell „duale Organisation“
Abbildung 15 Formale und informelle Organisationsstruktur (vgl. Robertson 2015, 34)
Abbildung 16 Gegenüberstellung der Organisation in Kreisen und als Pyramide
Abbildung 17 Darstellung Entscheidungsmeeting Sub-Kreis A
Abbildung 18 Auswirkungen auf die Effizienz beim Modell „Holakratie“
Abbildung 19 Auswirkungen auf die Dynamik beim Modell „Holakratie“
Abbildung 20 Auswirkungen auf die Effizienz beim Modell „Soziale Marktwirtschaft“
Abbildung 21 Auswirkungen auf die Dynamik beim Modell „Soziale Marktwirtschaft“
Abbildung 22 Mögliche Einkommensauswirkungen bei vollkommener Dezentralisierung
Abbildung 23 Übersicht der bewerteten Modelle
0 Einleitung
Der Taylorismus hat eine lange Erfolgsgeschichte. Effizienz durch Arbeitsteilung, insbesondere der Trennung von Planung und Ausführung (vgl. Kapitel1.1) war seit der Industrialisierung einer der besten Wege wirtschaftlich zu produzieren.Letztlich ist es einesehr effizienteLösung, Unternehmen in der Art zu organisieren. Ronald Coase untersuchte bereits 1937, warum es überhaupt Unternehmen gibt (siehe Kapitel1.3). Seine Antwort: Transaktionskosten. Denn die Interaktion mit anderen Marktteilnehmern verursacht Kosten (vgl. Coase 1937, 394).Auch Daniel Kahneman erläutert in seinem Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“ wesentliche, auf der menschlichen Psyche beruhende Gründe, die für eine prozessorientierte Organisation sprechen (vgl. Kahneman 2012 2011, 508-513).
Doch der Taylorismus scheint an seine Grenzen zu kommen (vgl. Pfläging2016, 19 sowie Vollmer 2016, 33-46). Technologien entwickeln sich in rasantem Tempo. Das Wissen nimmt stetig zu und wird häufiger erneuert bzw. verworfen denn je (vgl. Senoner 2018).Standardisierte Vorgehensweisen werden zunehmend automatisiert, sodass die Mitarbeiter vermehrt Ausnahmefälle bearbeiten. Ganz allgemein: die Dynamik steigt stetig, zumindest wenn sich das Unternehmen dem Wettbewerb aktiv stellt. Zentrale Verwaltungen und Organisationen erreichen dadurch zunehmend ihre Grenzen.Insbesondere steigt der Aufwand alle Ausnahmefälle zentral zu steuern gegenüber der ursprünglich damit angestrebten Effizienz. Zu bewerten ist, wie schwer die Probleme und zu meisternden Herausforderungen unserer Zeit gegenüber der bezweckten Effizienz wiegen.Auch muss erörtert werden, ob die Transaktionskosten mit modernen Organisationsformen eventuell andersartig reduziert werden können als durch reine Standardisierung und Arbeitsteilung.
Des Weiteren wird der Wohlstand in den Industrienationen von vielen überdacht und vom Streben nach eben diesem verschiebt sich der Fokus auf Nachhaltigkeit, Natürlichkeit, Lebensqualität und Selbstverwirklichung, im Bewusstsein dafür in anderen Lebensaspekten Abstriche zu machen (vgl. Beeger 2019, 15-19). Viele Mitarbeiter sehen daher in Ihrer Beschäftigung nicht nur das Mittel zum Wohlstand, sondern einen Weg eigene Ziele zu verfolgen und zu verwirklichen.All dies steht im Widerspruch zum klassischen Taylorismus.
Ziel dieser Arbeit ist es, Lösungen zur notwendigen Steigerung der Dynamik in Unternehmen unter Berücksichtigung der genannten Probleme zu finden. Dabei sollen die Auswirkungenauf die Effizienz beobachtet werden. Hierfür wird bewertet, ob diesekonstant bleibt, sich verbessertoderverschlechtert. Im letzten Fall muss entschieden werden, ob die Verschlechterung durch positive Aspekte an anderer Stelle akzeptabel ist.
Eine Organisationsform, die anscheinend eine sehr hohe Dynamik zulässt, ist die Marktwirtschaft. Die Mehrzahl der Staaten, welche Wohlstand generieren konnten, haben eine an die Marktwirtschaft angelehnte, dezentrale Volkswirtschaft etabliert bzw. bedienen sich überwiegend ihrer Wirkweise (vgl. Friedman 2015 1971, 233-237). Die Unternehmen innerhalb dieser sind hingegen meist (siehe oben) zentral verwaltet und ähneln somit der Organisation einer volkswirtschaftlichen Planwirtschaft (in einer sehr vereinfachten Form).
Ein Ansatz kann daher lauten, Unternehmen weniger zentral oder gar dezentral zu organisieren. Dies kann in Anlehnung an die ökonomisch erfolgreicheMarktwirtschaft (siehe oben) erfolgen. Durch den zusätzlichen Ansatz die Mitarbeiter zu unterstützen, in einem gewissen Maß zu schützen und nicht als „Arbeitskraft“, sondern als Teil des Unternehmens zu sehen sowie den Anforderungen an das Arbeitsrecht gerecht zu werden, ähnelt das System letztlich einersozialen Marktwirtschaft.
Es gibt bereitsviele Ansätze, die mehr Mitarbeiterverantwortung und bzw. oder eine agilere Struktur zum Ziel haben.Zur Erreichung des Ziels dieser Abhandlung (siehe oben)sollen diese vorhandenen Ideen zur dezentralen Gestaltung von Organisationen untersucht und mit dem Modell der sozialen Marktwirtschaft abgeglichenwerden.Zu diesem Zweck soll die Dynamik aller untersuchten Alternativen an den relevanten Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft gemessen werden. Welche Kriterien für diese Arbeit wesentlich und somit zur Bewertung genutzt werden, wird im Kapitel 2hergeleitet und beschrieben.
In Kapitel 3 werden bestehende zentrale Organisationsformen beschrieben,analysiert und eingeschätzt, welche durch dezentrale Komponenten ergänzt wurden. Anschließend wird dies mit dezentralen Modellenin Kapitel 4durchgeführt,sodass der Leser eine Übersicht der Alternativen,ihrer Vor- und Nachteile sowie der spezifischen Wirkungsweise erhält.Letztlich solleine Entscheidungsgrundlage entstehen, ob eine Form der Dezentralisierung und wenn ja welche,für eine Unternehmungvon Vorteil sein kann.
1 Gründe für zentraleOrganisationsformen
Wie in der Einleitung bereits erläutert, hat sich der Taylorismus, aber auch andere Formen der Zentralisierung in Unternehmen, als eine durchaus effiziente Form der Organisation etabliert. Welche Prinzipien angewendet werden, welche Vorteile diese generieren und wie diese gegebenenfalls auch in dezentralen Modellen fortgeführt werden können, soll in diesem Kapitel erörtert werden.
1.1 Das Prinzip der Arbeitsteilung
Das Prinzip der Arbeitsteilung ist vermutlich so alt wie die Menschheit selbst. Bereits vor der Agrarrevolution bzw. in Naturvölkern gingen vornehmlich die jungen Männer jagen, die Älteren gaben den Jüngsten Wissen und Fertigkeiten weiter und die Frauen konzentrierten sich aufAufgaben, wie das Sammeln von Nahrung oder die Erziehung (vgl. Smith 2009 1776, 20). Adam Smith zeigte auf, dass durch die Aufteilung einzelner Gewerbe, sogar der einfachsten, die Produktivität erheblich gesteigert werden kann (vgl. Smith 2009 1776, 11-19). Insbesondere die Spezialisierung und damit gesteigerte Effizienz, die Fokussierung auf eine Tätigkeit und der Entfall des Umdenkens zwischen verschiedenen Arbeitsgängen sowie die Möglichkeit Arbeitsschritte auf diese Weise schließlich zu automatisieren, sind laut Smith die Treiber der Effizienz sowie der Qualität.Die Arbeitsteilung wie sie Smith beschreibt, lässt sich auch auf mehrere Unternehmenaufteilen und entfaltet bzw. vergrößert so weiterhin Ihren Nutzen.
Die Ideen Frederick Winslow Taylors gingen über diesen Ansatz hinaus. Sein Ziel war es dem Management eine vollkommene Kontrolle über den Produktions-prozess zu verschaffen. Durch eine umfassende Reorganisation der industriellen Arbeit unter Beachtung Taylors "Grundsätzen wissenschaftlicher Betriebsführung", sollten Arbeitsschritte massiv vereinfacht und Arbeitskräfte austauschbar werden. Zusätzlich sollte die Leistung des einzelnen durch das Management bewertbar und somit beeinflussbar werden. Hierzu führte Taylor bestehende Ansätze zusammen und entwickelte so ein ganzheitliches System (vgl. Müller 2000). In besonderer Weise gelang dies durch die Trennung der Planungs- und Ausführungstätigkeiten. Durch „Arbeitsvorbereitungsbüros“ werden die Arbeitsschritte bestimmt, welche durch die Beschäftigten der Produktion ausgeführt werden müssen. Dies setzt voraus, dass alles nach Plan bzw. nach dem standardisierten Schema läuft. Ausnahmen kann das System nicht bewältigen, zumindest nicht unmittelbar.
Auch wenn Taylors Ziele durchaus nachvollziehbar sind, seine Umsetzung widerspricht der in der Einleitung genannten steigenden Dynamik sowie dem Wunsch vieler Angestellten nach Freiheit, Eigenständigkeit und Selbstverwirklichung.DaTaylors Ansatz unternehmensübergreifend nicht realisierbar ist und ein spezialisiertes Management die Planung und Einhaltung steuern muss, erreicht das Prinzip in stark dezentralen Systemen seine Grenzen. Es ist daher zu prüfen, ob die Unabhängigkeit von Mitarbeitern sowie deren Motivation andersartig zu maximieren ist, oder ob es überhaupt notwendig ist, um eine ausreichende Effizienz zu gewährleisten.
In der Vergangenheit war ein erster Ansatz für mehr Flexibilität das Lean Management mit Unterstützung digitaler Prozesssteuerung. Dabei wird vor allem die Organisation der Wertschöpfung optimiert, ungeachtet der technischen Gestaltung.Außerdem wurde versucht den Mangel an Verbesserungendurch Maßnahmen wie „kontinuierlicher Verbesserung“ zu reduzieren, da der Designer der Prozesse beim Taylorismus entkoppelt von der Entstehung der Probleme arbeitet.Ferner wurde bereits seit Mitte des 20. Jahrhunderts für mehr soziale Komponenten in tayloristischen Organisationen gesorgt (vgl. Müller 2000). Im Wesentlichen wurden die Nebenwirkungen des großen Vorteils der Effizienz und Kontrolle durch geringfügige Optimierungen teilweise ausgeglichen.
Der erläuterte Faktor für Effizienz„ Standardisierung durch Planung“ wird aus genannten Gründen als Maßstab für die zu untersuchenden Organisationsformenausgewählt.
1.2 DasPrinzip der Fremdmotivation
Zusätzlich zur Ersetzbarkeit der Mitarbeiter, soll im Taylorismus sichergestellt werden, dass die Beschäftigten, wenn aus Unternehmenssicht lohnend, ihre Komfortzone verlassen. Sie werden so mit Druck zu größerer Leistung gebracht. Dies geschieht im Prinzip mit der Angst, um den Verlust des Arbeitsplatzes. Im Gespräch zwischen Glaukon und Sokrates (vgl. Platon 2010 [378 v. Chr.], 57) geht Glaukon dem Wesen der Gerechtigkeit auf den Grund, mit dem Ansatz, dass es Güter gibt, die die Menschen nicht aufgrund der erhofften Folgen, sondern ihrer selbst willen begehren. Als Beispiel nennt er die Fröhlichkeit und alle Vergnügungen ohne Bedeutung für die Folgezeit. Weiterhin beschreibt Glaukon Güter, welche aufgrund ihrer selbst und ihrer Folgen begehrt werden, zum Beispiel schmackhaftes Essen: Dies erzeugt einen angenehmen Geschmack und macht uns satt bzw. versorgt uns mit Energie. Die dritte Art von Gütern sind einzig wegen ihrer Folgen anzustreben, zum Beispieleine Operation.Die Operation selbst wird der Patient kaum anstreben, den erhofften, verbesserten Gesundheitszustand sehr wohl.Weiterhin gilt es festzuhalten, dass Menschen tendenziell kurzfristige gegebenenfalls auch kleinere Erfolge, langfristigen bzw. nachhaltigen, durchaus größeren Erfolgen vorziehen (vgl. Mischel 1989, 935-937). Da bei Tätigkeiten, welche Freude bereiten, bereits während ihrer Ausübung ihre positive Auswirkung eintreten (also kurzfristig), sind diese in aller Regel begehrter, als Tätigkeiten, deren Folgen erst verzögert eintreten oder mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit gar ausbleiben können.
Je nach Tätigkeit und Präferenzen des Ausführenden kann jede dieser drei Formen im Arbeitsalltag auftreten. Aus unternehmerischer Sicht sollten hingegen Aktivitäten, welche ausschließlich Freude bereiten, jedoch kein Ergebnis erzeugen, nicht Bestandteil der Arbeitszeit sein. Der Erwerb des Lebensunterhaltes ist somit eine Aktivität, welche eine gewisse Vorausschau sowie Selbstdisziplin erfordert, sollte er nicht zu den Tätigkeiten gehören, welche durchweg Freude bei der Verrichtung erzeugen.In der sozialen Marktwirtschaft ist die Motivation eines jeden Marktakteurs sein Gewinnstreben (vgl. Smith 2009 1776, 451). Wenn monatlich ungeachtet der erbrachten Leistungein festes Gehalt gezahlt wird, wird Ergebnis und Belohnung entkoppelt, sodass die positive Folge einer Tätigkeit, zum Beispieldie Lösung eines Kundenproblems, nicht länger unmittelbar mit dem eigenen Tun verknüpft wird. Erst recht, wenn viele Mitarbeiter zusammen am Unternehmensergebnis mitwirken, kann die eigene Rolle als unbedeutend eingeschätzt werden.
Es gilt daher bei Aufgaben ohne unmittelbare Freude bzw. nicht greifbarem Erfolg, die Motivation der Mitarbeiter durch stetige Ermahnung an die erforderliche Leistung zu erhalten, um so auch die Zahlung aller Löhne zu gewährleisten (tayloristischer Ansatz). Oder es wird den Mitarbeitern eine unmittelbare Verknüpfung ihrer eigenen Arbeitsleistung mit der Zahlung ihres Entgeltes greifbar und stets präsent gemacht (Anreizkompatibilität – vgl. Kapitel 2.1). Ein dritter Weg ist es den Mitarbeitern aufzuzeigen, dass der Nutzen als Ergebnis der Tätigkeit unabhängig vom Einkommen als persönlicher Gewinn bewertet werden kann. Typisch hierfür ist die Motivation der Mitarbeiter von Non-Profit-Organisationen. Eine Kombination dieser drei Methoden ist durchaus möglich.
Entscheidend ist, alle Mitarbeiter im Falle der genannten Tätigkeiten zu den wesentlichen Leistungen zu motivieren, immer dann, wenn die eigene Motivation nicht ausreichend ist. Egal ob durch Aufforderung oder Anreiz ist die Leistung jenseits der eigenen Komfortzone daher ein Faktor für die Effizienz der Organisation und wird daher ein Bewertungskriterium für die zu untersuchenden Modelle sein.
1.3 Das Prinzip der Transaktionskosten
Schon Ronald Coase war verwundert, warum die Theorie des Preismechanismus, welche das Wirtschaftssystem „von selbst funktionieren“ lässt, innerhalb von Unternehmen ausgehebelt wird. „Wenn ein Mitarbeiter von Abteilung Y zu Abteilung X wechselt, geht er nicht wegen einer Änderung der relativen Preise, sondern weil ihm befohlen wird, dies zu tun.“ (vgl. Coase 1937, 387). Innerhalb eines Unternehmens tritt an die Stelle der komplizierten Marktstruktur der Unternehmer. Coase klärte, auf welcher Grundlage die Entscheidung zwischen diesen beiden Alternativen basiert.Allem voran müssen die Kosten des Unternehmers (bzw. die der gesamten Verwaltung des Unternehmens) geringer als die Kosten der Markttransaktion sein (vgl. Coase 1937, 394).Diese Transaktionskosten (nach Coase „marketingcosts“) können zum Beispiel die Zeit für die Suche nach einem Anbieter, Anfrage bei diesem, dessen Erstellung des Angebots, die Bestellung, die Rechnungslegung und denAufwand für den Zahlungsprozess beinhalten.
Was außer der niedrigeren Kosten des Unternehmers gegenüber dem Preismechanismus für die zentrale Planung innerhalb von Unternehmen spricht, ist die überwältigende Komplexität, wenn sie anstelle eines Unternehmens, welches als „Generalunternehmer“ für diverse Marktakteure auftritt, mit diversen Marktakteuren agieren müssten (vgl. Coase 1937, 397). Auch führt Coase als Grund an, dass bei steigender Anzahl der Transaktionen der Preis innerhalb des Unternehmens gegenüber dem Preis am Markt sinkt. Daher ist es ratsamalsOrganisation nach Wachstum zu streben, um die Nachteile des Preismechanismus noch mehr zuvermeiden (vgl. Coase 1937, 396). Es tritt somit ein Skalierungseffekt ein. Außerdem kann durch Nutzung des Lerneffekts die Fehlerquote erheblich gesenkt werden (vgl. Coase 1937, 396). Die beidenletzten Aspekte sollen hier jedoch nicht intensiv betrachtet werden, da diese bereits Eigenschaften der beschriebenen Arbeitsteilung sind. Durch die Verbesserung der Führungstechnik kann der Vorteil gegenüber der Transaktionskosten weiter ausgebaut werden (vgl. Coase 1937, 397).
Hingegen sinkt das Bestreben zu einer (großen) Unternehmung, wenn die Transaktionen zum eigenen Geschäftsmodell starke Unterschiede aufweisen oder regelmäßig stark variierenund der Aufwand damit steigt (vgl. Coase 1937, 397). Außerdem ist eine große räumliche Trennung nachteilig, was angesichts moderner Technologien (zur Kommunikation aber auch zur Mobilität) zusehends nachrangig wird (vgl. Lobe 2015).Dies trägtzum anhaltenden Trend des Wachstums der durchschnittlichen Unternehmensgröße bei(vgl. Daepp 2015).
Die in Kapitel 3 und 4 analysierten Alternativen werden daher bezüglich der Summe aus internen Kosten und Transaktionskosten bewertet. Denn ein Senken der Transaktionskosten alleine ist nicht zielführend, wenn gleichzeitig die Kosten der internen Organisation in größerem Umfang steigen. Wenn also die Transaktionskosten steigen, gleichzeitig die internen Kosten hingegen im gleichen Maß sinken, wird dieses Kriterium als unverändert bewertet.
1.4 Das Prinzip der Risikobereitschaft
Als weiteren Grund führt Coase an, dass der Preismechanismus durchaus sehr gut funktioniert, jedoch mit unsicheren Entscheidungen einhergeht. Wenn jemand etwas produziert, weiß er noch nicht, ob es zum Zeitpunkt des Verkaufes überhaupt eine Nachfrage danach gibt bzw. zu welchem Preis. Es muss daher eine Entscheidung unter Unsicherheit getroffen werden. Hierbei beruft sich Coase auf Prof. Frank Knight:„Mit existierender Unsicherheit bei der Ausführung von Aufgaben, wird die Durchführung der Aktivität zweitrangig; das primäre Problem bzw. die primäre Funktion ist,zu entscheiden, was zu tun ist und wie es zu tun ist.“ (Knight 1921, 268[Übersetzung des Verfassers]). Jemand muss diese Unsicherheit als sein persönliches Risiko annehmen. Auch dies kann jeder einzelne Marktakteur tun, nur sind einige Persönlichkeiten risikofreudiger als andere und damit besser geeignet bzw. überhaupt bereit für diese Art von Entscheidung. Die anderen Akteure akzeptieren in diesem Moment einen Teil des eigentlich durch den Preismechanismus erzielbaren Preises an den Risikoträger abzugeben.
Die zu untersuchenden Modelle sollten daher überprüft werden, ob sie lediglich die Risikobereitschaft derer beanspruchen, welche das tatsächliche (zum Beispiel finanzielle) Risiko auch unmittelbar tragen oder auch andere Organisationsteilnehmer dazu animiert.Bestenfalls besitzt das untersuchte Modell tatsächlich einen Mechanismus, bei dem Entscheider sowohl am Erfolg als auch am Misserfolg beteiligt sind.
1.5 Das Prinzip der menschlichen Irrationalität
In seinem Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“ beschreibt Daniel Kahneman die in mehrjährigen Studien ermittelten Schwächen der menschlichen Logik. Im Schlusswort definiert er, dass „Rationalität“ unabhängig der Glaubenssätze und Denkweisen, die angewendet werden, sich in erster Linie dadurch definiert, dass das Denken oder Handeln eines Individuums widerspruchsfrei ist. Eine Logik oder Regel, die angewandt wird, muss für einen selbst genauso gelten wie für andere und unter anderen Umständen, welche die Regel nicht beeinträchtigen, ebenso. Auch dürfen verschiedene Glaubenssätze nicht kollidieren.„Rationalität ist logische Kohärenz“ (Kahneman2012 2011, 508). Das bedeutet nicht, dass Menschen generell irrational sind, nur können Fehler vermieden oder bessere Entscheidungen getroffen werden, wenn gewisse Regeln beachtet werden. Diese können zum Beispiel durch politische Maßnahmen oder Institutionen vorgegeben werden (vgl. Kahneman2012 2011, 509). Unter der Prämisse, dass Menschen rational sind, wird häufig gefordert, dass es nicht rechtens ist, „Menschen vor Ihren eigenen Entscheidungen zu schützen“. Die libertäre Philosophiebesagt: Die individuelle Entscheidungsfreiheit soll nicht eingeschränkt werden, solange die Entscheidungen des Einzelnen andere nicht schädigen (Kahneman 2012 2011, 510). Bei einem Volk aus rationalen Bürgern kannund sollte sich der Staat vollständig heraushalten,oder in einem Unternehmen, dessen Leitung.Nur agieren Menschen nach den ausführlichen Studien von Kahneman und seinen Kollegen eben nicht durchweg rational.Um genau diese Fehler zu reduzieren, entwickeln Unternehmen standardisierte Prozesse, Checklisten, etc.(vgl. Kahneman2012 2011, 517). Dies entspricht den Vorgehensweisen im Taylorismus und rechtfertigt diesen.Auch der Einsatz von Experten, die ein Problem eben nicht mit „gesundem Menschenverstand“ lösen, sondern auf Basis von Erfahrung und spezialisierter Problemlösung, kann zur Reduktion der Fehlschlüsse führen.Dies spricht wieder für eine Spezialisierung und Arbeitsteilung, welche allerdings auch unternehmensübergreifend organisiert sein kann.
Einen Schritt weiter und damit auch in Richtung Dezentralität können Organisationen gehen, wenn sie zusätzlich ein “bestimmtes Vokabular verwenden“ und „eine Kultur fördern, in der Menschen aufeinander aufpassen, wenn sie sich Minenfeldern nähern“ (Kahneman 2012 2011, 517). Der Umgang mit Fehlschlüssen und Verzerrungen mussein wesentlicher Anteil des Schulungsumfangs sein. Letztlich muss der Entscheidungsprozess einer kontinuierlichen Prozessverbesserung unterliegen wie jeder andere Prozess auch. Außerdem müssen standardisierte Vorgänge nicht einem zentralen Organ entspringen. Genauso kann ein Gremium oder ein unternehmensweiter Entwicklungsprozess diese Standards generieren.
Eine Alternative zur vollständigen Freiheit ist ein aktiver Schutz der Individuen, eines Staates oder einer Institution vor schlechten Entscheidungen bzw. ein Anstoß zu den (vor allem langfristig)richtigenEntscheidungen, immer auf das Wohl des Individuums und der Allgemeinheit gerichtet. Nach Thaler und Sunstein heißt diese Form der Ordnung„libertärer Paternalismus“ (vgl. Kahneman2012 2011, 510f).
Um bei Entscheidungen in dezentralen Organisationen weitgehend die Irrationalität einzudämmen, werden die ausgewählten Modelle auf deren Wirksamkeit diesbezüglich untersucht.
1.6 Zusammenfassung
Die Effizienz als bestimmender Vorteil und Existenzberechtigung der zentralen Organisation (also des Status Quo) wurden in diesem Kapitel betrachtet. Die verschiedenen Prinzipien zur Gewährleistung dieser wurden dabei herausgestellt. Bei der Suche nach dezentralen Alternativen sollten diese entweder beibehalten oder deren Zweck anderweitig ausgefüllt werden. Daher soll die Effizienz aller Alternativen an folgenden Bewertungskriterienund entsprechender Skala gemessen werden (siehe Abbildung 1):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 -Skala für die Bewertung der Effizienz der untersuchten Modelle
Wird die Ausprägung eines Kriteriums im Wesentlichen beibehalten, wird dieses mit „ unverändert “ bewertet und im Score mit 100% eingerechnet. Da eine Messbarkeit einer möglichen Änderung nicht gegeben ist, sondern lediglich eine Tendenzanhand eingehender Analyse als wahrscheinlich eingeschätzt werden kann, wird eine Verschlechterung mit 50% („ schlechter “) und eine Verbesserung mit 150% („ besser “) bewertet.
Die Arbeitsteilung als solche, also nicht zwischen Planung und Ausführung, sondern zwischen Gewerk A und Gewerk B, ist für diese Abhandlung irrelevant, da sie sowohl zentral als auch dezentral erfolgen kann.
2 Das Vorbild (soziale) Marktwirtschaft
Wie eingangs beschrieben ist die Marktwirtschaft eine Organisationsform, welche eine enorm hohe Dynamik gewährleistet. Da eine komplette Laissez-Faire-Organisation zu vorrangiger Verfolgung der Individualziele führtund nicht zum Unternehmens- und damit nachhaltigem Gesamtwohl,sollte die Dezentralität einer angemessenen Regulation unterliegen. Daher soll für diese Arbeit die Wirkweise der Sozialen Marktwirtschaft als maximal anzustrebender Soll-Zustand für eine dezentrale Organisation gelten. In Anlehnung an diese werden in diesem Kapitel Bewertungskriterien für eine hohe Dynamik erarbeitet.
2.1 Der Vorteil der Entscheidungsfindung
In der sozialen Marktwirtschaft gilt das Prinzip der Subsidiarität (vgl. Richert 2007, 266).Dabei soll immer die kleinste Einheit Angelegenheiten regeln bzw. entsprechende Entscheidungen treffen. Sobald eine größere Instanz betroffen ist, obliegt die Lösung eben dieser bzw. der nächsthöheren Ebene,wenn mehrere Einheiteninvolviert sind. Auf ein Unternehmen bezogen hat die Entscheidungskompetenz automatisch immer der Mitarbeiter oder die Abteilung, welcher bzw. welche das Problem unmittelbar betrifft. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass vermehrt fachlich und nichtrein hierarchisch entschieden wird. Sollte die kleinste Einheit mit der Lösung überfordert sein, kann ein Berater oder Gremium unterstützen (insbesondere bei interdisziplinären Problemen).
Das System agiert so schneller, da dort Alternativen erarbeitet und zwischen diesen entschieden werden kann, wo die Probleme entstehen. Die Informations-verarbeitung und damit die Dynamik erhöhen sich. Zudem steigt die Flexibilität, weilauf Änderungen der Rahmenbedingungen oder des Umfeldes unmittelbar reagiert werden kann. Die Subsidiarität wird daher ein Bewertungskriterium der betrachteten Modelle sein.
Damit die anfallenden Entscheidungen nicht nur schnell und fachlich getroffen werden, sondern vor allem im Sinne des Unternehmens, ist ein weiterer wichtiger Aspekt von Bedeutung:die Anreizkompatibilität. Das bedeutet in diesem Fall: Wenn jeder Mitarbeiter seine eigenen Ziele verfolgt, trägt er automatisch auch zum Wohl des Unternehmens bei und umgekehrt.Angelehnt an Adam Smith ist dies eine innerbetriebliche „unsichtbare Hand“(vgl. Smith 2009 1776, 451).Nur im Gegensatz zum freien Markt mit integriertem Preismechanismus ist dies im klassischen Unternehmen nicht systemimmanent. Alleine durch das Bewusstsein„geht es dem Unternehmen gut, geht es den Mitarbeitern gut“, ist ein Grundstockan Anreizkompatibilität gegeben. Dies kannerweitert werden, indem eine variable Vergütung eingeführt wirdoder gar eine Unternehmenswährung, mit der interne Kunden ihre internen Lieferanten bezahlen können. Je zufriedener der interne Kunde ist, desto höher ist die Bezahlung. Dies treibt die innerbetrieblichen Transaktionskosten in die Höhe. Mit digitalen Lösungen ist dies jedoch mit überschaubarem Aufwand machbar. So viel vorweg: keine der untersuchten Alternativen verfolgt einen solchen Ansatz. Da diese Untersuchung vermutlich eine Abhandlung alleine rechtfertigt, soll dieser Ansatz in dieser Arbeit nicht weiterverfolgt werden.Das Ziel lautet also: Entscheidungen sollen in den „kleinstmöglichen“ Einheiten getroffen werden und immer im Unternehmenssinn. Die Bewertungder dezentralen Modelle bezüglich der Anreizkompatibilität soll somit erfolgen.
Dass diese Entscheidungen, seien sie noch so unternehmerisch, dennoch den menschlichen Fehlschlüssenunterliegen (vgl. Kahneman 2012 2011), sollte dahingehend berücksichtigt werden, dass geübte Entscheider diese durch Training oder Methodik zumindest versuchen zu umgehen. Die kleinstmögliche Einheit wird diese Fähigkeiten in aktuellen Strukturen selten ausgeprägt haben. Hier sollten Schulungsmaßnahmen stattfinden oder bestimmte Methoden etabliert werden (vgl. Kahneman 2012 2011, 517).
2.2 Der Vorteil der Innovationskraft
In einer Marktwirtschaft motiviert „die unsichtbare Hand“ die Akteure zu Innovation(vgl. Smith 2009 1776, 451). Wenn jemandseinen Kunden einen höheren Nutzen anbietet, kann er auch seinen Gewinn steigern. Dass die Formen der Marktwirtschaft bedeutend innovativer sind als die zentralen Wirtschaftsformen, kann historisch nachvollzogen werden. Dies rührt einerseits von dem Streben eines jeden einzelnen, dem Prinzip von Smith zu folgen. Andererseits ist es schwer möglich, als einzelner oder mit einigen wenigen alle Details einer großen Unternehmung geschweige denn einer Volkswirtschaft zu überschauen.Oder wiees Kenneth Blanchard beschrieb: „None of us is as smart as all of us” (Blanchard 2001, Titelseite).
Die Frage, in welchem Umfang bzw. in welcher Form Innovation sinnvoll ist, soll nicht Bestandteil dieser Arbeit sein. Einige Erfindungen, die am freien Markt reißenden Absatz fanden, hatten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur einen ggf. lediglich kurzfristigen, positiven Effekt auf den Konsumenten, sondern auch ggf. langfristige negative Nebeneffekte auf andere, die Umwelt oder sogar den Käufer selbst. Neben diesem Hintergrund sollen Innovationen in dieser Abhandlung als positiv betrachtet werden.
Dezentralität eröffnet demnach auf zwei Wegen Innovation: Erstens durch Anreizkompatibilität, das heißt, eine für andere Akteure vorteilhafte Innovationbringt auch Vorteile für den Innovator. Zweitens durch Spezialisten mit entsprechenden Befugnissen, welche die Probleme und die Funktionsweise möglicher Lösungen besser erkennen und erarbeiten können.Über Innovationen wird also auch oder vor allem in den kleinstmöglichen Einheiten nachgedacht und entschieden. Es greift somit wieder die Subsidiarität. Diese und die Anreizkompatibilität wurden bereits als Bewertungskriterien festgelegt (vgl. Kapitel 2.1) und werden daher nicht nochmals bewertet.
2.3 Der Vorteil des Preismechanismus
Nach den Erläuterungen von Coase (vgl. Kapitel 1.3) definiert sich ein Unternehmen unter anderemdurch das Umgehen des Preismechanismus bzw. der Preisflexibilität. Wird bei den Betrachtungen dieser Arbeit also der Preismechanismus innerhalb von Unternehmen einbezogen, ist es nicht länger ein solches. Es istnun eine Sub-Marktwirtschaft innerhalb der Volkswirtschaft oder gänzlich obsolet, also lediglich ein Zusammenschluss von einzelnen Markt-akteuren, die einen gemeinsamen Zweck verfolgen. Dies ist nicht undenkbar, steht jedoch im Widerspruch der gesuchten Lösung: „Modelle dezentraler Organisation in privatwirtschaftlichen Betrieben“. Alle betrachteten Modelle deaktivieren daher den Preismechanismus und müssen diesbezüglich nicht bewertet werden. Eine Ausnahme bildet das Kapitel 4.2, in welchem die soziale Marktwirtschaft als solche als Modell betrachtet wird. Dies soll als Vergleich zu den restlichen Modellen aber auch als Ideengeber zur Optimierung der übrigen Modelle dienen.
2.4 Die Ordnungspolitik
Um eine soziale Marktwirtschaft zu gestalten, bedarf es einer entsprechenden Ordnungspolitik (vgl. Erhard 2009 1957, 11). Diese dient dazu, einen Rahmen mit generell-abstrakten Regeln zu definieren und aufrecht zu erhalten. Im Gegensatz dazu soll der Markt innerhalb dieses Rahmens weitgehend frei und ohne staatlichen Einfluss agieren, also mit keiner bzw. wenig Prozesspolitik (vgl. Richert2007, 262f).So dezentral ein Unternehmen auch organisiert sein mag, ein gewisser Rahmen zusätzlich zum geltenden Recht muss stets existieren und über die Zeit auch angepasst werden. Daher wird die Ausprägung der Rahmenordnung bei den betrachteten Alternativen bewertet.
Abgesehen von naheliegenden Regeln und Richtlinien wie der Unterschriften-richtlinie, Urlaubsregeln, Budgets, Vertretungsregeln, etc., welche die Rahmen-ordnung eines Unternehmensbeinhalten kann,muss die Ordnungspolitik noch weitere wesentliche Aspekte gewährleisten, um der einer sozialen Marktwirtschaft zu entsprechen. In der Volkswirtschaft ist dies notwendig, dadiesedem Marktprinzip nicht inhärent sind. Aus diesem Grund sollen in den folgenden beiden Kapiteln insbesondere dieAspekteder Ordnungspolitik als potenzielle Kriterien für Dezentralität untersucht werden(vgl. Richert 2007, 264-269).
Marktprinzipien (siehe Kapitel 2.5):
- die Aufrechterhaltung des Wettbewerbs
- die Konsumenten- und Produzentensouveränität
- die Gewährleistungdes Rechts auf Privateigentum
- die Aufgabe, externe Effekte von Marktakteuren (positive wie negative) diesen anzulasten oder zu entlasten
Soziale Prinzipien(siehe Kapitel 2.6 ):
- die Sozialisierung von Risiken
- die Verhinderung der kompletten Ökonomisierung aller Lebensbereiche
- die Regelgebundenheit der Politik
Dabei gelten weiterhin die Gebote der Subsidiarität sowie die der Anreizkompatibilität (diese werden bereits als Bestandteil von Kapitel 2.1 berücksichtigt).
2.5 Marktprinzipien der Ordnungspolitik
Ein grundlegender Aspekt der Marktwirtschaft ist der Wettbewerb. Dieser umfasst zwei Prinzipien. Erstens müssen Neugründungen möglich sein und dürfen daher nur so stark reglementiert sein wie nötig (zum BeispielApprobationsordnung für Ärzte). Es sollen also geringe Einstiegsbarrieren existieren (vgl. Richert 2007, 264). Zweitens soll das Angebot immer von deutlich mehr als einem Unternehmen ausgehen (vgl. Erhard 2009 1957, 191-193). Nur so kann die Freiheit von Unternehmen in höhere Qualität und einen besseren Preis für den Kunden gelenkt werden, statt dem Unternehmenseignerhorrende Renditen zu ermöglichen (vgl. Erhard 2009 1957, 203). Wer in diesem Szenario Kunde eines Unternehmens ist, ist offenkundig. Nun gilt es, dieses Prinzip innerhalb eines Unternehmens anzuwenden.Letztlich ist das Ziel weiterhin, den Unternehmenskunden zufrieden zu stellen. Diese Aufgabe hat gewissermaßen der letzte Mitarbeiter der Wertschöpfungskette, denn er vollendet das Produkt so qualitativ und effizient wie möglich. Doch kann er dies nur, wenn sein interner Lieferant ihm das Produkt nachder vorletzten Stufe so hochwertig und kostenoptimiert wie möglich überreicht. Der Ausführende des vorletzten Arbeitsschrittes wiederrum hat ebenfalls einen Vorgänger usw. Wenn diese internen Lieferanten nun als „gesetzt“ gelten, haben diese ein Monopol. Haben sich alle internen Lieferanten eines Arbeitsschrittes abgestimmt, zum Beispiel aus Bequemlichkeit ein Maß an Zuverlässigkeit nicht zu übersteigen, dann gleicht dies einemKartell. Maßgabe ist immer der Unternehmenskundenwunsch am Ende des Prozesses, und jede Teillieferung eines internen Lieferanten musseine Teilmenge der Gesamtforderung erfüllen. Eine mögliche Umsetzung ist, für jede Aufgabe mehrere Mitarbeiter zu haben, welche sich nicht abstimmen dürfen, um ein Polypol zu schaffen.Falls die Aufgabe nur die Zeit einer Arbeitskraft beansprucht, können mehrere Mitarbeiter regelmäßig ihre Aufgabe wechseln. Nun kann der Konsument, in diesem Fall der interne Kunde, wählen, welcher Anbieter das entsprechende Teilergebnis am besten erfüllt. Zudem können regelmäßig geheime Zufriedenheitsabstimmungen stattfinden, anhand deren Ergebnis der jeweilige Mitarbeiter zumindest ein Feedback erhält oder garseine variable Vergütung bemessen wird. Dies kann durchaus softwaregestützt erfolgen und bedeutet daher keinen erheblichen Aufwand. Letztlich kann der interne Kunde ganz und gar zwischen den internen und externen Anbietern wählen (make-or-buy-decission). Falls überwiegend externe oder andere interneAnbieter gewählt werden, muss der abgewählte Anbieter konsequenter-weise seinen Arbeitsplatz aufgeben. In einem zentralen Unternehmen existiert dieser Mechanismus in abgeschwächter Form. Nur muss hier eine Führungskraft durch Beobachtung und Feedback eine Einschätzung treffen und entsprechende Maßnahmen umsetzten. Dies ist deutlich umständlicher und viele Probleme bleiben unentdeckt.Wie ausgeprägt der hier beschriebene interne Wettbewerb in den untersuchten Alternativen ist, soll daher ermittelt werden.
Es wird darauf hingewiesen, dass ein permanenter Wettbewerb um „Leben und Tod“ zwischen den Mitarbeitern kaum zu einem funktionierenden Unternehmen beitragen wird, wenn Missgunst und fehlender Teamgeist die Arbeitsweise bestimmen. Einen internen Lieferanten zu haben, dessen Fehler regelmäßig durch zusätzlichen Aufwand behoben werden müssen, trägt jedoch ebenfalls zu einer schlechten Zusammenarbeit bei.
Die Konsumenten- und Produzentensouveränität gewährleistet die Entscheidungs-freiheit beim Konsum sowie die Gewerbe-, Produktions- und Handelsfreiheit (vgl. Richert 2007, 264f). Natürlich kann ein Mitarbeiterjederzeit entscheiden, ob er für das Unternehmen tätig sein will oder nicht. Um der Produzentensouveränität gerecht zu werden, muss in einem dezentralen Modell überdiesdurch die Abteilung oder den Mitarbeiter entschieden werden können,was sie bzw. er herstellt bzw. intern anbietet.Diese Entscheidung kann jedoch nur in Absprache mit entsprechenden zentralen oder betroffenen Stellen erfolgen, dennum dem Unternehmenszweck gerecht zu werden, muss eine zielgerichtete Wertschöpfung stattfinden.Eine andere souveräne Entscheidung ist die Art und Weise der Realisierung. Da die Ressourcen durch das Unternehmen und dadurch indirekt durch die Eigner gestellt werden, tragen diese auch das Risiko der Investition und der Rentabilität. Das Risiko istsomit nicht oder nur begrenzt auf das produzierende Individuum zu übertragen. Es handelt sich somit selbst bei großer Freiheit in der Wahl nicht um Souveränität, sondern um Entscheidungsfreiheit, welche bereits in die Betrachtung der dezentralen Modelle einbezogen wird (vgl. Kapitel 2.1).
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- Arbeit zitieren
- Henning Köllner (Autor:in), 2020, Dezentrale Organisation in Unternehmen. Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft für mehr Dynamik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/936718
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