Diese Arbeit liefert zahlreiche praktische Anwendungsempfehlungen und zielt zudem auf ein besseres Verständnis der Mechanismen zwischen identifizierten Erfolgsfaktoren und ihren Implikationen für eine größtmögliche Ausschöpfung der Potenziale des OKR-Instrumentariums.
Unternehmen im digitalen Zeitalter müssen sich extrem schnell veränderten Marktbedingungen anpassen können, ohne die eigenen strategischen Zielsetzungen aus dem Blick zu verlieren. Für diese Herausforderungen benötigen sie eine Orchestrierungslogik, die sie in die Lage versetzt, sich radikal zu fokussieren, gleichzeitig aber offen für neue Opportunitäten zu bleiben.
Objective and Key Results (OKRs) stellen einen solchen Ansatz dar. Sie sind geeignet, trotz der notwendigen hohen Anpassungsfähigkeit agiler Organisationen die unternehmerische Mission, Vision und Strategie in messbare Ziele und Meilensteine umzusetzen und deren Erreichen wirkungsvoll zu verfolgen. Dies zeigen Praxisbeispiele aus Unternehmen wie Google, Twitter, LinkedIn und zahlreichen US-amerikanischen Technologieinnovatoren, die OKRs als Leadership Modell verwenden.
In Deutschland haben OKRs bisher noch keine große Verbreitung gefunden. Ziel dieser Arbeit war es daher, Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Verankerung von OKRs in Organisationen wissenschaftlich zu untersuchen. Die Arbeit legt den Schwerpunkt damit auf organisationale Fähigkeiten, Bedingungen und Aspekte, die für die Einführung und nachhaltige Anwendung unternehmensweiter OKRs bedeutsam sind.
Dafür wurde einerseits der verfügbare wissenschaftliche Kenntnisstand zu OKRs, agilen Frameworks und Veränderungsintelligenz von Organisationen untersucht und daraus Treiber für eine erfolgreiche Nutzung des OKR-Ansatzes identifiziert. Dabei wurden auch publizierte Fallbeschreibungen aus internationalen OKR-Implementierungen herangezogen.
Darüber hinaus wurde dieser Kenntnisstand um eine empirische Analyse erweitert. Dafür wurden umfassende qualitative Experteninterviews durchgeführt und ausgewertet. Zielgruppe der Interviews waren Führungskräfte von 14 in Deutschland ansässigen Unternehmen oder Konzernen, die OKRs in ihren Unternehmen eingeführt haben, und in Deutschland tätige Berater, die OKR-Implementierungen in Unternehmen begleitet haben. Ziel dieser Experteninterviews war es, die theoriebasierten Faktoren anhand realer Anwendungsfälle zu überprüfen und weitere Erfolgsfaktoren zu identifizieren.
Inhalt
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Umfeldveränderungen für Unternehmen und ihre Implikationen auf die Führung von Organisationen
2.1. Veränderungen in der Arbeitswelt
2.1.1. Einflüsse der Makroebene
2.1.2. Einflüsse auf Mesoebene
2.1.3. Zwischenfazit
2.2. Organisationale Konsequenzen für Unternehmen in disruptiven Umwelten und ihre organisationalen Fähigkeiten
3. Agile Arbeitsformate zur Steigerung der Veränderungsintelligenz von Organisationen
3.1. Agile Frameworks vs. agile Methoden
3.2. Objectives und Key Results (OKRs) als Instrument zur Orchestrierung der Dynamik in agilen Organisationen
3.2.1. OKRs als Rahmenwerk für agiles Zielmanagement
3.2.2. Wirkungsebenen von OKRs und Prozessgestaltung
3.2.3. Gründe für die Nutzung von OKRs
4. Entwicklung der Forschungsfrage und methodisches Vorgehen
4.1. Entwicklung der Forschungsfrage
4.2. Methodisches Vorgehen der rekonstruktiven Untersuchung
5. Erfolgsfaktoren für die Implementierung von OKR-Frameworks und ihre Indikatoren erfolgreicher Anwendungen
5.1. Förderliche Ausgangsbedingungen im Vorfeld einer OKR-Einführung
5.1.1. Strukturell-organisationale Reifegrade
5.1.1.1. Mission, Vision und Strategie
5.1.1.2. Organisationsdesign
5.1.1.3. Erfahrung mit agilen Arbeitsmethoden
5.1.2. Kulturelle Kompetenzen der Organisation
5.1.2.1. Organisations- und Wertekultur
5.1.2.2. Führungskultur
5.1.2.3. Fehlerkultur und Experimentierfreude
5.2. Erfolgstreiber im Einführungsprozess
5.2.1. Gründe klären
5.2.2. Rahmen für die Einführung schaffen
5.2.3. Schrittweise Einführung und Gestaltung der Umsetzungsdramaturgie
5.2.4. Selbstverpflichtung auf oberster Ebene
5.2.4.1. Beteiligte gewinnen durch das Management
5.2.4.2. Sinn für die Wichtigkeit / Relevanz durch das Management erzeugen
5.2.5. OKR-Master
5.2.6. Weitere identifizierte Erfolgsfaktoren für die Einführung von OKRs
5.2.6.1. Mitarbeiterentwicklung und Qualifizierung als Erfolgsfaktor
5.2.6.2. Systemische Sichtweise des Managements und Change-Bewusstsein
5.2.6.3. Beratungsunterstützung
5.3. Organisationskompetenzen für das langfristige Arbeiten mit OKRs
5.3.1. Verpflichtung zu Prioritäten
5.3.2. Vertikale und horizontale Anschlussfähigkeit (Alignment)
5.3.3. Transparenz als Bedingung und Ergebnis
5.3.4. Konsequentes Nachhalten von OKRs
5.3.5. Setzen ambitionierter Ziele
5.3.6. Zusätzliche Erfolgsfaktoren für ein nachhaltiges Arbeiten mit OKRs
5.3.6.1. Anpassung des Frameworks auf die Gegebenheiten des Unternehmens
5.3.6.2. Integration in bestehende Strukturen
5.3.6.3. Integration von Tagesgeschäft und OKRs
5.3.6.4. Regeln von Verantwortlichkeiten
5.3.6.5. Fähigkeit zum organisationalen Lernen und zur Reflexion
5.3.6.6. Beteiligungsmöglichkeiten und Gestaltungsspielräume
5.3.6.7. Kommunikationskompetenz der Organisation
5.4. Zusammenfassung der Ergebnisse und Interpretation
6. Fazit und nächste Ziele
7. Literaturverzeichnis
ANHANG Interviewtranskripte
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Herunterbrechen von OKRs von der Unternehmens- auf Abteilungsebene; beispielhafte Darstellung (Alberti, 2018)
Abbildung 2: OKR Regelprozess (in Anlehnung an Doerr, 2018, S. 232)
Abbildung 3: Methodischen Vorgehen zur Beantwortung der Forschungsfrage, eigene Darstellung
Abbildung 4: Die 18 Prinzipien des agilen Manifests (Lobacher et al., 2017, S. 19)
Abbildung 5: Vorgehensweise qualitative Inhaltsanalyse (Mayring, 2015, S. 98) XXIV
Abbildung 6: Verteilung der Codings auf das Kategoriensystem Fehler! Textmarke nicht definiert
Abbildung 7: Verteilung der Häufigkeiten der Codings auf die Codekategorien Fehler! Textmarke nicht definiert
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abb.: Abbildung
AWRM: Agile Wheel Reference Model
BDS: Berufsverband Deutscher Soziologen
BHAG: Big Hairy Audacious Goals
BMI Bundesministerium des Inneren
BSC: Balanced Scorecard
bzw.: beziehungsweise
ca. circa
CDO Chief Digital Officer
CEO: Chief Executive Officer
CIO: Chief Information Officer
DGS: Deutsche Gesellschaft für Soziologie
d.h.: das heißt
DISC Distance Independent Study Center
einschl. einschließlich
ERP Enterprise Resource Planning
etc.: et cetera
geb.: geboren
ggf.: gegebenenfalls
HBM: Harvard Business Manager
IfD: Institut für Demoskopie Allensbach
insb.: insbesondere
i.d.S.: in dem Sinne
i.S.: im Sinne
i.S.v.: im Sinne von
IT: Informationstechnologie
max.: maximal
MbO: Management by Objectives
min minimal
MIT: Massachusetts Institute of Technology
MOALs: Akronym für Midterm Goals
o.ä.: oder ähnlich/e
OE: Organisationsentwicklung
OKR: Objectives und Key Results
sog.: sogenannte/r
TRAFO: Akronym für Agiles Transformationsmodell nach
TU Technische Universität
u.a.: unter anderem
US: United States
USA: United States of America
usw.: und so weiter
vgl. vergleiche
VUCA: Akronym für volatility, uncertainty, complexity und ambiguity
z.B.: zum Beispiel
1. Einleitung
In vielen Unternehmen der Welt findet derzeit ein grundlegender Wandel statt, verursacht von tiefgreifenden Veränderungen auf technologischer und gesellschaftlicher Ebene. Insbesondere die im weltweiten Wirtschaftssystem zunehmende Komplexität verursacht eine exponentielle Veränderungsdynamik. Sie beeinflusst die Arbeitswelt in gravierender Weise. Unternehmen im digitalen Zeitalter müssen diesen Umwälzungen aktiv und gestaltend begegnen, um zukunftsfähig zu bleiben. Sich extrem schnell veränderten Marktbedingungen anpassen zu können und dennoch die eigenen strategischen Zielsetzungen nicht aus dem Blick zu verlieren, wird zur entscheidenden Fähigkeit für Organisationen. Immer mehr Unternehmen setzen sich deshalb mit agilen Organisations- und Führungsformen auseinander.
Doch wie können Organisationen konkret beiden Ansprüchen gerecht werden: empfänglich zu sein für neue Umwelteinflüsse und eine schnelle Reaktions- und Anpassungsfähigkeit auszubilden, ohne jedem Trend spontan zu folgen, sondern die gesamte Organisation auf Kurs zu halten und an den wichtigsten strategischen Zielen auszurichten? Benötigt wird bei diesen Herausforderungen also eine Orchestrierungslogik, die Organisationen in die Lage versetzt, sich radikal zu fokussieren, indem sie ihre verfügbaren Ressourcen darauf verwenden, ihrem strategischen Kompass zu folgen und sichtbare Beiträge für ihre Vision zu erzielen. Gleichzeitig müssen sie aber offen für neue Opportunitäten bleiben.
In diesem Zusammenhang haben sich in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche agile Arbeitsformen herausgebildet. Die meisten von ihnen verfolgen ausgewählte spezifische Zielsetzungen (z.B. Innovationsfähigkeit steigern). Sie finden deshalb meist nur in diesen Kontexten Anwendung, ohne dass sie auf das gesamte Unternehmen übertragen werden müssen. Nur wenige dieser Arbeitsformate sind umfassende agile Frameworks (Ordnungs- bzw. Rahmenwerke), die sich an die gesamte Organisation richten.
Objective and Key Results (OKRs) stellen einen solchen Ansatz dar, weil sie die erwähnten unterschiedlichen Herausforderungen zu orchestrieren suchen. Dies zeigen Praxisbeispiele aus Unternehmen wie Google, Twitter, LinkedIn und von zahlreichen US-amerikanischen Technologieinnovatoren, die OKRs als Leadership Modell verwenden.
In Deutschland haben OKRs bisher noch keine große Verbreitung gefunden. Ziel dieser Arbeit ist es daher, förderliche Bedingungen und Treiber für eine erfolgreiche Verankerung von OKRs in Organisationen wissenschaftlich zu untersuchen. Im Zentrum steht die Forschungsfrage:
Welche Faktoren sind für die Implementierung und nachhaltige Verankerung eines OKR-Frameworks in Organisationen relevant und erfolgskritisch?
Die Arbeit legt den Schwerpunkt damit auf organisationale Fähigkeiten, Bedingungen und Aspekte, die für die Einführung und nachhaltige Anwendung unternehmensweiter OKRs bedeutsam sind. Die Beantwortung der Forschungsfrage zielt zudem auf ein besseres Verständnis der Mechanismen zwischen identifizierten Erfolgsfaktoren und ihren Wirkungen auf eine bestmögliche Ausschöpfung der Potenziale des OKR-Instrumentariums.
Der Aufbau der Arbeit gestaltet sich wie folgt:
Zunächst werden die relevanten Umfeldveränderungen gesellschaftlicher und technologischer Art und ihre Implikationen auf notwendige Fähigkeiten von Organisationen betrachtet (Kapitel 2). Darauf aufbauend wird der OKR-Ansatz vorgestellt (Kapitel 3).
Anschließend wird das methodische Vorgehen zur Beantwortung der Forschungsfrage beschrieben (Kapitel 4).
Im anschließenden Hauptteil der Arbeit (Kapitel 5) werden die detektierten Erfolgsfaktoren ausführlich dargestellt und begründet. Dabei werden Ergebnisse aus der Analyse unterschiedlicher wissenschaftlicher Quellen integriert betrachtet:
- Einerseits wurden aus der verfügbaren wissenschaftlichen Literatur zu OKRs, agilen Frameworks und Veränderungsintelligenz von Organisationen Treiber für eine erfolgreiche Nutzung des OKR-Ansatzes identifiziert. Dafür wurden auch publizierte Fallbeschreibungen aus internationalen OKR-Implementierungen herangezogen.
- Um diesen wissenschaftlichen Kenntnisstand zu erweitern, wurden Ergebnisse aus der Auswertung qualitativer Experteninterviews generiert. Ziel dieser – unterstützend zur Literaturanalyse durchgeführten – Experteninterviews war es, die theoriebasierten Faktoren anhand realer Anwendungsfälle zu überprüfen und weitere Erfolgsfaktoren zu identifizieren. Zielgruppe der Interviews waren Führungskräfte von in Deutschland ansässigen Unternehmen, die OKRs in ihren Unternehmen eingeführt haben oder einführen wollten, und in Deutschland tätige Berater, die OKR-Implementierungen in Unternehmen begleitet haben.
Die Arbeit schließt mit einer Betrachtung weiteren Forschungsbedarfs im Bereich agiler Leadership Frameworks im Allgemeinen und von OKRs im Speziellen (Abschnitt 6).
2. Umfeldveränderungen für Unternehmen und ihre Implikationen auf die Führung von Organisationen
2.1. Veränderungen in der Arbeitswelt
2.1.1. Einflüsse der Makroebene
Mehrere disruptive1 Veränderungen wirken aktuell auf die Arbeitswelt. Als fünf zentrale Treiber auf gesellschaftlicher Ebene (Makroebene) gelten demographischer Wandel, Digitalisierung, Globalisierung, Wertewandel und der Wissenszuwachs (Hackl et al., 2017, S.12ff.; Schermuly, 2016; Häusling / Kahl, 2018a, S. 17ff.; Franken, 2016, S. 3ff.) Der demographische Wandel, bedingt durch den seit 40 Jahren konstanten Geburtenrückgang und eine seit 50 Jahren steigende Lebenserwartung, wird die Zusammensetzung der deutschen Bevölkerung nachhaltig verändern. Ab 2030 wird die Bevölkerungszahl, insb. die Erwerbsbevölkerung zwischen 20 und 66 Jahren schrumpfen (Mergenthaler et al., 2015).2 Diese Entwicklungen werden insb. den Fachkräftemangel weiter verschärfen. Auch werden die strukturellen Verschiebungen in der Bevölkerung zu einer Zunahme völlig heterogener Milieus im Arbeitsleben führen.3 Dies hat zwangläufig Auswirkungen auf die Art der Zusammenarbeit in und die Führung von Unternehmen.
Auch die globale Integration, d.h. die wachsende länderüberschreitende Verflechtung wirtschaftlicher, kultureller und politischer Handlungen hat erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitswelt (Kessler, 2016; Franken, 2016). Die Globalisierung bedingt ein wachsendes Maß an Komplexität und Dynamik, das sich durch immer mehr ineinandergreifende Querverbindungen auszeichnet. Dies bedingt eine höhere Entscheidungsunsicherheit für Unternehmen, da Entwicklungen noch schwerer vorherzusagen sind. Unternehmen müssen deshalb diese von außen an sie herangetragene Komplexität auch in ihre Organisations- und Führungsmodelle integrieren (Schermuly, 2016, S. 38; Häusling / Kahl, 2018a, S. 19). Die globale Vernetzung führt darüber hinaus zu mehr Arbeitsteams, die in unterschiedlichsten Zeit- und Kulturzonen arbeiten. Dies beinhaltet Chancen (z.B. verschiedene Perspektiven, kreativere Lösungen). Sie impliziert aber auch neue Probleme (z.B. mehr Missverständnisse). Das erfordert die Ausbildung höherer sozialer Kompetenzen auf allen Ebenen, vom Mitarbeiter bis zur Führungskraft (Schermuly, 2013).
Weiter zieht die Digitalisierung einen grundlegenden flächendeckenden Wandel in der Arbeitswelt und Gesellschaft nach sich. Sie bedingt eine enorme Schnelligkeit von Veränderungen. Produktentwicklungen und Innovationszyklen beschleunigen sich (weiterführend Baltes / Freyth, 2017, S.1ff.; Hofert, 2016, S. 20f.). Ganze Geschäftsmodelle ändern sich durch neue technische Möglichkeiten, die einen veränderten Zugang zur Kernleistung ermöglichen, ohne die Kernleistung selbst zu verändern (z.B. airbnb). Digitale Player können dadurch mit minimalen Grenzkosten und ohne Qualitätsverlust in maximaler Geschwindigkeit wachsen.4 Das erhöht den Druck auf (traditionelle) Unternehmen, ihre Produktivität zu steigern, neue Geschäftsfelder zu erschließen oder Rationalisierungspotenziale zu heben. Kritisches Denken, Kreativität und komplexe Problemlösefähigkeiten werden damit zu Erfolgsfaktoren. Dafür müssen Unternehmen aber ihre organisationalen Skills, d.h. ihre Steuerungs- und Koordinationsfähigkeiten (siehe Abschnitt 2.2.) erheblich weiterentwickeln (Hackl et al, 2017, S.19).
Der vierte große Treiber ist ein tiefgreifender Wertewandel in der Gesellschaft hinsichtlich der Art, wie wir leben und arbeiten möchten. Er ist von Sinnfragen und dem Bedürfnis nach Selbstverwirklichung geprägt. Menschen wollen durch Arbeit zum Mitgestalter ihrer Welt werden. Bei mehr als zwei Drittel der Erwerbsbevölkerung gilt Arbeit nicht mehr nur dem Zweck der Unterhaltssicherung; Sinnstiftung und Beteiligung spielen eine immer stärkere Rolle (Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, 2016). Hinzu kommt eine Individualisierung der Lebens- und Arbeitsentwürfe, veränderte Präferenzen in Bezug auf Arbeit und Freizeit sowie die neue Rolle der Frauen.5 Der Wertewandel wird dadurch verschärft, dass die mittlerweile im Berufsleben angekommene Generation Y ganz andere Vorstellungen in Bezug auf die Arbeitswelt als die vorherigen Generationen hat.6 Differenzierte Wertewelten erzeugen so eine Pluralität der Idealvorstellungen, der nur individuell begegnet werden kann. Sie erfordern Änderungen in der Arbeitsorganisation und Führung (Franken, 2016, S. 21f.; Häusling / Kahl, 2018a, S. 23).
Der fünfte große Trend, der die Zukunft der Arbeit bestimmt, liegt im Wissenszuwachs. Trotz weiterhin großer Bedeutung des produzierenden Gewerbes in Deutschland erstarkt der Dienstleistungssektor. Wissensarbeit nimmt zu (Boes, 2005). Da Organisationen immer komplexere Probleme zu bewältigen haben, müssen sie Wissen immer schneller erwerben, verknüpfen, neu produzieren und weitergeben (Scholl / Schermuly / Klocke, 2012; Hofert, 2016, S. 22). Doch Fachwissen wächst exponentiell schnell und verdoppelt sich alle neun bis 15 Jahre (Tabah, 1999; Bornmann / Mutz, 2015). Die Menge des Wissens macht außerdem Spezialisierungen notwendig. Die Wissensarbeiter müssen ihr Spezialwissen zusammenführen und teilen, um komplexe Probleme lösen. Es entstehen Abhängigkeiten und Interdependenzen. Unternehmen müssen deshalb einen Rahmen schaffen, der Wissensaustausch begünstigt.
2.1.2. Einflüsse auf Mesoebene
Neben diese Einflüsse auf der Makroebene treten große Veränderungen auf der Mesoebene, d.h. im Unternehmensumfeld. Die vierte industrielle Revolution (Industrie 4.0) beschreibt die Digitalisierung der Produktion (Bitkom, 2016, S. 7f.). Industrielle Produktionssysteme sind über das Internet miteinander verbunden sind und kommunizieren eigenständig (Franken, 2016, S. 5ff.). Die rasante Zunahme der Leistungs- und Rechnungsfähigkeit von Maschinen, Innovationen in der Robotik und die zunehmende Computersteuerung industrieller Prozesse machen es möglich, dass in der Smart Factory7 alle Produktionsabläufe ohne menschlichen Zugriff funktionieren. Gegenständliche und virtuelle Welt überwinden ihre Grenzen (Internet der Dinge). Dies revolutioniert die Ausrichtung der Produktion, die von einer starken Individualisierung und Flexibilisierung gekennzeichnet sein wird. Industrie 4.0 setzt darüber hinaus produzierende Unternehmen massiv unter Druck, ihre Geschäftsmodelle stetig und dynamisch weiterzuentwickeln. Experten schätzen, dass Unternehmen mit einem Übergang zu Industrie 4.0 ihre Produktivität um bis zu 30 Prozent steigern können (Bundesregierung, 2014, S. 5).
Des Weiteren gibt es einen starken Trend zur Dezentralisierung der Zusammenarbeit und zwar räumlich und organisational. Die räumliche Dezentralisierung geht mit der Digitalisierung einher, da räumliche Distanzen durch Echtzeit-Kommunikation wieder geschlossen werden. Die organisationale Dezentralisierung betrifft Veränderungen in der Unternehmenssteuerung (Hackl et al., 2017, S. 33f.). Die hierarchische Steuerung durch eine zentrale Instanz (Kopf) verliert an Bedeutung. Übergreifende Projektarbeit und miteinander vernetzte Einheiten (Netzwerke) gewinnen an Relevanz. Auch die Führung wird zunehmend dezentraler. Führungskräfte müssen Macht und damit Steuerungsgewalt an ihre Mitarbeiter abgeben. Ihre Rolle verändert sich vom Steuerer zum Leader, der sich durch Inspirationskraft, Charisma und visionäres Denken auszeichnet, der als Coach und Förderer auf Augenhöhe mit Mitarbeitern kommuniziert und Freiräume für ihr berufliches Handeln schafft (Hackl et al., 2017, S. 32).
Letztlich kann dem aufgrund der Bevölkerungsentwicklung zunehmenden Fachkräftemangel nur mit einer starken Arbeitgeberattraktivität begegnet werden. In zahlreichen Branchen und Berufen fehlen Fachkräfte, während gleichzeitig die technologischen Entwicklungen und die wachsende Komplexität den Bedarf an gut ausgebildeten Wissensarbeitern (mit sozialen Kompetenzen) – bei gleichzeitig wachsender internationaler Konkurrenz8 noch steigen lässt (Schermuly, 2016, S. 40f.). Engpässen können Unternehmen nur entgegenwirken, indem sie auf die unterschiedlichen Ansprüche verschiedener Altersgruppen und sozialer Milieus eingehen. Das Angebot guter Arbeitsformen und Arbeitsbedingungen wird daher ein entscheidender Faktor für die Unternehmenswahl.
2.1.3. Zwischenfazit
Eine Trennung der beschriebenen tiefgreifenden Einflüsse im gesellschaftlichen Umfeld sowie in den Unternehmen ist nur theoretischer Natur. Real sind sie eng verbunden, was ihre Komplexität nochmals verstärkt (Häusling / Kahl, 2018a, S. 21). Es bewirkt zwangsläufig, dass Arbeit neu definiert und dass Organisationen, Führung und Management anders gestaltet werden müssen. Der folgende Abschnitt 2.2. geht daher auf die Frage ein, welche Implikationen sich aus diesen Trends für organisationale Skills ableiten.
2.2. Organisationale Konsequenzen für Unternehmen in disruptiven Umwelten und ihre organisationalen Fähigkeiten
Die in Abschnitt 2.1. beschriebenen Umwälzungen erfordern bestimmte organisationale Fähigkeiten, um als Unternehmen erfolgreich am Markt agieren zu können. Dazu gehören Strategieorientierung, Innovationsproduktivität, ein neues Führungsverständnis und Entscheidungsfähigkeit. Diese sollen die im Folgenden kurz betrachtet werden, weil sich im Kontext dieser Arbeit die Frage stellt, ob und inwieweit OKRs hier zu einer Weiterentwicklung und Verbesserung diese Fähigkeiten beitragen können.
Porter (1985, 2008) definiert Strategie als Anordnung von Aktivitäten, mit denen ein Unternehmen dauerhaft Wettbewerbsvorteile im Markt erreichen will. Unter Strategieumsetzung wird die Verankerung der strategischen Schwerpunkte in der Organisation durch Mitarbeiter und Führungskräfte verstanden (Hackl / Gerpott, 2015, S. 42), d.h. die Realisierung konkreter Maßnahmen im operativen Geschäft orientiert an strategischen Eckpfeilern. Viele heute nicht mehr existierende Unternehmen sind insbesondere an ihrer mangelnden Strategieumsetzung gescheitert.9 Für heute tätige Unternehmen verschärft sich die Herausforderung, denn sie müssen aufgrund der dargestellten Trends zwei Aspekte in Einklang bringen, die in einem Spannungsverhältnis stehen: Sie müssen einerseits auf plötzlich eintretende, disruptive Veränderungen adäquat reagieren oder sich im Vorhinein einstellen (Agilität), Anderseits einmal gefasste Strategien auch konsequent umsetzen und sich auf dem Weg dahin nicht beirren lassen, d.h. steuerungsfähig bleiben (Resilienz). Strategieorientierung, also die Kompetenz zur Entwicklung und Umsetzung einer Strategie, muss durch entsprechende Methoden unterstützt werden. Es wird deshalb untersucht, ob und inwieweit OKRs dazu einen Beitrag leisten können.
Die Tatsache, dass durch „kreative Zerstörung“ Marktführer in allen Industrien gefährdet sind, erfordert ein radikales Überprüfen und Neudenken von Geschäftsmodellen (Cribb, 2016).10 Die Konzentration auf Effizienz und Produktivität reicht nicht mehr, um erfolgreich zu sein. Die wichtigsten Innovationen setzen heute oft an unvermuteten Stellen an. Baltes und Freyth (2017, S. 50 ff.) sehen die Herausforderung für Unternehmen deshalb darin, beides zu beherrschen: die Fähigkeit zur radikalen strategischen Erneuerung (Innovationsproduktivität) und gleichzeitig die Fortentwicklung der Fähigkeit zur inkrementellen Veränderung (Beidhändigkeit oder Ambidextrie11 ). Die Selbstschaffung von Möglichkeiten, innovativ sein zu können und das unter Aufrechterhaltung eines hohen Tempos, wird daher zu einer der wichtigsten Fähigkeiten von Unternehmen im digitalen Zeitalter. Auch hier stellt sich die Frage, ob OKRs hierauf einen positiven Einfluss haben.
Um sowohl Agilität als auch Resilienz in der Strategieumsetzung zu erreichen, bedarf es zudem eines neuen Führungsverständnisses. In einer Welt organisationsinterner und -externer Netzwerke wird natürliche ‚Gefolgschaft‘ dann gelingen, wenn Vertrauensbildung, Einflussnahme und eine gemeinsame Verständigung auf Basis eines einheitlichen Denkrahmens in den Mittelpunkt rücken. Die Komplexitätssteigerung im Arbeitsleben und die abnehmende Halbwertszeit des Wissens machen es unmöglich, dass Führungskräfte künftig alle Sach- und Fachfragen überblicken (Hackl et al., 2017, S. 75f.). Nur durch kollektive Intelligenz können die wachsende Komplexität und Dynamik bewältigt werden. Die Beiträge von Mitarbeitenden mit Spezialkompetenzen werden zum entscheidenden Faktor für die Innovationsproduktivität. Die Rolle der Führungskräfte verändert sich in diesem Kontext: sie werden zu Schöpfern von Kreativität, Motivation und Zufriedenheit, indem sie mehr moderieren als führen und ihren Mitarbeitern mehr Entscheidungs- und Gestaltungsräume überlassen.12 Führung wird zur Dienstleistung, die sich durch Rahmensetzung und Ermöglichung von Freiräumen auszeichnet, die Informationstransparenz schafft, die Selbstorganisation und Selbststeuerung sowie die Vernetzung untereinander und mit dem Kunden fördert und unterstützt (Franken, 2016, S. 46). Damit wird auch die Sinnfrage in der Führung immer wichtiger (Franken, 2016, S. 47). Das Commitment der Mitarbeiter lässt sich dann gewinnen, wenn sie Strategien verstanden haben, ihnen ein Sinn zugeschrieben wird (Fürstberger, Ineichen; 2016, S. 25) und sie sich mit den Zielen identifizieren. Die Frage ist, mit welcher „Führungsmethode“ diese Anforderungen erreicht werden können. Auch hierauf ist im Rahmen der Betrachtung der OKRs zurückzukommen.
Die Konzentration von Entscheidungsmacht behindert die Reaktionsgeschwindigkeit von Organisationen. Organisationen sind dann effektiv, wenn sie ihre Entscheidungsfähigkeit ausbauen (Entscheidungsfähigkeit). Organisationale Agilität13 ist deshalb untrennbar mit einer Verantwortungsverlagerung auf die Mitarbeiterebene verbunden. Das erfordert Veränderungen der Organisationsstrukturen und ihrer Durchlässigkeit. Lösungsansätze dafür können flachere Hierarchien oder Netzwerkstrukturen sein.
Zusammenfassend brauchen Organisationen in der Zukunft mehr denn je leistungsfähige Rahmenbedingungen und Instrumente, die die in diesem Abschnitt beschriebenen Fähigkeiten begünstigen und die helfen, in dynamischen Umwelten die organisationalen Potenziale auch in Ergebnisse zu transformieren, also Innovation und Wachstum zu erzielen. Ein Führungsansatz, der diese Zielsetzungen in den Mittelpunkt rückt, sind Objectives und Key Results (OKRs), die im folgenden Kapitel vorgestellt werden
3. Agile Arbeitsformate zur Steigerung der Veränderungsintelligenz von Organisationen
3.1. Agile Frameworks vs. agile Methoden
Unter dem Begriff „agile Methoden“ werden agile Vorgehensmodelle verstanden, die auf agilen Prinzipien beruhen. Sie fokussieren auf die Adaptionsfähigkeit, nicht auf die Vorhersehbarkeit von spezifischen Ereignissen14, sollen also dabei helfen, Komplexität zu reduzieren, Selbstorganisation und damit die Verantwortung von Teams zu stärken, Transparenz und Lernfähigkeit zu verbessern (Lobacher / Jakob, 2018). Allerdings handelt es sich bei agilen Methoden um gebündelte Anwendungen bzw. in Konzepte übertragene Handlungen. Frameworks stattdessen beinhalten komplexe Regelwerke (Hofert, 2016, S. 11.ff.), die verschiedene (agile) Elemente und Techniken (Metakommunikation, Reflexion, Retrospektiven, Stand-up-Meetings, Taskboards) oder Prinzipien (wie eine agile Wertebasis, iterative kontinuierliche Verbesserung in einen Rahmen integrieren, nach dem langfristig gehandelt wird.
Mittlerweile hat sich eine Vielzahl von agilen Methoden etabliert15, auf die im Detail hier nicht eingegangen werden kann.16 Eine vertiefte Darstellung von Verfahren findet sich, z.B. in der Agilen Toolbox bei Hofert (2016, S. 171 ff.). Unter den agilen Frameworks ist Scrum17 vor allem im Projektmanagement und in der Softwareentwicklung verbreitet, kommt aber auch in nicht technischen Produktentwicklungen zum Einsatz.
Sowohl die isoliert anwendbaren agilen Methoden als auch Scrum sind für sich allein betrachtet jedoch nicht geeignet, ganze Organisationen strukturiert und langfristig in der Umsetzung ihrer strategischen Ziele zu unterstützen. Ein Framework, das genau darauf abzielt und die komplexen dynamischen Umfeldbedingungen berücksichtigt, beschreiben OKRs, die im Folgenden näher vorgestellt werden.
3.2. Objectives und Key Results (OKRs) als Instrument zur Orchestrierung der Dynamik in agilen Organisationen
3.2.1. OKRs als Rahmenwerk für agiles Zielmanagement
OKRs (Objectives and Key Results, d.h. “Ziele und Schlüsselresultate“) wurden bereits in den 1980er Jahren von Andy Grove (CEO von Intel von 1968 – 1998) entwickelt und damals bei Intel eingesetzt (Vohl, 2017, S. 182). Breite Bekanntheit erlangten OKRs aber erst, als sie zur Jahrtausendwende auf Impuls von Vorstandsmitglied John Doerr von Google eingesetzt wurden und seitdem insb. im Silicon Valley enorme Verbreitung fanden (Bock, 2016, S. 144). Neben Google haben Unternehmen wie AOL, Dropbox, LinkedIn, Oracle, Slack, Spotify, Twitter, Anheuser Busch, Disney, Exxon oder Samsung diese tief in ihrer Unternehmenskultur und Führungsphilosophie verwurzelt (Vohl, 2017, S. 182). In Deutschland haben OKRs noch keine große Verbreitung gefunden.
OKRs sind ein Rahmenwerk (Framework) für agiles Zielmanagement (Lobacher et al., 2017, S. 1) und gleichzeitig ein strukturierter Prozess der Zielsetzung und -verfolgung, ein „kollaboratives Konzept für Unternehmen, Teams und Individuen“ (Doerr, 2018, S. 22), das hilft, alle Aktivitäten auf die wichtigsten Ziele einer Organisation zu fokussieren. OKRs kombinieren zahlreiche Elemente aus der weit verbreiteten Führungspraxis, wie dem Management by Objectives (MbO), der Balanced Scorecard und dem Veränderungsmanagement (Vohl, 2017, S. 182). OKRs sind kein „Tool“, sondern ein Element der Organisationsentwicklung (Lobacher et al., 2017; Niven / Lamorte, 2016, S. 6ff.)
Das „O“ steht für Objectives, mit denen definiert wird, was erreicht werden soll. Sie beschreiben einen Zustand in der Zukunft, der konkret angestrebt wird. Objectives sind qualitative Ziele, die nicht gemessen werden können, da sie einen Nutzen beschreiben. Sie übersetzen die Strategie zur Erreichung einer Vision in kleine erreichbare Schritte. Infolgedessen sind sie visionär, konkret, aktionsorientiert, unmissverständlich18, manchmal auch aggressiv, aber dennoch erreichbar (Doerr, 2018, S. 22). Objectives speisen sich aus der Inspiration und lassen Freiräume. Sie müssen Mitarbeiter so mitreißen können, dass sie einen inneren Drang spüren, daran arbeiten zu wollen. Objectives beziehen sich idealerweise auf ein ganzes Quartal. Bei der Formulierung von Objectives ist sehr genau zu arbeiten; es sind keine Lösungswege, Maßnahmen oder Meilensteine zu beschreiben, sondern es ist konsequent auf der Nutzenebene zu bleiben. Dabei kann es helfen, das gewünschte Ergebnis aus Kundensicht zu verbalisieren.19
Die „KRs“, d.h. Key Results, bestimmen dagegen, wie das Ziel erreicht werden soll, also die Erfolgstreiber, Hebel oder messbaren Schritte, die das Ziel positiv beeinflussen. Sie sind im Gegensatz zu den Objectives quantitativ, spezifisch, zeitgebunden und beinhalten die dort fehlende Metrik zur Messung der Erfolge. Zu jedem Key Result ist ein exakter Erwartungswert zu formulieren, der sich in absoluten oder prozentualen Zahlen oder in Bandbreiten ausdrücken kann. Dabei beziehen sie sich immer auf messbare Ergebnisse am Ende eines Prozesses und nicht auf bloße Handlungen oder Aktivitäten.20 Durch das Fokussieren auf Ergebnisse, selbst in frühen Phasen von Produktentwicklungen (z.B. Zahl der Tests, Kundenfeedbacks) entstehen Möglichkeiten zu lernen, was den Erfolg treibt und wie man diese Faktoren beeinflussen kann (Lobacher et al., 2017, S. 92ff.). Key Results sollen sog. stretchgoals, d.h. herausfordernd, ambitioniert und unbegrenzt skalierbar sein. Dies bewirkt, dass bisherige Herangehensweisen komplett überdacht werden müssen und eine ganz andere Strategie entwickelt werden muss, diese Ziele zu erreichen. Genau das führt zu radikalen Veränderungen und Neuentwicklungen bisheriger Geschäftsmodelle. In der Kreation von Key Results geht es also darum, Objectives in geeignete Erfolgstreiber zu zerlegen, die zum Erreichen der Objectives führen. Dabei kennen Key Results keine Grauzonen: sie sind am Ende des Zeitraumes erfüllt oder nicht. Sind sie alle erfüllt sind, ist das Objective erreicht.
Um eine kraftvolle Konzentration der verfügbaren Ressourcen auf jene Themen zu erreichen, die das Unternehmen am meisten voranbringen, sieht das Modell eine künstliche Verknappung von Zielen vor. Es werden max. 5 Objectives mit max. je 4 Key Results definiert, weil die Priorisierung und Fokussierung der Arbeit darauf eine viel höhere Erfolgswahrscheinlichkeit mit sich bringt (Wodtke, 2016, S. 145f.).21 Die Organisation muss sich daher entscheiden, was sie in der nächsten Zeit in den Mittelpunkt stellen will. Konzentration heißt auch, auf Dinge zu verzichten. Das bedeutet, dass Themen, die sich nicht in den sich daraus ergebenden max. 20 Key Results wiederfinden, in der nächsten Zeit auch nicht gemacht werden. Große Projekte werden in Teil-Projekte zerlegt, was durch den Quartalsbezug von OKRs auch gut abbildbar ist.
Objectives werden zu 40 Prozent aus der Unternehmensstrategie abgeleitet (top-down) und zu 60 Prozent von der Organisationsbasis als operative Orientierungen eingebracht (bottom-up) (Alberti, 2018), denn beeindruckende Ideen sind nicht hierarchiegebunden, sondern kommen oft von Mitarbeitern an der Basis. Dieses Set sorgt dafür, dass die Organisation unter gleichzeitiger Umsetzung der operativen Herausforderungen in die richtige Strategierichtung gelenkt wird.
3.2.2. Wirkungsebenen von OKRs und Prozessgestaltung
Das OKR-Framework für ein gesamtes Unternehmen entsteht, indem die Unternehmens-OKRs auf die Abteilungs- oder Bereichsebenen heruntergebrochen werden. Aus Key Results übergeordneter Ebenen werden Objectives der nächstfolgenden Ebene abgeleitet, indem die quantitativ messbaren Key Results in qualitative Objectives umformuliert werden. Konkret bedeutet dies: aus allen Key Results der übergeordneten Ebene, für deren Erfüllung ein Bereich Teilergebnisse liefern kann, ist ein sinnvolles Set an Objectives und zugehörigen Key Results zu entwickeln (Lobacher / Jacobs, 2018). Hinsichtlich der Übertragung von Key Results in Objectives auf untergeordneten Ebenen gibt es keine starren Regeln. So können einzelne Key Results in eigene Objectives übertragen werden oder mehrere in ein Abteilungsobjective (siehe Abb. 1).
Während die Unternehmens-OKRs mit viel Spielraum formuliert sein sollten, sind die Team-OKRs um einiges detaillierter. Die Team-OKRs müssen dabei zu den Unternehmens-OKRs passen, wobei diese Anbindung vielschichtig sein kann, d.h. eine Ausrichtung an Bereichs-, Unternehmens-OKRs oder sogar an längerfristigen strategischen Zielen möglich ist (Lobacher et al., 2017, S. 115).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Herunterbrechen von OKRs von der Unternehmens- auf Abteilungsebene; beispielhafte Darstellung (Alberti, 2018)
Das gesamte OKR-Framework eines Unternehmens ist vollständig transparent, d.h. von der Unternehmensspitze bis zum einzelnen Mitarbeiter hat jeder Zugang zu und Kenntnis über alle OKRs, (Bock, 2016; Alberti, 2018). Dies dient der Identifikation von Synergien und Konflikten zwischen verschiedenen Team-OKRs und einer zielgerichteten übergreifenden Kommunikation. Meilensteine und Timings werden nicht bestimmt, alle OKRs sind zum Ende des Quartals fällig. Zudem hat ein OKR-Set immer nur einen Verantwortlichen. Beim Herunterbrechen von OKRs werden Verantwortliche auf untergeordneten Ebenen für abgeleitete OKRs bestimmt (Lobacher / Jacobs, 2018).
Das OKR-Set eines Quartals ist das Ergebnis eines wiederkehrenden Regelprozesses, (sog. OKR-Planning), in dem auf Unternehmensebene die strategischen Objectives und die auf operativer Ebene entworfenen Abteilungs-OKRs vor Quartalsbeginn zusammengeführt und auf Managementebene abgestimmt werden (Wodtke, 2016, S. 132ff.). Die Konsolidierung des Inputs aus den Abteilungen und die Vereinbarung von OKRs auf Unternehmensebene erfolgt dann in einem (meist zweitägigen) OKR-Workshop. Dieser startet zunächst mit einem Review der OKRs des laufenden Quartals und deren Erreichung.22 Darauf folgt ein Strategie-Review, aus dem die wichtigsten strategischen Herausforderungen der nächsten Periode abgeleitet werden. Aus der Zusammenführung dieser Vorarbeiten werden anschließend Priorisierungen vorgenommen und gemeinsam fünf OKRs auf Unternehmensebene festgelegt, die von der Geschäftsleitung verantwortet werden. Nicht priorisierte Themen werden in den sog. Backlog übernommen, aus dem in den Folgeperioden regelmäßig Themen identifiziert und entnommen werden, die am stärksten auf die aktuellen Strategien oder neue Ziele einzahlen (Alberti, 2018). Die OKRs auf Unternehmensebene bilden die Grundlage für die Ableitung der (finalen) Abteilungs-OKRs, die nach Kenntnis der strategischen Überlegungen daran anzupassen sind.23 Entscheidungen werden vom gesamten Management-Board getroffen.
Die Abteilungs-OKRs werden anschließend auf Team- und Mitarbeiter-OKRs heruntergebrochen. Das bedeutet, dass jedes OKR-Set auf den unterschiedlichen Levels immer zwischen den Führungskräften unterschiedlicher Ebenen bzw. zwischen Führungskraft und Mitarbeiter ausgehandelt werden. Dabei ist es wichtig, Ressourcen forderndes Tagesgeschäft ebenfalls in OKRs abzubilden.
Das Herunterbrechen der OKRs folgt insofern durchaus einer hierarchischen Struktur. Durch die Bottum-up-Sammlung von priorisierten Themen resp. OKRs von der Organisationsbasis ist der Partizipationsgrad, die Prioritäten und Ziele der nächsten Periode aktiv mitzubestimmen, jedoch zu jeder Zeit hoch. Der gesamte OKR Prozess ist von der Haltung geprägt, dass ein gemeinsames Einverständnis für die maximale Zielerreichung unerlässlich ist. OKRs werden nicht diktiert; sie sind ein kooperativer ‚Vertrag‘, der Prioritäten setzt und vereinbart, wie Fortschritt definiert wird.
Die Bewertung der Zielerreichung erfolgt etwa 3 Wochen vor Ende des Quartals mit einer Prognose der Werte für alle OKRs, die am Quartalsende voraussichtlich eingetreten sein werden. Zu diesem Zeitpunkt beginnt dann ebenfalls wieder die Planung für das neue Quartal. Abbildung 2 fasst den OKR-Regelprozess nochmals zusammen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: OKR Regelprozess (in Anlehnung an Doerr, 2018, S. 232)
Eine Zielerreichung von 70 Prozent gilt als ‚gutes‘, darüber hinaus gehende Werte sogar als sehr gutes Ergebnis (grün), 40 – 69 Prozent stehen für Fortschritte, auch wenn das Ziel nicht erreicht wurde (gelb); Ergebnisse von unter 40 Prozent gelten als nicht erreicht (rot). Im Bewertungsprozess wird auch geklärt, warum Key Results nicht erreicht wurden und was mit ihnen passiert. Besonders gute Erfolge werden analysiert und Ansätze gesucht, die es anderen Organisationseinheiten ermöglichen, daraus zu lernen.
Während des Quartals werden die erreichten Teilergebnisse nicht gemessen. Um sicherzustellen, dass die Organisation ihre Handlungen auch tatsächlich an den OKRs ausrichtet und diese handlungsleitend auf allen Ebenen werden, sind OKRs in alltägliche Führungs- und Kommunikationsstrukturen einzubetten. Dies geschieht durch regelmäßiges Erfragen des sog. Confidence-Levels (= Vertrauenslevel, das Ziel zu erreichen) während des Quartals. Es wird auf einer Skala zwischen 1 und 10 eingestuft, wobei 10 für ‚sicher erreichbar‘ steht. Confidence-Level unter 3 sollten Anlass geben, früh einzugreifen und ggf. Hindernisse aus dem Weg zu räumen, um das Ziel zu erreichen.
OKRs sollten weiterhin das einzige Zielsystem im Unternehmen sein. Parallel bestehende Zielsysteme führen zu erheblichen Konflikten. Insb. die Verbindung von OKRs mit Bonusmodellen konterkariert die Mobilisierungspotenziale, die in OKRs stecken. Wenn Gehaltserhöhungen oder Boni von der Zielerreichung abhängig sind, dämpft dies erheblich die Bereitschaft, sich auf ambitionierte und herausfordernde Ziele einzulassen. Die Folge sind Zielsetzungen, die relativ sicher zum Erhalt des Bonus führen. Dies steht im Gegensatz zur OKR-Philosophie, die gerade das Scheitern und Verfehlen von Zielen bewusst einschließt. OKRs dürfen ebenfalls nicht zur Leistungsbewertung von Mitarbeitern herangezogen werden, denn wenn das Scheitern an Zielen wirtschaftlichen oder beruflichen Schaden nach sich zieht, kann kaum erwartet werden, dass sich Menschen für Lernen und Wachsen öffnen (Bock, 2016). Dann verliert ein solches System seine Wirkung. OKRs helfen Unternehmen, höchstmögliche, statt nur wahrscheinliche Ziele zu erreichen Wer die Möglichkeiten dieses Ansatzes maximal ausschöpfen will, muss sie deshalb von Performancebeurteilungen trennen (Wodtke, 2016, S. 150).24
OKRs erlauben den unterschiedlichsten Organisationen, einen disziplinierten Zielfindungsprozess zu durchlaufen und Prioritäten zu vereinbaren, bevor gearbeitet wird. Alle Ziele in der Organisation lassen sich bis zur Vision zurückverfolgen (Alberti, 2017).
3.2.3. Gründe für die Nutzung von OKRs
Eine häufige Motivation von Unternehmen, OKRs einzuführen, liegt darin, die wichtigsten aktuellen Unternehmenszielsetzungen im gesamten Unternehmen transparent zu machen. Oft ist den Mitarbeitern unterer Ebenen das „Big Picture“ der Unternehmensstrategie nicht klar.25 Die mit OKRs verbundene Transparenz und Klarheit bewirkt eine bessere Vermittlung der Unternehmensziele und ihrer Einbettung in die Strategie an die Mitarbeiter. Aktivitäten in unterschiedlichen Unternehmensbereichen werden besser koordiniert, Kommunikation und Wissenstransfer über Abteilungsgrenzen hinweg gefördert und ‚Silodenken‘ eliminiert. Bedingt durch crossfunktionales Arbeiten, den partizipativen Prozess der Vereinbarung und kurze Zyklen fördern OKRs Agilität und eine schnelle Reaktionsfähigkeit (Lobacher et al., 2017, S.78f.). Sie beinhalten viel Potenzial, die gesamte Organisation zu mobilisieren und mehr Kreativität freizusetzen (Alberti, 2017). OKRs bieten eine ‚gemeinsame Sprache‘ für schnelle Umsetzungen priorisierter Ziele, denn sie zwingen, disziplinierter in der Denkweise, klarer in der Kommunikation und zielgerichteter im Handeln zu sein (Wodtke, 2016, S. 149).
OKRs verbinden zwei wichtige Tugenden in einem volatilen Umfeld: auf plötzlich eintretende, disruptive Veränderungen (z.B. technische Entwicklungen, veränderte Marktlagen) adäquat zu reagieren oder sich im Vorhinein einzustellen (Agilität), gleichzeitig aber eine einmal gefasste Strategie auch konsequent umzusetzen, d.h. steuerungsfähig zu bleiben (Resilienz). Gleichzeitig stellen OKRs im gesamten Prozess Bezug zur Strategie her. Damit erfüllt der OKR-Ansatz die Anforderung an eine Strategieorientierung in einem dynamischen Umfeld (Alberti, 2017).
Ein weiterer Vorteil besteht in der Gliederung von Projekten in Intervalle, die lauffähige Teilstücke hervorbringen. Dies erlaubt viel frühere Markttests (Grund, 2015) und fördert die Innovationsproduktivität. Da der wirkliche Nutzen stiftende Effekt erst dann entsteht, wenn Projekte über die Ziellinie getragen werden, richten OKRs den Blick konsequent auf Ergebnisse. Der angestrebte Erfolg der Aktivitäten ist so konkret formuliert, dass am Ende des Zyklus anhand von Indikatoren und Messgrößen genau beurteilt werden kann, ob und in welchem Grad die Ergebnisse erreicht wurden (Alberti, 2018).
OKRs zwingen die Organisation, sich zu fokussieren, d.h. zu klären, in welchen Feldern für das Unternehmen am meisten Nutzen bzw. Wert generiert werden kann. Damit beugen sie einer ineffizienten Nutzung von Ressourcen und dem spontanen Verfolgen neuer Opportunitäten vor.26 Damit vermeiden OKRs Stress und Überforderung auf persönlicher Ebene, die entsteht, wenn zu viele Dinge gleichzeitig angegangen werden. OKRs können das Empowerment von Mitarbeitern steigern (Bock, 2016, S. 158). Sie fördern eine veränderte Führung und Agilität und Beteiligung auf allen Ebenen.
Schließlich bewirkt die ´Zoom-Funktion´ von OKRs eine unterschiedliche Granularität der Objectives auf den verschiedenen Unternehmensebenen. Die Ziele sind an jede Managementebene angepasst und werden erst dort weiter heruntergebrochen, wo eine stärkere Operationalisierung notwendig ist. Damit tragen sie zu einer Verdichtung von Informationen auf höheren Managementebenen bei, ohne dort an Klarheit zu verlieren. Jede Ebene hat den Detailgrad an Informationen, den sie braucht. Das Management beschäftigt sich weniger mit den Projekten und Details, sondern mit Ergebnissen und Ressourcen. Damit können wesentlich freiere Herangehensweisen gewählt werden. Die Übersetzung der Ziele in den eigenen Arbeitsbereich wird von den betreffenden Mitarbeitern (mit)formuliert und nicht von einem entfernt sitzenden Manager. Die Ziele werden damit realistischer gesteckt und besser akzeptiert (Alberti, 2017).
4. Entwicklung der Forschungsfrage und methodisches Vorgehen
4.1. Entwicklung der Forschungsfrage
Obwohl das Konzept der OKRs zunächst einfach und klar wirkt, sind mit dessen praktischer Nutzung einige Herausforderungen verbunden. Allein der instrumentelle Einsatz eines theoretischen Frameworks sichert noch keinen nachhaltigen Erfolg in der Praxis. Es wird angenommen, dass die Potenziale von OKRs überhaupt erst ausgeschöpft werden, wenn zentrale organisationale Bedingungen im Vorfeld einer Einführung bestehen und weiterhin relevante Handlungen, Verhaltensweisen oder Entscheidungen im Implementierungsprozess und danach Beachtung finden. Dieser Hypothese, dass also bestimmte Prädiktoren oder Treiber eine wirkungsstarke und nachhaltige Umsetzung des Ansatzes überhaupt erst ermöglichen, liegt damit folgende Forschungsfrage zugrunde:
Welche Faktoren sind für die Implementierung und nachhaltige Verankerung eines OKR-Frameworks in Organisationen relevant und erfolgskritisch?
Unter Faktoren i.d.S. werden organisationale Bedingungen verstanden, die ihren Ausdruck in Eigenschaften, Philosophien, Strukturen oder Handlungsweisen einer Organisation finden. Die Zusammenhänge zwischen diesen Faktoren und besonders erfolgreichen Implementierungen in der Praxis sind bisher nicht untersucht. Zwar analysierten Möller und Engelhardt (2017) in einem Beitrag zu OKRs als Teil von Performance Measurement erste Kontextfaktoren für ihre Anwendung. Eine tiefere Analyse zwischen organisationalen Fähigkeiten einerseits und dem Verlauf der mit der Einführung von OKRs verbundenen sozialen Prozesse andererseits erfolgte bisher jedoch nicht. Die Arbeit untersucht diese Wirkungszusammenhänge näher, um sie besser erklären zu können. Die Beantwortung der Forschungsfrage erfolgte zweistufig:
- Im ersten Schritt wurde der theoretische Wissensstand, der Erklärungen für die Forschungsfrage liefert, analysiert. Dieser schließt sowohl die in der Literatur publizierten Theorien und Erfolgsfaktoren von Veränderungsprozessen im Allgemeinen, sofern sie für die Implementierung von OKRs auch relevant sind, als auch die aus internationalen OKR Implementierungen identifizierten Treiber ein.
- Im zweiten Schritt wurden qualitative Experteninterviews zum Forschungsgegenstand durchgeführt, deren Ziel es war, die bereits gefundenen Indikatoren gegebenenfalls zu bestätigen und zusätzliche Indikatoren für Erfolg oder Scheitern von OKR-Implementierungen zu explorieren und den bisherigen Kenntnisstand um dahingehend zu erweitern (rekonstruktive Untersuchung).
Die Ergebnisse werden in Kapitel 5 zusammenfassend dargestellt und interpretiert.
4.2. Methodisches Vorgehen der rekonstruktiven Untersuchung
Um die rekonstruktive Untersuchung27 anzuleiten, wurde dem Prinzip des theoriegeleiteten Vorgehens28 folgend aus dem bisherigen Wissensstand ein Vorverständnis über die Erfolgsindikatoren im Hinblick auf eine unternehmensdienliche Implementierung von OKRs erarbeitet (Meinefeld, 1997). Auch Flick (1999, S. 10) empfiehlt, aus dem theoretischen Vorwissen ein sensibilisierendes Konzept als Grundlage für die Annäherung an den Untersuchungsgegenstand zu entwickeln.
Dafür wurde das akkumulierte theoretische Vorwissen organisiert und in einem Variablenkonzept verdichtet (siehe Anlage 2). Es beschreibt die aus dem bisherigen Wissensstand erhobenen Sachverhalte (z.B. Mechanismen, Ursachen, Effekte und intervenierende Einflüsse), von denen aus theoretischen Gründen angenommen werden kann, dass sie zur Beantwortung der Forschungsfrage wichtig sind. Es diente somit als Suchraster der Untersuchung und Anleitung der Interviews.29 Variablen i.d.S. sind komplexe Konstrukte, die veränderliche Aspekte der sozialen Realität beschreiben. Ihre Merkmalsausprägungen können variieren, mehrere Dimensionen umfassen und dort unterschiedlich skaliert sein (Luhmann, 1997a, S. 624; Gläser / Laudel, 2008, S. 79).
Die qualitativen Interviews wurden von der Autorin mit Experten geführt, um ihr Wissen über den der Forschungsfrage zugrunde liegenden Sachverhalt zu erschließen. Experten i.d.S. waren Interviewpartner, die über einen privilegierten Zugang zu Informationen (Meuser / Nagel, 1991, S. 443) bzw. Spezialwissen aus der Anwendung von OKRs verfügen. Dabei handelte es sich um Fach- / Führungskräfte aus Unternehmen, die OKRs als Führungsmodell in ihren Unternehmen etabliert haben, und OKR-Berater. Für die Auswahl der Interviewpartner war ausschlaggebend, wer (Organisationen und Repräsentanten) über relevante Informationen verfügte und zum Untersuchungsthema inhaltlich präzise Auskunft geben konnte (Flick, 1999, S. 57). Als ‚Zeugen‘ der interessierenden Prozesse konnten die Experten über ihr besonderes Wissen hinaus zu Deutungen, Sichtweisen und Einstellungen befragt werden, sofern sie die Beantwortung der Forschungsfrage beeinflussten (Hopf, 1993, S. 15; Mayring, 2015, S. 33). Allerdings hing die Auswahl der Interviewpartner auch von ihrer Verfügbarkeit und Bereitschaft ab, sich interviewen zu lassen (Gorden, 1975, S. 196f.). Dennoch wurde darauf geachtet, möglichst unterschiedliche Anwendungsfälle und Verläufe einer OKR Adaption zu berücksichtigen, um die Wirkungen evt. unterschiedlicher organisationaler Bedingungen im Hinblick auf ihren förderlichen oder hemmenden Charakter untersuchen zu können.
Abb. 4 zeigt das Vorgehen, das der rekonstruierenden Untersuchung zugrunde lag.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Methodischen Vorgehen zur Beantwortung der Forschungsfrage, eigene Darstellung
Da sich erst seit etwa vier Jahren OKR Adaptionen in Deutschland verbreiten, ist die Zahl der Unternehmen mit Erfahrungshintergrund noch gering. Es konnten insgesamt 14 Experten für Interviews gewonnen werden.30 31
Detaillierte Darstellungen zur Entwicklung der konkreten Inhalte bzw. des Aufbaus der Befragung, der Interviewinstrumente, zur Durchführung und Auswertung der Interviews enthalten Anlage 3 (Methodisches Vorgehen in der Interviewkonzeption), Anlage 4 (Leitfragen für die inhaltliche Strukturierung der Experteninterviews), Anlage 5 (Interviewleitfaden), Anlage 8 (Interviewberichte) und Anlage 10 (Methodisches Vorgehen in der Auswertung der Interviews).
5. Erfolgsfaktoren für die Implementierung von OKR-Frameworks und ihre Indikatoren erfolgreicher Anwendungen
Eine wachsende Zahl von Experten sieht in OKRs den geeignetsten Ansatz für eine kennzahlgestützte Führung im 21. Jahrhundert, als neue Balanced Scorecard (BSC), die den Trend der Unternehmenssteuerung in den nächsten 25 Jahren bestimmt (Möller, 2018, S. 13). Da viele OKR-Implementierungen in den USA ausnahmslos von sehr erfolgreichen Unternehmen stammen, liegt ein Schluss auf ihr disruptives Potenzial nahe. Doch auch wenn diese Beispiele zeigen, dass sie die Führung fundamental verändern und die Leistung von Organisationen nachhaltig steigern können, liegt darin kein Automatismus. OKRs sind kein Patentrezept. Sie erfordern, wie jedes andere Veränderungsvorhaben auch, einen Boden, auf dem sie ihr Potenzial erst entfalten können.
Im Folgenden werden auf Basis der Literaturanalyse und der begleitenden empirischen Auswertung die Faktoren beschrieben, die für eine erfolgreiche OKR-Implementierung wichtig sind. Diese beziehen sich auf die strukturell-organisationalen Reifegrade (5.1.1.), sowie auf die kulturellen Kompetenzen von Organisationen (5.1.2.). Zudem zeigten die Quellen notwendige ‚Erfolgsfaktoren‘, auf die im Implementierungsprozess geachtet werden muss (5.2.). Schließlich wurden auch jene Faktoren betrachtet, die für eine langfristig erfolgreiche Arbeit mit OKRs bedeutsam sind (5.3.).
5.1. Förderliche Ausgangsbedingungen im Vorfeld einer OKR-Einführung
5.1.1. Strukturell-organisationale Reifegrade
5.1.1.1. Mission, Vision und Strategie
OKRs gedeihen nicht im luftleeren Raum, sondern orientieren sich an der Umgebung, in der sie eingesetzt sind. Sie brauchen deshalb zwingend einen Anschluss an die Mission, Vision und Strategie einer Organisation. Die Verbindung zwischen Mission, Vision und Strategie lässt sich folgendermaßen beschreiben: Als Mission wird der ‚unerreichbare Nordstern‘ verstanden, der Orientierung gibt und lange Gültigkeit besitzt32, während die Vision den konkreten Zustand in 5 - 10 Jahren darstellt33, der die Mission ein Stück weit Wirklichkeit werden lässt. Die Strategie wiederum beschreibt, wie die Vision in den nächsten 1 - 2 Jahren erreicht werden kann. Erst darunter folgt die Operationalisierung in Jahresziele oder strategische Schwerpunkte (M idterm-G OAL s – MOALs) und OKRs. Diese auch als Leitbild zusammengefassten Grundlagen beschreiben die Identität des Unternehmens als Ausgangspunkt aller Veränderungen. Es dient der Vereinheitlichung des unternehmerischen Handelns. Eine starke sinnstiftende Vision und die plausible Vermittlung des individuellen Beitrags von Mitarbeitern zum gemeinsamen Erfolg, erzeugt wirkliche Verbundenheit und Identifikation mit dem Unternehmen (Lobacher et al., 2017, S. 27ff.; Niven / Lamorte, 2016, S. 42ff.; Doppler / Lauterburg, 2014, S. 54f.).34 Fehlt dieser Sinn oder das Commitment der Menschen zum Leitbild, wird sich kaum Gefolgschaft von Mitarbeitern erreichen und werden sich keine Hindernisse beseitigen lassen, die der Mission im Weg stehen (vgl. auch Brandes et al., 2014, S. 27f.).35 36
Für eine erfolgreiche OKR-Implementierung ist es wichtig, dass die Statements in Missionen und Visionen den Nutzen, den das Unternehmen für die Gesellschaft oder Kunden erzeugen will und über den es sich am Markt differenziert, beschreiben – und nicht wie vielfach zu beobachten – die eigenen Wachstumsziele (z.B. Marktführerschaft).37 Die Daseinsberechtigung von Unternehmen liegt in der Erfüllung von Kundenwünschen und nicht in der Maximierung von Gewinnen (Brandes et al., 2014, S. 99). Das ist auch ein häufiger Grund, warum Visionen bzw. Missionen Mitarbeiter wenig begeistern (Lauer, 2014, S. 112). Die erfolgreichsten Unternehmen der Digitalwirtschaft motivieren ihre Mitarbeiter deshalb über ein moralisches oder ideelles Unternehmensziel, das als sinnvoll erlebt wird, den sog. transformative Purpose (Tumasjan / Welpe, 2017).
Ebenso wie die Literaturauswertung zeigte auch die empirische Untersuchung, dass die Existenz einer Vision und Mission ‚neuer Grammatik‘38 erfolgskritisch für OKRs ist. Dies gilt unabhängig von der Unternehmensgröße. Fast alle der befragten Unternehmen überarbeiteten vor der OKR-Adaption oder parallel dazu unter Einbindung der höchsten Führungsebene ihr Leitbild, d.h. Mission, Vision und Strategie, grundlegend. Die Befragten sahen im Nachhinein allein im Prozess der Überarbeitung einen großen Mehrwert, da er zu einem besseren Verständnis darüber führte, was die Organisation hervorbringt. Darüber hinaus schuf er ein gemeinsames Bild der angestrebten Zukunft, das als Identifikationsfläche diente (mindshift). Erst wenn klar war, welche Lösungen unter Einhaltung welcher Werte und mit welchen strategischen Meilensteinen angestrebt werden, ließen sich Ziele und Key Results auf dem Weg dahin ableiten. Die an den Kundenlösungen ausgerichteten Leitbilder verliehen OKRs mehr Schubkraft und halfen den Organisationseinheiten, ihre Anstrengungen besser aneinander auszurichten.39
Wurden Mitarbeiter in den Entwicklungsprozess eingebunden, konnten OKRs tiefer in der Kultur verankert werden. Umgekehrt war bei einer fehlenden oder geringen Beteiligung der Mitarbeiter zu erkennen, dass die Vision die Menschen weniger begeisterte.40 Es erwies sich zudem als wichtig, während der OKR-Einführung die Vision und Mission immer wieder ins Bewusstsein der Menschen zu rücken, aktuelle Prioritäten und Schritte in ihren Kontext zu stellen und zu erklären, warum diese gerade jetzt wichtig sind.
Eine mangelnde bzw. gänzlich fehlende Klarheit der Vision, Mission und Strategie hinterließ dagegen ein Sinnvakuum. OKRs können dann zwar dennoch für Fokussierung sorgen, diese wird aber keinem konsistenten strategischen Ziel folgen, so dass OKRs ihre Wirkung verfehlen. Wenn OKRs scheiterten, war dies immer auch auf ein fehlendes, unzureichendes oder nicht geeintes Leitbild zurückzuführen.
Die Erkenntnisse aus der Literatur wurden damit in vollem Umfang bestätigt. Eine inspirierende aussagekräftige Mission, Vision und Strategie ermöglichen erst zielgerichtete Führung. Existierten sie dagegen nicht, fehlte der Boden für Begeisterungsfähigkeit und behinderte dies den direkten Anschluss von Zielen an die Vision und Strategie (Alignment). Vor einer OKR-Einführung sollte deshalb stets das Leitbild entwickelt bzw. überarbeitet werden – möglichst unter Einbindung der Organisation.
5.1.1.2. Organisationsdesign
Die für OKRs notwendige echte Entfaltung der Leistungspotenziale und organisationale Wendigkeit wird auch von den strukturellen Gegebenheiten einer Organisation bestimmt. Die Struktur erzeugt und prägt menschliches Verhalten, sie beeinflusst Entscheidungs- und Kommunikationsprozesse, weshalb Änderungen in Strukturen auch neue Verhaltensmuster hervorbringen können (Senge, 2001, S. 70; Hofert / Thonet, 2019, S. 155). Die strukturellen Gegebenheiten müssen daher die Selbstentwicklungspotenziale sowie die schnelle und autonome Reaktionsfähigkeit der Organisation fördern, die Entwicklung Netzwerken, von reziproken Austauschverhältnissen ermöglichen und Potenziale kollektiver Intelligenz heben (Schumacher, 2015, S. 120ff., Baltes / Selig, 2017, S. 111ff.).41
Derartige strukturelle Rahmenbedingungen können auf unterschiedliche Weise entstehen. Flache Hierarchien mit kurzen Entscheidungswegen und mehr Freiheiten für die Mitarbeiter oder kleine Einheiten, die ihre Ergebnisse selbst verantworten, Prozesse selbst optimieren, am Kunden ausrichten und kontinuierlich lernen, sind Beispiele aus dem Spektrum diverser Wege (Hackl et al, 2017, S. 125f.). Modelle der Selbstorganisation haben sich dort als produktiver, effektiver und nachhaltiger erwiesen, wo Aufgaben interdependent42 und komplex sind bzw. für deren erfolgreiche Bewältigung Kreativität nötig ist (Schermuly, 2016; Lobacher et al, 2017, S. 14). Nicht zuletzt deshalb sehen zahlreiche Autoren in der Selbst- bzw. Netzwerkorganisation die Organisationsform der Zukunft (Doppler / Lauterburg, 2014, S. 61ff., Brandes et al., 2014). Gegenüber einer stark hierarchischen Organisation zeichnet sie sich durch eine Gesamtsteuerung über Ziele und Strategien aus, bewältigt ein viel höheres Maß an Komplexität und vermag rascher auf Änderungen im Umfeld zu reagieren (u.a. van Geest, 2014; Laloux, 2017).43
Manche Unternehmen haben darüber hinaus Möglichkeiten in ihrer Firmenstruktur verankert, über die sie Mitarbeiter aktiv an Entscheidungen darüber beteiligen, wie die Firma geführt werden soll.44 Dies folgt der Überzeugung, dass so die besten Ideen befördert werden und deshalb die Meinung jedes Einzelnen zählt. Die Ausprägung eines Mitspracherechts ist nicht mehr nur eine Frage von kulturellen Werthaltungen, sondern gilt seit Langem als Hauptmotor für hochkarätige Entscheidungen und organisatorische Effektivität (Burris, 2012; Dooley / Fryxell, 1999). Zwar dauern Entscheidungen bei einer starken Beteiligung der Basis oft länger, sie sind jedoch auch fundierter, da in sie mehr Wissen eingeflossen ist. Wer aktiv an Lösungen beteiligt war, engagiert sich auch persönlich für deren Umsetzung. Netzwerke mit Entscheidungsbefähigung sind deshalb ein Korrektiv für Fehlentscheidungen bei komplexen Problemen (Schermuly, 2016, S. 113).
Auch die empirischen Befunde der Arbeit zeigten, dass flache Hierarchien, Selbstbestimmung und Teilhabe an Entscheidungen im Grundsatz förderliche Faktoren für eine OKR-Einführung sind, weil OKRs diese Verantwortungswahrnehmung auf allen Ebenen fördern und gleichzeitig auch voraussetzen.
Die befragten Unternehmen wiesen die unterschiedlichsten Strukturen auf, vom schnell wachsenden Start-up mit flachen Hierarchien über Matrixorganisationen bis zu Groß- oder Konzernunternehmen mit klassischen hierarchisch strukturierten Bereichen. Den Unternehmen, die in ihrer Organisation bereits ein hohes Maß an Selbstorganisation und Autonomie praktizierten, gelang es in der Regel besser und schneller, OKRs zu etablieren. Darüber hinaus ließen sich aus den beobachteten Verläufen noch folgende Aspekte für eine OKR-förderliche Binnenstruktur von Unternehmen ableiten:
- Sie sollte schlank, dezentral, interdisziplinär sein und flache Hierarchien haben.45
- Sie ermöglicht (ggf. situativ) laterale Kooperationsformen, d.h. die Entstehung interdisziplinärer temporärer Expertenteams, die mit der erforderlichen Geschwindigkeit und Innovationsfähigkeit auf sich ändernde Anforderungen antwortfähig bleiben. Das unterstützt das Teilen und Erweitern von Wissen (kollektive Intelligenz) sowie das Denken über die eigenen Abläufe hinaus.
- Die Organisationseinheiten sollten eine ganzheitliche Verantwortung für ihre Ziele wahrnehmen können, um Initiative, Kreativität und Dynamik zu fördern.
- Die Mitarbeiter müssen über größere Grade der Einflussnahme verfügen (z.B. Mitbestimmung, individuelle Freiheitsgrade im Erreichen ihrer OKRs).
Zeigten sich im Zuge einer OKR Einführung Probleme im Herunterbrechen von OKRs auf verschiedene Organisationseinheiten, wies dies in der Regel auf dysfunktionale strukturelle Bedingungen hin (z.B. keine Kongruenz zwischen Aufgaben und Kompetenzen, mangelnde Klarheit).46 OKRs bringen somit diese Widersprüche an die Oberfläche. Sie sollten eine zeitnahe und wirksame Anpassung nach sich ziehen.
[...]
1 Disruption: Unterbrechung, Störung oder Erschütterung von etwas Existierendem (Hackl et al, 2017, S.11, 224)
2 2008 waren noch 61 Prozent der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, 2060 werden es nur noch 50 Prozent sein (Statistisches Bundesamt). Dies wird durch den Zuzug von Migranten bestenfalls abgemildert, aber nicht aufgehalten werden können (BMI, 2015, S. 6; Wilke, 2016; Economix Research & Consulting, 2016, Walter et al., 2013).
3 Weitere Komponenten einer neuen Vielfalt in der Arbeitswelt bestehen in den unterschiedlichen Kulturen, Nationalitäten und Religionen, die bedingt durch Migration und globale Integration im Arbeitsumfeld zusammentreffen.
4 Diese Unternehmen werden auch als exponentielle Organisationen bezeichnet: Sie wachsen im Durchschnitt zehnmal schneller als traditionelle Unternehmen und benötigen dafür weniger Ressourcen (Ismail et al.; 2014, S.18).
5 5 Junge Frauen, die mittlerweile die gleichen Qualifikationen wie Männer besitzen, sind karriereorientiert und wollen Familie und Beruf vereinbaren. (Franken, 2016, S. 21).
6 Die spezifischen Prägungen der verschiedenen Generationen (Babyboomer, geb. 1946 - 1961, Generation X, geb. 1962 - 1979, Generation Y, geb. ab 1980, Generation Z, geb. ab 1995) erzeugen Unterschiede in Gewohnheiten, Zielen, Erwartungen und Arbeitswerten (Cennamo / Gardner; 2008). Die Generation Y (orientiert an der englischen Aussprache des Y „why“), hat ihre Werte und Normen für die Arbeitswelt im „Manifest der Digital Natives“ deklariert: Arbeit soll etwas bewegen, die Welt positiv verändern. Sinn ist wichtiger als Status, Glück wichtiger als Geld (Bund, 2014, S. 8; Kienbaum, 2015; Hese / Mattmüller, 2015, S. 88). Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch Flexibilität und die Selbstverwirklichung durch eine inhaltlich spannende Tätigkeit rücken in den Vordergrund. Spaß am Beruf steht an erster Stelle (IfD-Allensbach, 2013); sie schätzen Vertrauen und Selbstorganisation (Franken, 2016, S. 22).
7 Fabrik der Zukunft, in der sich industrielle oder logistische Prozesse vollständig digital und selbständig organisieren, bedingt durch die Vernetzung physischer Maschinen, Anlagen etc. mit dem Internet (Hackl et al., 2017, S. 224)
8 Deutschland verliert jährlich bereits etwa 20.000 Erwerbstätige, davon rund die Hälfte hoch qualifizierte Fachkräfte - mit steigender Tendenz (Vereinigung der Bayrischen Wirtschaft, 2014).
9 60 bis 70 Prozent aller Veränderungsprojekte scheitern, obwohl es über viele Jahre zahlreiche Anläufe und Optimierungsversuche gegeben hat, diesen Prozentsatz zu senken (Hackl et al., 2017, S. 52). Dass selbst große Unternehmen vom Wandel abgehängt werden können, zeigt ein Blick auf die Entwicklung des Fortune-Global-500-Index des US-Magazins Fortune. Danach existieren fast 90 Prozent der im Jahr 1955 gelisteten Unternehmen heute nicht mehr. Sie haben es nicht geschafft, ihre Geschäftsmodelle auf veränderte Marktanforderungen anzupassen.
10 Insb. Start-ups stellen für traditionelle Unternehmen durch Entwicklung innovativer Technologien eine ernste Gefahr dar: WhatsApp z.B. hat es durch sein kostenloses Angebot in kürzester Zeit geschafft, die Telekommunikationsbranche massiv unter Druck zu setzen.
11 Radikale Marktänderungen sind nicht durch noch mehr Effizienz kompensierbar, sondern erfordern „duale Kompetenzen“. Ambidextrie steht dabei für die Fähigkeit, radikal, neue strategische Innovationen aufzubauen und gleichzeitig das Kerngeschäft zu optimieren (effizient zu bleiben).
12 Die Aufgaben von Führungskräften verlagern sich in Richtung Zukunftssicherung, Ressourcenbereitstellung, Entwicklung funktionsfähiger Teams, Erhöhung der Vernetzungsdichte und Management des permanenten Wandels (Pries / Heckmann, 2017; Doppler / Lauterburg, 2014, S. 71ff.). Führungskräfte müssen dabei in der Lage sein, die Selbstorganisation von Gruppen zu fördern, Teams und Prozesse organisationsweit zu vernetzen und Ambiguitäten auszuhalten.
13 Fähigkeit von Organisationen, flexibel und schnell auf veränderte Anforderungen zu reagieren und auch in Zeiten der Unsicherheit zu agieren, um sich Chancen für Zukunftsfähigkeit zu erschließen (Hackl et al., 2017, S. 76f.; ausführlich auch Hofert, 2016, S. 2ff.).
14 „Wo klassische Herangehensweisen auf die Optimierung von Lösungen für Probleme im Rahmen einer als vorhersagbar angenommenen Umwelt setzen, streben agile Methoden ein hohes Maß an Reaktionsfähigkeit, Adaptionsvermögen und Flexibilität jenseits formalisierter Prozesse an.“ (Euteneuer et al., 2008, S. 152).
15 Sie werden in unterschiedlichen Kontexten eingesetzt, z.B. zur Strategiefindung (Appreciative Inquiry, Zukunftskonferenz), für das Generieren von Innovationen, im Projektmanagement oder zur Moderation (World Café, Open Space).
16 Exemplarisch genannt seien zwei Methoden: Design Thinking sucht in einem agilen Prozess (‚understand‘, ‚define‘, ideate‘, ‚prototyp‘ und ‚test‘), Ideen oder kreative Produkte zu entwickeln bzw. (Kunden-)Probleme zu lösen. Die Methode fordert explizit die interdisziplinäre Einbindung verschiedener Perspektiven, auch die der Kunden, in den Prozess der Ideenentwicklung (Hofert, 2016, S. 183ff., Wickert, 2017). Kanban wiederum ist ein aus der agilen Projektplanung stammendes Vorgehensmodell zur Prozessverbesserung, das die Anzahl paralleler Arbeiten visualisiert und begrenzt, um so zu schnelleren Durchlaufzeiten zu gelangen (Lobacher et al., 2017, S. 23ff., Zirn / Allmers, 2018, S. 85).
17 Vorgehensweise des agilen Projekt- und Produktmanagements. Produkte werden inkrementell in kurzen Iterationen entwickelt, um schnell Feedback vom Kunden einzuholen (Lobacher et al., 2017, S. 23ff., Brandes et al., 2014, S. 87ff.). Studien zeigten eine Überlegenheit von Scrum (im Anwendungsfall zu 59,2 Prozent erfolgreich) im Gegensatz zu den klassischen Projektmanagementmethoden, die nur zu 40,8 Prozent zum Erfolg führten (Hofert, 2016, S. 11f.).
18 Für Außenstehende sollte offensichtlich erkennbar sein, ob ein Objective erreicht wurde.
19 Klassische Fehler, die in ihrer Formulierung passieren, sind z.B. die Aufnahme von Zielen, die Termini wie ‚ steigern‘, ‚optimieren‘, ‚verbessern‘ enthalten, da hier bereits Metriken integriert werden und kein inhaltlich geschlossener Nutzen für das Unternehmen adressiert wird (Lobacher / Jacobs, 2018). Auch Umsatz ist immer nur die Ableitung eines inhaltlichen Erfolges und kein Selbstzweck. Bei der Formulierung von Zielen ist daher die Frage zu stellen, wie der Umsatz zustande kommt. Das Ziel ist vielmehr die Lösung eines (Kunden)Problems, das Umsatz generiert (Alberti, 2018).
20 Damit richten die Mitarbeiter ihren Blick darauf, wie sie die angestrebten Ergebnisse erreichen und fokussieren nicht nur auf eine Umsetzung von Maßnahmen. Allerdings ist es anfangs auch akzeptiert, nicht das Ergebnis, sondern das Bemühen (Aktivitäten) zu adressieren, bis eine mögliche Ergebniswirkung eingeschätzt werden kann (Alberti, 2017).
21 Diese Begrenzung ist immer pro Unternehmensebene zu verstehen, d.h. für das Unternehmen können max. 5 Objectives definiert werden, ebenso wie für jede Abteilungsebene oder gar jeden Mitarbeiter.
22 Typische Leitfragen sind: Wo stehen wir? Was haben wir errreicht, was nicht? Welche OKRs werden in das Folgequartal übernommen? Welche streichen wir? Welche neuen OKRs wollen wir verfolgen? Sind unsere Annahmen noch richtig? Bleiben wir bei den bisherigen strategischen Überlegungen?
23 Um strukturelle Abhängigkeiten zwischen den Organisationseinheiten zu berücksichtigen, werden die Beiträge der Abteilungen für die Key Results auf der Unternehmensebene und die Beiträge für OKRs anderer Abteilungen cross-funktional miteinander abgestimmt, um sie schließlich in jedes Abteilungs-OKR-Set zu integrieren. Ein Beispiel zur Erfassung der jeweiligen Unterstützungsleistungen, die zwischen Abteilungen zu prüfen und für die Planung von Ressourcen zu bewerten sind, enthält Anlage 1.
24 Adobe hat aus diesem Grund die jährlichen Mitarbeitergespräche durch einen „Check-in“ ersetzt. Dieser enthält drei Elemente: Ziele und Erwartungen, regelmäßiges Feedback und Karriere- sowie persönliche Entwicklung. Die Gespräche werden von den Mitarbeitern eingefordert und von den Vergütungsentscheidungen entkoppelt. (Morris, 2018, S. 173).
25 Besonders in (internen) Servicebereichen mit einem hohen Anteil operativer täglich wiederkehrender Aufgaben ist Mitarbeitern der Sinn ihres Handelns und die Wirkung, die ihre Arbeit auf die Unternehmensziele hat, nicht immer bewusst. In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Vermittlung dieses Zusammenhangs (z.B. über die Frage „Was würde passieren, wenn diese Tätigkeiten plötzlich weggelassen würden?“) die Qualität der Dienstleistungen deutlich erhöht bzw. (durch Impulse aus Customer Care Centern in die Produktentwicklung) zu Produktverbesserungen führte (Alberti, 2017).
26 Es zählt nicht, welche Effekte mit dem geringsten Aufwand erreicht werden können. Vielmehr geht es darum, die Prioritäten dort zu setzen, wo mit gegebenen Ressourcen ein größtmöglicher Nutzen erzeugt werden kann. Der Fokus wird damit auf die wichtigsten Themen gelegt.
27 Nach Mayer (2013, S. 24) ist es Aufgabe qualitativer Forschung, (neue) Theorien aus empirischen Untersuchungen zu entwickeln, d.h. aus beobachteten Einzelfällen induktiv auf allgemeingültige Theorien, im Sinne relativer und vorläufiger Versionen oder Perspektiven auf die Welt, zu schließen.
28 Meinefeld (2000, S. 270) versteht darunter das Zusammentragen und Strukturieren des durch Andere erarbeiteten Wissens im Vorfeld einer rekonstruktiven Untersuchung, um es in den Forschungsprozess einfließen zu lassen und bei der Erhebung und Auswertung keine wesentlichen Aspekte zu übersehen.
29 Das Variablenkonzept gibt eine theoriegeleitete Antwort auf die Forschungsfrage, d.h. es bildet Annahmen über die wirkenden Faktoren und ihre wechselseitige Beeinflussung. Es soll durch die empirische Untersuchung modifiziert und ergänzt werden und insb. die vermittelnden Handlungen, die im Modell noch eine ‚Blackbox‘ darstellen, erklären.
30 Anlage 6 enthält eine Übersicht der Unternehmen der befragten Experten. Aus Datenschutzgründen wurden alle Namen, Daten etc., die Rückschlüsse auf Personen zulassen, anonymisiert.
31 Die Ansprache erfolgte zunächst schriftlich. Nach fester Interviewzusage und Terminvereinbarung wurde den Interviewpartnern eine Vorabinformation zum Interview zugesandt (Anlage 7)
32 Eine gute Mission (Warum gibt es uns? Welches Problem lösen wir in der Welt? Für welche Werte stehen wir?) beschreibt die Einzigartigkeit des Unternehmens. Sie begeistert Menschen und ist unerreichbar, aber dennoch greifbar.
33 Eine gute Vision vermittelt konkrete Leitlinien der Mission: Was wollen wir – in 5 bis10 Jahren – gemeinsam erreichen?
34 Organisationen sollten deshalb die Entwicklung gemeinsamer Visionen fördern. Eine gemeinsame Vision ist ein Bild, dem sich viele wahrhaft verschrieben haben (z.B. Apple). Sie ist auch die persönliche Vision des Einzelnen. Durch das Teilen der Vision schafft sie eine gemeinsame Identität (Senge, 2001, S. 252). Werden sie von oben lediglich übergestülpt, führen sie bestenfalls zu Einwilligung, wecken aber kein Engagement (weiterführend Senge, 2001, S. 251 ff.).
35 Die Mission von Google z.B. besteht darin, „sämtliche Informationen weltweit zu organisieren und für jedermann zugänglich und nutzbar zu machen“ (Bock, 2016, S. 31). Sie ist deshalb ein bemerkenswertes Beispiel, weil sie schlicht und klar ist. Darüber hinaus verleiht sie dem Einzelnen, der daran mitwirkt, Bedeutung. Es geht weder um Profite, noch um Markt oder Aktionäre, sondern um ein moralisches und nicht geschäftliches Ziel. Auch wenn Google natürlich auch wirtschaftliche Ziele verfolgt, stellt es diese nicht in den Mittelpunkt seiner Mission. Klar ist auch, dass die Mission zwar als Kompass Orientierung gibt, aber nie erreicht werden kann, da es immer wieder neue Informationen geben wird, die zu organisieren sind. Doch gerade weil sie ein wenig jenseits der Grenze des Vorstellbaren liegt, strahlt sie Inspiration aus.
36 Ein anderes Beispiel ist die frühe Vision des 14jährigen Bill Gates noch vor der Gründung seiner ersten Firma (Traf-O-Data): „Ein Computer auf jedem Schreibtisch und in jedem Zuhause.“, Ende der 60er Jahre eine utopisch anmutende Vision (Gates / Stonesifer, 2018, S.125)
37 Viele Visionen orientieren sich am Davoser Manifest, das die gemeinsame Interessenwahrung unterschiedlicher Stakeholder (Eigentümer, Mitarbeiter, Kunden) fordert. Das Problem dieser Leitbilder ist ihre Austauschbarkeit, weil sie weder charakteristisch für ein bestimmtes Unternehmen, noch für eine bestimmte Entwicklungsphase sind (Lauer, 2014, S. 110).
38 Eine Mission und Vision ‚neuer Grammatik‘ stellt den Nutzen für den Kunden, die Lösung eines Problems in den Mittelpunkt, während eine Mission / Vision ‚alter Grammatik‘ Umsatzziele oder die Positionierung am Markt adressiert.
39 Manche Unternehmen nutzten die Zugkraft starker Visionen auch auf Teamebene, indem sich Teams eine Product Vision gaben (Ziele für das eigene Produkt). Dies zwang dazu, den Blick auf die Ergebnisse der eigenen Arbeit zu richten.
40 Ein ohne Beteiligung der Mitarbeiter entwickeltes Leitbild wurde im Zuge des Adaptionsprozesses von der Basis stark hinterfragt. Es zeigte sich, dass das an anderer Stelle Geschriebene für Außenstehende nicht zwingend klar und eindeutig verstanden werden muss und dass damit noch lange keine Identifikation erreicht werden muss.
41 Brandes et al. (2014, S. 38ff.) verweisen darauf, dass viele Unternehmen auf die veränderten Anforderungen aus Markt und Gesellschaft (siehe Kap. 2) strukturell und kulturell nicht gut vorbereitet seien: sie versuchen, Pionieraufgaben mit den gleichen Kontrollroutinen, Meilensteinplanungen und linearen Optimierungsmodellen anzugehen, die aus der industriellen Produktionsära stammen.
42 Interdependenz ist das Ausmaß, in dem Einzelaufgaben in einem Team oder einer Organisation voneinander abhängig sind. Für die erfolgreiche Bewältigung sind die Mitarbeiter auf wechselseitige Abstimmungen angewiesen (Stock, 2003)
43 Auch Schumacher und Wimmer (2019) sehen in der Selbststeuerung von Teams eine neue Phase der Transformation von Führung, die aus den aktuellen Veränderungsdynamiken (siehe Kap. 2) resultiert, weil dem Komplexitätsgrad der heutigen Aufgaben anders nicht mehr begegnet werden kann. Sie weisen jedoch auch darauf hin, dass Organisationen zur Aufrechterhaltung ihrer Entscheidungsfähigkeit die Ausdifferenzierung hierarchischer Ebenen-Unterschiede, d.h. eine Integration von Fremd- und Selbstbestimmung, brauchen.
44 Google z.B. befragt jährlich weltweit mehr als 50.000 Googler zu rund 100 Themen, die die Geschicke der Firma beeinflussen. 30 – 50 Prozent der Themen ändern sich von Jahr zu Jahr. Die Ergebnisse werden der gesamten Firma offengelegt und sind Grundlage für die Arbeit im folgenden Jahr, zur Verbesserung der Firmenkultur und Effektivität von Google. Gleichzeitig sind die Antworten anonym, da die Angestellten absolut ehrlich sein sollen (Bock, 2016, S. 129ff.).
45 Schlank bedeutet, auf kleinere Geschäftseinheiten zu setzen, die rascher auf ändernde Anforderungen reagieren können. Dezentralisierung und lose Kopplungen überwinden Abhängigkeitskulturen und Silologik. Diese wird durch interdisziplinäre Zusammenarbeit ersetzt; Interdisziplinarität bedeutet jedoch, dass Geschäftseinheiten über alle Kompetenzen verfügen müssen, die sie zur Wertgenerierung brauchen und die das wechselseitige Lernen fördern.
46 Zwei der befragten Experten vertraten Unternehmen, die als Holokratie (=Netzwerkorganisationskonzept, das auf dynamische Weise für Transparenz, optimale Marktorientierung und partizipative Beteiligung sorgt. (Lobacher et al., 2017, S. 23ff.)) organisiert waren. Hier zeigte sich, dass an sich förderliche Faktoren wie Selbststeuerung etc. OKR-Einführungen aber auch behindern können: Dort hatten die Mitarbeiter große Freiheitsgrade dahingehend, ob und wie sie mit OKRs arbeiteten (z.B. bestimmten die Kreise ihre strategischen Prioritäten selbst). Agile Werte wie Transparenz, ein hoher Stellenwert der Kommunikation waren förderlich. Dagegen stand der unbegrenzte Selbstbestimmungsgrad zunächst im Widerspruch zur Strategieausrichtung der OKRs. Das erwies sich als dysfunktional und hatte negative Folgen: die OKRs waren horizontal und vertikal nicht vernetzt, es gab keine Koordination der Schwerpunktaktivitäten, die Ziele scheiterten. Es zeigte sich, dass Prinzipien der Selbstorganisation mit dem OKR-Framework in ein ganzheitliches Regelwerk integriert werden müssen, um eine Kompatibilität herzustellen. Dabei geht es darum, Verbindlichkeit für den Prozess zu schaffen. Inhaltliche Prioritäten wiederum können sich bottom-up in den Kreisen entwickeln, wobei auch eine verpflichtende Orientierung an den Jahreszielen (MOALs) des Unternehmens ein 'Regelprinzip' sein sollte, um die gewünschte Zugkraft zu entfalten. Nachdem diese Integration der Prinzipien und prozessualen Regeln erreicht war, zeigte sich bei beiden Unternehmen sogar eine deutlich höhere Effizienz der Selbstorganisation. Die konsequente Integration von OKRs und Holokratie stärkte letztlich beide agilen Ansätze.
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- Cathleen Wenning (Author), 2019, Erfolgsfaktoren für die Implementierung eines agilen Frameworks zur Zielsteuerung in Organisationen. Von der Vision zur sichtbaren Strategieumsetzung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/935533
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