In der organisationalen Praxis wird im Allgemeinen nicht in Frage gestellt, dass eine Gruppenentscheidung der Individualentscheidung vorzuziehen ist – vor allem dann, wenn es sich um eine komplexe oder extrem kostspielige Problematik handelt. Man unterstellt der Entscheidungsfindung in Gruppen verlässlichere Ergebnisse - durch eine breitere Wissensbasis der Beteiligten und einen komplexeren Entscheidungsprozess, mit dem ein Einzelner überfordert wäre.
Die Forschung, die sich mit den Prozessen innerhalb einer Gruppe und den Auswirkungen auf die Entscheidungsfindung durch die Gruppe beschäftigt, liefert jedoch auch Hinweise darauf, dass Entscheidungen, die von Gruppen gefällt werden, durchaus ihre Tücken aufweisen.
Ziel der vorliegenden Seminararbeit ist die Darstellung der Forschungsergebnisse zu ausgewählten Gruppenprozessen und situativen Faktoren, die eine optimale Entscheidungsfindung gefährden können. Nach einer Darstellung der Stärken und Schwächen der Entscheidungsfindung in Gruppen im Vergleich zur Individualentscheidung folgen die Prozesse, Effekte und situativen Faktoren, die sich auf die Entscheidungsfindung auswirken. Diese Darstellung beginnt mit den Gruppeneffekten, die sich auf die Gruppenmotivation auswirken. Anschließend folgen die Theorien zum Konformitätsdruck basierend auf der Forschung von Asch, dem Information Sampling nach Stasser und Steward und den unter dem Begriff „Entrapment“ zusammengefassten Forschungsergebnissen verschiedener Forschungsrichtungen. Vom Entscheidungsautismus, wie er von den Autoren Schulz-Hardt und Frey beschrieben wird, wird der Bogen zur Theorie des „Groupthink“ nach Irving Janis geschlagen und anschließend, der durch die Forschung von Stoner nachgewiesene „Groupshift“ als Folge von Konformitätsdruck und Polarisierungstendenzen dargestellt.
Die abschließende kritische Würdigung befasst sich mit den organisationalen Möglichkeiten, Gruppen bei der Entscheidungsfindung positiv zu beeinflussen und endet mit einem Ausblick auf die Chancen, die ein richtiger Umgang mit Fehlentscheidungen und auch der Mut zu riskanten Entscheidungen für Wirtschaftsorganisationen mit sich bringen kann.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Gruppenentscheidung vs. Individualentscheidung
- Entscheidungsbeeinflussende Gruppeneffekte
- Motivationseffekte: „Social Loafing“, „Free Rider“ und „Sucker“
- Konformitätsdruck
- Information Sampling
- Entrapment
- Entscheidungsautismus
- Dysfunktionale Gruppenprozesse
- Groupthink
- Groupshift
- Fazit und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht Entscheidungsprozesse in Gruppen, beleuchtet deren Vor- und Nachteile im Vergleich zu Individualentscheidungen und analysiert kritisch die Einflüsse verschiedener Gruppeneffekte auf die Entscheidungsfindung. Das Ziel ist es, Forschungsergebnisse zu ausgewählten Gruppenprozessen und situativen Faktoren darzustellen, die eine optimale Entscheidungsfindung gefährden können.
- Vergleich von Gruppen- und Individualentscheidungen
- Einfluss von Gruppendynamik und Motivation auf Entscheidungen
- Analyse von Konformitätsdruck und dessen Auswirkungen
- Beschreibung dysfunktionaler Gruppenprozesse wie Groupthink und Groupshift
- Möglichkeiten zur positiven Beeinflussung von Gruppenentscheidungen
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung verdeutlicht die Relevanz des Themas Gruppenentscheidungen durch ein alltagsnahes Beispiel und stellt die zentrale Frage nach den Vor- und Nachteilen von Gruppenentscheidungen im Vergleich zu Individualentscheidungen. Sie umreißt den Aufbau der Arbeit und skizziert die zu behandelnden Themen, die von Gruppeneffekten über Konformitätsdruck bis hin zu dysfunktionalen Gruppenprozessen reichen. Die Einleitung hebt die Notwendigkeit einer kritischen Auseinandersetzung mit der vermeintlichen Überlegenheit von Gruppenentscheidungen hervor und kündigt eine Analyse der Faktoren an, welche die Entscheidungsfindung in Gruppen beeinflussen können.
Gruppenentscheidung vs. Individualentscheidung: Dieses Kapitel vergleicht die Stärken und Schwächen von Gruppen- und Individualentscheidungen. Es werden die Vorteile der Gruppenentscheidung hinsichtlich Informationsmenge, Meinungsvielfalt und Akzeptanz der Entscheidung hervorgehoben. Gleichzeitig werden die Nachteile wie der erhöhte Zeitaufwand und die höheren Kosten thematisiert. Der Begriff des Synergieeffekts wird erläutert und die Bedeutung von optimaler Koordination und individueller Motivation für den Erfolg einer Gruppenentscheidung betont. Das Kapitel legt den Grundstein für die spätere Analyse von Faktoren, die die Effektivität von Gruppenentscheidungen beeinflussen können.
Entscheidungsbeeinflussende Gruppeneffekte: Dieses Kapitel befasst sich mit verschiedenen Gruppeneffekten, die die Entscheidungsfindung beeinflussen. Es werden die Motivationseffekte „Social Loafing“, „Free Rider“ und „Sucker“ detailliert erklärt und ihre Auswirkungen auf die Gruppenleistung beschrieben. Das Kapitel behandelt den Konformitätsdruck, sowohl horizontal als auch vertikal, und bezieht sich dabei auf die Forschungsergebnisse von Asch. Weitere Aspekte wie Information Sampling und Entrapment werden erläutert, um ein umfassendes Bild der Einflüsse auf die Gruppenentscheidung zu liefern. Die Kapitel legt den Fokus auf die psychologischen Mechanismen, die zu einer Verzerrung der Entscheidungsprozesse führen können.
Schlüsselwörter
Gruppenentscheidung, Individualentscheidung, Gruppendynamik, Konformitätsdruck, Groupthink, Groupshift, Social Loafing, Free Rider, Sucker-Effekt, Entscheidungsfindung, Motivation, Organisation.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu „Gruppenentscheidungen vs. Individualentscheidungen“
Was ist der Inhalt dieser Seminararbeit?
Die Seminararbeit untersucht Entscheidungsprozesse in Gruppen, vergleicht diese mit Individualentscheidungen und analysiert kritisch den Einfluss verschiedener Gruppeneffekte auf die Entscheidungsfindung. Schwerpunkte sind der Vergleich von Gruppen- und Individualentscheidungen, der Einfluss von Gruppendynamik und Motivation, Konformitätsdruck, dysfunktionale Gruppenprozesse wie Groupthink und Groupshift sowie Möglichkeiten zur positiven Beeinflussung von Gruppenentscheidungen.
Welche Themen werden in den einzelnen Kapiteln behandelt?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zum Vergleich von Gruppen- und Individualentscheidungen, ein Kapitel zu entscheidungsbeeinflussenden Gruppeneffekten (Social Loafing, Free Rider, Sucker-Effekt, Konformitätsdruck, Information Sampling, Entrapment, Entscheidungsautismus), ein Kapitel zu dysfunktionalen Gruppenprozessen (Groupthink, Groupshift) und ein Fazit mit Ausblick. Die Einleitung stellt das Thema vor und skizziert den Aufbau. Jedes Kapitel analysiert einen Aspekt der Gruppenentscheidung im Detail.
Welche Gruppeneffekte werden im Detail untersucht?
Die Arbeit behandelt detailliert Motivationseffekte wie „Social Loafing“, „Free Rider“ und „Sucker“, den Konformitätsdruck (horizontal und vertikal, Bezug auf Asch), Information Sampling, Entrapment und Entscheidungsautismus. Diese Effekte werden im Kontext ihrer Auswirkungen auf die Qualität und Effizienz der Gruppenentscheidung analysiert.
Was sind Groupthink und Groupshift?
Groupthink und Groupshift sind im Kapitel zu dysfunktionalen Gruppenprozessen beschriebene Phänomene. Groupthink beschreibt ein Entscheidungsmuster, bei dem der Wunsch nach Harmonie und Einigkeit die kritische Bewertung von Alternativen verhindert. Groupshift hingegen bezeichnet die Tendenz, dass Gruppen extremerer Entscheidungen treffen als Individuen.
Welche Vor- und Nachteile von Gruppenentscheidungen werden genannt?
Vorteile von Gruppenentscheidungen sind größere Informationsmenge, Meinungsvielfalt und höhere Akzeptanz der Entscheidung. Nachteile sind erhöhter Zeitaufwand und höhere Kosten. Die Effizienz hängt stark von optimaler Koordination und individueller Motivation ab.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind Gruppenentscheidung, Individualentscheidung, Gruppendynamik, Konformitätsdruck, Groupthink, Groupshift, Social Loafing, Free Rider, Sucker-Effekt, Entscheidungsfindung, Motivation und Organisation.
Wie ist der Aufbau der Arbeit?
Die Arbeit folgt einem klaren, logischen Aufbau: Einleitung, Vergleich Gruppen- vs. Individualentscheidungen, Entscheidungsbeeinflussende Gruppeneffekte, Dysfunktionale Gruppenprozesse, Fazit und Ausblick. Dieser Aufbau ermöglicht eine systematische Auseinandersetzung mit dem Thema.
Für wen ist diese Arbeit relevant?
Diese Arbeit ist relevant für alle, die sich mit Entscheidungsprozessen in Gruppen auseinandersetzen, z.B. in der Organisationsforschung, der Sozialpsychologie, oder im Management. Sie bietet ein strukturiertes Verständnis der Faktoren, die Gruppenentscheidungen beeinflussen.
- Quote paper
- Nicole Braun (Author), 2006, Entscheidungsprozesse in Gruppen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93510