Mediale, insbesondere massenmediale Kommunikation ist der entscheidende funktionale Faktor jeder modernen Demokratie, da nur durch sie ein umfassender öffentlicher Informationsaustausch stattfinden kann.
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland führt im Grundrechtsteil unter Artikel 5 aus, daß jedermann das Recht hat, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und sich ungehindert aus jedweder allgemein zugänglicher Quelle zu unterrichten, wobei keine Zensur ausgeübt wird.
Dieses Grundrecht ist somit der verfassungsmäßige Unterbau der modernen Mediendemokratie.
Demokratie als System der politischen Teilhabe setzt Öffentlichkeit voraus. Durch Massenmedien entsteht Öffentlichkeit, Transparenz, politische Willensbildung und Teilhabe an Entscheidungen in der Gesellschaft.
Diese Arbeit setzt sich mit den verschiedenen Wirkungsweisen und wechselseitigen Beeinflussungen von Politischem System und Mediensystem auseinander, und welche Veränderungen in Politik, Medien und Öffentlichkeit dies hervorbringt.
INHALTSVERZEICHNIS
1. MEDIALE KOMMUNIKATION ALS GRUNDLAGE DER DEMOKRATIE
2. FUNKTION DES MEDIENSYSTEMS
3. AUSZUGSWEISE HISTORISCHE UND TECHNISCHE ENTWICKLUNG DER MEDIEN BIS ZUM HEUTIGEN TAGE
4. DIE LOGIK DER POLITIK
5. DIE LOGIK DER MEDIEN
6. DIE ÖKONOMIE DER MEDIEN
7. DIE ZEITLICHEN DIMENSIONEN VON POLITIK UND MEDIEN
8. BEZIEHUNGEN ZWISCHEN POLITIK UND MEDIEN
9. MEDIALE UNTERHALTUNG ALS MITTEL DER POLITISCHEN SELBSTDARSTELLUNG - POLITAINMENT
10..DIE ROLLE DER PARTEIEN IM MODERNEN MEDIENSYSTEM
11..RESÜMEE
12..LITERATURVERZEICHNIS
1. Mediale Kommunikation als Grundlage der Demokratie
Mediale, insbesondere massenmediale Kommunikation ist der entscheidende funktionale Faktor jeder modernen Demokratie, da nur durch sie ein umfassender öffentlicher Informationsaustausch stattfinden kann.
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland führt im Grundrechtsteil unter Artikel 5 aus, daß jedermann das Recht hat, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und sich ungehindert aus jedweder allgemein zugänglicher Quelle zu unterrichten, wobei keine Zensur ausgeübt wird.
Dieses umfassende Grundrecht, ist lediglich durch die Bestimmungen zum Schutze der Jugend und zur generellen Verfassungstreue, insbesondere zu den Kernbestandteilen des Grundgesetzes begrenzt. Näheres regeln die entsprechenden Bundesgesetze. Dieses Grundrecht ist somit der verfassungsmäßige Unterbau der modernen Mediendemokratie.
Demokratie als System der politischen Teilhabe setzt Öffentlichkeit voraus. Durch Massenmedien entsteht Öffentlichkeit, Transparenz, politische Willensbildung und Teilhabe an Entscheidungen in der Gesellschaft.
2. Funktion des Mediensystems
Medien, insbesondere den Massenmedien kommt in der Demokratie unter anderen die Aufgabe zu, die Öffentlichkeit über politische Prozesse, Entwicklungen, Ereignisse auf nationaler als auch globaler Ebene zu informieren.
Damit entsteht die für eine Demokratie notwendige öffentliche Transparenz der Politik als solche, wobei erst durch die Berichterstattung die Meinungs- und Willensbildung in der Gesellschaft und jedes Einzelnen möglich wird.
Die daraus resultierende Öffentliche Wahrnehmung beobachtet, bzw. beeinflußt in Gestalt der Öffentlichen Meinung umgekehrt auch die Politik.
Insofern kommt den Medien auch eine Kontrollfunktion zu.
Die Effektivität einer solchen Kontrollfunktion läßt sich an zwei Beispielen etwas näher beleuchten.
Da wäre zum einen die sogenannte SPIEGEL-Affäre1 im Jahre 1962, welche zur Verhaftung mehrerer Journalisten und in deren Folge zum Rücktritt des Bundesverteidigungsministers führte. Anlaß war ein im SPIEGEL erschienener Artikel über eine geheime NATO-Studie namens FALLEX62, welche ein Planspiel über einen sowjetischen Angriff auf Westeuropa zum Inhalt hatte. In diesem Planspiel wurden die Abwehrmöglichkeiten der NATO- Mitgliedsstaaten Westeuropas simuliert, wobei der Deutschen Bundeswehr ein verheerendes Zeugnis ihrer Einsatzfähigkeit ausgestellt wurde. Das streng vertrauliche Ergebnisprotokoll dieses Planspiels wurde dem SPIEGEL zugespielt und dieser berichtete darüber. Daraufhin wurde gegen die Redaktion des Magazins Anzeige wegen Landesverrates erstattet und der Verfasser des Artikels in seinem spanischen Urlaubsdomizil verhaftet. Die Polizei besetzte die Redaktionsräume in Hamburg und das SPIEGEL-Büro in der damaligen Hauptstadt Bonn. Der Herausgeber und Chefredakteur Rudolf Augstein wurde ebenfalls verhaftet und erst nach über 100 Tagen wieder freigelassen. Unmittelbar nach dem Anlaufen der polizeilichen Maßnahmen fanden in der Bevölkerung und anderen Medien massive Proteste statt, welche bis zur Freilassung Rudolf Augsteins andauerten. Der anhaltende Unmut wurde dadurch getragen, daß man einen Angriff auf und eine Einschränkung der Pressefreiheit befürchtete. Daß der damalige Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Strauß zurücktreten mußte, hatte seine Ursache darin, daß er die Verhaftung der Journalisten und die Besetzung der Redaktionsräume, unter Absprache mit dem als sehr konservativ geltenden Bundeskanzler Adenauer, selbst vorangetrieben hatte und dies aber in der Öffentlichkeit bestritten hatte. Knapp drei Jahre später stellte der Bundesgerichtshof fest, daß keinerlei Beweise vorlägen, die eine Verurteilung wegen wissentlichen Landesverrates zuließe. Damit war die inzwischen SPIEGEL-Affäre genannte Angelegenheit auch staatlicherseits beendet. In der geschichtlichen Perspektive gilt die SPIEGEL-Affäre daher auch als Meilenstein der Verteidigung der bundesdeutschen Pressefreiheit, welche danach nicht wieder in ähnlicher Weise angetastet wurde.
Ein weiteres Beispiel ist die sogenannte Watergate-Affäre2, in deren Folge der amerikanische Präsident Richard Nixon zurücktreten mußte. Benannt ist sie nach dem Gebäude, in welchem sich das Hauptquartier der Demokratischen Partei befand. In deren Räumlichkeiten wurden im Juni 1972 mehrere Personen von der Polizei gestellt und verhaftet, deren technische Ausrüstung auf ein Abhörvorhaben hindeuteten. In dem zu diesem Zeitpunkt stattfindenden Vorbereitungen für den Präsidentschaftswahlkampf stieß dieses Ereignis auf weitreichende öffentliche Beachtung. Der Verdacht, daß die Republikanische Partei damit zumindest mittelbar etwas zu tun hatte, wurde im Verlaufe der Ermittlungen zwar immer deutlicher, die Strafverfolgungsbehörden gingen jedoch nicht von einer Verstrickung der Parteiführung oder des Präsidenten aus . Die „Washington Post“ veröffentlichte während des Präsidentschaftswahlkampfes immer wieder Artikel, welche sogar eine unmittelbare Beteiligung des Weißen Hauses an der inzwischen Watergate genannten Affäre nahelegten. Grundlage dieser Berichte waren Informationen, welche von einer hochrangigen anonymen Quelle innerhalb der Bundespolizei FBI kamen. Diese Informationen und die daraus resultierenden Pressemeldungen führten zu einer Erschütterung des politischen Systems der USA und damit letztlich zum Rücktritt des Präsidenten Nixon.
Die voranstehend genannten Beispiele verdeutlichen, daß es in der Mediendemokratie nicht nur um die Urteilsbildung der Bürger geht. Eine funktionierende und freie Presse kann und muß durch die Aufdeckung demokratiegefährdender Sachverhalte zur Sicherung des demokratischen Systems beitragen und wird daher auch oftmals „Vierte Gewalt“ genannt.
3. Auszugsweise historische und technische Entwicklung der Medien bis zum heutigen Tage
Medien im Wortsinn sind Mittel oder Mittler zur Übertragung von Informationen. Die sich in der Moderne permanent verändernde Medienlandschaft, ihre immer weiter zunehmende Beschleunigung bei der Übertragung von Informationen und die Flexibilisierung des Konsums beim Empfänger haben einen nicht geringzuschätzenden Einfluß auf Politik und Öffentlichkeit.
Als Zeitungen noch das alleinige Nachrichtenmedium waren, dauerte es unter Umständen Tage, Wochen oder Monate, bis sich die Nachricht über ein bedeutendes politisches Ereignis, einen Konflikt oder eine Naturkatastrophe über die Welt verbreiten konnte. Nur lokale oder regionale Neuigkeiten konnten damals zeitnah an die jeweilige Öffentlichkeit vermittelt werden; der Sturz einer Regierung in Nepal wäre erst einige Zeit später in den Nachrichtenspalten erschienen. Die nachrichtentechnische Entwicklung, wie beispielsweise Telegrafenleitungen rund um die Welt führte zwar zur Beschleunigung, gleichwohl verging noch geraume Zeit, bis die Information dann das Publikum erreichte. Die Bezeichnung Zeitung leitet sich im übrigen von dem erstmals ca. im 13. Jahrhundert auftauchenden niederrheinischen Wort Zidinge oder Zidunge ab, was Neuigkeit bedeutete.
Der technische Fortschritt des 20. Jahrhunderts brachte dann die heute noch bedeutsamen Medien Rundfunk und Fernsehen hervor, welche breitenwirksam und gleichzeitig Nachrichten übermitteln können. Beispielsweise wurde die erste Radiosendung in Bayern am 30. März 1924 durch die 1922 gegründete Deutsche Stunde in Bayern. Gesellschaft für drahtlose Belehrung und Unterhaltung mbH ausgestrahlt. Dies war die Geburtsstunde der heute als Bayerischer Rundfunk weithin bekannten öffentlich-rechtlichen Medienanstalt. 1949 sendete der BR sein Programm erstmals über das immer noch als Standard genutzte Ultra-Kurzwellen-Frequenzband und war damit der erste UKW-Sender Europas. Ein Jahr später war der Bayerische Rundfunk Gründungsmitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland, welche ab 1954 unter dem Namen Erstes Deutsches Fernsehen - ARD ein bundesweites Fernsehprogramm ausstrahlte. 1963 kam ebenfalls in öffentlich-rechtlicher Form das Zweite Deutsche Fernsehen hinzu und ab 1984 die ersten kommerziellen Privatsender, welche heute die Mehrzahl der Programme ausstrahlen.
An der mittlerweile flächendeckenden Ausstattung nahezu aller Haushalte mit Fernsehgeräten kann man die enorme Bedeutung des Fernsehens als Informationsmedium erkennen. Die in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts erstmals eingeführte Satellitenübertragungstechnik macht eine zeitnahe, bzw. zeitgleiche Übertragung audiovisueller Information von jedem Ort der Welt aus möglich, wie man in jüngerer Zeit eindrucksvoll an der Live-Berichterstattung über die Folgen der Anschläge des 11. September 2001 in den USA sehen konnte. Immer noch kann man das Fernsehen als das Leitmedium schlechthin betrachten, da es mitunter die einzige Möglichkeit ist, gesellschaftlich-politisch bedeutsame Informationen an ein breites Publikum zu vermitteln. Beachtlich erscheint hierbei die Tatsache, daß auch viele Zeitungsjournalisten das Fernsehen durchaus als eine Art Leitmedium für Ihre Arbeit betrachten und ihre Artikelauswahl beispielsweise an den Themen der ARD-Tagesthemen vom Vorabend ausrichten.
Im Jahr 2007 haben die bisher erwähnten Medien immer noch eine beachtliche Bedeutung, werden jedoch zunehmend, von dem sich seit den späten Neunzigern rasant entwickelnden Internet verdrängt. Dieses ermöglicht es den Informationskonsumenten, zeitnah und zeitflexibel jegliche interessierende Information aufzunehmen, ohne dabei von festen Sendezeiten der Rundfunk- und Fernsehsender oder den Erscheinungszeiten der Printmedien abhängig zu sein. Mittlerweile ist die Technik derart fortgeschritten, daß der interessierte Anwender jedwede Art von audiovisuellen Medieninhalten als sogenannte Podcasts herunterladen laden und auf einer Vielzahl von tragbaren Multimediageräten nutzen kann, beispielsweise Mobiltelefonen, PDAs und Audioabspielgeräten wie dem iPod des Herstellers Apple, der dem Podcast auch den Namen gab. Podcast setzt sich zusammen aus den Wörtern Broadcast = Sendung/Übertragung und dem Markennamen iPod. Als Beispiele für die Vielzahl der angebotenen Inhalte lassen sich die Podcasts der Tagesschau, des heutejournals, sowie die Audiovarianten der Radiowellen des Bayerischen Rundfunks erwähnen. Der Printmedienbereich ist natürlich ebenso vertreten, etwa in Gestalt des Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL, der Süddeutschen Zeitung und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, um nur einen Teil des überregionalen Bereiches zu nennen. Vorteil der Internetvariante von Zeitungen ist deren permanente Echtzeit-Aktualität, welche bei der Print-Ausgabe nur einmal am Tag anzutreffen ist.
Neben all den bereits genannten Übertragungswegen von Informationen haben sich im Internet weitere Formen der medialen Kommunikation etabliert. Eine große Zahl von Nutzern des Internets konsumiert nicht nur die dargebotenen Informationen, sondern kommuniziert aktiv über alle denkbaren gesellschaftlichen und politischen Themen in sogenannten Foren oder Blogs. Das Kunstwort Blog leitet sich von Weblog ab, was in etwa so viel wie Internettagebuch heißt. Diese Formen der Kommunikation finden sich beispielsweise sowohl im Angebot der Internetseite des SPIEGEL, wo Leser über bestimmte Ereignisse diskutieren können, als auch auf privaten oder themenorientierten Seiten. Die Inhalte reichen von Technikforen für heimwerkende Automechaniker, Gartenbau- oder Kaninchenzüchterforen und Reiseblogs bis hin spirituell oder politisch orientierten Foren.
Weiterhin kann der heutige Internetnutzer ohne weiteres sogenannte Newsletterdienste per Email abonnieren, in denen er beispielsweise einmal wöchentlich über die Aktivitäten des Bundestages informiert wird.
4. Die Logik der Politik
Politik findet immer, und unter wechselseitiger Beeinflussung in den drei Dimensionen Polity, Policy und Politics statt. Als Polity bezeichnet man die grundlegenden Rahmenbedingungen eines politischen Systems, wie beispielsweise Verfassungen, tradierte Einstellungen, etc. innerhalb derer sich das politische Handeln vollzieht. Diese konstituierenden Merkmale unterliegen notwendigerweise einer, wenn auch marginalen permanenten Veränderung, die einhergeht mit der Entwicklung einer Gesellschaft und der dahinterstehenden politischen Prozesse. Dabei geht es meist nicht um das Grundsätzliche eines Systems, sondern um Anpassungen an eine sich verändernde Wirklichkeit.
Policy kennzeichnet die Prozesse der Findung von Handlungsprogrammen und Politics die Umsetzung dieser.
Das demokratische System weist in der Theorie eine Vielzahl von Akteuren auf, welche in unterschiedlichster Weise an politischen und gesellschaftlichen Prozessen teilhaben. Die Interessen und Ziele der Allgemeinheit und einzelner Akteure oder Interessenvereinigungen, sowie äußere Rahmenbedingungen sind die Grundlage aller politischen Handlungen. Unter Interessen, bzw. Zielen können jegliche soziale, ökonomische, ökologische oder kulturelle Absichten verstanden werden, welche die betreffenden Akteure verfolgen.
Diese oft widerstreitenden Interessen werden im Idealfall im diskursiven Austausch als Probleme definiert und ein entsprechender Handlungsbedarf wird erkannt. Das geschieht zumeist in der medialen Öffentlichkeit, in welcher auch eine Rückkoppelung mit der Öffentlichen Meinung oder der Mehrheitsmeinung stattfindet..
Die Formulierung der aus dem Diskurs resultierenden politischen Ziele findet in der bundesdeutschen Demokratie hauptsächlich in den Parteien, Gewerkschaften, Verbänden und den anerkannten Religionsgemeinschaften statt. Ebenfalls können gesellschaftliche Strömungen oder Einstellungen Eingang in die Handlungsprogramme der politischen Akteure finden, welche sich durch eine veränderte Wahrnehmung gesellschaftlicher Belange oder andere Umstände ergeben. Im Diskurs werden kompromißfähige Zielsetzungen festgelegt und in das Programm einer Partei integriert.
Über die Annahme oder Ablehnung der Handlungsprogramme an den Wahlurnen bilden sich die Machtverhältnisse, welche zur Durchsetzung mehrheitsfähiger Konzepte vonnöten sind. Die Parteien, denen es gelingt die Meinung der Mehrheit auf sich zu projizieren können allein oder in Form von Koalitionen die Umsetzung der Ziele in Gestalt von Gesetzen bewerkstelligen. Das handwerkliche Geschick und die Zielgenauigkeit bei der Umsetzung der definierten Programme oder Ideale entscheiden über Machterhalt oder -verlust, Wiederwahl oder Abwahl einer Regierung.
5. Die Logik der Medien
Die Eigenart der Medien und ihre Wirkungsweise lassen sich auf zwei bedeutende Prinzipien reduzieren. Zum einen ist das die Selektionslogik3, nach welcher Informationen klassifiziert, ausgewählt und weiterverarbeitet werden. Zum anderen die Präsentationslogik4, welche bestimmt, wie etwas dargestellt wird. Dabei beeinflussen sich die genannten Prinzipien wechselseitig, da der Typus einer Nachricht eine bestimmte Darstellung zur Folge hat, bzw. zu gewünschten Darstellungsformen die dazu passenden Neuigkeiten ausgewählt werden.
Grundlegendes Ziel aller medialen Darstellung ist die Herstellung maximaler Aufmerksamkeit und damit verbundener Reichweite für gemeinsame Themen und Probleme. Das schließt jegliche politische und gesellschaftliche Bereiche ein.
Während im Unterhaltungssektor Fiktionen, Abwandlungen der Realität und Übertreibungen im Sinne kurzweiliger Unterhaltsamkeit durchaus gewünscht und praktiziert werden, besteht der Anspruch politischer und gesellschaftlicher Berichterstattung darin, die Wirklichkeit möglichst unverändert wiederzugeben. Das heißt, die Berichterstattung steht in einem unmittelbaren Bezug zur Realität und die Vermittlung derselben sollte in angemessener Form erfolgen.
Angesichts der unendlich scheinenden Flut von Informationen aus allen politischen und gesellschaftlichen Bereichen von regionaler, nationaler und globaler Bedeutung und den zur Verfügung stehenden Vermittlungskapazitäten ist eine Selektion berichtenswerter Neuigkeiten unabdingbar. Die Ermittlung des Nachrichtenwertes geschieht unter Anwendung der folgenden beispielhaften Auswahlkriterien5. Zum einen ist die kurze Dauer des wiedergegebenen Geschehens von Bedeutung, zum anderen die räumliche, kulturelle und politische Nähe des Ereignisses zum Betrachter. Der Überraschungswert oder der Bezug zu einem bereits berichteten Ereignis, das Konfliktpotential oder die tatsächliche Konflikthaftigkeit haben ebenfalls entscheidenden Einfluß. Weitere Kriterien sind die Prominenz der beteiligten Personen oder Personengruppen, außergewöhnlich positive oder negative Ergebnisse von Handlungen, sowie Kriminalität und große Schäden. Ist zumindest ein Großteil dieser Kriterien erfüllt, wird das entsprechende Ereignis in die Berichterstattung aufgenommen. Meldungen über politische und gesellschaftliche Großereignisse, internationale Konflikte, Naturkatastrophen, Schwerst- und Wirtschaftskriminalität, sportliche Erfolge und kulturelle Höhepunkte belegen diese Kriterien. Jüngere Beispiele sind der andauernde Konflikt im Irak, das Gerichtsverfahren über Unregelmäßigkeiten bei der Übernahme der Mannesmann AG durch VODAFONE, die Führungskrise der CSU in Bayern, Orkane über Europa, Seebeben in Südostasien und die Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Ereignisse wie diese bestimmen den Nachrichtenalltag und beeinflussen die öffentliche Wahrnehmung. Dabei kann die mediale Darstellung der Wirklichkeit immer nur einen Auszug der Realität vermitteln.
Die Darstellung der Nachrichten oder Inhalte unterliegt den Kriterien der Präsentationslogik. Sie beinhalten im Wesentlichen die Regeln, wie die vorab ausgewählten Ereignisse vermittelt werden. Grundsätzlich handelt es sich um verschiedene Varianten theatraler Inszenierung6, welche je nach zu berichtendem Ereignis zum Einsatz kommen. Dies sind beispielsweise das Drama, die Personifikation von Ereignissen, Wortgefechte, archetypische Erzählung oder ein mythisierender Heldenkonflikt. Dabei dienen diese Stilmittel ausschließlich dazu, maximale Aufmerksamkeit, Neugier und Spannung hervorzurufen, um den Informationskonsumenten möglichst breitenwirksam und andauernd an das Medium zu binden.
Als Mischbeispiel der Personifikation von Ereignissen und des Heldenkonfliktes läßt sich das „kategorische Nein“ der vormaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder zur Vorbereitung des Irakkriegs 2003 anführen. Durch die permanente öffentliche Ablehnung dieses Krieges einer Koalition der Willigen unter Führung der USA, wurde das Ereignis, die deutsche Ablehnung mehrheitlich als allein beherzt-richtige Handlung des Kanzlers gewertet und in der Bevölkerung so wahrgenommen. Dessen Gespür für die Inszenierung und Personifizierung von Politik in den Medien sicherte ihm nicht zuletzt wegen dieser Ablehnung und des Elbe- Hochwassers im Sommer 2002, trotz schlechter Regierungsbilanz die knappe Wiederwahl. Daß die voranstehend genannten, kennzeichnenden Auswahlprinzipien und Wiedergabekriterien je nach Art des Mediums unterschiedlich ausgeprägt sind, hängt nicht zuletzt davon ab, auf welche technische Weise die Informationen an den Konsumenten übermittelt werden. Theatralische Inszenierungen finden sich demgemäß verstärkt im audiovisuellen Bereich, wohingegen die nüchterne Berichterstattung eher im Printbereich dominiert, wobei in beiden Bereichen nach anspruchsvollen Qualitäts- und breitenwirksameren Boulevardmedien unterschieden werden muß. Im Bereich der Boulevardmedien läßt sich die überregional erscheinende BILD-Zeitung anführen, welche in der Regel nicht durch seitenlange Hintergrundberichte hervorsticht, sondern ihre Leser mit übergroßen Schlagzeilen ködert und findet. Die einfache Aufmachung und der eingeschränkte Inhalt sind die Grundlage des bundesweiten Auflagenerfolgs. Dies legt nahe, daß dem Leser der BILD-Zeitung die einfache, teilweise tendenziöse und kurzweilig- unterhaltende Berichterstattung genügt.
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1 Vgl. Schrag, Wolfram, Medienlandschaft Deutschland, 1. Auflage, München 2006, S.164, ff. 2
2 Vgl. Lösche,Peter/Loeffelholz, Dietrich von (Hrsg.), Länderbericht USA, 4.Auflage, Bonn 2004, S.171, ff.
3 Meyer, Thomas, Politik und Medien, in: Nassehi, Armin / Schroer, Markus (Hrsg.), Der Begriff des Politischen (Soziale Welt, Sonderband 14), Baden-Baden 2003, S. 263-280
4 Meyer, Thomas, a.a.O.
5 Meyer, Thomas, Mediokratie. Die Kolonisierung der Politik durch die Medien, Frankfurt a.M. 2001, S. 47, ff.
6 Meyer, 2003
- Arbeit zitieren
- Tobias Wolf (Autor:in), 2007, Politik in der „Mediokratie“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93424
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