Homosexualität als Herausforderung an die neutestamentliche Gemeinde


Trabajo Universitario, 2007

89 Páginas, Calificación: 1,2


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffsdefinition
2.1 Was ist Homosexualität?
2.2 Der Homosexuelle
2.3 Homosexualität im Wandel der Gesellschaft

3. Zur Entstehung homosexueller Gefühle
3.1 Homosexualität – biologische Ursachen
3.1.1 Störung im Hormonhaushalt?
3.1.2 Genetisch bedingt?
3.1.3 Die Zwillingsforschung
3.1.4 Veränderungen der Chromosomen?
3.1.5 Bewertung und Stellungnahme
3.2 Psychologische Ursachen für Homosexualität
3.2.1 Tiefenpsychologischer Ansatz
3.2.2 Lerntheoretischer Ansatz
3.2.3 Bewertung und Stellungnahme
3.3 Homosexualität – ein multikausales Modell
3.3.1 Bewertung und Stellungnahme
3.4 Fazit

4. Exkurs: Homosexualität und Gesundheit

5. Exkurs: Homosexualität in der Bibel
5.1 Homosexualität im AT
5.1.1 Genesis 19
5.1.2 Richter 19
5.1.3 Die Levitikus - Stellen
5.2 Homosexualität im NT
5.2.1 Römer 1
5.2.2 1. Kor 6,9-11 und 1. Tim 1,8-11
5.3 Bewertung und Stellungnahme

6. Stellungnahme der beiden großen Kirchen zur Homosexualität
6.1 Die Katholische Kirche
6.2 Die Evangelische Kirche
6.3 Bewertung und Stellungnahme

7. Die Schwule Theologie
7.1 Bewertung und Stellungnahme

8. Umfrageergebnisse
8.1 Vorbemerkung
8.2 Auswertung

9. Homosexualität und Seelsorge
9.1 Ist Homosexualität veränderbar?
9.2 Christlicher Ansatz
9.2.1 Anti- Selbstmitleid-Therapie (AST) nach van den Aardweg
9.2.2 IGNIS
9.2.2 Wüstenstrom
9.2.3 Michael Dieterich (BTS)
9.3 Bewertung und Stellungnahme
9.4 Seelsorge – Chancen und Grenzen

10. Die Verantwortung der neutestamentlichen Gemeinde

11. Abschließende Worte

12. Literaturverzeichnis
12.1 Fachbücher
12.2 Digitale Medien
12.3 Internet
12.4 Bibeln

13. Anhang
13.1 Umfrage und Ergebnisse im Überblick
13.1.1 Detaillierte Auflistung aller Antworten der befragten Probanden
13.1.2 Auswertung der Fragen in Diagrammform

1. Einleitung

Die Arbeit wurde mit dem Titel Homosexualität als Herausforderung an die neutestamentliche Gemeinde überschrieben. Schwerpunkt soll hierbei die praktische Theologie sein. Es stellte sich daher zunächst die Frage nach einer Beurteilung der Homosexualität. Was ist Homosexualität, wie entsteht sie, ist sie genetisch bedingt oder spielen andere Faktoren hierbei eine Rolle? Was sagt die Bibel zur Homosexualität und wie verhält es sich mit der Meinung der großen Kirchen in Deutschland in diesem Thema? Auch die „Schwule Theologie“ sollte kurz betrachtet werden, um sich ein Bild über sie zu verschaffen.

Des Weiteren wurde eine Umfrage zum genannten Thema durchgeführt, um eine Tendenzmeldung seitens Gläubiger zu diesem Thema zu erhalten. Dabei sollte beachtet werden, dass die Umfrage keine wissenschaftliche Studie ist. Diese hatte lediglich zum Ziel, die Meinung der Befragten zum gestellten Thema festzuhalten und zu sammeln. Die Umfrage ist jedoch nicht repräsentativ für die gesamtchristliche Landschaft in Deutschland, da hierzu nicht genügend Stimmen gezählt werden konnten.

Diese Arbeitschritte waren nötig, da sie darüber entscheiden, ob, und wenn ja, in wie weit eine Änderbarkeit homosexueller Orientierung möglich ist. Was wiederum die Überlegungen in Bezug auf die Seelsorge stark beeinflussen. Daher wurden hiernach seelsorgerliche und therapeutische Konzepte untersucht, die mögliche Therapieformen zu Gunsten homosexueller Menschen darlegen. Diese galt es zu beurteilen, um hieraus mögliche Schlussfolgerungen für die neutestamentliche Gemeinde ziehen zu können.

Die vorliegende Arbeit berücksichtigt fast ausschließlich die männliche Homosexualität. Denn trotz gewisser Parallelen zur weiblichen Homosexualität gibt es gleichwohl deutliche Unterschiede zwischen beiden Geschlechtern, zumal ihre Problematik oft anders gelagert ist.[1]

2. Begriffsdefinition

2.1 Was ist Homosexualität?

Edward T. Welch definiert Homosexualität wie folgt:

„Gedanken oder Handlungen im Leben eines Erwachsenen, die von einer bestimmten erotischen Anziehung (sexuell, genital, orgastisch) zu Gleichgeschlechtlichen herrühren und die meist, aber nicht zwangsläufig zu sexuellen Handlungen führen.“[2]

Demnach meint der Begriff „Homosexualität“ in erster Linie eine Neigung bzw. ein erotisches Empfinden für das gleiche Geschlecht.

Das Wort kommt aus dem frühen 19. Jh. und wurde von dem österreichisch-ungarischen Arzt K. M. Kertbeny geformt. Der von ihm geprägte Begriff setzt sich aus dem griechischen homos (gleich, identisch) und dem lateinischen sexus (Geschlecht) zusammen. Was in neuerer Zeit als Homosexualität bezeichnet wird, wurde bis dahin als Sodomia charakterisiert. Dieser Begriff bezeichnet die „Sünde wieder der Natur“, auch „widernatürlich“ genannt. Er ist abgeleitet von Sodom, welches die lasterhafte Stadt der Sünde aus dem Buch Genesis bezeichnet. In Anlehnung zu Genesis 18,20.21 sprach man auch von „Sünde, die zum Himmel schreit“.[3]

„Homosexualität“ hat eine größere Bedeutungsvielfalt als auf den ersten Blick erkennbar ist. So kann darunter erst einmal die männliche wie weibliche gleichgeschlechtliche Liebe verstanden werden. Er beschreibt die homosexuellen Empfindungen und Neigungen wie auch die ausgelebte Homosexualität. Unter Homosexualität versteht man auch eine eigene Weltanschauung. Des Weiteren kann er auch eine vorübergehende homoerotische Neigung beschreiben[4], welche pupertätsbedingt und in der sexuellen Orientierung des Betroffenen begründet ist. Auch wenn erzwungene Eingrenzungen eine heterosexuelle Beziehung nicht erlauben, kann sich Homosexualität („situative Homosexualität“) entwickeln (z.B. in Klöstern, Internatsschulen, Gefängnissen).

Homosexualität kann aber auch eine Fehlentwicklung meinen (möglicherweise in der Kindheit), welche dazu führte, dass sich der oder die Betroffene (vorübergehend) homosexuell orientierte.[5]

Neben dem Begriff der Homosexualität gibt es einen weiteren Versuch, zwischen homosexueller Praxis und homosexueller Liebe (Homophilie) zu unterscheiden, nämlich Homophilie. Der Begriff kommt aus dem psychiatrischen Bereich, um dadurch einer Diskriminierung des Homosexuellen vorzubeugen.[6] Das mag daran liegen, dass man die Homosexualität bis Anfang des 19 Jh. allein auf den sexuellen Akt beschränkte, also das Ausleben der Homosexualität. Heute ist Homosexualität bzw. homosexuell ein weitestgehend wertneutraler Begriff welcher die gleichgeschlechtliche Liebe meint und sowohl die rein emotionale als auch die körperliche Gemeinschaftsebene mit einbezieht.

2.2 Der Homosexuelle

„Den Homosexuellen“ gibt es nicht. Denn wie bei den Heterosexuellen gibt es auch unter Homosexuellen verschiedene Menschen. In der Vergangenheit wurde viel pauschalisiert und durch falsche Vorurteile homosexuellen Menschen das Gefühl gegeben, dass sie perverse, unliebenswerte und unerwünschte Menschen seien. Dabei gibt es unter ihnen genauso liebenswerte Menschen wie auch unter Heterosexuellen.

Es gibt unter ihnen ebenso große Unterschiede wie unter Heterosexuellen.[7] So gibt es Homosexuelle, die sich ausschließlich zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlen, was jedoch nicht auf alle zutrifft. Einige tragen seit ihrer Kindheit homosexuelle Gefühle in sich, andere realisieren erst im zunehmenden Alter ihre „Andersartigkeit“ und beginnen schließlich, diese auszuleben. Wieder andere bezeugen, dass sie phasenweise eine homosexuelle Neigung verspüren, gehen dieser jedoch niemals nach. Es gibt verschiedene Bevorzugungen in Belangen der Partnerwahl. Das kann den Köperbau, die Haarfarbe, den Charakter, das Alter oder andere Bereiche betreffen.

Es wäre falsch, einem homosexuell lebenden Menschen vorzuwerfen, es ginge ihm einzig und allein um seine sexuelle Befriedigung. Ebenso gibt es Heterosexuelle, die ein übersteigertes Maß an sexuellem Verlangen in sich tragen, was aber auch hier keinesfalls pauschalisiert werden kann.

So gibt es Homosexuelle bei denen die Geschlechtlichkeit eher untergeordnet ist. Bei anderen steht die Sexualität mehr im Vordergrund. Einige wechseln häufig ihre Partner, wieder andere sehnen sich nach einer dauerhaften Beziehung. Unter ihnen gibt es solche, die ein offensichtlich feminines Auftreten haben. Andere wiederum sind eher maskulin und man merkt ihnen ihre Homosexualität nicht an. Das gleiche gilt auch für die weibliche Homosexualität.[8]

Neben dem gewöhnlichen Homosexuellen gibt auch den latenten Homosexuellen. Als solchen bezeichnet man einen Mann oder eine Frau, der oder die erst im heranwachsenden Alter nach und nach ihre homosexuelle Neigung entdeckt. Dies geschieht für gewöhnlich durch einschneidende Erlebnisse, die dazu führen, dass der Betroffene sich seiner Gefühle bewusst wird. Latente Homosexuelle verspüren in sich ein „erotisch gefärbtes Verlangen“ zum gleichen Geschlecht, können diese Gefühle aber weder richtig deuten noch zuordnen. Doch können sie mit Hilfe Außenstehender oder durch Eigenreflexion die Gefühle benennen und schließlich ihre homosexuelle Neigung erkennen.[9]

Bisexualität bedeutet, dass sich eine Person zu beiden Geschlechtern hingezogen fühlt. Van den Aardweg schreibt, dass die Mehrheit homosexueller Menschen angibt, sich auch hin und wieder zum anderem Geschlecht hingezogen zu fühlen,[10] wenn auch nicht in gleicher und konstanter Stärke wie zum Gleichen. Er beruft sich hierbei auf seine Erfahrung als Arzt. Demnach gaben von 200 homosexuellen Menschen, mit denen er arbeitete, 70 % an, manchmal heterosexuelle Neigungen zu verspüren. Er selbst geht davon aus, dass die Zahlen in Wirklichkeit vermutlich weit höher anzusiedeln wären.[11]

Den Homosexuellen, der keinerlei Reize, weder in sexueller noch in emotionaler Form zum anderen Geschlecht kennt, nennt Buckley den „extremen Typ eines Homosexuellen“.[12]

Die Überlegung, dass Homosexualität ein kulturelles Phänomen ist oder nur in bestimmten Kulturen oder sozialen Gegebenheiten vorkommt, ist heute verworfen. So gibt es Homosexualität bei beiden Geschlechtern, in jeder sozialen Schicht, weltweit und zu allen Zeiten. Es gibt Schätzungen, dass ca. 1/3 - 1/4 der Bevölkerung vorübergehend homosexuell war oder ist.[13] Die Zahlen homosexuell Bleibender pendeln sich bei ca. 4% ein.[14]

2.3 Homosexualität im Wandel der Gesellschaft

Beschäftigt man sich mit dem Thema Homosexualität, wird man schnell feststellen, dass es – wie andere Themenbereiche auch – seine „eigene Geschichte“ hat. So ist jegliche Auseinandersetzung mit der Homosexualität in seinem Für und Wider vorgeprägt. Dementsprechend wirft die Diskriminierung homosexueller Menschen in Vergangenheit und Gegenwart ihre Schatten voraus und beeinflusst unweigerlich jede Diskussion, so dass eine s achliche Auseinandersetzung fast unmöglich erscheint. Diese wäre aber von Nöten, da eine pauschale Beurteilung, in welche Richtung auch immer, der Sache in keinster Weise gerecht werden kann.[15]

In unserer gesellschaftlichen und kirchlichen Landschaft gibt es immer wieder Vorurteile gegenüber Homosexuellen und ihrer Sexualität, allein wegen ihrer Andersartigkeit. Da man etwas nicht kennt, lehnt man es kategorisch ab.[16] Doch auch das Wissen um den Niedergang antiker Kulturen, in denen Homosexualität als völlig normal galt, veranlasste in der Vergangenheit Geschichts- und Gesellschaftsforscher dazu, Alarm zu schlagen. Stehe doch jede Gesellschaft, die Homosexualität toleriere bzw. auslebe, vor ihrem Untergang.[17]

In der heutigen Zeit kann ein Umdenken wahrgenommen werden, so dass immer weniger Opposition laut wird, die sich negativ gegenüber Homosexualität äußert.

Homosexuelle wurden in der nationalsozialistischen Zeit geradezu verfolgt.

Durch den §175 des Deutschen Gesetzbuchs wurde Homosexualität verboten und als kriminell gewertet.[18] Am 25. Juni 1969 wurde durch eine Gesetzesreform Homosexualität unter Erwachsenen erlaubt.[19]

Homosexualität wurde zwischen Erwachsenen erlaubt. Es kam jedoch nicht zu einer Gleichstellung mit der Ehe bzw. heterosexuellen Partnerschaft. 1994 gab es eine weitere Änderung des Gesetzes. Der § 175 wurde völlig aus dem Gesetzbuch gestrichen. Obwohl die katholische Kirche 1999 deutliche Worte gegen eine homosexuelle Ehe und Partnerschaft fand, durften sich in Hamburg im selben Jahr homosexuelle Paare beim Standesamt eintragen lassen. Seit 2001 ist der Eintrag von Lebenspartnerschaften vom Gesetzgeber erlaubt. Am 17. Juli 2002 wurde eine Klage gegen Eheschließung von homosexuellen Paaren vom Bundesverfassungsgericht abgewiesen. Die Ehe von gleichgeschlechtlichen Paaren lässt sich seither mit dem deutschen Grundgesetz vereinbaren.[20]

Hergemöller beschreibt die Situation im Deutschland des 20 Jh. mit dem Wort „ambivalent“[21] und führt weiter aus:

„Auf der einen Seite stehen die Erfolge der Verbands- und Gleichstellungspolitik, die Schritt für Schritt jahrhundertealte Bastionen schleift, auf der anderen Seite aber die amorphen und unausgesprochenen Repressionen der heteronormativen und homophoben Mehrheit, die sich in einem schwer durchschaubaren Bereich zwischen unmittelbarer Gewaltausübung und scheinliberaler Sponsorin bewegt.“[22]

In neuerer Zeit wird Homosexualität vermehrt als etwas völlig Normales angesehen. Homosexuelle Politiker, Prominente oder Fernsehmoderatoren sind schon längst keine Seltenheit mehr. Doch ist eine große Unsicherheit in Bezug auf dieses Thema sowohl in der Gesellschaft als auch in unseren Gemeinden zu verspüren.

3. Zur Entstehung homosexueller Gefühle

Homosexualität ist seit dem 19. Jahrhundert Forschungsgegenstand, mit dem Ziel, Homosexualität als normativ zu erklären. Zuvor wurde kein solcher Versuch unternommen.[23]

In kirchlicher und gesellschaftlicher Diskussion wird eine heftige Debatte geführt, in der man sich über die Entstehung von Homosexualität streitet. Eine immer größere Zahl von Ärzten und Wissenschaftlern lassen verlauten, dass Homosexualität eine genetische Veranlagung ist, die nicht umkehrbar sei.

Ein anderer Zweig wehrt sich gegen diese Behauptungen und geht davon aus, dass sie in der frühen Kindheit und Pubertät geprägt und „erlernt“ und auf p sychische Störungen zurückzuführen sei. Vertreter dieses Ansatzes räumen weiter ein, dass Homosexualität mehr oder weniger veränderbar sei.[24] Im Folgenden sollen diese zwei Hauptströmungen einander gegenübergestellt werden, um sich ein klares Bild darüber zu verschaffen, was sie genau lehren und von welchen Ansätzen und Kausalitäten sie ausgehen. Doch wird man feststellen, dass auch hier ein Schwarz-Weißdenken nicht weiterhelfen wird, sondern nur dazu führt, dass sich die Fronten weiter verhärten.

3.1 Homosexualität – biologische Ursachen

3.1.1 Störung im Hormonhaushalt?

Diese Theorie geht davon aus, dass bei homosexuellen Menschen eine ungleichmäßige Hormonausschüttung für solch eine sexuelle Neigung verantwortlich ist.[25] Demnach gibt es beim männlichen Homosexuellen eine stärkere Ausschüttung des Östrogens (weiblichen) Hormons (und umgekehrt). Begründet wurde diese These durch Untersuchungen von homosexuellen Männern, deren Blutwerte einen niedrigeren androgenen Wert (männliches Sexualhormon) ergaben. Da sie jedoch keineswegs bei allen Untersuchten nachgewiesen werden konnten, stieß die Theorie auf Kritik, weil sie durch keine stichhaltigen Beweise untermauert werden konnte.[26]

Glaubt man diesen Forschungen, könnte man davon ausgehen, dass es Homosexuelle gibt, bei denen es ein Überangebot von Östrogenen gibt, die ihre sexuelle Neigung mehr oder weniger beeinflussen könnten. Geht man weiter davon aus, dass verschiedene Faktoren eine homophile Neigung hervorrufen bzw. fördern können, muss jedoch nicht zwangsläufig davon ausgegangen werden, dass jede homosexuelle Neigung auf Hormone zurückzuführen ist.[27]

3.1.2 Genetisch bedingt?

Das Problem bei der Behauptung, Homosexualität sei genetisch bedingt, besteht darin, dass man hierdurch zu einer weiteren Schlussfolgerung zu kommen versucht, die besagt: „Wenn Homosexualität genetisch bedingt ist, dann muss es „natürlich“ sein und somit eine in der Schöpfung Gottes angelegte Sexualität“ – das würde bedeuten, dass Gott die Homosexualität gewollt haben müsse, wird argumentiert.[28]

Zell- und Genforscher haben immer wieder versucht, die homosexuelle Neigung auf Genetik und Erbanlagen zurück zu führen. Doch die so oft propagierte Meinung, dass es ein „homosexuelles Gen“ gebe, nach dem der Homosexuelle von Geburt an so veranlagt sei, konnte bislang nicht eindeutig bestätigt werden.[29] Selbst die von Dean Hamer durchgeführten Forschungen, denen zufolge es ein Schwulen-Gen geben soll, konnte bisher von keinem anderen Forscher wiederholt werden.[30] Dennoch legen Hamer und Copeland in ihrem Buch D as unausweichliche Erbe sehr beeindruckende Forschungsergebnisse vor, die Hinweise für eine durch die Gene beeinflusste sexuelle Orientierung liefern.[31] Sie weisen jedoch selbst darauf hin, dass die Gene nur eines von vielen Einflüssen sind, die eine sexuelle, wie auch immer geartete Orientierung vorgeben. Die Behauptung, dass die sexuelle Neigung allein auf den Genen beruhe, wird hierdurch jedoch nicht belegt.

Der Hirnforscher LeVay untersuchte die Gehirne von verstorbenen Männern, von denen 16 vermutlich homosexuell waren. Seinen Angaben zufolge entdeckte er eine Zellensammlung (kleines Nucleus), die der Größe nach den Weiblichen glich. Er schloss daraus, dass homosexuelle Männer deswegen femininer seien als Heterosexuelle. Diese Studie wurde jedoch stark kritisiert, da nicht mit Bestimmtheit geklärt werden konnte, welches Gehirn wirklich das eines homosexuellen Mannes war. Des Weiteren waren alle an AIDS gestorben, was sich nachhaltig auf die Gehirne ausgewirkt haben könnte. Jeder Versuch, diese Untersuchungen zu wiederholen, endete mit anderen Ergebnissen.[32]

Edward T. Welch schreibt, dass selbst wenn man in der Zukunft beweisen könnte, das Homosexuelle und Heterosexuelle unterschiedlich große INAH 3 aufweisen, es zum einen immer Ausnahmen geben und zum anderen dies das Schicksal des Einzelnen nicht besiegeln können würde, da die Sexualität ein zu vielschichtiges Gebiet sei, als dass man anhand dieser einen Sache ein verbindliches Urteil fällen könnte.[33]

Dass nicht alle diese Ansicht teilen, zeigen Ulrich Giesekus Aufzeichnungen. Als ein Vertreter der Christlichen Psychologie und Seelsorge ist er davon überzeugt, dass es genetisch bedingte Veranlagungen geben kann, wenn dies auch nicht bei allen Homosexuellen der Fall sein muss.[34] Aber auch wenn Homosexualität genetisch bedingt sein kann, heißt das nicht, dass der Betroffene dazu „verdammt“ ist, diese auszuleben – er ist seiner Neigung nicht ausgeliefert. Demzufolge versteht Giesekus unter genetischer Veranlagung keine genetische Determinierung sondern eine r ichtungsweisende Neigung. Als Beispiel führt Giesekus die körperlichen Erbanlagen von Mann und Frau an, die besagen, dass das Körpergewicht gewissermaßen genetisch bedingt ist.[35] Obwohl der Mann tendenziös dazu neigt, dieses „vorgegebene“ Gewicht zu erreichen, stellt sich dies bei dem weiblichen Geschlecht in größerem Maße nicht ein. Da der Frau durch die Medien und Umwelt suggeriert wird, ein bestimmtes Körpergewicht zu haben und zu halten (ideales Schönheitsbild), erreicht sie ihr veranlagtes Gewicht oft nicht.

Durch Sport und eine „bewusste“ Ernährung wird darauf geachtet eine bestimmte Marke nicht zu überschreiten.[36] Demnach können genetische Erbanlagen vorliegen, die aber keineswegs den Menschen, in welcher Form auch immer, festlegen. Daraus ableitend sieht Giesekus die Möglichkeit einer genetisch beeinflussten sexuellen Neigung als durchaus denkbar.[37]

Es gibt deutliche Hinweise einer biologischen Veranlagung die auf Beobachtungen zurückgeführt werden, die besagen, dass es bei den männlichen Verwandten der Mutter, die homosexuelle Söhne hat, eine deutlich höhere Anzahl von Homosexualität auftritt – wohingegen dies bei den Verwandten väterlicherseits nicht der Fall ist.[38] Die Kritik, dass sich dies erziehungspsychologisch erklären ließe, kann Giesekus Ansicht nach nicht belegt werden, da es hierfür keine Beweise gebe.[39]

Roland Werner, Theologe und Betroffener, spricht sich gegen eine genetische Veranlagung, also natürliche Homosexualität aus.[40] Seinen Beobachtungen nach sind die Forschungsergebnisse, die Homosexualität genetisch erklären wollen, sehr umstritten.[41] Doch geht Werner so weit zu sagen, dass im Falle eines echten Beweises dafür, dass Homosexualität ein genetischer Defekt sei, es den Menschen nicht von der biblischen Ethik befreie. Man müsste sich immer noch die Frage stellen, wie man damit umzugehen habe. Nur weil etwas als gegeben erklärt wird, muss es noch lange nicht gut geheißen werden. Er schließt nicht aus, dass der Sündenfall den Menschen auch in seiner Veranlagung und Genetik verändert haben könnte. Doch auch das würde ihn nicht vom biblischen Maßstab befreien, der nun einmal steht.[42] Werner ist dennoch davon überzeugt, dass sich homosexuelle Neigungen im Laufe eines Lebens einstellen bzw. zum Vorschein treten, dies aber nicht als bewusste Willensentscheidung zu verstehen sei.

Diese Annahme begründet er anhand etlicher Lebensbilder homosexueller Menschen, bei denen keine genetischen, sondern psychologischen Vorgänge ausschlaggebend bzw. zu beobachten waren.[43]

3.1.3 Die Zwillingsforschung

Bei der Zwillingsforschung, deren bekanntesten Vertreter Bailey und Pillard sind, wurde der Versuch unternommen, heraus zu finden, inwieweit es Übereinstimmungen in der sexuellen Orientierung von eineiigen (Gene sind völlig identisch) und zweieiigen (Gene sind verschieden) Zwillingen gibt.[44] Zu diesem Zweck untersuchte man homosexuelle Zwillingspärchen. Ergebnis dieser Studien war, dass zwischen 50 und 60 % der eineiigen Zwillinge in ihrer Homosexualität übereinstimmten. Bei den zweieiigen Zwillingen gerade einmal 20 – 25 % (je nach Studie).[45] Im Großen und Ganzen sind die Zahlen der einzelnen Studien ähnlich, was eine recht große Glaubwürdigkeit bescheinigt.[46] Doch geben Kritiker zu bedenken, dass, wenn hierdurch eine genetische Homosexualität bewiesen werden sollte, eineiige Zwillinge nahezu 100 % Übereinstimmungen in ihrer sexuellen Orientierung aufweisen müssten, selbst wenn diese von Geburt an getrennt aufgewachsen wären.[47] Die deutlich höheren Zahlen an Übereinstimmungen in ihrer sexuellen Neigung bei eineiigen Zwillingen könnte ihrer Meinung nach auch damit zusammen hängen, dass sie sich durch ihre enge Bindung zueinander gegenseitig beeinflussen.[48] Weiter gab es Untersuchungen, bei denen die Probanten psychisch krank waren, teils sogar schizophren,[49] was ein sauberes Ergebnis verhindern könnte. Eine weitere Frage war, ob man versucht hätte, die einzelnen Zwillingspärchen zu therapieren. Würden die Erfolge ausbleiben, könnte man den Versuchen eine gewisse Glaubwürdigkeit zugestehen.[50]

Dennoch lassen die Ergebnisse der Zwillingsforschung durchaus eine mögliche genetische Veranlagung erkennen, auch wenn diese nicht eindeutig bewiesen werden kann.[51] Da die Zwillingspärchen jedoch in ihrer sexuellen Ausrichtung nicht zu 100% übereinstimmen, bleiben Fragen offen, so dass auch hier keine eindeutigen Ergebnisse vorgelegt werden konnten.

3.1.4 Veränderungen der Chromosomen?

Im Zellkern eines Menschen befinden sich 46 Chromosome, die zu 23 Paaren zusammengefasst sind. Von diesen 23 ist eines für das Geschlecht verantwortlich. Bei dem weiblichen Geschlecht sind es zwei gleiche Chromosomen (XX), beim männlichen Geschlecht zwei verschiedene (XY).[52] (Das X Chromosom kommt von der Mutter und das Y Chromosom vom Vater.) Untersuchungen zu Folge soll es Menschen geben, die z. B. eine Folge von XXY Chromosomen aufweisen. Die Beobachtung, dass es durchaus zu verschiedenen Konstellationen kommen kann, führte zu dem Versuch, auch die Homosexualität hierdurch zu erklären. Klautke weist jedoch darauf hin, dass man im Laufe der Zeit eine derartige Vielfalt an (Chromosomen-) Kombinationen entdeckt hat (bei Männern wie bei Frauen), dass es unmöglich ist, anhand der Chromosomen fest zu machen, welchen Geschlechts der Einzelne nun ist.[53] Auf der anderen Seite könnte hierdurch erklärt werden, wieso es Männer gibt, die eine stärker ausgeprägte feminine Seite haben und homosexuelle Tendenzen aufweisen. Das heißt zwar nicht, dass jeder Mann der eine entsprechende Chromosomenkombination aufweist auch homosexuell ist, doch muss in Betracht gezogen werden, dass dies sehr wohl eine derartige Tendenz „günstig“ beeinflussen könnte. Folglich könnte sich hierdurch auch eine homosexuelle Neigung erklären lassen.[54]

3.1.5 Bewertung und Stellungnahme

Wie gesehen kann die Behauptung einer genetischen Festlegung oder Vererbung von Homosexualität nicht handfest belegt werden und stößt in weiten Kreisen auf Kritik.[55] Die Problematik liegt wohl darin, dass wissenschaftliche Ergebnisse, die Hinweise für biologische Veranlagungen liefern, in der Öffentlichkeit als eiserne Beweise angeführt wurden und man ihnen zuviel Gewicht gab. Daraus versucht(e) man dann die Homosexualität im Allgemeinen auf die Genetik zurückzuführen.[56] Dass eine homosexuelle Lobby sich dieser Ergebnisse annimmt und sie zu etwas macht, was sie gar nicht sind, kann nachempfunden werden, doch lässt dies die wissenschaftlichen Beiträge in Misskredit geraten. Auf der anderen Seite lässt sich im christlichen Lager eine ähnliche Vorgehensweise beobachten, da diese allem Anschein nach mit der Vorraussetzung, dass es keine genetische Komponente geben kann, derartige Forschungen beleuchtet und schon vor Beginn der Untersuchung ihr Urteil gefällt hat. Man will die Möglichkeit einer veranlagten homosexuellen Neigung nicht in Betracht ziehen. Vielmehr setzt man alles daran, diese Forschungen zu widerlegen.

Giesekus wählt einen Mittelweg, der vernünftig scheint, wenn er anerkennt, dass es Hinweise für biologische Aspekte der Homosexualität gibt.[57] Doch kann nicht angenommen werden, dass es sich hierbei um eine genetische Festlegung der sexuellen Ausrichtung handeln kann, sondern lediglich um eine richtungweisende Tendenz. Der Betroffene wird anfälliger sein für homosexuelle Gefühle, kann jedoch entscheiden ob er nach ihnen leben möchte oder nicht.

Roland Werner hält es zumindest für möglich, dass durch den Sündenfall auch eine genetische „Deformierung“ stattgefunden haben kann, welche durchaus auch eine homosexuelle Neigung hervorrufen könnte.

Doch stellt sich die Frage, ob eine biologische, genetisch bedingte, wie auch immer geartete Neigung als Norm gelten muss und von daher Gott gewollt ist. Denn auch wenn Rauchen in unserer Gesellschaft als etwas Normales gilt, weiß man, dass dies dem Körper schadet. Daraus ist zu schließen, dass das, was als normal gilt nicht zwangsläufig gut bzw. zu befürworten ist.

Würde man dem Gedanken einer genetischen, triebhaften Festlegung folgen, wäre der Mensch ein willenloses Individuum, welches seinen Veranlagungen hilflos ausgeliefert ist. Doch muss man hier, bei genauerer Überlegung zu dem Schluss kommen, dass der Mensch ein bewusst handelndes Wesen ist. Wenn dem so ist, kann er erkennen, bewerten und dementsprechend, wie sein Urteil ausfällt, entscheiden, das eine zu tun und das andere zu lassen.[58] Hierdurch würde auch die Eigenverantwortung des Einzelnen mehr hervorgehoben werden.[59]

Unanfechtbare Beweise für eine genetisch veranlagte Sexualität, wie es oft publiziert wird, gibt es nicht. Jedoch liefert die Forschung Hinweise dafür, so dass biologische Faktoren durchaus Einfluss auf die menschliche Sexualität haben können.

Joseph Nicolosi sagte zu dem Vorwurf, dass er eine genetische Veranlagung zur Homosexualität grundsätzlich ablehnt:

„Ich leugne die biologischen Dispositionen, welche die Entstehung einer Homosexualität begünstigen, nicht prinzipiell, aber selbst die schwulen Forscher wie Simon LeVay, Baily und Pillard so wie Hamer – die vier Hauptforscher, die versuchen, die biologischen Ursachen zu finden – sagen, dass die Prägung durch die Umwelt mindestens 50% ausmache […].“[60]

3.2 Psychologische Ursachen für Homosexualität

Es gibt eine Reihe von Psychologen, die Homosexualität (Neigungshomosexualität) auf psychosexuelle Entwicklungsstörungen in der Kindheit zurückführen. Diese These wird gestützt durch die Beobachtung jahrelanger Behandlung und Begleitung homosexueller Menschen.[61] Daneben gibt es noch weitere Modelle, durch die versucht wird, eine homosexuelle Konstitution zu erklären. Die Selbstmitleidstheorie von G. J. M. Van den Aardweg wird zu einem späteren Zeitpunkt zur Sprache kommen, da in diesem Zusammenhang auch über eine mögliche Therapie zu sprechen sein wird und Van den Aardweg einen sehr eigenen und originellen Weg geht, der sich von anderen Theorien und Ansätzen unterscheidet.

3.2.1 Tiefenpsychologischer Ansatz

Diese Theorie wird von den meisten christlichen Psychologen und Seelsorgern vertreten, vermutlich weil hierbei eine Heilung am wahrscheinlichsten erscheint. Der Mensch ist von seiner Geburt an auf der Suche nach seiner Identität. Diese erwächst, meist unterbewusst, aus der jeweiligen Lebensgeschichte des Einzelnen. Kann diese sich gesund entwickeln, so entsteht in der jeweiligen Person eine Art „Sicherheitsgefühl“. Dies gibt dem Einzelnen darüber Auskunft, wer er oder sie ist (Mann oder Frau). Hoffman betont, dass hierbei die Beziehung zum gleichgeschlechtlichen Elternteil unabdingbar ist, da sich nur so eine gesunde Persönlichkeit entwickeln kann.[62] Man weiß, so Buckley, dass eine übersteigerte Gefühlsbindung eines Kleinkindes oder die Abwesenheit eines Elternteils (Scheidung der Eltern etc.) oder andere Gegebenheiten die Entwicklung der Persönlichkeit stört.[63] In der Sexualwissenschaft wird davon ausgegangen, dass das Kind im frühen Alter (3. - 4. Lebensjahr) eine starke Gefühlsbindung an die Mutter erlebt.[64]

Diese Bindung löst sich jedoch im Normalfall so bald das Kind sein eigenes Geschlecht, seine Identität, erkannt und bejaht hat.[65] Im zunehmenden Alter wird das Kind sich mehr am Elternteil des gleichen Geschlechts orientieren. Bei einer Fehlentwicklung kann es jedoch dazu kommen, dass sich beispielsweise der Junge an seiner Mutter orientiert und im Gegenzug seine „zärtlichen Wünsche“ auf den Vater, also das männliche Geschlecht richtet, so dass sich der heranwachsende Knabe in späteren Jahren immer mehr zu Männern hingezogen fühlt.[66] Ist dagegen eine gesunde Selbstfindung, das heißt eine gesunde Identität herangewachsen, so dass das Kind sagen kann, was bzw. wer es ist (Junge oder Mädchen), kann es sich auch mit seinem Geschlecht identifizieren und so eine gesunde Sexualität entwickeln.[67]

Ist diese Phase abgeschlossen, nimmt das Kind seine Geschlechterrolle ein und entwickelt sie.[68] Darunter ist zu verstehen, dass „männliche“ bzw. „weibliche“ Verhaltensweisen erlernt werden. Dies geschieht durch Vorbilder, Identifikation und Anregungen aus der Umwelt. Hat sich ein Kind gesund entwickelt, wird der Junge maskuline Verhaltensweisen an den Tag legen und das Mädchen typisch weibliche Züge zeigen.[69] Im Umkehrschluss bedeutet das, dass Kinder, die ihre Identitätsfindung nicht abgeschlossen haben, Probleme in ihrer sexuellen Entwicklung aufweisen und es so später zu homosexuellen Verhaltensformen kommen kann. Denn wo eine Person sich nicht mit dem eigenen Geschlecht identifizieren kann, kommt es, wenn auch nicht zwingend, zu einer Orientierungslosigkeit im Bereich der Partnerwahl.[70]

Ideale Vorraussetzungen für eine gesunde Entwicklung liegen in einem harmonischen Elternhaus. Darunter ist zu verstehen, dass die Eltern beide ihre Verantwortung für die Kinder wahrnehmen.

Ist der Vater jedoch „abwesend“, lieblos und herrisch kann der sensible Junge unter Umständen keine emotionale Bindung zu seinem Vater aufbauen.[71]

Für die gesunde Persönlichkeitsentfaltung braucht der Junge Bestätigung und Ermutigung vom Vater.[72] Ist der Vater abweisend und kühl, wendet sich der Sohn vom Vater ab und sucht die emotionale Nähe zu seiner Mutter.[73]

Doch kann auch eine vereinnahmende Mutter, die sehr dominant ist und ihren Sohn emotional an sich bindet, in gleicher Weise verhindern, dass der Junge sich von seiner Mutter lösen kann.[74] Durch einen solchen fehlgeschlagenen Beziehungsaufbau zum Vater, der für die Weiterentwicklung des Jungen so wichtig ist, kommt es zu einer Identitätskrise, da er nicht weiß, wer er ist.[75] Diese Krise kann in Homosexualität münden. Durch das Ausleben der Sexualität mit Männern sucht er nach seiner Identität und versucht sich die Männlichkeit des Sexualpartners „einzuverleiben“.[76]

Vertreter dieses Ansatzes gehen also davon aus, dass ein Konflikt im Beziehungsgeflecht der Familie dazu führt, dass der Junge in eine Krise seiner Identitätsentwicklung gerät. Er ist daher anfälliger für eine homosexuelle Verführung, so McDowell und Hostetler in ihrem Handbuch für Jugendseelsorge.[77] Doch muss eingeräumt werden, dass dieser Ansatz nicht wirklich eine Klärung bringt, da Kinder unter denselben Umständen keine Homosexualität entwickeln und wieder andere, die in gesunden Familienstrukturen aufwachsen, auch eine homosexuelle Disposition aufweisen können.[78] So fragt Giesekus, ob Konflikte in der Kindheit wirklich zur Homosexualität führen oder nur den Ausschlag geben, eine schon vorhandene Neigung zum Vorschein zu bringen?[79]

Auch wenn man beschriebene Familienstrukturen bzw. Elternbeziehungen bei Homosexuellen ausmachen konnte, wurden gleiche Strukturen und Beziehungsgeflechte bei heterosexuellen Menschen nachgewiesen.

Demnach lässt dieser Ansatz Vermutungen zu, die nicht eindeutig wissenschaftlich belegt werden können.[80] Eibach stellt aber klar, dass dennoch nicht bezweifelt werden kann, dass es eine erlernte bzw. erworbene Homosexualität gibt.[81]

3.2.2 Lerntheoretischer Ansatz

Dieser Ansatz geht davon aus, dass der Mensch ein fortwährend lernendes Individuum ist. Darunter ist zu verstehen, dass er bestimmte Verhaltensmuster erlernt und verinnerlicht. Dabei ist ausschlaggebend, dass sich das Individuum für jenes Verhalten entscheidet, welches seiner Ansicht nach positive bzw. angenehme Folgen nach sich zieht (Operantes Konditionieren). Durch das Wiederholen bestimmter Verhaltensweisen oder Tätigkeiten werden diese verinnerlicht und schließlich tief im Innern verwurzelt.[82]

Geht man beim Menschen von einem bisexuellen Wesen aus, das ebenso erotische Neigungen zum eigenen Geschlecht wie zum anderen entwickeln kann, so wird er diese durch bestimmte Handlungsweisen im Laufe des Lebens erlernen und schließlich verstärken. Hierbei können erotische Phantasien und sexueller Verkehr einen nachhaltigen Einfluss üben, so dass eine bestimmte sexuelle Richtung eingeschlagen wird.[83] Da man dies in vielen Bereichen des Lebens beobachten kann, scheint die Annahme eines „sich Aneignens“ der Sexualität als durchaus schlüssig. Doch zeigt die Erfahrung, dass Homosexualität nicht zwingend erlernt sein muss, sondern bestimmte Faktoren und Umstände dazu führen können, dass eine bereits veranlagte homophile Neigung in ihrer Ausprägung verstärkt wird.[84]

So erzählt Giesekus von einem homosexuellen jungen Mann, der in seiner Kindheit deutlich heterosexuelle Züge aufwies, doch durch ein traumatisches Erlebnis mit dem anderen Geschlecht in der Kindheit sich seiner, wahrscheinlich schon veranlagten homosexuellen Neigung zuwand, da er hier positive Erfahrungen machte.[85]

3.2.3 Bewertung und Stellungnahme

Der tiefenpsychologische Ansatz, der besonders in christlichen Kreisen großen Widerhall findet, ist nicht so beweisbar wie man glauben möchte. Dieser Ansatz beruht auf Erfahrungen und Beobachtungen in der Psychotherapie, aus denen man Schlussfolgerungen gezogen hat. Die Gründe scheinen logisch, nachvollziehbar und plausibel zu sein. Mit Sicherheit kann und muss dieser Erklärungsversuch ernst genommen werden und darf nicht von der Hand gewiesen werden, wie es in vielen Kreisen getan wird. Seine Glaubwürdigkeit liegt zahlreichen Berichten zugrunde, die diese Theorie stützen und untermauern. Doch auch bei den Vertretern dieser Theorie lässt sich nicht abstreiten, dass sie eine sehr voreingenommene Haltung gegenüber anderen Ansätzen und Forschungen einnehmen, was einen Dialog zwischen beiden verhindert.

[...]


[1] Buckley, Michael John. Homosexualität und Moral.

[2] Welch, Edward T. Ist das Gehirn schuld? S.135

[3] Klautke, Jürgen-Burkhard. Homosexualität.

[4] So gaben 37 % der Befragten im Kinsey Report an, nach der Pubertät homosexuelle Erfahrungen bis zum Orgasmus gemacht zu haben. In: Buckley, Michael John. Homosexualität und Moral.

[5] Hempelmann, Heinzpeter. Liebt Gott Schwule und Lesben? S.22

[6] Der Brockhaus multimedial 2004. „Homophilie die, die Homosexualität“.

[7] Van den Aardweg, Gerard J. M. Das Drama des gewöhnlichen Homosexuellen. S.38-39; Vgl. auch: Buckley, Michael John. Homosexualität und Moral.

[8] Ebd.S.38-39; Vgl. auch: Buckley, Michael John. Homosexualität und Moral.

[9] Ebd. S.39-40

[10] Diese Beobachtung kann schon im antiken Griechenland gemacht werden. Hier wurde die bisexuelle Neigung als gegeben angesehen, so dass eine Person sowohl homosexuelle wie auch heterosexuelle Neigungen verspüren kann. Dover, Kenneth J. Homosexualität in der griechischen Antike.

[11] Van den Aardweg, Gerard J. M. Das Drama des gewöhnlichen Homosexuellen. S.41-42

[12] Buckley, Michael John. Homosexualität und Moral.

[13] Dies bedeutet jedoch nicht, dass all diese ihre homosexuellen Empfindungen auslebten. Es wird bei der Mehrheit so sein, dass sie sich vorübergehend (Pubertät) auch vom gleichen Geschlecht angezogen fühlten, mehr jedoch nicht.

[14] Bianchi, Hermanus u. a. Der homosexuelle Nächste. S.7

[15] Hempelmann, Heinzpeter. Liebt Gott Schwule und Lesben? S.35

[16] Ebd.

[17] Buckley, Michael John. Homosexualität und Moral.

[18] Dies traf jedoch nicht auf Homosexualität unter Frauen zu. Bianchi, Hermanus. u. a. Der homosexuelle Nächste. S.8

[19] Hergemöller, Bernd-Ulrich. Einführung in die Historiographie der Homosexualitäten. S.116.119

[20] „Chronologie: Der lange Weg zur Lebensgemeinschaft gleichgeschlechtlicher Paare.“ http://www.tageschau.de/aktuell/meldungen/0,1185.0/D930708.00.html. Stand 17.07.2002

[21] Hergemöller, Bernd-Ulrich. Einführung in die Historiographie der Homosexualitäten. S.125

[22] Ebd.

[23] Steinhäuser, Martin. Homosexualität als Schöpfungsordnung. S. 90f

[24] Eibach, Ulrich. Liebe, Glück und Partnerschaft. S.124

[25] Klautke, Jürgen-Burkhard. Gegen die Schöpfung.

[26] Ebd.

[27] So weiß man heute auch, dass es Homosexuelle gibt, die sich genauso heterosexuell orientieren könnten, dies aus unterschiedlichen gründen jedoch nicht tun.

[28] Eibach, Ulrich. Betrifft: Kirche und Homosexualität.

[29] Zeegers, Machiel. „Die Sicht eines Psychiaters“. In: Bianchi, Hermanus. u. a. Der homosexuelle Nächste. S.123-125

[30] Hoffmann, Markus. Homosexualität – ein Konzept der Veränderung. In: BUW. Beiträge zur Seelsorge 2, Homosexualität.

[31] Hamer, Dean; Copeland, Peter. Das unausweichliche Erbe. S.217-237

[32] Hilliard, Russell. Homosexualität verstehen.

[33] Welch, Edward T. Ist das Gehirn Schuld? S.149

[34] Giesekus, Ulrich. „Wie kann eine homosexuelle Orientierung entstehen?“ In: Dieterich, Michael. Seelsorge und Homosexualität.

[35] Ebd.

[36] Würde sie dies nicht tun, könnte sie ihr Gewicht nicht kontrollieren und halten können.

[37] Ebd. S.66.67; Vgl. auch: Buckley, Michael John. Homosexualität und Moral.

[38] Giesekus, Ulrich. „Wie kann eine homosexuelle Orientierung entstehen?“ In: Dieterich, Michael. Seelsorge und Homosexualität.

[39] Ebd.

[40] Werner, Roland. Homosexualität und Seelsorge.

[41] Ebd. 14.15

[42] Ebd.

[43] Ebd.

[44] Giesekus, Ulrich. „Wie kann eine homosexuelle Orientierung entstehen?“ In: Dieterich, Michael. Seelsorge und Homosexualität. S.68.

[45] Ebd.

[46] Ebd.

[47] Hilliard, Russell. Homosexualität verstehen.

[48] Welch, Edward T. Ist das Gehirn Schuld? S.150

[49] Klautke, Jürgen-Burkhard. Gegen die Schöpfung. S.60

[50] Ebd.

[51] Giesekus, Ulrich. „Wie kann eine homosexuelle Orientierung entstehen?“ In: Dieterich, Michael. Seelsorge und Homosexualität.

[52] Klautke, Jürgen-Burkhard. Gegen die Schöpfung. S.61.62

[53] Ebd. S.62. Vgl. auch: Zeegers, Machiel. „Die Sicht eines Psychiaters“. In: Bianchi, Hermanus. u. a. Der homosexuelle Nächste.

[54] Vgl. Hamer, Dean; Copeland, Peter. Das unausweichliche Erbe.

[55] Hempelmann verweist auf Dean Hammer „Entdecker des Schwulen Gens“ der selbst sagte: „Unsere Forschung deutet an, dass Schwulsein bis zu einem gewissen Grad auf einer genetischen Veranlagung beruht. Wir können nur spekulieren, was das Gen macht.“ Hempelmann, Heinzpeter. Liebt Gott Schwule und Lesben? S.52

[56] Zu beachten ist, dass Hamer und Copeland nicht beabsichtigten, die Homosexualität genetisch zu erklären, sondern lediglich nach genetischen Einflüssen suchten, die unserer Sexualität im Allgemeinen nachhaltig beeinflussen. Siehe: Hamer, Dean, Copeland, Peter. Das unausweichliche Erbe. S.217

[57] Giesekus, Ulrich. „Wie kann eine homosexuelle Orientierung entstehen?“ In: Dieterich, Michael. Seelsorge und Homosexualität. S.66; Vgl. auch: Welch, T. Welch. Ist das Gehirn schuld? S.148-155

[58] Vgl. hierzu auch: Klautke, Jürgen-Burkhard. Gegen die Schöpfung.

[59] Doch dürfen die Gefühle, welche ausgesprochen Stark auf den Einzelnen wirken können, nicht unterschätzt werden.

[60] Hilliard, Russell. Homosexualität verstehen.

[61] Kotsch, Michael. Homosexualität und ihre Ursachen. In: Homosexualität – Irrweg oder Alternative. Idea -Dokumentation 10/2003. Jaeger, Hartmut u. a.

[62] Vgl. Hoffmann, Markus. Homosexualität – ein Konzept der Veränderung. In: BUW Band 10. Beiträge zur Seelsorge 2, Homosexualität. S.61.62

[63] Buckley, Michael John. Homosexualität und Moral.

[64] Hilliard, Russell. Homosexualität verstehen.

[65] Buckley, Michael John. Homosexualität und. S.96

[66] Ebd.

[67] Müller, Wunibald. Homosexualität – eine Herausforderung für Theologie und Seelsorge.

[68] Ebd.

[69] Ebd.

[70] Ebd.

[71] Nicolosi, Joseph. Identität und Sexualität. In: Schrei nach Liebe.

[72] Hilliard, Russell. Homosexualität verstehen.

[73] Ebd.

[74] Giesekus, Ulrich. „Wie kann eine homosexuelle Orientierung entstehen?“ In: Dieterich, Michael. Seelsorge und Homosexualität. S.79

[75] Vgl. Hoffmann, Markus. „Homosexualität – ein Konzept der Veränderung.“ In: BUW. Beiträge zur Seelsorge 2, Homosexualität. S.60-62

[76] Vgl. Ebd. S.60-62

[77] McDowell, John. Handbuch Jugendseelsorge.

[78] Ebd. S.388.389

[79] Giesekus, Ulrich. „Wie kann eine homosexuelle Orientierung entstehen?“ In: Dieterich, Michael. Seelsorge und Homosexualität. S.79.80

[80] Ebd.

[81] Eibach, Ulrich. Liebe, Glück und Partnerschaft.

[82] Giesekus, Ulrich. „Wie kann eine homosexuelle Orientierung entstehen?“ In: Dieterich, Michael. Seelsorge und Homosexualität. S.84.85

[83] Ebd.85

[84] Ebd.

[85] Ebd.

Final del extracto de 89 páginas

Detalles

Título
Homosexualität als Herausforderung an die neutestamentliche Gemeinde
Calificación
1,2
Autor
Año
2007
Páginas
89
No. de catálogo
V92882
ISBN (Ebook)
9783638062640
ISBN (Libro)
9783638951128
Tamaño de fichero
1385 KB
Idioma
Alemán
Notas
Abschlussarbeit im Fachbereich Praktische Theologie
Palabras clave
Homosexualität, Herausforderung, Gemeinde
Citar trabajo
Sascha Schmuck (Autor), 2007, Homosexualität als Herausforderung an die neutestamentliche Gemeinde, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92882

Comentarios

  • No hay comentarios todavía.
Leer eBook
Título: Homosexualität als Herausforderung an die neutestamentliche Gemeinde



Cargar textos

Sus trabajos académicos / tesis:

- Publicación como eBook y libro impreso
- Honorarios altos para las ventas
- Totalmente gratuito y con ISBN
- Le llevará solo 5 minutos
- Cada trabajo encuentra lectores

Así es como funciona