Bedarfsprognose in der Konsumgüterbranche


Studienarbeit, 2007

47 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Ziele
2.1 Verlaufsformen
2.1.1 Regelmäßiger Verlauf
2.1.2 Unregelmäßiger Verlauf
2.2 Ursachen
2.3 Konsumentenreaktion

3 Anwendungsmöglichkeiten
3.1 Bestandsoptimierung
3.2 Produktionsplanung
3.3 Produktlebenszyklus
3.4 Reduzierung des Bullwhip-Effektes

4 Allgemeine Prognosen
4.1 Unterteilung von Prognosen
4.2 Prognoseverfahren
4.2.1 Quantitative Prognoseverfahren
4.2.2 Qualitative Prognoseverfahren
4.3 Eignung quantitativer Prognosemodelle
4.4 Anforderungen an die Prognosedaten
4.5 Prognosequalität und -fehler
4.5.1 Mittlere quadratische Abweichung
4.5.2 Mittlere absolute Abweichung
4.6 Durchführung einer Prognose

5 Bedarfsprognose
5.1 Technische Voraussetzungen
5.1.1 Datengewinnung
5.1.2 Datenaustausch
5.1.3 Datenhaltung
5.2 Einsparpotentiale
5.3 Schwierigkeiten

6 Lösungen
6.1 ECR
6.2 Prognosedatenaustausch

7 Fazit und Ausblick

8 Fußnotenübersicht

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Darstellung einer supply chain

Abbildung 2 Klassifikation der Verläufe

Abbildung 3 Konstanter Bedarfsverlauf

Abbildung 4 Trendmäßiger Bedarfsverlauf

Abbildung 5 Saisonaler Bedarfsverlauf

Abbildung 6 Trend-saisonaler Bedarfsverlauf

Abbildung 7 Sporadischer Bedarfsverlauf

Abbildung 8 Unregelmäßiger Bedarfsverlauf

Abbildung 9 Der Produktlebenszyklus

Abbildung 10 Bullwhip-Effekt in mehrstufigen Lieferketten

Abbildung 11 Exponentielle Glättung erster Ordnung

Abbildung 12 Szenario-Trichter

Abbildung 13 Eignung stochastischer Verfahren

Abbildung 14 Wahl des Prognosezeitraumes

Abbildung 15 Symmetrische Glockenkurve

Abbildung 16 Informationstechnische Voraussetzungen

Abbildung 17 Anwendungsstufen

Abbildung 18 Erfolgsfaktoren für ECR

Abbildung 19 Austausch der Handelsdaten via ASP

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Konsumentenreaktion auf eine Out-of-Stock-Situation

1 Einleitung

„Die Unternehmen haben in der Marktwirtschaft die Aufgabe, Bedürfnisse zu decken. Das geschieht, indem sie Güter und Dienstleistungen am Markt bereitstellen.“[i] Diese Definition beschreibt einen Verkäufermarkt, vergangener Tage. In so einer Marktsituation, war die Nachfrage größer als das Angebot und nahezu alles was produziert wurde, konnte auch abgesetzt werden.[ii] Leeren Regalen wurde, aufgrund der langen Lieferzeit, mit einer Erhöhung der Lagerbestände vorgebeugt. Kosten spielten nur eine untergeordnete Rolle.

In der heutigen Zeit sind die meisten Märkte von Marktsättigung, steigendem Kostendruck und hohem Wettbewerb durch die zunehmende Globalisierung gekennzeichnet.[iii] Weiterhin sind die Märkte immer schnelleren und stärkeren Schwankungen sowie Unsicherheiten ausgeliefert. In diesem Zusammenhang wird immer wieder die künftige Bedeutung der Logistik genannt. Denn die Logistik, eröffnet bei immer härter umkämpften Märkten neue Möglichkeiten, Wettbewerbsvorteile durch die innovative Gestaltung des Material- und Informationsflusses zu erzielen.[iv]

Nur jenes Unternehmens, welches die Kundennachfrage richtig einschätzt und Kundenwünsche erfüllt, bevor diese tatsächlich eintreten, wird Marktanteile gewinnen können. Gerade im Hinblick auf die weitere Verschärfung des Wettbewerbes, stehen zukünftig nicht nur Unternehmen sondern gesamte s upply chains in Konkurrenz zueinander. Daher müssen Lösungsansätze unternehmensübergreifend erarbeitetet werden. Dies geschieht jedoch nicht nur mit einem Blick auf das eigene Unternehmen. Es muss auch über den Tellerrand des eigenen Unternehmens hinweg geschaut werden.

Auf dieses Thema aufmerksam wurde ich in der Internetausgabe der Zeitung FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND. Die Redakteure schrieben, dass der weltweitgrößte Bierkonzern Interbrew seine Marktanteile in Deutschland riskiert, da das Tochterunternehmen Becks mit der enormen Nachfrage nicht zu Recht kommt. Die Becks-Produkte erfreuen sich im Moment höchster Beliebtheit und die Hinweise auf hausgemachte Probleme in der Lieferkette mehren sich. Selbst auf Werbemaßnahmen wurde bereits verzichtet um die Nachfrage zu bremsen. Die Getränke-Großhändler drohen mit dem Entzug von Verkaufsfläche sowie Entschädigungszahlungen. Außerdem ist die Konkurrenz der momentane Nutznießer, denn bei leeren Regalen steigen die Kunden auf andere Marken um. Wenn sich die Situation nicht ändert, werden die temporären Probleme zu einem langfristigen Nachteil von Becks.[v]

Ein weiteres Beispiel fand ich bei N-TV. Die Verbraucher in Deutschland sind in Kauflaune. Der Konsumklimaindex stieg auf ein Fünfjahreshoch. Dafür verantwortlich sind Sondereffekte, wie die Vorzieheffekte der Mehrwertsteuererhöhung und die Fußballweltmeisterschaft. Um der Mehrwertsteuererhöhung in Höhe von drei Prozent zuvorzukommen, wuchs die Bereitschaft, langlebige und teure Produkte in diesem Jahr zu kaufen. Daher droht dem privaten Konsum und damit dem Wirtschaftswachstum 2007 ein Dämpfer.[vi]

Diese beiden Beispiele zeigen besonders deutlich, dass die Brisanz des Themas nicht nur in Bezug auf mein Studium gegeben ist, sondern auch auf das aktuelle Alltagsleben.

In Kapitel 2 sind die Ziele beschrieben, die mit dieser Arbeit verfolgt werden. Es werden die verschiedenen Verlaufsformen der Kundennachfrage und die dazugehörigen Ursachen und Konsumentenreaktionen vorgestellt.

In Kapitel 3 wird ein Überblick über allgemeine Prognosen gegeben. Weiterhin werden quantitative und qualitative Prognosemodelle genannt, die im Hinblick auf das Thema Bedarfsprognose relevant sind.

Kapitel 4 erläutert welche Ziele mit einer Bedarfsprognose verfolgt werden. Ferner werden die Voraussetzungen beschrieben, die für eine solche Prognose nötig sind und welche Einsparpotentiale entstehen können. Ein Überblick über die, möglicherweise auftretenden, Schwierigkeiten wird ebenfalls gegeben.

Die bereits in Kapitel 4 dargestellten Einsparpotentiale werden in Kapitel 5 ausführlicher, durch präzise Anwendungsmöglichkeiten, beschrieben.

Kapitel 6 stellt abschließend potentielle Lösungsansätze für die Konsumgüterbranche dar.

2 Ziele

Laut einer Studie von Gruen/Corsten/Bharawaj betrug die weltweite Out-of-Stock-Quote in der Konsumgüterbranche im Jahr 2002 8,3%. Aufgrund vorsichtiger Schätzungen entspricht dies einem Umsatzverlust für das Unternehmen in Höhe von 4%.[vii]

Diese Arbeit soll die Notwendigkeit aufzeigen, warum eine Bedarfsprognose ein elementarer Bestandsteil der Unternehmenspolitik ist. Nicht nur innerhalb der eigenen Unternehmensgrenzen sondern entlang der gesamten supply chain (SC).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 Darstellung einer supply chain

Im Speziellen ist diese Arbeit für alle Unternehmen von Interesse, die Konsumgüter produzieren oder mit ihnen handeln.

Konsumgüter sind alle Güter, die primär für den privaten Konsum dienen. Dabei wird zwischen Verbrauchs- und Gebrauchsgütern unterschieden. Ein Verbrauchsgut ist für die einmalige Nutzung vorgesehen wie z.B. Lebensmittel. Von einem Gebrauchsgut wird gesprochen, wenn die Nutzung dauerhaft über mehrere Perioden erfolgt, wie z.B. bei einem Automobil.

Weiterhin sollen in dieser Arbeit, verschiedene Blickpunkte und Problemstellungen beschrieben werden, die bei dem Einsatz einer unternehmensübergreifenden Bedarfsprognose berücksichtigt werden müssen:

- Erläuterung geeigneter Prognosemodelle
- Informations- und Kommunikationstechnische Systeme
- Schwierigkeiten bei dem Austausch der Prognosedaten
- Anwendungsbereiche der Bedarfsprognose

Außerdem werden Gründe wirtschaftlicher bzw. gesetzgebender Natur genannt, die für Einführung geeigneter Prognoseverfahren sprechen. Dabei wird lediglich eine Möglichkeit aufgezeigt um den zukünftigen Bedarf des Endproduktes genau vorherzusagen. Prognosemöglichkeiten und Maßnahmen für einzelne, notwendige Materialien, aus denen sich das Endprodukt zusammensetzt, können daraus allerdings abgeleitet werden.

In den einzelnen Kapiteln werden mathematisch-statistische Formeln benutzt wobei allerdings auf die Beweise verzichtet wird.

2.1 Verlaufsformen

Bei der Analyse der Verläufe lassen sich über eine längere Zeitspanne i.d.R. charakteristische Verlaufsmuster identifizieren, wie folgende Abbildung deutlich macht:[viii]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 Klassifikation der Verläufe[ix]

2.1.1 Regelmäßiger Verlauf

Bedarfe, die einem regelmäßigen Verlauf folgen, können problemlos als Grundlage verschiedener Prognoseverfahren herangezogen werden.

Beim Konstantmodel schwankt der Verlauf nahe um einen Durchschnittswert. Die einzelnen Abweichungen unterliegen zufälligen Einflüssen und lassen keine Regelmäßigkeiten erkennen.[x]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 Konstanter Bedarfsverlauf

Die festzustellenden Abweichungen vom Mittelwert gleichen sich langfristig aus.[xi] Güter, die einem solchen Verlauf folgen, sind Produkte des täglichen Bedarfes wie, z.B. Milch, Brot etc.

Das Trendmodell ist von einem steigenden bzw. fallenden Bedarf über einen längeren Zeitraum gekennzeichnet. Zufällige Schwankungen können auch diesen Verlauf überlagern.[xii]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4 Trendmäßiger Bedarfsverlauf

Steigt oder fällt der Bedarfsverlauf linear, so handelt es sich um einen linearen Trend. Steigende oder fallende Verläufe, die keinem linearen Trend folgen, werden trendförmige nicht lineare Verbrauchsverläufe genannt.[xiii] So ein Verlauf kann bei Neu-Produkten bzw. Produktnachfolgern auftreten. Ein gutes Beispiel hierfür sind Inline-Skates oder DVD-Recorder.

Der saisonanhängige Bedarfsverlauf zeichnet sich dadurch aus, dass zu periodisch wiederkehrenden Zeitpunkten ein Spitzen- oder Minimalbedarf auftritt, beispielsweise zu Weihnachten oder Ostern, im Sommer oder Winter.[xiv] Bedeutende Ereignisse im Sport oder Messen etc. fallen ebenfalls in diese Kategorie.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5 Saisonaler Bedarfsverlauf

Unter diese Kategorie fallen Güter, die abhängig der Jahreszeit gekauft werden, wie z.B. Weihnachtsmänner, Sonnenmilch, Kleidung oder Sportgeräte.

Ein Trend-Saisonmodell ist keine reine Verlaufsform sondern eine Mischformen. Diese entstehen durch die Kombination der oben genannten Komponenten. In diesem konkreten Beispiel, treten saisonale Abweichungen um einen stetig steigenden bzw. fallenden Mittelwert auf.[xv]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6 Trend-saisonaler Bedarfsverlauf

Dieser Verlauf tritt bei Artikeln wie, z.B. den MP3-Playern auf. Der Verkauf solcher Geräte steigt trendmäßig an und wird speziell in den Sommermonaten, diese eigenen sich zum Sporttreiben, saisonal beeinflusst.

2.1.2 Unregelmäßiger Verlauf

Bedarfe, die dieser Verlaufsart folgen, können nicht als Grundlage einer Prognose verwendet werden, da sie keine Kontinuität aufweisen.[xvi]

Von sporadischem Bedarf spricht man, wenn für ein Produkt in relativ vielen Perioden überhaupt kein Bedarf vorliegt.[xvii]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7 Sporadischer Bedarfsverlauf

Beispiele für so eine Ausprägung sind Aktionsware, Modeware und Ersatzteile.

Von einem unregelmäßigen Verlauf wird gesprochen, wenn der Verlauf starke Schwankungen im Verlauf aufweist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8 Unregelmäßiger Bedarfsverlauf

Diese Schwankungen können bei der Produkteinführung auftreten. Ein Produkt, was solch einem Verlauf folgt, weist Fehler in der Vermarktung etc. auf.

2.2 Ursachen

Die Gründe die einen schwankenden Bedarf ausmachen, lassen sich in externe und interne Faktoren differenzieren. Von internen Gründen wird gesprochen, wenn ein Unternehmen direkt die Möglichkeit zur Einflussnahme auf einen Markt hat bzw. die Entscheidungen beeinflussen direkt den Umsatz des jeweiligen Produktes. Diese Einflussnahme kann durch folgende Maßnahmen erfolgen:

- Werbung: Eine höhere Präsenz in den Medien wirkt sich direkt auf den Umsatz aus.
- Produktangebot: Ein gutes Sortiment verleitet den Kunden zum unplanmäßigen Kauf von Produkten.
- Ressourcenknappheit: In der Vergangenheit konnte, aufgrund von Engpässen, die tatsächliche Nachfrage nicht umgesetzt werden.
- Preispolitik: Eine offensive Preispolitik ist die beste Möglichkeit um den Absatz anzukurbeln.
- Anzahl Verkaufspersonal: Eine Erhöhung der Mitarbeiter im Verkaufswesen, wirkt sich auf die verkauften Produkte aus.
- Image: Durch eine, in der Presse diskutierte Maßnahme, kann der Absatz zurückgehen. Beispiel: Der Shell-Konzern wollte 1995 eine Ölplattform im Atlantik versenken. Daraufhin ging der Absatz in einigen Regionen um 50% zurück und Shell musste seine Entscheidung zurücknehmen.

Weiterhin gibt es Faktoren, auf die ein Unternehmen keinen bzw. nur begrenzten Einfluss hat. Diese sind von externer Natur und beschreiben sich wie folgt:

- Käuferverhalten: Durch, z.B. Produktkritiken oder Lieferprobleme bei der Konkurrenz haben viele Konsumenten den Hersteller gewechselt.
- Pläne von Schlüsselkunden: Dies ist besonders für Zulieferer von Interesse, wenn ein Hauptabnehmer ein Verkaufszentrum eröffnet bzw. schließt.
- Verhaltensänderung der Konkurrenz: Konkurrenten treten in einen Markt ein bzw. verlassen den Markt. Weiterhin kann eine Preis- oder Produktoffensive der Konkurrenz das Kaufverhalten der Konsumenten ändern.
- Politische Rahmenbedingungen: Steuern werden, z.B. wie die Mehrwertsteuer, erhöht. Damit verteuern sich automatisch alle Güter. Die Käufer kaufen vor der Erhöhung und verschieben damit die Anschaffungen.
- Rechtliche Aspekte: Ein Unternehmen wurde, durch einen Gerichtsbeschluss, zur Änderungen seiner Produktpolitik gezwungen. Beispiel: Gegen die Monopolstellung des Software-Riesen Microsoft hat die Europäische Union erfolgreich geklagt. Danach musste das Unternehmen die Vermarktung seiner Produkte ändern.
- Wirtschaftliche Bedingungen: In wirtschaftsschwachen Zeiten sind mehr Menschen zum Sparen gezwungen und können sich keine großen Anschaffungen leisten. Dies wirkt sich direkt auf die Nachfrage aus.
- Umweltbelange: Durch internationale Verträge wurde die Entwicklung neuer Technologien vorangetrieben. Beispiel: Die Konstruktion des 3 Liter Autos zum sparsamen Umgang mit fossilen Brennstoffen.
- Globale Trends: Durch die Öffnung neuer, vormals geschützter, Märkte entstehen neue Möglichkeiten.
- Wetter: Jahreszeit untypische Entwicklungen haben auf Saisonprodukte erheblichen Einfluss, z.B. durch Ernteausfälle und die dementsprechende Rohstoffverknappung.

Anhand dieser Beispiele wird deutlich, welche Komplexität ein Markt aufweist und welcher Dynamik er unterworfen sein kann. Dieses gilt für die Automobilindustrie gleichermaßen wie für die Lebensmittelbranche.

2.3 Konsumentenreaktion

Wenn der Warenbestand eines bestimmten Produktes am Verkaufsort auf Null zurückgegangen ist, wird von einem out-of-stock gesprochen. Der potentielle Käufer reagiert im Wesentlichen mit fünf verschiedenen Maßnahmen auf diese Situation.[xviii]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Konsumentenreaktion auf eine out-of-stock -Situation[xix]

Anhand der obigen Tabelle wird klar, dass nicht nur der Händler ein Interesse hat, das die Regale in seiner Filiale gefüllt sind und dem Kundenwunsch entsprechen, sondern auch der Hersteller damit potentielle Kunden nicht auf Produkte der Konkurrenz umsteigen.

3 Anwendungsmöglichkeiten

Eine Bedarfsprognose kann in den unterschiedlichsten Bereichen eines Unternehmens eingesetzt werden, um wie in Kapitel 5.2 beschrieben, Kosten zu senken. In diesem Kapitel wird auf die größten Einsparpotenziale genauer eingegangen.

3.1 Bestandsoptimierung

„Gibt es keine sicheren Informationen über den Zeitpunkt und die Höhe des Materialbedarfs, so ist eine unverzügliche Bedarfsbefriedigung nur möglich, wenn entsprechende Lagerbestände gehalten werden.“[xx] Mittels genauer Bedarfsprognosen, können diese Unsicherheiten minimiert werden, denn diese Daten sind Grundlage der Bestandsoptimierung. Das Ziel des Materialmanagements ist, niedrige Bestände mit einer optimalen Kapitalbindung bei hoher Lieferbereitschaft und –termintreue zur Verfügung zustellen.

Die Reduzierung von Beständen kann mit einer Umsatzerlössteigerung, mittels folgender Formel ausgedrückt werden:[xxi]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Beispiel:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das heißt, bei einer Umsatzrentabilität von 5%, einem Zinssatz von 10% und einem durchschnittlichen Anteil der Bestände am Umsatz von 30% ist eine 10%ige Bestandsreduzierung mit einer Umsatzsteigerung von 17,8% im Absatzbereich vergleichbar.[xxii]

Das Hauptargument, warum dieses gravierende Einsparpotential nicht genutzt wird, liegt seitens der Hersteller in der angeblich unzureichenden Prognostizierbarkeit des Absatzmarktes.[xxiii]

3.2 Produktionsplanung

Bedarfsprognosen werden in der Produktionsplanung für die Beschäftigungsglättung eingesetzt. Ziel der Beschäftigungsglättung ist, bei einer schwankenden Nachfrage die vorhanden humanen Ressourcen bestmöglich einzusetzen. Dies geschieht durch:

- zeitliche Anpassung,
- intensitätsmäßiger Anpassung oder
- quantitativer Anpassung.

Bei der zeitlichen Anpassung wird die tatsächliche Produktionszeit innerhalb der Produktionsperiode verlängert oder verkürzt. Wenn die Produktionsgeschwindigkeit (Durchsatz pro Zeiteinheit) angepasst wird, wird von einer intensitätsmäßigen Anpassung gesprochen. Eine quantitative Anpassung der Belegschaft ist geprägt von Kündigungen in schwachen bzw. Einstellungen in starken Zeiten der Nachfrage.[xxiv]

Ferner kann mittels einer Bedarfsprognose der zukünftige Bedarf eines Endproduktes ermittelt werden. Anhand des prognostizierten Primärbedarfs, kann der Sekundärbedarf abgeleitet werden. Dies erfolgt durch die Verwendung von Stücklisten. Eine Stückliste enthält Daten aus welchen ersichtlich wird, welche Bestandteile und Mengen für die Produktion eines Erzeugnisses nötig sind. Daher umfasst der Sekundärbedarf alle Rohstoffe, Einzel- und Bauteile.[xxv] Außerdem werden Angaben über den Tertiärbedarf gemacht. Dies ist der Bedarf an Hilfs-, Betriebsstoffen und Verschleißteilen für die Produktion.[xxvi] Daher ist bereits im Vorfeld bekannt, welche Mengen unterschiedlicher Stoffe beschafft werden müssen.

3.3 Produktlebenszyklus

Anhand von Prognosen kann entschieden werden, ob das Produkt am Markt angenommen wird. Wenn im Vorfeld bekannt ist, das ein Produkt keine Nachfrage findet, sollte eine Produkteinführung nicht in Betracht gezogen werden.

Wenn eine Produkteinführung beschlossen wurde und die Einführung tatsächlich gelingt, dann durchläuft jedes Produkt einen Produktlebenszyklus. Dieser Zyklus ist die Zeitspanne, in der sich ein Produkt am Markt befindet und von den Nachfragern akzeptiert wird. Ferner wird der Lebenszyklus in einzelne Phasen unterteilt, wie folgende Darstellung verdeutlicht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9 Der Produktlebenszyklus[xxvii]

Wird in den Absatzprognosen ein dauerhafter Rückgang festgestellt, kann dies als Indiz dafür gesehen werden, dass ein Produkt aus seiner Reife- bzw. Sättigungsphase in die Degenerationsphase übergegangen ist. Um den Gesamtabsatz zu stabilisieren, sollte z.B. eine Produktinnovation oder ein Relaunch vorbereitet werden.[xxviii]

Als Beispiel eignet sich der Lebenszyklus eines Plattenspielers. Bis in die 60er Jahren hatte dieses Medium eine Monopolstellung im Musiksektor und wurde von der Compact Kassette abgelöst. In den späten 80er Jahren wurde wiederum dieses Produkt von der Compact Disc (CD) von Markt verdrängt. In einigen Bereichen wurde die CD bereits von der DVD (Digital Versatile Disc) abgelöst. Die designierten Nachfolger der DVD sind mit Blu-ray und HD DVD schon bekannt. Allerdings hat sich bisher noch kein Verfahren auf dem Markt durchsetzen können.

3.4 Reduzierung des Bullwhip-Effektes

Der intensive Informationsfluss entlang der gesamten Wertschöpfungskette spielt eine zentrale Rolle bei der Bekämpfung des Bullwhip-Effektes, oder auch Peitscheneffekt genannt.[xxix] Treten am Markt bzw. bei der Endverbrauchernachfrage geringe Schwankungen von beispielsweise 3-5 % auf, pflanzen sich diese entlang der supply chain fort und werden extrem verstärkt. Dies hat zur Folge, dass der Rohstofflieferant Schwankungen von 50-70% zu verzeichnen hat, wie nachfolgende Darstellung deutlich macht:[xxx]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10 Bullwhip-Effekt in mehrstufigen Lieferketten[xxxi]

Die Ursachen für dieses Ungleichgewicht sind folgende Verhaltensweisen:[xxxii]

- Aktualisierung der Absatzprognose
- Bündelung von Aufträgen
- Preisschwankungen
- Engpasspoker

Jedes Unternehmen prognostiziert seinen Absatz auf Grundlage des bisherigen Kundenverhaltens. Demzufolge wird die tatsächliche Nachfrage häufig nicht berücksichtigt. Der Auftragseingang wird als Signal gedeutet, um eine Aktualisierung der Absatzprognose durchzuführen sowie die Aufträge weiterzuleiten. Außerdem werden auf dieser Basis, Sicherheitsbestände angelegt, die den Bullwhip-Effekt weiter steigern.

Aufgrund betriebswirtschaftlicher Überlegungen findet eine Auftragsbündelung im Handel statt, da Einzelaufträge wesentlich teurer sein können. Durch fehlende Transparenz summiert sich der Auftrag in den Lagern des Herstellers was den Peitscheneffekt verstärkt.

Durch Preisschwankungen die z.B. durch Verkaufsförderungsmaßnahmen ausgelöst werden, muss in einem kurzfristigen Zeitraum eine höhere Warenmenge durch die logistische Kette bewegt werden. Aus Angst vor dem Wettbewerb werden die Werbemaßnahmen nicht an die Lieferanten weitergegeben. Folglich spiegelt sich die reale Nachfragemenge nicht wieder und der Bullwhip-Effekt wird weiter unterstützt.

Übersteigen die Aufträge die Produktionskapazitäten, greifen Hersteller häufig zu Rationierungsmaßnahmen. D.h., kann ein Hersteller nur 70% der Auftragsmenge abdecken, bekommt jeder Kunde nur 70% seiner Bestellmenge. Händler, die nun Lieferengpässe vermuten, bestellen dementsprechend mehr. Wenn die Nachfrage sinkt, werden die Aufträge massenhaft storniert. Daher wird diese Ursache Engpasspoker genannt.

Durch die Weitergabe von Informationen entlang der logistischen Kette, können die negativen Folgen, die für die Entstehung des Bullwhip-Effektes verantwortlich sind, reduziert, wenn nicht sogar vermieden werden.[xxxiii]

4 Allgemeine Prognosen

Allgemein können Prognosen definieren werden, als die Gewinnung von Gesetzmäßigkeiten aus der Analyse vergangener Ereignisse, um einen Schluss über künftige Ereignisse zu ermöglichen.[xxxiv]

Unser Alltag wird durch eine Vielzahl von Prognosen geprägt. Deutlich wird diese These durch folgende Beispiele:

- Stauprognose
- Wettervorhersage
- Krankheitsverlaufs in der Medizin
- Ausgang einer Wahl
- Vorhersage der Arbeitslosenzahl
- Prognose des Wirtschaftswachstum

Anhand der oben genannten Beispiele wird außerdem schnell ersichtlich, dass kein Prognoseverfahren die künftige Entwicklung zuverlässig vorhersagt.[xxxv] Immer wieder treten spontane Ereignisse unbestimmter Art ein, die in keiner Vorhersage berücksichtigt werden können, da sie sehr unwahrscheinlich bzw. einfach nicht vorhersehbar sind. Ein gutes Beispiel hierfür sind die Ereignisse des 11. September 2001. Außerdem kann eine Prognose, durch den Eintritt einer Naturgewalt, gekippt werden. Eine solche Katastrophe trat im September 1999 ein. Dabei legte ein Erdbeben in Taiwan die lokale Halbleiter-Produktion lahm, was einen weltweiten Produktionsstillstand bei den Chip-Lieferanten zur Folge hatte.

Prognosen sind notwendig,[xxxvi]

- um die Bedeutung und Auswirkungen von Entscheidung zu erkennen,
- um die „bestmögliche“ Entscheidung treffen zu können,
- um Entscheidungsalternativen bewerten und aufzeigen zu können,
- um eine „Grundlage“ für die Entwicklung zu haben.

4.1 Unterteilung von Prognosen

Eine Prognose kann anhand verschiedener Merkmale unterschieden werden. Dazu sind folgende Eigenschaften geeignet:

Allgemein gibt es zwei Formen, die univariable und die multivariablen Prognose Eine univariable Vorhersage basiert auf der Annahme, dass der vorherzusagende Wert, eine Funktion von Vergangenheitswerten derselben Variable ist, wobei die multivariablen Verfahren die zu prognostizierende Variable eine Funktion von mehreren unabhängigen Variablen ist.[xxxvii]

Prognosen werden in kurz-, mittel- und langfristig unterteilt. Kurzfristige Verfahren decken einen Zeitraum bis zu einem Jahr ab. Bei mittelfristigen Prognosen reicht die Dauer von ein bis drei Jahren. Von langfristigen Vorhersagen wird ab einem Zeitrahmen von 4 bis 10 Jahren gesprochen.

Eine weitere Einteilung kann anhand der Art des Prognoseproblems, z.B. Nachfrageprognose für etablierte Produkte bzw. für ein neu eingeführtes Produkt, vorgenommen werden.[xxxviii]

Ferner werden Prognosen in Entwicklungs- und Wirkungsprognosen eingeteilt. Eine Entwicklungsprognose, basiert auf unabhängigen Größen, auf denen das Unternehmen keinen Einfluss hat.[xxxix] Von einer Wirkungsprognose wird gesprochen, wenn die Auswirkung direkt, z.B. durch Werbung, beeinflusst werden kann.

Bei der Beurteilung und Auswahl von Prognoseverfahren sind jedoch alle Klassifikationen von Bedeutung und müssen daher berücksichtigt werden.[xl]

4.2 Prognoseverfahren

Im Allgemeinen gibt es zwei verschiedene Verfahren mit denen eine Prognose erstellt werden kann. Zum einen die quantitative Prognose. Hier werden vorhandene, historische, statistische Daten mittels spezieller Rechenverfahren aufbereitet um die Prognose zu generieren. Diese Verfahren sind in erster Linie für kurz- und mittelfristige Prognosen geeignet.

Anders bei den qualitativen Verfahren, hier liegen subjektive Beurteilungen von Fachleuten und Experten zu Grunde. Der Aufwand für dieses Verfahren ist deutlich höher und besser geeignet für langfristige Prognosen.[xli]

Bevor eine Prognose erstellt werden kann muss sich ein Überblick, über den linearen Zusammenhang der betrachteten Variablen, mittels einer Korrelationsanalyse verschafft werden. Die Korrelationsanalyse erklärt, welcher Zusammenhang zwischen den verschiedenen Parametern besteht. Diese Beziehung muss im Vorfeld erkannt werden damit die richtigen Prognoseverfahren gewählt werden können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Koeffizient kann Werte im Definitionsbereich zwischen +1 und -1 annehmen. Diese Werte haben folgende Bedeutung:

K = -1: Vollständiger, negativer Zusammenhang, d.h. je größer die Variable x, desto kleiner wird die Variable y.

K = 0: Es besteht kein linearer Zusammenhang.

K = +1: Vollständiger, positiver Zusammenhang, d.h. je größer die Werte der Variablen x, desto größer werden auch die Werte der Variablen y.

4.2.1 Quantitative Prognoseverfahren

Ein mathematisch-statistisches Verfahren ist die Trendextrapolation. Hier werden Vergangenheitswerte in die Zukunft extrapoliert. Allerdings müssen die Werte bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt einzeln vorliegen. Ferner wird davon ausgegangen, dass die Entwicklung weiterläuft wie bisher, was in dynamischen bzw. veränderlichen Märkten meist nicht zutrifft. Die Bedeutung dieser Variante liegt in der einfachen, kostengünstigen und überschaubaren Durchführung. Daher war die Trendextrapolation lange Zeit die am häufigsten angewendete Methode.[xlii] Folgende Formeln können zur Berechnung benutzt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Trendextrapolation wird bei der Prognose von Marktvolumen, Absatzvolumen usw. bei relativ stabiler Umwelt angewendet.[xliii]

[...]


[i] Olfert, K. , Rahn, H. (2003)

[ii] Vgl. Schulte, G. (2001)

[iii] Vgl. Draenert, P. (2001)

[iv] Schulte, G. (2001)

[v] Vgl. Dengel, B. (2006)

[vi] Vgl. Lauer, K.; Rüger, A. (2006)

[vii] Vgl. Gruen, T.; Corsten, D.; Bharadwaj (2002)

[viii] Vgl. Schulte, G. (2001)

[ix] Schulte G. (2001)

[x] Vgl. Oeldorf, G.; Olfert, K. (1995)

[xi] Vgl. Schulte G. (2001)

[xii] Vgl. Draenert, P. (2001)

[xiii] Vgl. Schulte, G. (2001)

[xiv] Vgl. Oeldorf, G.; Olfert, K. (1995)

[xv] Vgl. Draenert, P. (2001)

[xvi] Vgl. Olfert, K.; Rahn, H. J. (2003)

[xvii] Tempelmeier, H. (2003)

[xviii] Vgl. Emmelhainz, L.; Emmelhainz, M.; Stock, J. (1991)

[xix] In Anlehnung an Gruen, T.; Corsten, D.; Bharadwaj (2002)

[xx] Schulte, G. (2001)

[xxi] Schulte, G. (2001)

[xxii] Vgl. Schulte, G. (2001)

[xxiii] Vgl. Schulte, G. (2001)

[xxiv] Vgl. Dyckhoff, H. (1999)

[xxv] Vgl. Gudehus, T. (2000)

[xxvi] Vgl. Corsten, H. (1999)

[xxvii] Schmalen, H. (1996)

[xxviii] Vgl. Draenert, P. (2001)

[xxix] Vgl. Faißt, B. (2003)

[xxx] Vgl. Draenert, P. (2001)

[xxxi] Draenert, P. (2001)

[xxxii] Vgl. Draenert, P. (2001)

[xxxiii] Vgl. Draenert, P. (2001)

[xxxiv] Vgl. Draenert, P. (2001)

[xxxv] Vgl. Weis, H. C.; Steinmetz, P. (2000)

[xxxvi] Vgl. Weis, H. C.; Steinmetz, P. (2005)

[xxxvii] Vgl. Zäpfel, G. (1982)

[xxxviii] Vgl. Hammann, P.; Erichson, B. (2000)

[xxxix] Vgl. Koch, J. (1997)

[xl] Vgl. Hammann, P.; Erichson, B. (2000)

[xli] Vgl. Dyckhoff, H.; Spengler,T. (2005)

[xlii] Vgl. Weis, H. C.; Steinmetz, P. (2000)

[xliii] Vgl. Weis, H. C.; Steinmetz, P. (2005)

Ende der Leseprobe aus 47 Seiten

Details

Titel
Bedarfsprognose in der Konsumgüterbranche
Hochschule
Fachhochschule Braunschweig / Wolfenbüttel; Standort Braunschweig
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
47
Katalognummer
V92522
ISBN (eBook)
9783638061926
Dateigröße
734 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bedarfsprognose, Konsumgüterbranche
Arbeit zitieren
Michael Fitzek (Autor:in), 2007, Bedarfsprognose in der Konsumgüterbranche, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92522

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Bedarfsprognose in der Konsumgüterbranche



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden