Die Arbeit beschäftigt sich zuerst mit der Brotpolitik im antiken Rom sowie mit der Einführung des Getreidegesetzes durch Kaiser Gaius Gracchus. Anschließend wird auf die berühmten Spiele und deren Auswirkungen auf die Politik näher eingegangen. Danach wird die Entpolitisierung der römischen Bevölkerung sowie deren Volksdemonstrationen genauer erläutert. Abschießend folgt eine Zusammenfassung der Proseminararbeit in Form eines Resümees.
Der ausschlaggebende Grund, mich in meiner Proseminararbeit mit der Frage zu beschäftigen, ist: war das „panem et circences“ – System tatsächlich dafür verantwortlich, dass sich das römische Volk entpolitisieren ließ? Bei der Herausfilterung entsprechender Quellen aus vorhandenen Forschungsliteraturen, die für oder gegen die Entpolitisierung der römischen Bevölkerung sprechen, fiel mir auf, dass Einiges an Material und Literatur zu "panem" als auch "circenses" vorhanden war. Zum Thema Entpolitisierung durch "panem et circenes" griff ich auf zwei wesentliche Werke von Karl-Wilhelm Weeber – Panem et Circenses und Paul Veyne – Brot und Spiele zurück.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Panem – Die Brotpolitik im antiken Rom
2.1 Das erste Getreidegesetz Roms
2.2 Tesserae Frumentaria – Römische Lebensmittelmarken
2.3 Frumentum Publicum – öffentliches Getreide
2.4 Weitere Annehmlichkeiten für das Volk
3 Circences – Die berühmten Spiele
3.1 Die Spektakel
3.2 Buhlen um die Gunst des Volkes
4 Unterhaltungspolitik
4.1 Die Entpolitisierung des römischen Volkes
4.2 Volksdemonstrationen
5 Resümee
6 Literaturverzeichnis
7 Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
“Nam qui dabat olim/imperium, fasces, legiones, omnia, nunc se/ continent atque duas tantum res anxius optat:/ panem et circenses” ( Iuv. saturae 10, 81) – “ Denn (das Volk), das einst den Oberbefehl, die Rutenbündel, die Legionen, (überhaupt) alles zu verleihen gewohnt war, bescheidet sich nun und wünscht sich ängstlich nur noch diese beiden Dinge: Brot und Wagenrennen“.1
Mit diesen Worten beklagte der Satiriker Juvenal, dass das römische Volk seine Selbstachtung und seinen Stolz an „Brot und Wagenrennen“ verloren hätte. Zur Zeit der späten römischen Republik waren verbilligte und später sogar kostenlose Getreidespenden, atemberaubende Spiele wie Gladiatorenkämpfe und Tierhetzen in den Amphitheatern, sowie Wagenrennen im Circus Maximus typische Mittel, um die Bedürfnisse der römischen Bevölkerung zu befriedigen und die Stimmen des Volkes zu gewinnen.2 Des Weiteren warf Juvenal den Bürgern Roms vor, dass sie ihre Macht durch „Brot und Spiele“ eingetauscht und völliges Desinteresse an der Politik entwickelt hätten. Durch diese manipulativen Mittel erreichten die Politiker ihr Ziel und entpolitisierten das römische Volk völlig. Zweifellos beschrieb Juvenal in seinen Satiren zwei Dinge, die sehr bedeutend und für das römische Volk besonders wichtig waren: die kostenlosen Getreidespenden, auf die 200. 000 Bürger Roms Anspruch hatten und die herausragenden Massenunterhaltungen im Circus, in der Arena und im Theater, die als Zeitvertreib und Ablenkung der römischen Bevölkerung von der Politik dienen sollten, um Ruhe und Stabilität im Land zu gewährleisten, damit die Herrschaft der Kaiser gesichert war. Aufgrund neuer Forschungstheorien sind Historiker der Meinung, dass die Aussage Juvenals überholt sei und sich das römische Volk durchaus an der Politik interessiert gezeigt hätte. Der ausschlaggebende Grund, mich in meiner Proseminararbeit mit der Frage zu beschäftigen, ist: war das „panem et circences“ – System tatsächlich dafür verantwortlich, dass sich das römische Volk entpolitisieren ließ? Bei der Herausfilterung entsprechender Quellen aus vorhandenen Forschungsliteraturen, die für oder gegen die Entpolitisierung der römischen Bevölkerung sprechen, fiel mir auf, dass Einiges an Material und Literatur zu panem als auch circenses vorhanden war. Zum Thema Entpolitisierung durch panem et circenes griff ich auf zwei wesentliche Werke von Karl-Wilhelm Weeber – Panem et Circenses und Paul Veyne – Brot und Spiele zurück. Die vorliegende Seminararbeit beschäftigt sich zuerst mit der Brotpolitik im antiken Rom, sowie mit der Einführung des Getreidegesetzes durch Kaiser Gaius Gracchus. Anschließend wird auf die berühmten Spiele und deren Auswirkungen auf die Politik näher eingegangen. Danach wird die Entpolitisierung der römischen Bevölkerung, sowie deren Volksdemonstrationen genauer erläutert. Abschießend folgt eine Zusammenfassung der Proseminararbeit in Form eines Resümees.
2 Panem – Die Brotpolitik im antiken Rom
2.1 Das erste Getreidegesetz Roms
Im Jahre 123 v.Chr. führte Gaius Gracchus als erster römischer Politiker die lex frumentaria ein, ein Getreidegesetz, um die römische Bevölkerung mit verbilligtem Getreide versorgen zu können. Mit diesem Gesetz wurde die Verteilung von billigerem Getreide an alle Bürger Roms festgelegt. Es garantierte den Bürgern Roms das Recht, dass sie monatlich zu einem festen Preis Getreide kaufen konnten.3 Die Spenden von billigem Getreide, später kostenlosem Getreide, waren eine soziale, aber doch staatliche und von einem Gesetz vorgesehene Institution.4 Diese politische Maßnahme war dringend notwendig, um das Volk bei Laune zu halten und Aufstände zu vermeiden, denn auf Grund von Engpässen in der Getreideversorgung durch Missernten und des Rückgangs landwirtschaftlicher Produktionen konnte das Volk nicht mehr ausreichend mit Getreide versorgt werden. Die Bauern konnten ihre Höfe nicht mehr bestellen, da sie als Bürgerarmee ihren Militärdienst ableisten mussten. Außerdem kam es immer mehr zu einem stärkeren Bevölkerungswachstum in der Hauptstadt, da der Getreideanbau keine Präferenz mehr des 2. Jahrhunderts. v. Chr. war. Dies führte zu überteuerten Getreidepreisen, die sich nur mehr wohlhabende Familien leisten konnten.5
Die Getreidevergabe existierte bereits in der frühen römischen Geschichte und wurde von staatlichen Beamten, den Ädilen, die für die Getreidevergabe zuständig waren, so dilettantisch ausgeführt, dass Gaius Gracchus durch dieses Gesetz dem Staat die Aufgabe übertrug, eine ausreichende Versorgung des Marktes mit Getreide sicherzustellen, damit das Volk nicht von Zeit zu Zeit schlimmen Hunger ertragen musste.6
Um eine ausreichende Kornversorgung zu gewährleisten, kauften die Ädilen Getreide von benachbarten Volksstämmen auf Staatskosten auf, um es zu vernünftigen Preisen in Rom abzugeben. Deshalb war Rom auf seine Provinzen angewiesen, die die Grundlage für eine ausreichende Getreideversorgung, vor allem für die Stadtbevölkerung Roms, gewährleisteten. Das Heilige Römischen Reich besaß viele Kornkammern, die sich von Sizilien bis nach Spanien, Nordafrika und Ägypten erstreckten. Transportiert wurden diese Güter auf dem Seeweg mit kleinen Flussschiffen, sogenannten Kornschiffen (Abbildung 1). Diese waren jedoch der Witterung der See und der Piraterie ausgeliefert. Im Laufe der Zeit entwickelte sich ein Massenverkehr auf dem Mittelmeer. Vor allem lässt sich nicht nur ein Transport von Getreide nachweisen, sondern auch ein reger Binnenhandel mit Olivenöl, Wein und Fischsauce.7
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1:Aufladen des Getreides auf ein Kornschiff, Fresko aus Ostia, 2/3 Jh. n. Chr.
2.2 Tesserae Frumentaria – Römische Lebensmittelmarken
Im Jahre 2 v. Chr. ordnete Kaiser Augustus eine Zählung der Empfangsberechtigten für Getreide an. Da die Regenten dies zuvor verabsäumt hatten und die Zahl der Empfangsberechtigen während der Herrschaft Caesars zwischen 320.000 und 150.000 schwankte, ergriff Augustus die Maßnahme einer neuerlichen Zählung. Dies führte zu dem Ergebnis, dass im Jahr 2 v. Chr. 200.000 römische Bürger empfangsberechtigt waren. Um Missbrauch vorzubeugen, führte Kaiser Augustus Lebensmittelmarken, tesserae frumentariae, ein (Abbildung 2). Zunächst waren diese Getreidemarken aus Bronze und trugen das Bild des Kaisers, sowie den Zusatz s.c. - senatus consulto, das so viel bedeutet wie „auf Senatsbeschluss“. Später, zur Zeit Neros wurden diese Marken aus Blei gegossen.8
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Medaillon des Antonius Pius aus dem Jahre 153/54 n.Chr.: auf der Rückseite überreicht Ceres, die Göttin des Getreides oder Annona, die Personifikation der Getreideversorgung, ein Bündel von fünf Ähren.
Die Voraussetzung für den Erhalt dieser Lebensmittelmarken war das volle römische Bürgerrecht mit Wohnsitz in Rom. Dabei spielte der soziale Status keine Rolle. Jeder, ob wohlhabend oder nicht hatte Anspruch auf diese Getreidemarken. Dabei musste man sich auf eine der begehrten Listen eintragen lassen. Dies geschah, indem sich der Antragsteller persönlich bei der zuständigen Behörde meldete und seinen Namen zu Protokoll gab. Dieser Name wurde auf Bronzetafeln verzeichnet. Deshalb wird davon ausgegangen, dass wohlhabende Bürger diesen Weg eher gescheut haben. Frauen, Kindern, Sklaven und Nichtrömern wurde der Anspruch verwehrt, da sie das römische Bürgerrecht nicht besaßen. Allerdings hatten Bürger mit Vorstrafen oder schlechtem Leumund Anspruch auf das frumentum publicum.9 Nach dem Tod eines Berechtigten wurde der freigewordene Platz unter der Aufsticht der Prätoren verlost.10
2.3 Frumentum Publicum – öffentliches Getreide
Jeder berechtigte römische Bürger erhielt fünf Scheffel (modii) Korn pro Monat. Diese Anzahl von Scheffel entspricht einem täglichen Ernährungswert von drei bis viertauend Kalorien. Entgegen neueren Annahmen entspricht dieser Wert nicht dem früheren Klischee der Römer, dass sie auf Kosten des Staates leben konnten und Müßiggänger waren, die ihre Tage in den Thermen, in der Arena, im Theater oder im Circus verbrachten, anstatt einer geregelten Arbeit nachzugehen. Um eine Familie ernähren zu können, konnten die römischen Bürger nicht auf Staatskosten leben, sondern mussten einer Arbeit nachgehen.11 Zudem handelte es sich bei diesen Spenden nicht um eine soziale Fürsorgemaßnahme, sondern um ein gemeinschaftliches Privileg, das der Bevölkerung Roms zustand.12
Wem die Zuständigkeit für diese Getreidespenden oblag, ist schwer zu sagen, da es nur wenige Quellen dazu gibt. Bekannt jedoch ist, dass zu Beginn der Kaiserzeit die staatliche Behörde dafür verantwortlich war. Später, zur Zeit von Kaiser Claudius ging die Annona in die kaiserliche Verwaltung, über.13 Die Kaiser sahen immer mehr die politische Wichtigkeit in der cura annonae, der Getreideversorgung, und wollten diesen politischen Faktor nicht den Beamten überlassen. Außerdem habe sich nach Annahme von Historikern zusätzlich sowohl die Staatskasse an der Finanzierung der Getreideverteilung beteiligt, als auch der kaiserliche Finanzminister.14
Das römische Volk sah in diesen Getreidespenden eine sichere, regelmäßige und preiswerte Versorgung, die von einem großzügigen und verantwortungsbewussten Kaiser veranlasst wurde. Der Regent konnte sich somit die Gunst seines Volkes sichern. Allerdings bedeutete eine nichtfunktionierende Getreideversorgung für den Kaiser ein großes politisches Risiko, das sein Ansehen in der Bevölkerung rasch sinken lassen konnte.15
2.4 Weitere Annehmlichkeiten für das Volk
Durch sogenannte Congiarien, Geldgeschenke, versuchte der Kaiser, das römische Volk in unregelmäßigen Abständen sich die Gunst der Bevölkerung zu sichern. Diese Geldgeschenke konnten unterschiedliche Ausmaße annehmen. Congiaria in großen Höhen waren etwas Außergewöhnliches, die nur zu bestimmten Anlässen verteilt wurden. Solche Gelegenheiten konnten entweder ein neuer Regierungsantritt sein, der die testamentarisch festgelegte Summe des verstorbenen Kaisers auszahlte - Augustus vermachte seinem Volk 43. 500.000 Sesterzen,16 - oder die Rückkehr aus einem Feldzug. Auch Geschenke während der Spiele waren keine Seltenheit. So soll Nero beispielsweise Kleidung, Getreidemarken und Schmuckstücke vergeben haben. Aber auch Sklaven und Häuser waren beliebte Gegenstände, die verschenkt wurden.17 Weitere kaiserliche Präsente waren Ölspenden, Wein und Salz. Sogar Fleisch und Kleidungsstücke verteilten einige Kaiser kostenlos an das römische Volk.18
3 Circences – Die berühmten Spiele
3.1 Die Spektakel
Die spektakulären Spiele im Circus, in der Arena und im Theater entwickelten sich im Laufe der Antike zu einem Massenphänomen.19 In der römischen Republik wurden jährlich zu Ehren bestimmter Gottheiten religiöse Feierlichkeiten an fest gelegten Tagen veranstaltet. Diese Feste waren als öffentliche Spiele bekannt. Dabei handelte es sich vor allem um Wagenrennen und um Theateraufführungen.20 Des Weiteren fanden diese Spektakel als Festlichkeiten anlässlich des Todes eines Regenten oder einer bekannten Persönlichkeit statt.21 Aber auch bei Geburtstagen, Regierungsantritten oder politischen Erfolgen des Kaisers wurden regelmäßig Spiele veranstaltet.22 Seit dem 2. Jahrhundert v.Chr. dienten diese Feste vor allem als Wahlveranstaltungen, da die Politiker den großen Unterhaltungswert dieser Spektakel erkannt hatten und diese für ihre eigenen Interessen nutzen wollten. So wurden Gladiatorenkämpfe, Tierhetzen, Wagenrennen, Theateraufführungen oder Thermenbesuche zu spektakulären Massenunterhaltungen.23
Organisiert wurden diese Spiele von jährlich wechselnden Magistraten, den Ädilen und Prätoren. Zur Organisation erhielten die Magistrate zwar finanzielle Unterstützung des Staates, diese reichte jedoch nicht aus, um die glanzvollen Spektakel zu finanzieren. Deshalb trugen den größten Teil der Kosten die Magistrate selbst und mussten die Aufführungen aus dem eigenen Privatvermögen bezahlen. Diese spectacula entwickelten sich zu teuren Pflichtterminen, die die ausführenden Magistrate in den Ruin treiben konnten.24 Jedoch führten zahlreiche Magistrate diese Veranstaltungen mit Freude und Enthusiasmus aus, da das Publikum dieser Spektakel potenzielle Wähler waren und die Magistrate damit gehofft hatten, in ein höheres Amt gewählt zu werden.25 Jeder, der eine bessere Position anstrebte, musste bereit sein, sich die Gunst von Kaiser und Volk durch aufwendige Spektakel zu erkaufen.26 Des Weiteren dienten diese Massenunterhaltungen als Zerstreuung der römischen Bürger und als Ablenkung von der Politik. Sie sollten für Ruhe und politische Stabilität in Rom sorgen.27
[...]
1 Bartels, Klaus, Veni vidi vici. Geflügelte Worte aus dem Griechischen und Lateinischen, München 1989, 130
2 Bartels, 1989, 130-131
3 Weeber, Karl-Wilhelm, Panem et circenses. Massenunterhaltung als Politik im antiken Rom, erw. und mit Abb. ausgestattete Aufl., Mainz 1999, 156.
4 Veyne, Paul, Brot und Spiele. Gesellschaftliche Macht und politische Herrschaft in der Antike, München 1994. 390
5 Gehrke, Hans-Joachim / Schneider, Helmuth (Hg.), Geschichte der Antike. Ein Studienbuch, Weimar 2000, 288
6 Veyne, 1994, 392
7 Gehrke/ Schneider, 2000, 346
8 Weeber, 1999, 161
9 Weeber, 1999, 161
10 Reese, Alfred, Die Bürger und ihr Kaiser. Die plebs urbana zwischen Republik und Prinzipat, Bochum Diss. 2004, 118
11 Weeber, 1999, 162
12 Reese. 2004, 118
13 Veyne, 1994, 401
14 Weeber, 1999, 162
15 Weeber, 1999, 162 - 163
16 Kloft, Hans, Liberalitas Principis. Herkunft und Bedeutung, Köln u. Wien 1970, 89
17 Kloft, 1970, 92
18 Weeber, 1999, 163
19 Letzner, Wolfram, Der römische Circus. Massenunterhaltung im Römischen Reich, Mainz 2009, 93
20 Veyne, 1994, 326
21 Weeber, 1999, 13
22 Letzner, 2009, 57
23 Weeber, 1999, 13
24 Veyne, 1994, 326
25 Veyne, 1994, 333
26 Weeber, 1999, 281
27 Weeber, 1999, 60
- Arbeit zitieren
- Elisabeth Grasi (Autor:in), 2019, Die Brotpolitik im antiken Rom. Die Entpolitisierung des römischen Volkes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/924372
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