Gefühle der Einsamkeit und Verzweiflung der Protagonistin werden unter anderem über die Darstellung von Isolation und Stille erzeugt, welche in dieser Hausarbeit zum Mittelpunkt der Analyse von "Der Rote Baum" werden soll.
Um die Darstellung von Isolation und Stille zu analysieren, werden drei Aspekte genauer betrachtet: Die Farben und Farbsymbolik, das Motiv des Fensters und die Bewegung bzw. Bewegungslosigkeit in Der Rote Baum. Um diese einzelnen Aspekte als zentral für die Darstellung von Isolation und Stille zu verdeutlichen, werden einzelne Seiten oder auch Teilelemente aus Tans Werk beispielhaft untersucht. Das im Anschluss gezogene Fazit beleuchtet Isolation und Stille als Teil des Bilderbuchs und bringt diese in den Kontext der Gesamtaussage von Der Rote Baum.
Inhalt
1 Einleitung
2 Analyse der Darstellung von Isolation und Stille
2.1 Das Spiel mit Farben zur Darstellung von Isolation und Stille
2.2 Das Motiv des Fensters
2.3 Stillstand - Bewegungslosigkeit schafft Isolation und Stille
3 Ausweglose Einsamkeit? - Isolation und Stille vor dem Kontext des roten Baums
4 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
„Manchmal beginnt der Tag ohne Aussicht auf etwas Schönes / und es wird nur noch schlimmer“ (Tan 2001)
Das Bilderbuch „Der Rote Baum“ von Shaun Tan erzählt - über ein kleines Mädchen als Protagonistin - von den Tagen, denen wir nichts Gutes abgewinnen können, an denen wir nicht verstanden werden und nichts verstehen, uns vor lauter Problemen nicht mehr zurechtfinden. Shaun Tans eindrucksvolle Bilder lassen den Leser eintauchen in eine Welt voller Unheil, Bedrohung, Einsamkeit und Ausweglosigkeit. „Der Rote Baum“ ist dennoch keine Geschichte der Verzweiflung, sondern der Hoffnung: Das Mädchen findet am Schluss des Buches zurück in sein Zimmer und findet einen roten Baum vor - „the imagniative manifestation of [...] life force“ (Schwenke Wyile 2011, S. 129).
Der Rote Baum (engl. The Red Tree} ist das 4. Werk von dem australischen Autor und Illustrator Shaun Tan und wurde 2001 veröffentlicht und von Eike Schönefeld ins Deutsche übersetzt. Das Bilderbuch erhielt 2013 den Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis. Tans Werke thematisieren, was den Leser aus seiner gewohnten Wirklichkeit reißt und die Erfahrung seiner erzählten Welt über fantastische und märchenhafte Elemente ermöglicht (vgl. Oetken 2012, S. 191).
Auch Shaun Tans Werk Der Rote Baum wird über die beeindruckenden, manchmal unheimlichen Bilder zu einem Bilderbuch, dass Leser jeden Alters nicht mehr loszulassen scheint. Das Bilderbuch fällt besonders durch seine grafischen Besonderheiten auf, die es von anderen Bilderbüchern abgrenzen: Großformatige Bilder nehmen meist einen Größteil der Doppelseiten ein, während der Text drastisch reduziert wurde und sich lediglich in einem langen Satz durch das Bilderbuch zieht, der von Seite zu Seite weitergführt wird. Die großen, teilweise verstörenden Bilder, bei denen Tan viel mit Collagen-Techniken arbeitet, beeindrucken vor allen Dingen durch die intensiven Farben und erzeugen oft eine düstere Stimmung, die bei herkömmlichen Bilderbüchern weniger zu beobachten ist. Die Stärke der Geschichte ergibt sich aus der Interaktion des Lesers mit dem Geschehen, der immer wieder dazu angeregt wird, sich mit den Ereignissen, die nur minimalistisch erzählt werden, auseinanderzusetzen (vgl. Schwenke Wyile 2011, S. 125). Gefühle der Einsamkeit und Verzweiflung der Protagonistin werden unteranderem über die Darstellung von Isolation und Stille erzeugt, welche in dieser Hausarbeit zum Mittelpunkt der Analyse von Der Rote Baum werden soll.
Um die Darstellung von Isolation und Stille zu analysieren, werden drei Aspekte genauer betrachtet: Die Farben und Farbsymbolik, das Motiv des Fensters und die Bewegung bzw. Bewegungslosigkeit in Der Rote Baum. Um diese einzelnen Aspekte als zentral für die Darstellung von Isolation und Stille zu verdeutlichen, werden einzelne Seiten oder auch Teilelemente aus Tans Werk beispielhaft untersucht. Das im Anschluss gezogene Fazit beleuchtet Isolation und Stille als Teil des Bilderbuchs und bringt diese in den Kontext der Gesamtaussage von Der Rote Baum.
2 Analyse der Darstellung von Isolation und Stille
Im Folgenden wird Der Rote Baum unter dem Aspekt der Darstellung von Isolation und Stille sowohl in der bildlichen Dimension, als auch in der schriftsprachlichen Dimension genauer analysiert. Dabei werden drei Aspekte zur Veranschaulichung der Thematik untersucht.
2.1 Das Spiel mit Farben zur Darstellung von Isolation und Stille
Den Farben wird im Kontext der Darstellung von Gefühlen, Gedanken und Stimmungen in Der Rote Baum eine zentrale Rolle zu Teil. Farben stellen „eine eigene Dimension, einen eigenen Aspekt der ästhetischen Gestaltung und Wahrnehmung dar“ (Kurwinkel 2012, S. 136) und ermöglichen in Tans Bilderbuch sowohl die Darstellung von Emotionen wie Beklemmung oder Einsamkeit, als auch von Hoffnung auf Besserung. Über gestalterische Mittel wie die Farbgebung können in der Bilderzählung Gedanken und Gefühle visualisiert werden und „Einsichten in das Figureninnere“ (Dammann- Thedens 2013, S. 43) geschaffen werden. Shaun Tans Werke sind durch die Möglichkeit des Erfahrens der Erzählung geprägt und ermöglichen es bei dem Leser über bildgestalterische Mittel wie den Einsatz von Farben, die inneren Empfindungen der Protagonisten nachzuempfinden (vgl. ebd. S. 46).
Abbildung 1 zeigt die Protagonistin allein und zusammengekauert sitzend in einer tristen und kargen Landschaft. Um sie herum türmen sich gewaltige Berge auf und lassen sie klein und verloren wirken. Isolation und Stille werden hier unteranderem durch den Einsatz von Farben verstärkt dargestellt. Tan nutzt „Ausdrucksfarben“ (ebd. S. 138), die eine düstere Atmosphäre schaffen. Die Landschaft erscheint in verschiedenen Braun- und Erdtönen von hellem, Orange-Rot über Rotbraun und Dunkelbraun bis hin zu Schwarz. Die Farbe Braun, genauso wie die Orange- und Rottöne werden zu den warmen Farben gezählt, welchen konventionalisierten Wirkungen und Bedeutungen nach wärmenden oder beruhigenden Eigenschaften zugeschrieben werden (vgl. ebd. S. 142). Tan bricht mit diesem konventionellen Einsatz der Farben: Die Farben der Landschaft und ihre hohe Sättigung vermitteln keine Nähe oder Wärme, sondern eher Bedrohung und Ohnmacht. Das Mädchen wird dadurch isoliert und wirkt verloren, dass sie durch die Landschaft um sie herum in den Farben eintönig und unergründlich eingeschlossen ist. Die bedrückenden Farbtöne unterstützen die Isoliertheit des Mädchens. Neben der vorherrschenden Einsamkeit, die die Protagonistin zu erfahren scheint, geht von dem Bild eine unheilvolle Stille aus. Das Braun der Landschaft und die Bewegungsarmut im Bild vermitteln zwar der konventionellen Bedeutung entsprechende „Ruhe“ (ebd.), dennoch wirkt diese nicht friedlich, sondern eher gefährlich.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Die Protagonistin in bergiger Landschaft.
In Abbildung 2 sitzt die Protagonistin in einer Glasflasche eingeschlossen, mit einem Taucherhelm über den Kopf gestülpt, auf steinigem Untergrund. Hinter der Flasche erkennt man Wasser - es könnte sich um einen Strand mit dem Meer im Hintergrund handeln. Auch hier dienen die Farben, um Isolation und Stille darzustellen. Vorherrschende Farben in diesem Bild sind Blau-, Grau- und Grüntöne. Vom Horizont an verändert sich das Blau des weiten Himmels von einem hellen Türkis bis hinauf zu Dunkelblau und schließlich zu Schwarz. Der weite Himmel, der mehr als 2/3 des Bildes einnimmt, schafft eine bedrohliche Stimmung, die die Einsamkeit der Protagonistin als einzige Person im Bild unterstreicht. Die Farbe Schwarz hat einen ambivalenten Charakter und kann sowohl für „etwas Negatives und Böses“ (Welsch 2012, S.97) stehen, als auch „geheimnisvoll“ oder „feierlich“ wirken (Kurwinkel 2012, S. 142). In der Abbildung erscheint der dunkle Himmel schwer und unheimlich und schafft sowohl den Eindruck von Stille, als auch die Isoliertheit des Mädchens - der Himmel bedrückt und bedroht. Die kalten Farben Blau und Grün strahlen keine beruhigende Wirkung aus, sondern schaffen Distanz und Kühle (vgl. Welsch 2012, S. 81), die das Mädchen, die durch den Taucherhelm und dem Eingeschlossen-sein in der Flasche bereits vollkommen vom Leser abgeschottet ist, noch verlorener erscheinen lassen und die Textebene weiter unterstützen: „[K]einer versteht dich“ (Tan 2001). In ihrer grünen Färbung hebt sich die „bottle of solitude“ (Schwenke Wyile 2011, S. 134) vom Rest des Bildes ab und lässt die Protagonistin zusätzlich isolierter erscheinen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Die Protagoinistin in einer Glasflasche.
Um Isolation und Stille sichtbar zu machen, macht Tan auch Gebrauch von der Kontrastierung von Farben, was „Spannung erzeugt“ (Kurwinkel 2012, S. 140). In Abbildung 3 wird der Kontrast besonders deutlich: Der Leser schaut von draußen auf ein geschlossenes Fenster, hinter dem sich im Inneren des Hauses die Protagonistin befindet, die mit ihren Händen an die Scheibe gedrückt, einen beeindruckenden Sonnuntergang und ein fantastisches Flugobjekt betrachtet, dass sich in der Fensterscheibe spiegelt. Das Mädchen ist durch das abgeschlossene Fenster vollkommen isoliert von den schönen Dingen (vgl. Tan 2001). Die starken Farbkontraste sorgen sowohl für einen klaren Kontrast zwischen der Gefühlswelt des Mädchens und dem, was sie auf Grund ihrer
Traurigkeit nicht genießen kann, als auch für einen Kontrast der Räume (Innenwelt hinter und Außenwelt vor dem Fenster), die sich in ihrer Farbgebung voneinander abgrenzen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Die Protagonistin eingeschlossen hinter dem Fenster.
Die Außenwelt erscheint in „Ausdrucksfarben“ mit einer hohen Sättigung (Kurwinkel 2011, S. 138), die sie fantastisch wirken lassen (vgl. ebd.). Warme Farben wie Orange und ein helles, leuchtendes Gelb vermitteln Geborgenheit und Nähe (vgl. ebd.) und heben die Besonderheit und Schönheit des Schauspiels vor dem Hintergrund der Verzweiflung auf der anderen Seite des Fensters hervor. Kalte Farben wie Blau und Lila schaffen die Magie der Außenwelt und betonen die friedliche Weite des Himmels (vgl. Welsch 2012, S. 70). Unter der Annahme, dass die Protagonistin sich danach sehnt, die Schönheit der Außenwelt genießen zu können, kommt der Farbe Blau die Bedeutung als „Farbe der Sehnsucht“ (ebd., S. 69) zu. Die Innenwelt dagegen, in der das Mädchen eingeschlossen ist, weißt eine niedrige Sättigung auf und wird von gedeckten, matten Farben wie fades Grün, Grau und Braun dominiert.
Der Farbkontrast der Welten vor und hinter dem Fenster tragen zur Darstellung von Isolation und Stille bei. Die Szene des Flugobjekts vor dem beeindruckenden Naturschauspiel voller leuchtender Farben wirkt laut und aufregend, während der Ort, an dem das Mädchen sich befindet, grau, still und freudlos erscheint. Über die eindeutige Abgrenzung der Farben wird das Mädchen hinter dem Fenster isoliert und vollkommen abgetrennt von der Schönheit der Außenwelt.
Welche unterschiedlichen Wirkungen Farben in Der Rote Baum haben können, zeigt sich besonders eindrucksvoll an der Farbe Rot. Konventionellen Deutungen folgend wird das Rot als warme Farbe verstanden, die sowohl heiter und wärmend, als auch aggressiv und gefährlich wirken kann (vgl. Kurwinkel 2012, S. 142). In Abbildung 4 wird ein sattes Rot zur dominierenden Farbe in der Doppelseite und wirkt gefährlich, was die Protagonistin in ihrer Position bedroht wirken lässt.
Die Farbe Rot kann in Tans Bilderbuch allerdings nicht hauptsächlich als Farbe der Bedrohung verstanden werden, sondern als die Farbe der Hoffnung, die auch der rote Baum trägt, den die Protagonistin schließlich bei der Rückkehr in ihr Zimmer vorfindet. Der Rote Baum repräsentiert den Wandel, der sich in der Protagonistin abspielt (Schwenke Wyile 2011, S. 137) und zuvor durch das kleine rote Blatt auf jeder Doppelseite angedeutet wurde. Der rote Baum bedeutet damit das Ende ihrer Verzweiflung und auch der Isolation und Stille.
2.2 Das Motiv des Fensters
Ein Motiv, dass immer wieder Einzug in den Seiten in Der Rote Baum findet, ist das Fenster. Das Zimmer der Protagonistin besitzt eines, die Hausfassaden haben zahlreiche Fenster und wiederholt ist das Mädchen hinter einem Fenster oder etwas, was daran erinnert, eingeschlossen (s. Abbildung 2 und 3) oder wird von ihnen umgeben.
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