Die Partei des Demokratischen Sozialismus ist wohl die kleinste, unter diesem Namen neueste und, obwohl bundesweit agierend, die Partei mit dem stärksten regionalen Bezug in der Bundesrepublik Deutschland. Als Nachfolgerin der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands liegt ihr Bezugspunkt traditionell im Osten der Republik, in dem sie teils beachtliche Wahlerfolge für sich verbuchen konnte. Aber wie ist diese Partei im Innern aufgebaut? Was sind die wichtigsten Themenfelder für sie? Und wo herrscht die größte Aktivität? Im Folgenden werde ich die Partei, die als letzte dem „fluiden Fünfparteiensystem“ angewachsen ist und sich behauptet hat, näher untersuchen (vgl. Niedermayer 2001: 107).
Inhaltsverzeichnis
I. Vorwort
II. Die innere Struktur der PDS
1.) Arbeitsgemeinschaften und Plattformen
a) AG Betrieb & Gewerkschaft
b) Ökologische Plattform
c) AG Friedens- und Internationale Politik
d) AG Rechtsextremismus/Antifaschismus
e) Kommunistische Plattform
f) Marxistisches Forum
2.) Die Jugendorganisation [’solid]
3.) Rosa-Luxemburg-Stiftung
4.) Mitgliederstruktur
5.) Finanzierung
III. Schlussbemerkungen
IV. Abkürzungsverzeichnis
V. Anhang
VI. Literaturverzeichnis
Vorwort
Die Partei des Demokratischen Sozialismus ist wohl die kleinste, unter diesem Namen neueste und, obwohl bundesweit agierend, die Partei mit dem stärksten regionalen Bezug in der Bundesrepublik Deutschland. Als Nachfolgerin der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands liegt ihr Bezugspunkt traditionell im Osten der Republik, in dem sie teils beachtliche Wahlerfolge für sich verbuchen konnte. Aber wie ist diese Partei im Innern aufgebaut? Was sind die wichtigsten Themenfelder für sie? Und wo herrscht die größte Aktivität? Im Folgenden werde ich die Partei, die als letzte dem „fluiden Fünfparteiensystem“ angewachsen ist und sich behauptet hat, näher untersuchen (vgl. Niedermayer 2001: 107).
II. Die innere Struktur der PDS
1.) Arbeitsgemeinschaften und Plattformen
Die PDS ist im Innern in sog. Arbeitsgemeinschaften, Arbeitskreise und Plattformen eingeteilt. Es existieren folgende mehr oder minder aktive Gruppen, die auch in verschiedenen Bundesländern verschieden stark ausgeprägt oder teilweise nicht existent sind (Moreau 1994: 22-23):
AG Altes Erbe/Neues Denken
AG Antirassismus, ImmigrantInnen und Flüchtlingspolitik
AG Betrieb und Gewerkschaft
AG Bündnispolitik
AG Bildungspolitik
AG Cuba sí
AG ChristInnen
AG EntRüstung
AG Friedens- und Internationale Politik
AG Innen- und Rechtspolitik, Demokratie im politischen System
AG JuristInnen
AG Kinder- und Jugendpolitik
AG Kommunalpolitik und parlamentarische Arbeit
AG Kultur- und Kunstpolitik
AG Lesben- und Schwulenpolitik
AG Medien
AG Miet- und Wohnungspolitik
AG PDS/Linke Liste westliche Bundesländer
AG Rechtsextremismus/Antifaschismus
AG Selbstbestimmte Behindertenpolitik
AG Sozial- und Gesundheitspolitik
AG Soziale Grundsicherung
AG Sportpolitik
AG StudentInnen
AG Wirtschafts-, Landwirtschafts-, Arbeits- und Technologiepolitik
AG Wissenschafts- und Hochschulpolitik
AK Eine Welt
Ökologische Plattform
Kommunistische Plattform
Marxistisches Forum
Antieiszeit Komitee
Frauenarbeitsgemeinschaft LISA
Seniorenarbeitsgemeinschaft beim Parteivorstand
Koordinierungsrat Umweltpolitik der PDS
Verein „Gesellschaftsanalyse und politische Bildung“
Rosa-Luxemburg-Stiftung (inkl. 16 Landesstiftungen)
Jugendorganisation [’solid]
Besonders aktive und politisch bedeutsame AGs werden im Folgenden näher betrachtet.
a) AG Betrieb & Gewerkschaft
Nach dem Zusammenbruch der DDR und damit auch des FDGB stand die PDS vor einem gewerkschaftspolitischen Scherbenhaufen. Obwohl die Gewerkschaftspolitik „das wichtigste Aktionsfeld“ bleiben sollte, wusste die PDS zunächst nicht, welche Parteimitglieder gewerkschaftlich organisiert sind (Moreau 2002a: 120; Moreau 2002b: 148). Ohne Einfluss auf die bundesdeutschen Gewerkschaften musste die PDS die Gewerkschaftsarbeit zunächst den westdeutschen Kommunisten überlassen (Moreau 2002b: 148). Im Juli 1991 bildete sich unter dem Einfluss von DKP-Mitgliedern die „AG Gewerkschaftspolitik“ heraus, die sich 1993 in „AG Betrieb & Gewerkschaft“ umbenannt hat (Moreau 2002b: 148). Dieser AG wurde vom DGB zunächst keine größere Aufmerksamkeit geschenkt. Sie konnte jedoch aufgrund der Wahlerfolge der PDS im Osten nicht länger ignoriert werden und der DGB näherte sich ihr an (Moreau 2002b: 148). So stellt die AG Betrieb & Gewerkschaft, in Ost und West präsent, eine strategische Basis zur Stärkung der PDS im West-Wahlkampf dar (Moreau 2002b: 149). Die ca. 30 aktivsten Mitglieder der AG sind hauptsächlich PDS-Mitglieder auf Funktionärsebene und Gewerkschafter (Moreau 2002b: 149). Ziel ist es, dass die AG „in der gewerkschaftlichen Öffentlichkeit als linker Flügel der Gewerkschaftsbewegung und zuverlässige Partnerin zur Durchsetzung gewerkschaftlicher Forderungen in der Politik anerkannt wird“ (Moreau 2002b: 149). Die AG Betrieb & Gewerkschaft arbeitet weiter darauf hin, in den Gewerkschaften stärker vertreten zu sein und arbeitet mit gewerkschaftspolitischen Arbeitsgemeinschaften auf Regionalebene zusammen (Moreau 2002b: 149-150).
Der DGB, als dessen linke politische Interessenvertretung die PDS sich sieht, kommt jedoch zu folgendem Urteil:
„Sie [die programmatischen Aussagen der PDS, Anm. d. Verf.] sind im Kern populistisch und widersprechen in ihren mittel- bis langfristigen Zielen und Instrumenten den Auffassungen des DGB. Sie zielen auf grundsätzliche Durchbrechung von Zielen der sozialen Marktwirtschaft, während der DGB auf deren Regulierungsfähigkeit und den Ausbau ihrer sozialen Komponenten setzt. [...] Damit [mit der Rätebildung gesellschaftlicher Gruppen zur Teilhabe an Gesetzgebung und Verwaltung, Anm. d. Verf.] will die Partei an die Stelle demokratischer Mehrheitsentscheidungen die Entscheidungsbefugnis aufgrund von Betroffenheit rücken, um so Gruppeninteressen auch gegen Mehrheiten durchdrücken zu können.“ (Moreau 2002b: 150)
So ist der Einfluss der PDS auf die Gewerkschaften recht unterschiedlich. Während die Grundsatzabteilung des DGB die Ziele der PDS so bewertet, dass „die Gewerkschaften als Werkzeuge zur Durchsetzung der politischen Ziele der Partei zu dienen hätten“, hält die IG Medien „die Ausgrenzung und Stigmatisierung“ für „undemokratisch, überflüssig und schädlich“ (Moreau 2002b: 151). So reichen die Kontakte der PDS bis in die Vorstandsetagen von ver.di und NGG, die ihrerseits wiederum auch der DKP nicht abgeneigt sind und ihre ablehnende Haltung zur Marktwirtschaft nicht verheimlichen (vgl. Moreau 2002b: 152).
Durch das Ausbleiben von Kritik an den ideologischen Grundlagen des real existierenden Sozialismus’ in Gewerkschaftskreisen ließ zahlreiche DKP-nahe Gewerkschaftsfunktionäre[1] in den Osten abwandern, da dort ihre Ansichten nicht diskreditiert waren (Moreau 2002b: 152). Ebenfalls verließen Aktivisten[2] des VVN-BdA und der „Antifa“ die alten Bundesländer Richtung Osten (Moreau 2002b: 152-153).
b) Ökologische Plattform
Die „Ökologische Plattform bei der PDS“, zunächst im April 1991 als „AG Umwelt-, Energie- und Verkehrspolitik“ gegründet und aus einer kleinen Gruppe militanter Ökosozialisten bestehend, versucht, die „Überwindung des Kapitalismus und die Verwirklichung sozialistischer Zielvorstellungen“ mittels „einem tiefgreifenden ökologischen Umbau der Gesellschaft“ zu erreichen (Moreau 2002b: 160). Die Umweltpolitik hat in der PDS bis 1994 kaum eine Rolle gespielt. Ab 1995 wuchs jedoch die Ökologische Plattform und ihr Einfluss in der Partei, worauf die PDS ihr umweltpolitisches Image stärkte, sich der „demokratischen Linken“ öffnete und dadurch auch Sympathien beim linken Flügel der Grünen erwarb (Moreau 2002b: 160). Der Konflikt zwischen Ökologischer Plattform und den reformorientierten Kräften in der Partei spitzte sich immer weiter zu, bis es schließlich im Oktober 1999 zum Bruch kam. Im Jahre 2001 wurde mehr und mehr klar, dass das Weltbild der Mitglieder der Ökologischen Plattform sich eher aus christlichen und romantischen Vorstellungen zusammensetzt und ferner Gemeinsamkeiten mit den Lehren von Thomas Robert Malthus aufweist, also nicht dem Marxismus entspricht (Moreau 2002b: 161). Seit 2002 ist die Ökologische Plattform kaum mehr aktiv (Moreau 2002b: 160-161). Zu den wenigen Aktivitäten der Plattform zählten Proteste und Demonstrationen im Rahmen der Anti-Atomkraft-Bewegung CastorX (Moreau 2002b: 161). Der tiefe ideologische Dissens zwischen Ökologischer Plattform und den Reformkräften ließ die Parteiführung die Nutzlosigkeit der Plattform feststellen, jedoch wurde sie weiter geduldet (Moreau 2002b: 163). Auch zeigten sich mehr und mehr die Unterschiede im ökologischen Verständnis zu den Grünen (Moreau 2002b: 162).
c) AG Friedens- und Internationale Politik
„Die PDS lehnt den Grundkonsens der demokratischen Parteien über Westbindung und NATO ab. [...] Imperialismus und Krieg entstünden als gesetzmäßige Folge marktwirtschaftlicher Ordnungen“ (Moreau 2002b: 178). Am Beispiel des Jugoslawien-Krieges lässt sich verdeutlichen, dass die PDS der marxistisch-leninistischen Imperialismustheorie verhaftet ist (Moreau 2002b: 178). Die ethnischen Säuberungen außer Acht lassend, bezog die PDS uneingeschränkt Stellung für das damals „kommunistisch regierte Serbien“, das das von der „kapitalistischen“ Bundesrepublik unterstützte Kroatien zum Feind hat (vgl. Moreau 2002b: 178). Mit „imperialistischer Raubkrieg“ und „NATO säubert Balkan fürs Kapital“ bezeichnete die PDS die Verhinderung und Unterbindung eines erneuten Völkermordes auf europäischem Boden (vgl. Moreau 2002b: 178). Damit steht sie mit der „Verurteilung des amerikanischen Imperialismus“ in einer Reihe mit anderen Links- und Rechtsextremisten (Moreau 2002b: 186). In diesem Rahmen forderten auch hochrangige PDS-Funktionäre, z.B. Lothar Bisky und Gregor Gysi, dass sich Deutschland an keinerlei Friedensmissionen in Jugoslawien beteiligen dürfe (Moreau 2002b: 179). Mit der Brecht’schen Formel: „Der Schoß ist fruchtbar noch“ stellte die PDS eine Verbindung zwischen nationalsozialistischer Politik und der der Bundesrepublik bei einer UN-Mission her (Moreau 2002b: 179).
Während die PDS ihre enge Verbindung zur KPdSU betonte, wirkten an ihrem Programm bekannte Köpfe der westdeutschen extremen Linken mit (Moreau 2002b: 179). So heißt es im Programm:
„Hinter dem Schlagwort einer ’weltweiten Friedensverantwortung’ Deutschlands stecken aber immer noch alte Ziele: die weltweite Sicherung von Rohstoffquellen, Absatzmärkten und Einflusszonen für das deutsche Kapital, die jetzt – vom Ost-West-Konflikt befreit – angestrebt werden. [...] Das bundesdeutsche Kapital ist an der Unterdrückung eines großen Teils der Welt führend beteiligt.“ (Moreau 2002b: 179).
Es wird als möglicher Kriegsgrund einzig die Marktwirtschaft anerkannt. Die PDS erhebt weitere Forderungen nach der „Entmilitarisierung und Zivilisierung der internationalen Beziehungen“ und lehnt „militärische Interventionen der NATO in Krisengebieten“ ab, wenngleich sie sich nicht als pazifistisch ansieht (Moreau 2002b: 180, 188). Langfristig strebt die PDS die Auflösung der NATO an und fordert, Russland müsse integraler Bestandteil einer zu schaffenden „nichtmilitärischen europäischen Friedens- und Sicherheitsordnung“ unter Führung der OSZE sein (Moreau 2002b: 180). Als zweite Säule der Friedenspolitik sieht die PDS die UNO, die die „negativen Tendenzen, die von den deregulierten, entfesselten Finanzmärkten ausgehen, zurückdrängen“ soll und fordert „Aktionen gegen Steuerparadiese“ (Moreau 2002b: 180). Nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 erklärte sich die Partei mit den US-Bürgern solidarisch und verurteilte die Anschläge als „totalitär“ und „menschenverachtend“ (Moreau 2002b: 180). Indirekt macht die PDS die USA für die Terroranschläge jedoch selbst verantwortlich, indem sie den US-Regierungen vorwirft, das Land zu einer „unilateralen Weltherrschaft zu verdammen“ und damit unausweichlich zum Ziel des Terrorismus’ zu werden (Moreau 2002b: 181). Sie verweist auch auf die amerikanischen „Verbrechen“ (Hiroshima, Vietnam, Bagdad, Jugoslawien) und ergänzt diese durch die „Verbrechen“ des Kapitalismus’ und der Globalisierung, als deren Urheber sie die USA ausmacht (Moreau 2002b: 187). Sie lehnt weiter einen Militärschlag ab und sieht in der Beseitigung von Armut, Unterentwicklung und Ungleichheit in der Teilhabe von Bildungschancen die Lösung (Moreau 2002b: 181). Die PDS lehnt ferner militärische Selbstverteidigung ab und begrenzt den Verteidigungsfall auf Justiz und Polizei (Moreau 2002b: 181).
[...]
[1] Wie z.B. der HBV-Sekretär Bodo Ramelow aus Gießen, der seit November 2001 Vorsitzender der PDS-Landtagsfraktion im thüringischen Landtag ist (Moreau 2002b: 152).
[2] So der ehem. Ramelow-Nachfolger bei der HBV Angelo Lucifero, der auch in Organisationen wie der „Antifa“ und dem VVN-BdA aktiv ist (Moreau 2002b: 152).
- Quote paper
- Christian Spernbauer (Author), 2005, Parteien in Einzelportraits: Die Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92347
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