Weshalb tritt das komplexe Phänomen des religiösen Fundamentalismus, das auf den ersten Blick geradezu als Gegensatz der Moderne erscheint, in eben solchen als modern geltenden Gesellschaften auf?
Angenähert werden soll sich dieser Fragestellung, indem zunächst die wechselvolle Begriffsgeschichte des religiösen Fundamentalismus, die eng mit der Genese religiöser Fundamentalismen zusammenhängt, skizziert und unterschiedliche Definitionsversuche vorgestellt werden.
Nachfolgend werden diverse Merkmale des religiösen Fundamentalismus diskutiert, zum einen solche, die dem Charakter des Phänomens als Traditionalismus oder Antimodernismus entsprechen würde, zum anderen anschließend Eigenschaften, die durch ihre spezifisch moderne Prägung diesem Bild deutlich widersprechen.
Im Anschluss werden die theoretischen Konstrukte der Sozialwissenschaftler Georg Simmel, Zygmunt Bauman und Ulrich Beck, die sich allesamt mit den Themen Moderne, Ambivalenz – einem bezüglich der Leitfrage zentralen Erklärungsmuster – sowie Religion auseinandersetzen. Sicherlich sind diese drei nicht die einzigen Theoretiker, die zur vorliegenden Thematik herangezogen werden können, jedoch musste aufgrund der Begrenztheit dieser Arbeit eine repräsentative Auswahl getroffen werden. Die Wahl fiel dabei neben Georg Simmel, der als ‚Klassiker‘ und Mitbegründer des Wissenschaftszweiges der Soziologie gelten kann, auf Zygmunt Bauman und Ulrich Beck, die bereits durch ihre Lebensdaten näher an der Gegenwart sind.
Außerdem verfolgen beide Konzepte, die die Moderne bereits in mehrere ‚Unter-Epochen‘ aufteilen, namentlich in Moderne und Postmoderne (Bauman) bzw. in Erste Moderne und Zweite, reflexive Moderne (Beck). Obwohl diese Unterscheidungen keinesfalls verwischt werden sollten – sie werden v. a. in den Vorstellungen der Theorien unter 2.2 noch klar herausgearbeitet – sind sie letztlich Ansätze, die aufzeigen sollen, dass der Begriff der Moderne eine hohe Komplexität aufweist und kritisch aufzufassen ist. Dieser Ansicht folgt diese Arbeit, jedoch wird in der Diktion zu späterer Stelle nicht mehr ausführlich zwischen den Einzelbezeichnungen unterschieden; stattdessen wird hauptsächlich die Begrifflichkeit ‚Moderne‘ vor dem zuvor geschilderten theoretischen Hintergrund verwendet werden. [...]
Inhalt
1. Religiöser Fundamentalismus - das Gespenst der Moderne?
2. Religiöser Fundamentalismus als ambivalentes Phänomen in der Moderne
2.1 Religiöser Fundamentalismus - Begriffsgeschichte und Definitionsversuche
2.1.1 Religiöser Fundamentalismus - ein traditionaler Gegensatz zur Moderne?
2.1.2 Religiöser Fundamentalismus - ein modernes Phänomen?
2.2 Theorien der Ambivalenz der Moderne
2.2.1 Georg Simmel
2.2.1.1 Die Moderne, das Dritte und der Fremde
2.2.1.2 Religion und Religiosität
2.2.2 Zygmunt Bauman
2.2.2.1 (Post-)Moderne, Ambivalenz und der Fremde
2.2.2.2 Der Tod und die Religion
2.2.3 Ulrich Beck
2.2.3.1 Zweite Moderne, Ambivalenz und der Fremde
2.2.3.2 Die Individualisierung der Religion
2.3 Fundamentalismus als Hybrid - ein ambivalentes Phänomen der Moderne
2.3.1 Exkurs I: Religiöser Fundamentalismus nach Zygmunt Bauman
2.3.2 Exkurs II: Religiöser Fundamentalismus nach Ulrich Beck
2.3.3 Religiöser Fundamentalismus - ein ambivalentes, ,fremdes‘ Phänomen
3. Fazit
4. Literaturverzeichnis
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