Sowohl die gesellschaftliche Stellung der Frau als auch die Erziehung haben sich in den letzten dreißig Jahren des 20. Jahrhunderts drastisch verändert. Die in dieser Zeit entstandenen Mädchenbücher sind ein guter Spiegel dieser Veränderungen. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Frage, wie sich männliche und weibliche Rollenbilder sowie Familienstrukturen in der Mädchenliteratur der 1980er Jahre darstellen. Die Roman-Trilogie der „Gretchen Sackmeier“ von Christine Nöstlinger bietet eine gute Möglichkeit, diese Rollenbilder zu untersuchen, da sie in vielerlei Hinsicht genau in das Schema der realistischen Mädchenliteratur der 80er Jahre passt. Die Gretchen-Romane stellen exemplarisch die gewünschten und realen, weiblichen und männlichen Rollenbilder der 80er Jahre dar.
Die 80er Jahre sind zwar gesellschaftspolitisch lange nicht so brisant oder gar revolutionär wie die 60er und 70er Jahre des letzten Jahrhunderts, dennoch kann man in dieser Zeit die Umsetzung der in den Vorjahren gestellten emanzipatorischen Forderungen verfolgen.
Entscheidend ist dabei der Umstand, dass die alten tradierten Lebensformen zwar bröckeln und zum Teil absterben, neue Lebensformen sich aber erst konstituieren müssen. Wurde man in traditionellen Gesellschaften qua Stand oder Religion in lebensregulierende Mechanismen hineingeboren, müssen nun aktiv neue Lebensformen entwickelt werden. Es gibt keine unveränderbaren Identitäten mehr, in die man schlüpfen kann. Vielmehr bedeutet Individualisierung gleichzeitig auch den Zwang zur „Selbstinszenierung (...) der eigenen Biographie.“ Der Mensch wird zum „Baumeister (...) seiner eigenen Lebenswelt.“
Nun gehören in starkem Maße zu diesen im Wandel begriffenen Lebensformen die Geschlechterrollen, die sich im Laufe der 80er Jahre immer stärker entpolarisieren. Die in Jahrhunderten eingeübten starren Rollen von Mann und Frau lösen sich seit den 60er Jahren auf. Diese Zusammenhänge führten maßgeblich zu einem Paradigmenwechsel in der Jugendliteratur weg von einer als überholt begriffenen Idylle hin zum Realismus.
Inhaltsverzeichnis
- A) Einleitung
- Forschungsstand
- B) Hauptteil
- 1. Theoretische Grundlagen
- 1.1 Realismus in der Jugendliteratur
- 1.1.1 Kurzer historischer Abriss der Entwicklung des realistischen Jugendromans
- 1.2 Konstituenten der Mädchenliteratur
- 1.2.1 Das Mädchenbuch und seine Leserschaft
- 1.2.2 Entwicklung der Mädchenbücher: vom traditionellen Mädchenroman zur modernen, emanzipatorischen Mädchenliteratur
- 2. Rollenbilder im Mädchenroman der 1980er Jahre
- 2.1 Familiale Strukturen im Mädchenroman
- 2.1.1 Mutter- und Tochterbilder
- 2.1.2 Vater- und Männerbilder
- 2.1.3 Beziehung zwischen den jugendlichen Eltern und erwachsenen Jugendlichen
- 2.2 Konstituenten der Rolle der Protagonistin
- 2.2.1 Partnerschaft
- 2.2.2 Körperbild und weibliche Sexualität
- 2.2.3 Mädchenfreundschaften
- 2.2.4 Charakter und Identität der Protagonistinnen
- 3. Realisierung der Rollenbilder in Christine Nöstlingers „Gretchen Sackmeier“- Trilogie
- 3.1 Biographisches zu Christine Nöstlinger und kurze Charakteristik ihres Werkes
- 3.2 Inhaltliche Zusammenfassung der Gretchen-Trilogie
- 3.3 Familiale Rollenbilder
- 3.3.1 Das Rollenbild der Mutter
- 3.3.2 Die Rolle des Vaters
- 3.3.3 Gretchens Bruder Hänschen
- 3.3.4 Oma und Mädi als Gegenpole weiblicher Identität
- 3.4 Außerfamiliale Rollenbilder
- 3.4.1 Die Rolle der Freundin
- 3.4.2 Entscheidung zwischen zwei Rollenbildern Hinzel und Florian
- 3.5 Gretchen Sackmeier
- Veränderung von Familienstrukturen und Geschlechterrollen in den 1980er Jahren
- Realistische Mädchenliteratur als Spiegel der Zeit
- Darstellung von Mutter- und Vaterbildern in der „Gretchen Sackmeier“-Trilogie
- Analyse der Rolle der Protagonistin Gretchen Sackmeier und ihrer Identitätsfindung
- Emanzipation und traditionelle Rollenbilder im Kontext der Mädchenliteratur der 1980er Jahre
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Darstellung von Rollenbildern im realistischen Mädchenroman der 1980er Jahre am Beispiel der „Gretchen Sackmeier“-Trilogie von Christine Nöstlinger. Ziel ist es, die Veränderungen in den Familienstrukturen und Geschlechterrollen im Kontext der gesellschaftlichen Entwicklungen der 1980er Jahre aufzuzeigen und zu analysieren, wie diese in der Mädchenliteratur der Zeit reflektiert werden. Die Arbeit beleuchtet dabei die komplexen Identitätsfindungsprozesse von jungen Mädchen in einer Zeit des Wandels und der sich neu definierenden Geschlechterrollen.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet den Forschungsstand und führt in das Thema der Arbeit ein. Im ersten Kapitel werden die theoretischen Grundlagen erläutert, wobei der Realismus in der Jugendliteratur und die Entwicklung der Mädchenliteratur im Vordergrund stehen. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit den Rollenbildern im Mädchenroman der 1980er Jahre, wobei familiale Strukturen und die Rolle der Protagonistin im Mittelpunkt stehen. Das dritte Kapitel analysiert die Realisierung dieser Rollenbilder in der „Gretchen Sackmeier“-Trilogie, indem es die Familienverhältnisse und außerfamilialen Beziehungen der Protagonistin genauer betrachtet.
Schlüsselwörter
Mädchenroman, realistische Jugendliteratur, Christine Nöstlinger, „Gretchen Sackmeier“-Trilogie, Rollenbilder, Familienstrukturen, Geschlechterrollen, Emanzipation, Identitätsfindung, 1980er Jahre.
- Quote paper
- Claudia Thieltges (Author), 2007, Rollenbilder im realistischen Mädchenroman der 1980er Jahre am Beispiel von Christine Nöstlingers "Gretchen Sackmaier" Trilogie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92226