Während der Weimarer Republik galt Preußen als „Bollwerk der Demokratie“: Hier gab es meist stabile Regierungen auf demokratischer Mehrheitsbasis, der Beamtenapparat wurde nach dem Kapp-Putsch demokratisch umgestaltet. Somit herrschte über fast der gesamten Dauer der Republik über zwei Drittel des Reichsgebietes eine feste, demokratische Regierung. Ihr gegenüber stand die Reichsregierung. Sie wollte das ganze Reich beherrschen, war aber auf die preußische Regierung zur Durchführung ihrer Anweisungen angewiesen. Als zum Ende der Republik zunehmend rechte Strömungen die Reichspolitik bestimmte, wuchs dieser Gegensatz zu einer Spannung heraus. Dieser Konflikt wurde am 20. Juli 1932 dahingegen gelöst, dass mit Hilfe einer Einsetzung eines Reichskommissars Preußen und das Reich quasi gleichgeschaltet wurden.
Um die ausdauernden Bemühungen der Papenregierung, Preußen unter seine Kontrolle zu bringen, zu veranschauliche, sollen zunächst detailliert die Ereignisse beginnend mit der Änderung der Geschäftsordnung des preußischen Landtags bis einschließlich des 20. Julis geschildert werden. Im Anschluss daran wird der Frage, warum die abgesetzte Regierung keinen gewaltsamen Widerstand leistete, Beachtung geschenkt. Zum Schluss sollen kurz die Folgen der Reichsexekution dargestellt werden. Diese Arbeit will besonderen Augenmerk auf die Motive Papens legen.
Der sog. Preußenschlag, wie die gesamte Epoche der Weimarer Republik, ist Gegenstand zahlreicher Publikationen gewesen. Die angegebene Literatur soll nur einen Einblick geben. Am 24. April 1932 standen in Preußen Landtagswahlen an. In der Befürchtung, die Wahl könne eine relative Mehrheit der äußersten Rechten und somit einen NSDAP- Ministerpräsident ergeben, änderte die Regierung Braun am letzten Sitzungstag des Parlamentes am 12. April die Geschäftsordnung des Landtages . Bisher hatte es in Paragraph 20 „Der Landtag wählt mit verdeckten Stimmzetteln den Ministerpräsidenten“ in den Absätzen eins und zwei geheißen: „[…]Gewählt ist, wer mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen erhält. Ergibt sich keine solche Mehrheit, so kommen die beiden Anwärter mit den höchsten Stimmenzahlen in die engere Wahl […]“. Das heißt nichts anderes, als das im ersten Wahlgang zur Ministerpräsidentenwahl die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen, im zweiten jedoch nur eine relative von Nöten war.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Weg zum 20. Juli
2.1 Die Lage in Preußen nach der Landtagswahl 1932
2.2 Papen gegen Preußen
2.3 Die Vorbereitungen zum 20. Juli
3. Die Absetzung der geschäftsführenden Regierung Braun
3.1 Die Ereignisse am 20. Juli
3.2 Warum es keinen Widerstand gab
4. Nachspiel
5. Schlussbetrachtung
6. Literaturangabe
1. Einleitung
Während der Weimarer Republik galt Preußen als „Bollwerk der Demokratie“: Hier gab es meist stabile Regierungen auf demokratischer Mehrheitsbasis, der Beamtenapparat wurde nach dem Kapp-Putsch demokratisch umgestaltet. Somit herrschte über fast der gesamten Dauer der Republik über zwei Drittel des Reichsgebietes eine feste, demokratische Regierung. Ihr gegenüber stand die Reichsregierung. Sie wollte das ganze Reich beherrschen, war aber auf die preußische Regierung zur Durchführung ihrer Anweisungen angewiesen. Als zum Ende der Republik zunehmend rechte Strömungen die Reichspolitik bestimmte, wuchs dieser Gegensatz zu einer Spannung heraus.[1] Dieser Konflikt wurde am 20. Juli 1932 dahingegen gelöst, dass mit Hilfe einer Einsetzung eines Reichskommissars Preußen und das Reich quasi gleichgeschaltet wurden.
Um die ausdauernden Bemühungen der Papenregierung, Preußen unter seine Kontrolle zu bringen, zu veranschauliche, sollen zunächst detailliert die Ereignisse beginnend mit der Änderung der Geschäftsordnung des preußischen Landtags bis einschließlich des 20. Julis geschildert werden. Im Anschluss daran wird der Frage, warum die abgesetzte Regierung keinen gewaltsamen Widerstand leistete, Beachtung geschenkt. Zum Schluss sollen kurz die Folgen der Reichsexekution dargestellt werden. Diese Arbeit will besonderen Augenmerk auf die Motive Papens legen.
Der sog. Preußenschlag, wie die gesamte Epoche der Weimarer Republik, ist Gegenstand zahlreicher Publikationen gewesen. Die angegebene Literatur soll nur einen Einblick geben.
2. Der Weg zum 20. Juli
2.1 Die Lage in Preußen nach der Landtagswahl 1932
Am 24. April 1932 standen in Preußen Landtagswahlen an. In der Befürchtung, die Wahl könne eine relative Mehrheit der äußersten Rechten und somit einen NSDAP- Ministerpräsident ergeben, änderte die Regierung Braun am letzten Sitzungstag des Parlamentes am 12. April die Geschäftsordnung des Landtages[2]. Bisher hatte es in Paragraph 20 „Der Landtag wählt mit verdeckten Stimmzetteln den Ministerpräsidenten“ in den Absätzen eins und zwei geheißen: „[…]Gewählt ist, wer mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen erhält. Ergibt sich keine solche Mehrheit, so kommen die beiden Anwärter mit den höchsten Stimmenzahlen in die engere Wahl […]“.[3] Das heißt nichts anderes, als das im ersten Wahlgang zur Ministerpräsidentenwahl die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen, im zweiten jedoch nur eine relative von Nöten war. Das hätte bedeutet, dass nach der Landtagswahl vom 24. April sich bei der ersten Abstimmung niemand die absolute Mehrheit erreicht hätte und sich so wahrscheinlich wohl ein Kandidat der Weimarer Koalition und ein nationalsozialistischer Kandidat im zweiten Wahlgang gegenübergestanden hätten, welche zu Gunsten des letzteren ausgegangen wäre. Um dies zu verhindern, wurde die Geschäftsordnung am 12. April dahingehend geändert, dass vom Paragraphen Zwei der zweite Satz gestrichen wurde. Der Ministerpräsident musste dadurch mit absoluter Stimmenmehrheit gewählt werden. Konnte dies nicht verwirklicht werden, blieb die alte Regierung geschäftsführend im Amt.[4]
Die Befürchtung der Regierung bewahrheitete sich. Am 24. April erhielten die Parteien der Weimarer Koalition (also SPD, Zentrum und Staatspartei, ehemals DDP), die in Preußen die Regierung stellte, lediglich 38% der Stimmen, was 163 von 423 Landtagsmandaten entsprach. Die Regierung verlor so ihre parlamentarische Mehrheit. Auf der rechten Seite gab es aber dennoch keinen Grund zur Freude. Zwar gelang der NSDAP ein Sprung von acht auf 162 Sitzen, doch die ihr am nächst stehende Partei, die DNVP, fiel von 82 auf 31 Mandate zurück. Weitere potentielle Bündnispartner, allesamt Splitterparteien, hatten zusammen lediglich zehn Sitze. Die Parteien rechts vom Zentrum kamen somit lediglich auf 203 Sitze. Zur Wahl eines nationalsozialistischen Ministerpräsidentskandidaten war die Hürde von 212 Mandaten knapp verpasst. Auf der rechten Seite konnte also auch keine absolute und somit regierungstragende Mehrheit zustande kommen. In Preußen herrschte eine Pattsituation. Das Parlament war beherrscht von einer sog. negativen Mehrheit der NSDAP und KPD (zusammen 219 Sitze)[5]: „[…] eine Majorität, die keine Regierung bilden, nach der Änderung der Geschäftsordnung aber auch die amtierende Regierung nicht stürzen konnte. […]“[6]
Das Kabinett Braun zog die Konsequenzen und beschloss zwei Tage nach der Wahl, de Landtag am frühest- möglichen Zeitpunkt, dem 24.Mai, einzuberufen um seine Demission bekannt zu geben.[7] Schulze und Leßmann sehen diesen Entschluss als einen Fluchtversuch des kranken Brauns vor der Regierungsverantwortung. Kampflos wollte er das „Bollwerk Preußen“ einer Koalition aus Zentrum und NSDAP überlassen. Doch eine regierungsfähige Mehrheit gab es am 24. Mai noch nicht und so blieb die Regierung Braun, auch wenn sie zurückgetreten war, geschäftsführend im Amt.[8] Aber der Parlamentarismus in Preußen sank immer tiefer: die Regierung hatte keine Mehrheit, am 25. Mai kam es im Landtag zu einer Prügelei zwischen NSDAP- und KPD- Abgeordneten[9], am 3. Juni wurde der zurückgetretenen Regierung überflüssigerweise das Misstrauen ausgesprochen[10] und schließlich ging das Parlament am 8. Juli auf unbestimmte Zeit beschluss- und formlos auseinander.[11] Hinzu kam, dass in der Beamtenschaft ein Rechtsruck zu verzeichnen war. Zunehmend wurden dem Innenminister Severing nur noch Entwürfe für Zeitungsverbote eingereicht, die SPD- und KPD- Publikationen enthielten.[12] Diese Vorgänge zermürbten Braun. Als schließlich Büning aus dem Amt des Reichskanzlers entlassen wurde und so eine Koalition zwischen NSDAP und Zentrum in Preußen gescheitert war, zog sich der Ministerpräsident am 4. Juni in den Urlaub zurück, aus dem er nicht mehr wiederkehren zu gedachte, um dem politischen Gegner das Argument zu entziehen, er klammere sich mit aller Kraft an der Macht. Seine Geschäfte übernahm sein Stellvertreter, Wohlfahrtsminister Hirtsiefer, doch die Verantwortung der Politik gegenüber dem Reich lag bei Innenminister Severing.[13]
2.2 Papen gegen Preußen
Neuer Reichskanzler wurde Franz von Papen. Sofort wurde seine politische Linie sichtbar: am 4. Juni wurde der Reichstag aufgelöst und am 16. d. M. das SA- Verbot aufgehoben. Somit erreichte er eine Tolerierung durch die NSDAP.[14] Gegenüber Preußen ging Papen auf Konfrontationskurs, „[…] die Beseitigung der preußischen Regierung stand an der Spitze […]“ der Prioritätenliste der papenschen Regierung.[15] Ansatzpunkt waren dabei die Finanzen. Die Regierungen Brüning und Braun hatten einen Ausgleich des preußischen Haushalts, der vom Reich gezahlt würde, vereinbart. Der Ausgleich hatte ein Volumen von 100 Millionen Mark. Die Hälfte sollte bis zum 1. Juli überwiesen werden. Da diese Zahlung jedoch lange ausblieb, trafen sich am 7. Juni Hirtsiefer, der preußische Finanzminister und dessen Staatssekretär sowie Papen und der Reichsfinanzminister. Das Reich erklärte sich in dieser Sitzung für unfähig, den Zahlungen nachzukommen. Dahinter stand das Motiv, die bevorstehende Zahlungsunfähigkeit zur Absetzung der Braun- Regierung und zur Entsendung eines Reichskommissars auszunutzen.[16] Doch die geschäftsführende Regierung wusste das zu verhindern, indem sie einen Tag später eine Sparnotverordnung erließ. Diese bestand aus einer Schlachtsteuer und eine Kürzung der Beamtengehälter. Der preußische Etat war damit für den Rest des Jahres gedeckt und der Reichsregierung das Instrument zur Zerschlagung des größten deutschen Land aus der Hand genommen.[17] Aber warum wollte Papen unbedingt die Regierung in Preußen absetzen? Wie erwähnt, war Preußen das größte deutsche Land, drei fünftel aller Deutschen lebten in Preußen.[18] Eine autoritäre Reichsregierung wie die papensche musste daher Anstoß daran nehmen, dass in diesem wichtigen Land einer Regierung an der Macht war, die sich aus der Weimarer Koalition zusammensetzte, jene Koalition, die für die so ungeliebte Verfassung verantwortlich war.[19] Dieser Regierung gelang es in ihrer fast 14jährigen Regierungsdauer die wichtigsten exekutiven und politischen Positionen mit republiktreuen Beamten zu besetzen.[20] Papen und die nationalen Kräfte wollten dies ändern. Dabei lag das besondere Augenmerk auf der preußischen Polizei.[21]
[...]
[1] Vgl. Neugebauer, Wolfgang, Geschichte Preußens; Hildesheim 2004; S. 138f.
[2] Vgl. Leßmann, Peter, Die preußische Schutzpolizei in der Weimarer Republik. Streifendienst und Straßenkampf; Düsseldorf 1989; S. 349 und Winkler, Heinrich August; Weimar 1918-1933. Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie; München 1993; S. 456f.
[3] In: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin; Preußisches Staatsministerium/128 zitiert nach Schulze, Hagen; Otto Braun oder Preußens demokratische Sendung; Frankfurt/ M, Berlin, Wien 1977; S. 726.
[4] Vgl. Schulze; S. 726.
[5] Vgl. Leßmann; S. 349/ Schulze; S. 725 und Winkler; Weimar; S. 457f.
[6] Winkler; Weimar; S. 458.
[7] Vgl. Schulze; S. 727.
[8] Vgl. Leßmann; S. 350 und Schulze; S; 727f.
[9] Vgl. Leßmann; S. 350f.
[10] Vgl. Schulze; S. 730.
[11] Vgl. Bracher; Karl Dietrich, Die Auflösung der Weimarer Republik. Eine Studie zum Problem des Machtverfalls in der Demokratie; 2. Nachdruck (1984) der 5. Auflage Düsseldorf 1971; S. 506.
[12] Vgl. Leßmann; S. 351.
[13] Vgl. Leßmann; S. 351f. und Schulze; S. 733.
[14] Vgl. Schulze; S. 734f.
[15] Ebd.; S. 736.
[16] Vgl. ebd.; S.736f.
[17] Vgl. ebd.; S. 737.
[18] Neugebauer; S. 137.
[19] Vgl. Bracher; S. 503.
[20] Vgl. ebd.; S. 521.
[21] Vgl. Leßmann; S. 353.
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