Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit der Frage, welche Rechtsfolgen vorliegen, wenn Lieferfristen nicht eingehalten werden und Waren die Vertragspartner möglicherweise nicht pünktlich erreichen. Weiter werde ich auf die rechtlichen Grundlagen des HGB im Zusammenhang mit dem BGB bei Leistungsstörungen eingehen, welche Besonderheit das UN-Kaufrecht bei Leistungsstörungen vorsieht und wann es angewendet wird. Zum Schluss werde ich eine Zusammenfassung und rechtliche Stellungnahme formulieren.
Die Sars-CoV-2 / COVID–19 Pandemie versetzt nicht nur die Bundesrepublik Deutschland nahezu in einen Stillstand, sondern die ganze Welt. Grenzen sind selbst innerhalb Europas geschlossen, das Bundesministerium für Gesundheit stuft mit einer Eil-
Verordnung am 31.01.2020 das neuartige Coronavirus als meldepflichtige Krankheit gem. §6 ABS. 1 Satz 1 Nummer 1 des Infektionsschutzgesetzes ein. Die Fußball-Bundesliga findet zunächst unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, später wird der Spielbetrieb vollständig eingestellt. Schulen, Kitas, Restaurants und Gaststätten, Hotels und verschiedene Einzelhändler werden per Allgemeinverordnungen der Bundesländer und Gemeinden geschlossen. Die Bundesländer und Kommunen sprechen Kontaktsperren für die Bevölkerung aus.
Am Mittwoch, den 18.03.2020 wendete sich die Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel in einer Fernsehansprache an die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland. Sie beschrieb die anzunehmenden wirtschaftlichen Auswirkungen der Sars-CoV-2 / COVID-19 Pandemie wie folgt: "Für die Wirtschaft, die großen Unternehmen genau wie die kleinen Betriebe, für Geschäfte, Restaurants, Freiberufler ist es jetzt schon sehr schwer. Die nächsten Wochen werden noch schwerer. Ich versichere Ihnen: Die Bundesregierung tut alles, was sie kann, um die wirtschaftlichen Auswirkungen
abzufedern – und vor allem um Arbeitsplätze zu bewahren."
Das Auswärtige Amt sprach eine weltweite Reisewarnung für alle nicht notwendigen, touristischen Reisen in das Ausland
aus, da mit starken und weiter zunehmenden drastischen Einschränkungen im internationalen Luft- und Reiseverkehr zu rechnen war. Weltweite Einreisebeschränkungen, Quarantänemaßnahmen und drastische Einschränkungen des öffentlichen Lebens war in vielen Ländern zu erwarten. Das Risiko, eine Rückreise aufgrund der zunehmenden Einschränkungen nicht mehr antreten zu können, war in vielen Destinationen sehr hoch.
I. Inhaltsverzeichnis
II. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG-EINFÜHRUNG IN DAS TEHMA
2 VERLETZUNG DER LIEFERVERPFLICHTUNGEN INFOLGE DES CORONAVIRUS
2.1 Definition von höherer Gewalt - nicht abwendbares Ereignis
2.1.1 Grundlagen des BGB und HGB bei Leistungsstörung: Lieferverzug
2.1.2 Wesentliche Grundlagen und Vorteile des UN,,Kaufrecht, für den Lieferanten
2.1.3 VORTEILE ANDERER RECHTSORDNUNGEN
3. ZUSAMMENFASSUNG UND STELLUNGNAHME
III. LTERATURVERZEICHNIS
II.ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 EINLEITUNG - EINFÜHRUNG IN DAS TEHMA
Die Sars-CoV-2 / COVID-19 Pandemie (Weltgesundheitsorganisation, 2020) versetzt nicht nur die Bundesrepublik Deutschland nahezu in einen Stillstand, sondern die ganze Welt. Grenzen sind selbst innerhalb Europas geschlossen, das Bundesministerium für Gesundheit stuft mit einer EilVerordnung am 31.01.2020 das neuartige Coronavirus als meldepflichtige Krankheit gem. § 6 ABS. 1 Satz 1 Nummer 1 des Infektionsschutzgesetz ein (Bundesministerium für Gesundheit, 2020). Die Fußball-Bundesliga findet zunächst unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, später wird der Spielbetrieb vollständig eingestellt. Schulen, Kitas, Restaurants und Gaststätten, Hotels und verschiedene Einzelhändler werden per Allgemeinverordnungen der Bundesländer und Gemeinden geschlossen. Die Bundesländer und Kommunen sprechen Kontaktsperren für die Bevölkerung aus. Am Mittwoch, den 18.03.2020 wendete sich die Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel in einer Fernsehansprache an die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland. Sie beschrieb die anzunehmenden wirtschaftlichen Auswirkungen der Sars-CoV-2 / COVID-19 Pandemie wie folgt: „Für die Wirtschaft, die großen Unternehmen genau wie die kleinen Betriebe, für Geschäfte, Restaurants, Freiberufler ist es jetzt schon sehr schwer. Die nächsten Wochen werden noch schwerer. Ich versichere Ihnen: Die Bundesregierung tut alles, was sie kann, um die wirtschaftlichen Auswirkungen abzufedern - und vor allem um Arbeitsplätze zu bewahren.“ (Dr. Merkel, 2020) Das Auswärtige Amt sprach eine weltweite Reisewarnung für alle nicht notwendigen, touristischen Reisen in das Ausland aus, da mit starken und weiter zunehmenden drastischen Einschränkungen im internationalen Luft- und Reiseverkehr zu rechnen war. Weltweite Einreisebeschränkungen, Quarantänemaßnahmen und drastische Einschränkungen des öffentlichen Lebens war in vielen Ländern zu erwarten. Das Risiko, eine Rückreise aufgrund der zunehmenden Einschränkungen nicht mehr antreten zu können, war in vielen Destinationen sehr hoch. (Auswärtiges Amt, 2020) Auch durch Grenzschließungen, die einzig für Pendler und die Warenversorgung nicht galten, kam es zu großen Verzögerungen. So teilte die Polizei Sachsen in einer Pressmitteilung am 20.03.2020 mit, dass der 60 km lange LKW Stau auf der Bundesautobahn A4, der aufgrund von Grenzkontrollen entstanden war, sich erst nach 2 Tagen aufgelöst hatte (Polizei Sachsen, 2020). Auch die Fluggesellschaften hatten den Flugbetrieb nahezu vollständig eingestellt. Frachtchef Peter Gerber der Lufthansa Cargo AG äußerte in einer Pressemitteilung am 20.03.2020 folgendes: „Gerade in Not- und Krisensituationen kommt der Logistik und der Luftfracht eine besondere Bedeutung zu, um die weltweiten Versorgungsketten zu stützen. Neben eiligen Ersatz- und Maschinenteilen werden vorwiegend empfindliche Pharmazeu- tika und Frischwaren interkontinental auf dem Luftweg befördert.“ (Lufthansa Cargo AG, 2020)
Diese Pandemie stellt die Bevölkerungen nicht nur vor gesundheitliche Herausforderungen, sondern ebenso vor große wirtschaftliche Herausforderungen. Auch die Logistik und der Handel mit Waren wird stark eingeschränkt. Gerade in diesen Zeiten können die Lieferfristen nicht eingehalten werden und Waren können die Vertragspartner möglicherweise nicht pünktlich erreichen. Welche Rechtsfolgen sodann vorliegen, werde ich im Verlauf dieser Hausarbeit erläutern, insbesondere hinsichtlich der aktuellen Rechtsprechung zur Definition „höhere Gewalt“. Weiter werde ich auf die rechtlichen Grundlagen des HGB im Zusammenhang mit dem BGB bei Leistungsstörungen eingehen, welche Besonderheit das UN- Kaufrecht bei Leistungsstörungen vorsieht und wann es angewendet wird. Zum Schluss werde ich eine Zusammenfassung und rechtliche Stellungnahme formulieren.
2 VERLETZUNG DER LIEFERVERPFLICHTUNGEN INFOLGE DES CORONAVIRUS
2.1 Definition von höherer Gewalt - nicht abwendbares Ereignis
Kommt es bei einem Vertragsverhältnis aufgrund von höherer Gewalt zu Leistungsstörungen, kommt es im Verlauf meist zu Streitigkeiten, wie mit dem entstandenen Schaden umzugehen ist. Die entscheidende Frage ist dann, was unter höherer Gewalt verstanden wird und ob eine mögliche höhere Gewalt überhaupt vorgelegen hat. Hier ist der Einzelfall zu betrachten. Weder das BGB noch das HGB normiert die höhere Gewalt in einem Paragraphen und es gibt keine Definition, die als allgemeingültig angesehen werden kann. In der Rechtsprechung wird meist bei vertraglichen Verpflichtungen auf die beiden Paragraphen § 275 BGB - Ausschluss der Leistungspflicht und den § 313 BGB - Störung der Geschäftsgrundlage abgestellt. Beruft sich eine Partei wegen der Leistungsstörung auf höhere Gewalt, dient dies vorrangig der vorübergehenden Leistungsbefreiung.
Die höhere Gewalt stellt einen Sachverhalt dar, den keiner der beiden Parteien zu verantworten hat und welcher bei Berücksichtigung aller Sorgfalt vor Vertragsabschluss nicht zu erwarten gewesen wäre. Der Bundesgerichtshof definierte die höhere Gewalt in einer Entscheidung aus den Jahren 1974 und 2017 wie folgt:
Höhere Gewalt ist ein betriebsfremdes, von außen herbeigeführtem Ereignis, das nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbar ist, mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch äußerste Sorgfalt nicht verhütet oder unschädlich gemacht werden kann und auch nicht wegen seiner Häufigkeit in Kauf zu nehmen ist (Bundesgerichtshof, 1974, Aktenzeichen III ZR 190/71, Seite 6).
Bei höherer Gewalt handelt es sich um ein "von außen kommendes, keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes, auch durch äußerste vernünftigerweise zu erwartender Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis" (Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.05.2017, Aktenzeichen X ZR 142/15).
2.1.1 Grundlagen des BGB und HGB bei Leistungsstörung: Lieferverzug
Neben dem BGB und HGB ist es entscheidend, was im Liefervertrag vereinbart worden ist. Ist hier eine Klausel „höhere Gewalt“ vereinbart, ist diese vorrangig zu betrachten und zu bewerten. Insbesondere das, was in dieser Klausel als höhere Gewalt deklariert wird und welche Rechtsfolgen daraus folgen.
Der Schuldner kann einzig bei fehlender bzw. nicht rechtzeitiger Lieferung der Ware, die er zu verschulden hat, in Lieferverzug kommen. Entscheidend ist, welcher Leistungszeitpunkt im Kauf- oder Liefervertrag vereinbart wurde. Wenn kein konkretes Leistungsdatum vereinbart wurde, kann die Lieferung gem. § 271 Abs. 1 BGB sofort verlangt werden. Leistet der Schuldner nicht sofort, muss der Gläubiger gem. § 286 Abs. 1 BGB dem Schuldner eine Nachfrist setzen und die Lieferung verlangen. Kommt es sodann weiterhin zu einem Lieferverzug, kann der Gläubiger vom Kaufvertrag gem. § 323 Abs. 1 BGB zurücktreten. Ein möglicher Schadensersatz kann, dann nach § 376 Abs. 2, 3 HGB gelten gemacht werden. Dieser Schadensersatz aufgrund von Nichterfüllung der Leistungspflicht muss nicht konkret dargelegt werden, sondern kann vielmehr auch gem. 376 Abs. 2, 3 HGB abstrakt dargestellt und berechnet werden.
Bei einem Fixhandelskauf gem. § 376 HGB ist dagegen ein Lieferzeitpunkt nach dem Kalender vereinbart. Dies charakterisiert sich im Kauf- oder Liefervertrag meist aus den Worten „fix“, „exakt“, „spätestens“. Hier ist eine Fristsetzung bei Nichtlieferung gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB entbehrlich. Abweichungen zu § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB ergeben sich jedoch in den Rechtsfolgen: Erfüllung kann der Gläubiger nur verlangen, wenn er sofort nach Fristablauf dem Schuldner anzeigt, dass er auf eben diese besteht (IUBH, Internationale Hochschule, 2020). Bei einem Verzug ist eine weitere Fristsetzung gem. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB obsolet um Schadensersatzansprüche gem. 376 Abs. 1 HGB geltend zu machen. Auch hier kann Schadensersatz aufgrund von Nichterfüllung der Leistungspflichten gem. 376 Abs. 2, 3 HGB konkret und abstrakt dargestellt und berechnet werden. Zu beachten, dass gem. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB, Schadensersatz nicht fällig wird, wenn der Schuldner beweisen kann das, ihn am Lieferverzug keine Schuld trifft.
2.1.2 Wesentliche Grundlagen und Vorteile des UN,,Kaufrecht, für den Lieferanten
Grundsätzlich gilt das UN-Kaufrecht, auch genannt CISG (United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods), bei internationalen Käufen, wenn die Vertragspartner eine Niederlassung oder den gewöhnlichen Aufenthalt in einem der 90 Staaten haben, die das UN-Kaufrecht ratifiziert haben. Dabei ist zu beachten, dass die Vertragspartner die Niederlassungen in unterschiedlichen Staaten gem. Artikel 1 CISG, Das UN-Kaufrecht ist immer vorrangig zu den gesetzlichen Regelungen des jeweiligen Landes zu betrachten. Die Vertragspartner können das UN-Kaufrecht auch expliziert in ihrem Vertrag ausschließen, so dass es keine entfaltende Wirkung auf den jeweiligen Vertrag hat. Ziel des UN- Kaufrecht, ist es, eine einheitliche Rechtsgrundlage für den, internationalen Warenhandel zu schaffen.
Der Käufer kann bei Leistungsstörungen grundsätzlich gem. Art. 46 Abs. 1 CISG die Erfüllung der Pflichten, hier, Lieferung der Ware, verlangen, es sei denn, der Käufer hat einen Rechtsbehelf ausgeübt, der mit diesem Verlangen unvereinbar ist. Kommt der Verkäufer diesem nicht nach, kann der Käufer gem. Art. 47 Abs. 1 CISG eine Nachfrist zur Erfüllung seiner Pflichten setzen. Während dieser Nachfrist kann der Käufer keinen weiteren Rechtsbehelf ausüben, es sei denn, der Verkäufer teilt dem Käufer mit, dass er seine Pflichten innerhalb der gesetzten Frist nicht erfüllen wird (Art. 47 Abs. 2 CISG). Der Käufer kann gem. Art. 49 Abs. 1 b CISG den Vertrag auflösen, wenn die Lieferung nicht in der gesetzten Frist gem. Art. 47 Abs. 1 CISG erfolgt. Als Schadensersatz ist dem Käufer sodann gem. Art. 74 CISG der entstandene Verlust einschließlich des entgangenen Gewinns zu erstatten. Der Schadensersatz darf jedoch nicht den entstandenen Verlust übersteigen, den die Vertragsbrüchige Partie bei Vertragsabschluss als mögliche Folge der Vertragsverletzung vorausgesehen hat. Jedoch hat die Partei, die sich auf eine Vertragsverletzung gem. Art. 77 CISG beruft eine Schadensminderungspflicht. Wird dies nicht berücksichtigt, kann der Schadensersatz verringert werden.
Kann der Verkäufer der Erfüllung seiner Pflichten aufgrund eines Ereignisses, welches nicht in seinem Einflussbereich liegt und auch nicht erwartet werden konnte, nicht nachkommen, muss er hierfür Beweis führen und kann sich auf Art. 79 CISG berufen. In Art. 79 Abs. 1 CISG heißt es dazu: Eine Partei hat für die Nichterfüllung einer ihrer Pflichten nicht einzustehen, wenn sie beweist, dass die Nichterfüllung auf einem außerhalb ihres Einflussbereichs liegenden Hinderungsgrund beruht und dass von ihr vernünftigerweise nicht erwartet werden konnte, den Hinderungsgrund bei Vertragsabschluss in Betracht zu ziehen oder den Hinderungsgrund oder seine Folgen zu vermeiden oder zu überwinden (Artikel 79 Absatz 1 CSIG). Der Verkäufer muss gem. Art. 79 Abs. 4 CISG dem Käufer den Hinderungsgrund unmittelbar nach seiner Kenntnisnahme bzw. mit dem Moment, in dem er diesen Hinderungsgrund kennen musste, erklären.
Der Vertrag wird nicht aufgehoben mit den Rechtsfolgen des Art. 79 Abs. 1 CISG. Vielmehr wird der Verkäufer von seinen Vertragspflichten und einem Schadensersatz für die Dauer des Hinderungsgrunds gem. Art. 79 Abs. 3 CISG befreit. Grundsätzlich steht es den Parteien frei, gem. Art. 79 Abs 5 CISG ein anderes Recht auszuüben, um Schadensersatz geltend zu machen.
2.1.3 VORTEILE ANDERER RECHTSORDNUNGEN
In Frankreich, anders als in Deutschland, existiert im Zivilgesetzbuch der Begriff „höhere Gewalt“. Dieser heißt auf Französisch „force majeure“ und ist in Artikel 1218 Code Civil geregelt. Dort heißt es: In Vertragsangelegenheiten liegt höhere Gewalt vor, wenn ein Ereignis außerhalb der Kontrolle des Schuldners, dass bei Vertragsschluss nicht vernünftigerweise vorhersehbar gewesen wäre und dessen Auswirkungen durch geeignete Maßnahmen nicht vermieden werden können, die Erfüllung seiner Verpflichtung verhindert vom Schuldner (Artikel 1218 Code Civil). Wenn das Hindernis nur vorübergehend ist, wird die Erfüllung der Verpflichtung ausgesetzt, es sei denn, die daraus resultierende Verzögerung rechtfertigt die Beendigung des Vertrags. Wenn das Hindernis endgültig ist, wird der Vertrag automatisch gekündigt und die Parteien werden unter den in den Artikeln 1351 und 1351-1 vorgesehenen Bedingungen von ihren Verpflichtungen befreit.
Insbesondere die Aussetzung und Befreiung der Leistungsplicht ist hier hervorzuheben, da diese im Gesetz unmittelbar benannt sind.
3. ZUSAMMENFASSUNG UND STELLUNGNAHME
Die Sars-CoV-2 / COVID-19 Pandemie hat die gesamte Weltwirtschaft in einen Ausnahmezustand versetzt. Es wird nach der Pandemie eine „neue Normalität“ geben bei der sich sicher Vieles grundlegend verändern wird. Es ist ebenfalls zu erwarten, dass die Weltwirtschaft in eine schwere Rezession fallen wird, von der sie sich erst einmal wieder erholen muss. Jedoch auch während der akuten Phase der Pandemie muss die Wirtschaft bestmöglich weiterlaufen, womit es in der aktuellen, ungekannten Situation auf der gesamten Welt zu einer Verletzung von Lieferverpflichtungen kommen wird. Dabei müsste in den meisten Fällen höhere Gewalt vorliegen in der Form, wie sie oben und nachfolgend definiert ist. Der Bundesgerichtshof ordnet die höhere Gewalt als ein "von außen kommendes, keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes, auch durch äußerste vernünftigerweise zu erwartender Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis" ein (Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.05.2017, Aktenzeichen X ZR 142/15). Dafür spricht, dass eine weltweite, nicht vorherzusehende und nicht abzuwendende Pandemie ausgebrochen ist. Diese führt zu einer internationalen Reisewarnung des Auswertigen Amtes, die Grenzen werden geschlossen und der Luft-Frachtverkehr ist nahezu vollständig zum Stillstand gekommen. Dies sind Indizien, die auf eine höhere Gewalt schließen lassen, denn keine der Parteien hat hierauf einen Einfluss oder kann dies mit zumutbarem Aufwand abwenden. Im deutschen Recht ist die höhere Gewalt jedoch immer eine Einzelfallentscheidung, bei der jeder Einzelfall insgesamt betrachtet werden muss. Der Gläubiger kann grundsätzlich einen Schadensersatz fordern, welcher in 376 Abs. 1 HGB normiert ist. Dieser Schadensersatz kann grundsätzlich auch gem. §376 Abs. 4 HGB abstrakt dargestellt und gefordert werden. Der Schuldner kann dagegen aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB Abs. 1 verlangen, dass der Vertrag angepasst wird, sofern dieser Vertrag unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Ist dies nicht möglich, bestimmt der § 313 BGB Abs. 4 folgendes: Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten (§ 313 Absatz 4 BGB). An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung. Es ist hier erkennbar, dass ein hohes Streitpotenzial in dem Umgang mit höherer Gewalt herrscht, da es keine klare Definition im deutschen Recht gibt und sicher einzig ein neutrales Gericht wirklich feststellen kann, ob höhere Gewalt vorliegt oder nicht und wie mit den gegenseitigen Forderungen umzugehen ist.
Haben die Parteien das UN-Kaufrecht nicht explizit ausgeschlossen, gilt grundsätzlich das UN-Kaufrecht bei internationalen Handelsgeschäften, sofern die Vertragspartner eine Niederlassung oder den gewöhnlichen Aufenthalt in einem der 90 Staaten haben, die das UN-Kaufrecht ratifiziert haben. Dieser sieht in Art. 79 CISG höhere Gewalt vor und bildet eine Grundlage, an der sich die Parteien orientieren können. Demnach muss der Schuldner für die Dauer des Hinderungsgrunds aus höherer Gewalt keine Leistung erbringen. In jedem Fall ist die Leistungsbefreiung für die Dauer des Hinderungsgrunds klar definiert. Das UN-Kaufrecht bietet in dieser Hinsicht einen Vorteil für den Schuldner. Der Artikel 79 des UN-Kaufrechts kann den Rechtsfrieden zwischen den Parteien fördern. Andere Rechtsordnungen, wie bspw. das französische Recht hat höhere Gewalt („force majeure“) in seinem Gesetzbuch klar geregelt. Dort sind ebenfalls die Rechtsfolgen höherer Gewalt geregelt, indem ein Vertrag automatisch gekündigt wird, wenn die Leistungserbringung unmöglich geworden ist. Grundsätzlich steht es den Parteien vor Vertragsabschluss immer frei, welches Recht Anwendung im entsprechenden Vertrag finden soll und somit kann man durchaus zum dem Schluss kommen, dass in diesem speziellen Fall das französische Recht wohl am eindeutigsten die Rechtsfolgen aus höherer Gewalt definiert.
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- Quote paper
- Anonymous,, 2020, Verletzung der Lieferverpflichtungen infolge des Corona-Virus in Lieferketten unter Kaufleuten in Bezug auf das UN-Kaufrecht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/920541
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