Miltiades, der Sieger von Marathon, ist sicherlich eine der umstrittensten Personen in Herodots Darstellung der Perserkriege. Er, der die Griechen erfolgreich in die Schlacht gegen die Perser in die Ebene von Marathon führte, ist wie kaum eine andere für die griechische Antike wichtige Person in Herodots Werk unscharf: Sein Lebenslauf ist lückenhaft, verschiedenste Episoden in seinem Leben sind umstritten und sein Verhältnis zur Polis Athen nährte die Diskussion über den Zustand der Demokratie im nachkleisthenischen Athen. Ähnliches gilt für das athenische Rechtssystem mit dem Miltiades gleich zweimal in Konflikt geriet: In der Forschung gibt es verschiedene, teilweise widersprüchliche Positionen zur athenischen Rechtsordnung dieser Zeit, da die magere Quellenlage einen vergleichsweise spekulativen Umgang mit dieser Thematik erfordert: Es können nur dokumentierte Fälle beispielhaft herangezogen und analysiert werden um dann von diesen zu abstrahieren. Den Interpretationsspielraum, der sich bei der Analyse der bekannten Fälle auftut, gilt es soweit wie möglich zu begrenzen.
Ich werde versuchen ein Puzzlestück dazu beizutragen indem ich die beiden Prozesse gegen Miltiades untersuchen und auf ihren Informationsgehalt bezüglich der prä-ephialtes’schen Prozeduren bei eisangeliá abklopfe. Hierfür werde ich im ersten Abschnitt dieser Arbeit auf den allgemeinen Kenntnisstand zur Eisangelie in Athen vor Ephialtes eingehen indem ich die Positionen Thiems, Hansens und Rhodes’ darstelle, bevor ich dann versuchen werde, die komplizierten biographischen Zusammenhänge in Miltiades’ Leben mit Hilfe der Werke von Obst, Kinzl und Berve nachzuzeichnen, um im letzten Abschnitt schließlich aus der Quellenlage zu den Prozessen gegen Miltiades unterstützende und abweichende Tendenzen herauszufiltern. Verfolgt man die Darstellung bei Aristoteles, scheint es so gewesen zu sein, dass der Areopag vor den Reformen Ephialtes’ alle Fälle von eisangeliá allein verhandelte und in diesen Prozessen urteilte. Andere Quellen deuten jedoch darauf hin, dass die Kompetenzen des Areopags wahrscheinlich schon früher beschnitten wurden, weshalb sich die Frage stellt, ob an den Prozessen gegen Themistokles, Kimon und eben auch Miltiades das Volk nicht bereits in irgendeiner Weise beteiligt war. Hier deutet sich eine Parallele zur Übertragung der Befugnis zur Durchführung des Ostrakismos auf die ekklêsía 488/487 v. Chr. an.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- DER KENNTNISSTAND DER FORSCHUNG
- BIOGRAPHIE
- VOR DEM SKYTHENZUG 514/513 v. CHR.
- DER UMSTRITTENE RAT AN DER DONAUBRÜCKE
- DIE FLUCHT UND DIE ERWERBUNG LEMNOS
- DER IONISCHE AUFSTAND 494-499 v. CHR UND DER ERSTE PROZESS 493 v. CHR.
- VON DER SCHLACHT BEI MARATHON ZUR PAROS-EXPEDITION
- DAS VERHÄLTNIS ZWISCHEN MILTIADES UND ATHEN
- DIE BEIDEN PROZESSE GEGEN MILTIADES
- DER ERSTE PROZESS 493 v. CHR.
- DER ZWEITE PROZESS 489 v. CHR.
- RESÜMEE
- ANHANG
- STEMMA
- DER LEBENSLAUF BIS 493: EINE SCHEMATISCHE DARSTELLUNG
- QUELLENVERZEICHNIS
- LITERATURVERZEICHNIS
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert die Prozesse gegen den griechischen Feldherrn Miltiades im Kontext der athenischen Rechtsordnung vor den Reformen Ephialtes. Sie untersucht die unterschiedlichen Interpretationen des athenischen Rechtssystems dieser Zeit und beleuchtet den Erkenntnisgehalt der Prozesse im Bezug auf die Institution der Eisangeliá.
- Die Rolle des Areopags und der Volksversammlung in Gerichtsverfahren
- Die Interpretation der Eisangeliá vor den Reformen Ephialtes
- Die Biographie und das Verhältnis von Miltiades zur Polis Athen
- Die Prozesse gegen Miltiades und ihre Bedeutung für die Geschichte des athenischen Rechts
- Der Informationsgehalt der Prozesse im Bezug auf die prä-ephialtes'schen Prozeduren bei Eisangeliá
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt Miltiades als eine der umstrittensten Personen in Herodots Darstellung der Perserkriege vor und erläutert die komplexe Quellenlage, die den Umgang mit dem athenischen Rechtssystem dieser Zeit erschwert. Die Arbeit zielt darauf ab, die beiden Prozesse gegen Miltiades zu analysieren und auf ihren Informationsgehalt bezüglich der prä-ephialtes'schen Prozeduren bei Eisangeliá einzugehen.
- Der Kenntnisstand der Forschung: Dieses Kapitel untersucht die unterschiedlichen Positionen in der Forschung hinsichtlich der Kompetenzen des Areopags und der Volksversammlung in Prozessen vor den Reformen Ephialtes. Dabei werden die Ansichten von Thiem, Hansen, Rhodes und Carawan zum Thema Eisangeliá und den jeweiligen Verantwortlichkeiten der politischen Institutionen in dieser Zeit dargestellt.
- Biographie: Dieses Kapitel zeichnet die Biographie Miltiades' nach und beleuchtet die umstrittenen Episoden seines Lebens. Es geht dabei auf seine Rolle als Herrscher der Chersones und sein Verhältnis zur Polis Athen ein.
- Die beiden Prozesse gegen Miltiades: Dieses Kapitel untersucht die beiden Prozesse gegen Miltiades, die im Jahr 493 v. Chr. und 489 v. Chr. stattfanden. Die Analyse der Prozesse soll Aufschluss über die damaligen Verfahrensweisen und den Einfluss des Volkes auf die Urteilsfindung geben.
Schlüsselwörter
Die Hausarbeit befasst sich mit der griechischen Antike, dem athenischen Rechtssystem, der Eisangeliá, den Prozessen gegen Miltiades, dem Areopag, der Volksversammlung, der Biographie Miltiades', der Perserkriege und der Reformen Ephialtes'.
- Quote paper
- Martin Meingast (Author), 2006, Die Prozesse gegen Miltiades und deren Erkenntnisgehalt im Bezug auf eisangeliá in Athen vor den Reformen Ephialtes, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91984