Online-Netzwerke zu bilden ist eine Möglichkeit, kollaboratives, prozessorientiertes und nachhaltiges Lernen im Internet zu initiieren. Neben einer Übersicht einiger bestehender Modelle von Online-Netzwerken, gehen wir auf kritische Erfolgsfaktoren und die Entwicklungsphasen dieser virtuellen Netzwerke ein. Anhand zweier best-practice Beispiele zeigen wir auf, wie diese als Wertsteigerung der Lehre, des Lernens und der Kommunikation von Präsenzunterricht eingesetzt werden können.
Online-communities are a possibility to introduce collaborative, process-orientated learning with lasting effect. Besides giving an overview of some types of online-communities we discuss factors that are crucial to their success and introduce the development-phases of online-communities. Presenting two best-practice examples we are showing ways of using online-communities as added value to face-to-face lectures.
Online-Netzwerke zu bilden ist eine Möglichkeit, kollaboratives, prozessorientiertes und nachhaltiges Lernen im Internet zu initiieren. Neben einer Übersicht einiger bestehender Modelle von Online-Netzwerken, gehen wir auf kritische Erfolgsfaktoren und die Entwicklungsphasen dieser virtuellen Netzwerke ein. Anhand zweier best-practice Beispiele zeigen wir auf, wie diese als Wertsteigerung der Lehre, des Lernens und der Kommunikation von Präsenzunterricht eingesetzt werden können.
Online-communities are a possibility to introduce collaborative, process-orientated learning with lasting effect. Besides giving an overview of some types of online- communities we discuss factors that are crucial to their success and introduce the development-phases of online-communities. Presenting two best-practice examples we are showing ways of using online-communities as added value to face-to-face lectures.
1. Einleitung
Der E-Learning Hype ist vorbei, E-Learning hat sich als stetig wachsender Markt stabilisiert. Die Bedeutung von E-Learning gerade auch im Hochschulbereich wird von EntscheidungsträgerInnen und MeinungsmacherInnen jedoch mehr denn je betont.
So forderte die ehemalige deutsche Bildungsministerin Edelgard Bulmahn auf dem Kongress Campus Innovation in Hamburg, die Hochschulen sollen sich mit ihren E- Learning-Projekten stärker für Weiterbildung und internationale Bildungsmärkte öffnen. E-Learning biete den jetzigen Studenten der Universitäten neue Zugänge zum Wissen. Es könne aber auch den Universitäten neue Zielgruppen in der beruflichen Weiterbildung erschließen. [w1]
Auch die Europäische Union sieht das „Development of virtual campuses" - „Integrierte und nachhaltige Online-Aktivitäten an Hochschulen" als einen Förderschwerpunkt der nächsten Jahre. [w2]
Eine im Auftrag von sloan-c, einem renommierten US-amerikanischen Netzwerk von Bildungsinstitutionen, durchgeführte Studie ergab, dass im Jahr 2002 bereits 97 % aller Hochschulen zumindest einen Online-Kurs anboten. Öffentliche Colleges und Universitäten hätten - nach dieser Studie - mehr in Online-Lernen investiert als private Einrichtungen. Bei Einrichtungen, die aus Steuermitteln finanziert werden, gehe es vor allem darum, möglichst vielen Menschen einen Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Dabei spiele der Online-Zugriff eine wichtige Rolle. Auch hätten 80% der Studenten Familie und Beruf und kombinierten dies mit einer Aus- oder Weiterbildung. [w3]
Gerade um einen Austausch von Wissen und Erfahrungen, um gemeinsames Lernen zu fördern, kurz gesagt, um Lehrende und Lernende auch abseits fixer Lehrveranstaltungsstunden miteinander zu vernetzen, bieten die Methoden des E-Learnings sehr gute Voraussetzungen.
Es ist nicht notwendig, dass alle am Lernprozess Beteiligten sich am selben Ort befinden und auch ein zeitlich versetztes Lernen ist ohne weiteres zu realisieren. Ideal also, um die Erfahrungen und das Wissen Berufstätiger, von Menschen mit Betreuungspflichten, Personen mit körperlichen Handicaps und ExpertInnen weltweit mit den Studierenden vor Ort zu vernetzen.
Diese Möglichkeit Lehrveranstaltungen durchzuführen bzw. zu ergänzen, wurde bisher an unseren Hochschulen eher vorsichtig in Anspruch genommen. Das mag auch durch den Beigeschmack von „drill and practice", der E-Learning oftmals anhaftet, begründet sein. Dieser rührt unseres Erachtens vor allem daher, dass E-Learning in der Anfangsphase vor allem mittels fertig durchkonzipierter, sequentieller web based oder computer based -trainings (WBTs, CBTs) durchgeführt wurde. Diese Art von Lernen hat für das Vermitteln von vorwiegend Hard-Skills an eine Vielzahl von TeilnehmerInnen durchaus seine Berechtigung und wird speziell in Bereichen des betrieblichen ELearning (Corporate E-Learning) eingesetzt.
Wir stellen im Gegensatz dazu im folgenden Artikel eine Möglichkeit vor, um nachhaltiges Lernen zu initiieren. Dabei geben wir eine Übersicht über einige bestehende Modelle von Online-Netzwerken und gehen anhand zweier best-practice Beispiele darauf ein, wie das Bilden und Pflegen von Netzwerken online als Wertsteigerung des Präsenzunterrichts erfolgen kann.
2. Arten von Online-Netzwerken
Netzwerke von Menschen, welche im Internet zielgerichtet und über einen längeren Zeitraum hinweg kommunizieren, werden neudeutsch häufig als „Communities" bezeichnet.
Für Communities kann die folgende Beschreibung / Definition gewählt werden:
Communities sind „informelle Personengruppen oder -netzwerke, die aufgrund gemeinsamer Interessen und/oder Problemstellungen über einen längeren Zeitraum hinweg miteinander kommunizieren, kooperieren, Wissen und Erfahrungen austauschen, neues Wissen schaffen und dabei voneinander lernen."[w4]
Die folgenden drei Arten von Communities sind für das Management von Wissen bedeutsam, wobei wir uns in weiterer Folge vor allem mit den Knowledge Communities beschäftigen werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 1: Arten von Communities für das Wissensmanagement.
Die hauptsächliche Anwendung von Netzwerken in der Aus- und Weiterbildung ist jene, den Transfer des Gelernten in die Praxis zu unterstützen. Dieses Anwendungsgebiet legt eine Ansiedlung der Netzwerke in Aus- und Weiterbildung bei den Knowledge Communities nahe, weshalb wir diese Communities genauer beleuchten wollen.
2.1 Knowledge Communities
Für alle Communities gilt, dass je mehr Mitglieder diese hat, umso lebendiger sich der Austausch innerhalb einer solchen gestaltet. Wenn die Mitglieder eines OnlineNetzwerkes sich ausschließlich aus TeilnehmerInnen bzw. AbsolventInnen einer bestimmten Lehrveranstaltung zusammensetzen, so ist ein wirkungsvolles CommunityManagement, welches die Erfolgsfaktoren des Netzwerkens berücksichtigt, unerlässlich.
Eine Möglichkeit die Anzahl der Community-Mitglieder und damit die Wahrscheinlichkeit des interessanten und intensiven Austausches zu erhöhen wäre, alle AbsolventInnen einer bestimmten Lehrveranstaltung über die Jahre hinweg einzuladen, an der Community teil zu nehmen. Auf diese Art wird der Austausch Theorie-Praxis belebt und die Alumni werden enger an ihre Stammuniversität gebunden.
2.2 Erfolgsfaktoren einer Knowledge Community
In Anlehnung an Brückner führen wir nachstehend jene fünf Faktoren auf, welche entscheidend zum Erfolg einer Knowledge Community beitragen können.
Erfolgsfaktor Nr. 1: Identifikation der TeilnehmerInnen mit „ihrer" Gemeinschaft
Die Exklusivität der Community und dadurch auch die Identifikation der TeilnehmerInnen kann auf unterschiedlichen Wegen erreicht werden:
- eine Mitgliedschaft ist nur auf Einladung möglich
- eine Mitgliedschaft ist nur nach Erreichen eines Zertifikates möglich
- eine Mitgliedschaft ist nur für Studierende einer bestimmten Studienrichtung möglich
- eine Mitgliedschaft ist nur für AbsolventInnen eines bestimmten Lehrganges möglich
- etc.
Die Mitglieder der Community dokumentieren ihre Mitgliedschaft nach außen beispielsweise über eine Visitenkarte, welche auch das erste kennen lernen in einer größeren Community erleichtert. Dies fördert zudem das gegenseitige Vertrauen der Mitglieder, da diese immer unter ihrem eigenen Namen und nicht wie sonst im Internet oft üblich unter Spitznamen (Nicknames) auftreten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Eine Online-Visitenkarte.
Erfolgsfaktor Nr. 2: Bereitschaft zur kontinuierlichen Weiterentwicklung
Eine Community ist kein starres Gebilde, sondern ein lebendiges, organisches System, welches sich immer wieder an die Bedürfnisse der Mitglieder anpassen muss. So sind die bei der Initiierung angeregten Themenbereiche nicht „einzementiert", je nach Bedürfnis der Mitglieder können neue Themen diskutiert bzw. alte Themen aufgelassen werden.
Beim Streben nach einer möglichst optimalen Anpassung an die Bedürfnisse der Mitglieder gilt es das „Prinzip der schweigenden Mehrheit" zu beachten: Nicht immer sind diejenigen, die am lautesten schreien (die Nörgler und die Enthusiasten) tatsächlich repräsentativ für die Meinung der übrigen Mitglieder.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Erfolgsfaktor Nr. 3: Gruppenbewusstsein
Den Mitgliedern sollte es möglich sein mitzuverfolgen, was in der Community passiert, welche Bereiche besonders intensiv diskutiert werden, wo eigenes Wissen einfließen kann oder auch wo Lernen interessant und möglich ist.
Ein gut strukturiertes Diskussionsforum samt der automatischen Benachrichtigung per E-Mail, wenn in einem interessierenden Thema eine Meldung geschrieben wurde, sind für diese Zwecke wichtige Instrumente. Die meisten Werkzeuge für Kommunikation und Kollaboration bieten diese Möglichkeit, ein entsprechendes Thema im Diskussionsforum zu abonnieren („Subscribe to this forum" in der folgenden Abbildung).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Kornelia Maier-Haefele will receive copies of Alumni!' by email ( Continue )
Abb. 3: Eintragung zur automatischen Benachrichtigung per E-Mail.
Erfolgsfaktor Nr. 4: Rollen und Rituale
Rollen und Rituale fördern den Zusammenhalt innerhalb der Gemeinschaft und stärken die Identifikation der TeilnehmerInnen mit der Gruppe. Eine gute Community wird deshalb die Rahmenbedingungen so gestalten, dass sich gruppendynamische Effekte entfalten können.
Dazu ist es üblich, eine für die Kommunikation im Netzwerk verbindliche Netiquette aufzustellen.
Ein weiterer zentraler Aspekt in diesem Zusammenhang ist es, den Mitgliedern persönliche Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten einzuräumen. Ein nach außen sichtbarer, durch beharrliches Engagement erworbener „Community-Status" ist auch in Hinblick auf die Vertrauensbildung hilfreich: Alten, erfahrenen „Hasen" traut man eben mehr zu als „Frischlingen".
In vielen funktionierenden Communities bestehen diese „Statussymbole" aus Punktekonten, die man durch entsprechende Leistungen (häufiges Schreiben, häufiges Antworten auf Fragen, lange Zugehörigkeitsdauer etc.) auffüllen kann (siehe die folgende Abbildung).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: „Statussymbole" innerhalb einer Online-Community.
Erfolgsfaktor Nr. 5: Verzahnung von Online- und Offline-Welt
Ebenso wenig wie eine Community ein rein technisches Gebilde ist, findet die Community-Arbeit ausschließlich im Internet statt. So können Mitglieder den Wunsch verspüren, einander auch persönlich kennen zu lernen, evt. gemeinsam Projekte zu bearbeiten oder in anderen, über das Netzwerk hinaus reichenden Bereichen zusammen zu arbeiten. So kann es durchaus wichtig sein, in regelmäßigen Abständen NetzwerkEvents (Stammtische, Netzwerktreffen, Werkstätten zu bestimmten Themen etc.) anzubieten.
Wir schließen uns der gängigen Meinung an: funktionierende Knowledge Communities werden in erster Linie durch die Menschen getragen - und nicht durch die Technik.
Welche Entwicklungsphasen eine Community durchläuft, hat Wenger [w5] mehrfach dargestellt. Wir haben seine „Stages of Development for Communities of Practice" für ein Netzwerk von LernerInnen adaptiert:
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- Quote paper
- Mag. rer. nat. Hartmut Häfele (Author), Kornelia Maier-Häfele (Author), 2008, Lehren, Lernen und Kommunizieren in Online-Netzwerken, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91971
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