Diese Bachelorthesis behandelt folgende Forschungsfragen: Wie kann die Blockchain den Zahlungsverkehr in einer Genossenschaftsbank verändern? Welche Chancen und Risiken birgt ein Blockchain basierter Zahlungsverkehr?
Der Aufbau dieser Arbeit gliedert sich in drei Kernbereiche. Nach den einleitenden Worten werden im zweiten Kapitel die Grundlagen des Zahlungsverkehrs erläutert. Dabei wird zu Beginn des zweiten Kapitels die Funktionsweise des Zahlungsverkehrs beschrieben. Im Anschluss daran werden je zwei traditionelle, moderne und innovative Zahlungsmethoden charakterisiert. Die Möglichkeiten und Grenzen der verschiedenen Zahlungssysteme schließen das zweite Kapitel ab.
Das dritte Kapitel befasst sich mit dem Blockchain basierten Zahlungsverkehr in einer Genossenschaftsbank. Um sich diesem Thema annähern zu können, ist zu Beginn die Funktionsweise einer Blockchain näher zu betrachten. Anschließend wird eine Möglichkeit zur Integrierung einer Blockchain in eine Genossenschaftsbank skizziert. Am Ende des dritten Kapitels werden die Vorteile eines Blockchain basierten Zahlungsverkehrs erörtert. Das vierte Kapitel enthält eine kritische Würdigung über die Integrierung und die Vorteile einer Blockchain in eine Genossenschaftsbank. Dabei wird die SWOT-Analyse herangezogen, um eine Handlungsempfehlung für die Genossenschaftsbanken abzuleiten.
Im Zuge der Digitalisierung entstehen immer mehr Technologien, die den traditionellen Geschäftsmodellen der Banken trotzen. Dabei stehen die Banken in zunehmender Konkurrenz mit FinTech-Unternehmen, die sich durch ihre modernen und innovativen Entwicklungen von den Banken absetzten und den Kunden neue Finanzerlebnisse bescheren. Die konventionellen Banken haben zudem die große Herausforderung, aufgrund der Null-Zinspolitik der Europäischen Zentralbank solide Betriebsergebnisse zu erzielen. Innovative Technologien wie die Blockchain können den Zahlungsverkehr, so wie er derzeit existiert, verändern, was die Erträge aus dem traditionellen Bankgeschäft gefährdet. Aus diesem Grund müssen sich auch Filialbanken mit diesem Thema immer häufiger beschäftigen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Grundlagen des Zahlungsverkehrs
2.1 Funktionsweise des Zahlungsverkehrs
2.1.1 Zahlungsmittel und Zahlungsformen
2.1.2 Anforderungen an Zahlungssysteme
2.2 Methoden des Zahlungsverkehrs
2.2.1 Traditionelle Zahlungsmethoden
2.2.2 Moderne Zahlungsmethoden
2.2.3 Innovative Zahlungsmethoden
2.3 Möglichkeiten und Grenzen der Zahlungssysteme
2.3.1 Möglichkeiten der Zahlungssysteme
2.3.2 Grenzen der Zahlungssysteme
3 Blockchain basierter Zahlungsverkehr in einer Genossenschaftsbank
3.1 Funktionsweise einer Blockchain
3.1.1 Kryptographische Hashfunktion
3.1.2 Digitale Signatur
3.1.3 Peer-to-Peer-Netzwerk
3.1.4 Konsens in einer Blockchain
3.1.4 Blockchain-Typen
3.2 Integrierung der Blockchain in eine Genossenschaftsbank
3.2.1 Probleme bei der Entwicklung einer eigenen Blockchain-Technologie
3.2.1.1 Bestehende Systemarchitektur lässt kaum Veränderung zu
3.2.1.2 Fehlende finanzielle und personelle Ressourcen für die Entwicklung einer eigenen Blockchain-Technologie
3.2.2 Kooperation mit einem bestehenden Unternehmen
3.3 Vorteile eines Blockchain basierten Zahlungsverkehrs
4 SWOT-Analyse zur Ableitung von Handlungsempfehlungen
4.1 Chancen und Stärken
4.2 Risiken und Schwächen
4.3 Ableitung von Handlungsempfehlungen
5 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabellenverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Im Zuge der Digitalisierung entstehen immer mehr Technologien, die den traditionellen Geschäftsmodellen der Banken trotzen. Dabei stehen die Banken in zunehmender Konkurrenz mit FinTech-Unternehmen, die sich durch ihre modernen und innovativen Entwicklungen von den Banken absetzten und den Kunden neue Finanzerlebnisse bescheren. Die konventionellen Banken haben zudem die große Herausforderung, aufgrund der Null-Zinspolitik der Europäischen Zentralbank solide Betriebsergebnisse zu erzielen. Der Zinsüberschuss stellt die größte Ertragsquelle der Geschäftsbanken dar und reduziert sich auch bei den Volks- und Raiffeisenbanken Jahr für Jahr. Aufgrund dieser Umstände versuchen die Banken den verlorengegangenen Zinsüberschuss durch Provisionserträge zu kompensieren. Der Provisionsüberschuss ist die zweitgrößte Ertragsposition in der Gewinn- und Verlustrechnung einer Bank. Im Jahr 2018 konnte der Volks- und Raiffeisenbank-Verbund die Provisionen von 6.491 Millionen Euro im Vorjahr auf 6.816 Millionen Euro steigern.1 Provisionen werden im Genossenschaftssektor überwiegend durch die Vermittlung von Finanzdienstleistungen, beispielsweise Wertpapiere und Versicherungen, und hauptsächlich durch Zahlungsverkehrserträge generiert. Das Geschäftsfeld Zahlungsverkehr gehört dabei zu den ursprünglichen Aufgaben eines Kreditinstituts. Im Jahr 2018 generierten die Volks- und Raiffeisenbanken rund 37 Prozent, was einem Wert von 2.531 Millionen Euro entspricht, ihres Provisionsüberschusses aus dem Zahlungsverkehr.2 Diese Einnahmequelle ist bedeutsam für die Regionalbanken. Daher ist es wichtig, die Entwicklungen in diesem Bereich genauer zu betrachten. Innovative Technologien wie die Blockchain können den Zahlungsverkehr, so wie er derzeit existiert, verändern, was die Erträge aus dem traditionellen Bankgeschäft gefährdet. Gerade im internationalen Zahlungsverkehr hat die Blockchain das Potenzial, den komplexen Zahlungsablauf der Banken zu beeinflussen. Aus diesem Grund müssen sich auch Filialbanken mit diesem Thema immer häufiger beschäftigen. Die Forschungsfragen dieser Bachelorthesis lauten daher:
Wie kann die Blockchain den Zahlungsverkehr in einer Genossenschaftsbank verändern? Welche Chancen und Risiken birgt ein Blockchain basierter Zahlungsverkehr?
Der Aufbau dieser Arbeit gliedert sich in drei Kernbereiche. Nach den einleitenden Worten werden im zweiten Kapitel die Grundlagen des Zahlungsverkehrs erläutert. Dabei wird zu Beginn des zweiten Kapitels die Funktionsweise des Zahlungsverkehrs beschrieben. Im Anschluss daran werden je zwei traditionelle, moderne und innovative Zahlungsmethoden charakterisiert. Die Möglichkeiten und Grenzen der verschiedenen Zahlungssysteme schließen das zweite Kapitel ab. Das dritte Kapitel befasst sich mit dem Blockchain basierten Zahlungsverkehr in einer Genossenschaftsbank. Um sich diesem Thema annähern zu können, ist zu Beginn die Funktionsweise einer Blockchain näher zu betrachten. Anschließend wird eine Möglichkeit zur Integrierung einer Blockchain in eine Genossenschaftsbank skizziert. Am Ende des dritten Kapitels werden die Vorteile eines Blockchain basierten Zahlungsverkehrs erörtert. Das vierte Kapitel enthält eine kritische Würdigung über die Integrierung und die Vorteile einer Blockchain in eine Genossenschaftsbank. Dabei wird die SWOT-Analyse herangezogen, um eine Handlungsempfehlung für die Genossenschaftsbanken abzuleiten. In der Schlussbetrachtung findet eine abschließende Zusammenfassung der Ergebnisse dieser Arbeit statt.
2 Grundlagen des Zahlungsverkehrs
2.1 Funktionsweise des Zahlungsverkehrs
Am 18. Juni 2016 ist das Zahlungskontengesetz (ZKG) in Kraft getreten. Dieses schreibt unter anderem vor, dass jeder Verbraucher mit rechtmäßigem Aufenthalt in der europäischen Union gesetzlichen Anspruch auf ein Zahlungsverkehrskonto hat.3 Neben dem Girokonto als Einstieg in den bargeldlosen Zahlungsverkehr wurden für eine einheitliche Abwicklung von Zahlungsvorgängen gewisse Rahmenbedingungen geschaffen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Grill / Perczynski (2018), S. 136.
Abb. 1: Rahmenbedingungen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs
Neben den Richtlinien für einheitliche Zahlungsverkehrsvordrucke (2016), die eine reibungslose und effizientere Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs bewirken, wurden auch Regeln im Interbankenverkehr aufgestellt. Für den Überweisungs-, Lastschrift-, und Scheckverkehr gibt es jeweils Zahlungsverkehrsabkommen, die die Rechte und Pflichten der Banken untereinander regeln. Diese Abkommen betreffen somit nicht den Kunden, der am Zahlungsverkehr teilnimmt, sondern sorgen für eine einheitliche, wirtschaftliche und sichere Abwicklung des Zahlungsverkehrs unter den Kreditinstituten.4
Für die Übertragung von Buchgeld zwischen zwei Zahlungsverkehrskonten ist die genaue Bank- und Kontoidentifikation wichtig. Seit der Einführung des einheitlichen EU-Zahlungsverkehrsinstruments SEPA (Single Euro Payments Area) am 01. Februar 2014 werden alle Konten mit der IBAN (International Bank Account Number) anstelle der klassischen Kontonummer und der BIC (Business Identifier Code) als Gegenstück zur Bankleitzahl identifiziert.5 Mit der Einführung von SEPA wurde ein einheitlicher Euro-Zahlungsverkehrsraum geschaffen. Das bedeutet, dass alle Zahlungen in Euro die gleiche europäische Rechtsgrundlage haben.6
Die wohl entscheidende Rahmenbedingung im bargeldlosen Zahlungsverkehr sind die umfangreichen Gironetze und Clearingsysteme. Die Kreditinstitute benötigen diese, um Überweisungen, Scheck und Lastschriften untereinander zu übertragen oder einzuziehen.7 Diese Gironetze werden auch Zahlungsverkehrsnetze genannt und bestehen aus einer Vielzahl von Kontoverbindungen zwischen der Deutschen Bundesbank und sämtlichen Zentralstellen der verschiedenen Kreditinstitutsgruppen.8 Gironetze alleine reichen für die Abwicklung von Transaktionen nicht aus. Die Geldforderungen der unterschiedlichen Kreditinstitute müssen abgewickelt und verrechnet werden. Dieser Vorgang heißt Clearing. Da die einzelnen Bankengruppen (öffentlich-rechtliche Banken, Genossenschaftsbanken und Großbanken) eigene Gironetze aufgebaut haben, verrechnen diese ihre Forderungen unmittelbar untereinander. Dieser Vorgang wird bilaterales Clearing genannt.9 Daneben werden für den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr Clearingsysteme benötigt. Für die europaweite Abwicklung und Verrechnung von Transaktionen werden von der Deutschen Bundesbank unter anderem zwei Clearingsysteme bereitgestellt. Der SEPA-Clearer des elektronischen Massenzahlungsverkehrs (EMZ) ist „ein kostengünstiges Clearingsystem zur Abwicklung nicht eilbedürftiger nationaler und grenzüberschreitender Euro-Massenzahlung [im Original fett gedruckt]“.10 Für eine kostengünstige Abwicklung internationaler Transaktionen ist der SEPA-Clearer an verschiedenen Systemen anderer Nationen angebunden.11 Das EMZ der Deutschen Bundesbank zeichnet sich unter anderem durch kurze Laufzeiten (i. d. R. schneller als 24 Stunden) und geringe Transaktionskosten aus.12 Neben den Systemen zur Abwicklung des internationalen Massenzahlungsverkehrs gibt es bereits seit 2007 mit TARGET2 ein europäisches Clearing- und Zahlungssystem, das für die Ausführung von eiligen und großen Transaktionen konzipiert ist.13 Zwei wesentliche Merkmale zeichnen TARGET2 aus. Zum einen werden sämtliche Transaktionen in Echtzeit abgewickelt. Zum anderen wird jede Überweisung einzeln verarbeitet.14 Die Zahlungsabwicklung über TARGET2 stellt einen um ein Vielfaches höheren Aufwand dar. Daher werden über dieses Clearingsystem auch nur ausgewählte Transaktionen abgewickelt.
Für Zahlungen außerhalb des europäischen Wirtschaftsraums können keine SEPA-Überweisungen getätigt werden. Überweisungsaufträge müssen mit einem Zahlungsauftrag im Außenwirtschafsverkehr an die Bank herangetragen werden. Der Austausch der Transaktionsdaten erfolgt dabei über das SWIFT-Netzwerk (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication). Über das im Jahr 1973 gegründete Netzwerk tauschen heute mehr als 9000 Banken und andere Finanzunternehmen in über 200 Ländern Transaktionsnachrichten aus.15 Da über das SWIFT-Netzwerk lediglich die Transaktionsnachrichten ausgetauscht werden, sind dennoch für die Verrechnung der Geldforderungen zwischen den Banken Clearing- und Settlement-Institutionen notwendig. Diese Institutionen werden als ACH (Automated Clearing House) bezeichnet.16 Internationale Zahlungen stellen dadurch einen wesentlich komplexeren Zahlungsablauf dar. Wenn beispielsweise ein Kunde einer deutschen Bank eine Zahlung in die USA veranlassen möchte, muss die Bank des Kunden zuerst die Zahlung über das europäische Zahlungsnetz TARGET2 an eine Bank transferieren, die ein Korrespondenzbankverhältnis zu einer Bank in den USA hat. Letztere transferiert anschließend die Zahlung über ein US-amerikanisches Zahlungssystem an die Empfängerbank. Da darüber hinaus noch sämtliche Intermediäre unterschiedliche Systeme verwenden, ist die Abwicklung internationaler Zahlungen langsam, teuer und fehleranfällig.17 Die Abbildung 2 skizziert eine solche internationale Transaktion.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an McCune (2014).
Abb. 2: Ablauf einer internationalen Transaktion
2.1.1 Zahlungsmittel und Zahlungsformen
Für die Bezahlung von Waren und Dienstleistungen werden Zahlungsmittel benötigt. Diese Zahlungsvorgänge können durch Übertragung von Bargeld oder bargeldlos erfolgen. Durch die vermehrte Nutzung von Bankkarten und Kreditkarten rückt der bargeldlose Zahlungsverkehr immer mehr in den Fokus.18
Ein weiteres Zahlungsmittel ist das Buch- oder Giralgeld. Als Buchgeld werden alle Gelder bezeichnet, die auf einem für den Zahlungsverkehr geeigneten Konto verwahrt werden (Girokonto, Kontokorrentkonto). Da lediglich das Bargeld als gesetzliches Zahlungsmittel gilt, kann es zu einer Ablehnung der Zahlung kommen und das Buchgeld muss in Bargeld umgewandelt werden.19 Das dritte Zahlungsmittel ist eine Abwandlung zum Buchgeld. Das elektronische Geld, auch E-Geld genannt, stellt vorausbezahlte Zahlungsmittel dar.20 Dabei ist zu unterscheiden, ob es Netz- oder Kartengeld ist. Beim Kartengeld sind die elektronischen Werteinheiten bereits auf einer Karte (Kreditkarte, Geldkarte) und werden bei einer Bezahlung anonym abgebucht. Netzgeld ist der Kurzbegriff für softwaregestütztes Geld. Dabei handelt es sich um vorausbezahlte elektronische Zahlungseinheiten, die auf Festplatten von Computern gespeichert und so von verschiedenen PC-Nutzern ohne Verwendung eines Girokontos ausgetauscht werden.21
Die Zahlungsformen werden im Wesentlichen in Barzahlungen und bargeldlose Zahlungen unterschieden. Die Bezahlung mit Bargeld erfolgt einfach durch formlose Einigung und Übergabe von Banknoten und Münzen.22 Der Barzahlungsanteil an dem gesamten Zahlungsverkehr sinkt zwar stetig, dennoch werden immer noch rund 70 Prozent aller Transaktionen und rund 50 Prozent des Umsatzes in bar bezahlt.23 Dies liegt zum einen an den Bezahlgewohnheiten der Deutschen aber auch daran, dass das Bargeld das einzige gesetzliche Zahlungsmittel ist.
Bei bargeldlosen Zahlungen werden ausschließlich Buchgeld oder elektronisches Geld zwischen den Zahlungsparteien übertragen. Neben der klassischen Überweisung und Lastschrift gehören hier auch der Verrechnungsscheck sowie Zahlungen durch Übertragung von Kartengeld und Netzgeld dazu.24 Experten von der Boston Consulting Group prognostizierten für Deutschland ein durchschnittliches Wachstum im bargeldlosen Zahlungsverkehr von 3,2 Prozent.25 Der Ausbau des bargeldlosen Zahlungsverkehrs ist nicht zu vermeiden, da dieser für Zahlungspflichtige und -empfänger eine sichere und bequeme Zahlung ist und den gesamten Zahlungsverkehr vereinfacht. Darüber hinaus wird dadurch die Bargeldhaltung gesenkt, was sich positiv auf das Diebstal- und Verlustrisiko auswirkt.26
2.1.2 Anforderungen an Zahlungssysteme
In den vergangenen Jahren wurde eine Vielzahl an Zahlungssystemen entwickelt. Nur wenige können sich jedoch in dem schnelllebigen Payment-Markt halten. Das liegt mitunter daran, dass das Zahlungssystem wichtige Anforderungen der Kunden und Händler erfüllen muss, um sich am Markt zu etablieren. Für den Erfolg eines Zahlungssystems sind jedoch überwiegend die Anforderungen der Konsumenten ausschlaggebend. Der Händler muss die Bezahlverfahren anbieten, die die Kunden auch am meisten nutzen.27
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eine weitere Herausforderung ist, dass die Anforderungen von Händlern und Kunden nicht immer die gleichen sind. Dadurch können Interessenkonflikte entstehen. Die nachfolgende Abbildung 3 verdeutlicht die gemeinsamen und konträren Anforderungen der beiden Parteien.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an Dombret (2008), S. 23.
Abb. 3: Anforderungen von Kunden und Händlern
Auf der einen Seite möchte der Kunde die Möglichkeit des Widerrufs seiner Zahlung und maximale Anonymität. Auf der anderen Seite ist es dem Kaufmann wichtig, dass seine Zahlungen garantiert sind, um geringe Forderungsausfälle zu verzeichnen. Zusätzlich möchte der Händler Informationen über seinen Kunden erhalten. Dadurch kann das Kaufverhalten analysiert und gezielt Werbung geschalten werden. Die meisten Anforderungen an Zahlungssysteme stellen jedoch Kunde und Händler gleichermaßen. Dies sind unter anderem die Sicherheit des Bezahlverfahrens, die Schnelligkeit, niedrige Kosten und die unkomplizierte, einfache Anwendung des Systems.28 Für die Entwicklung eines neuen Zahlungssystems ist es elementar, die konträren Anforderungen von Händler und Kunden zu erfüllen oder zumindest einen für beide Parteien akzeptablen Kompromiss zu finden.29
Eine detaillierte Ausführung aller Anforderungen würde über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen. Aus diesem Grund wurden die beiden Aspekte Sicherheit und niedrige Kosten für eine genauere Betrachtung ausgewählt.
Die technische Sicherheit des Zahlungssystems ist für Kunden und Händler die wichtigste Anforderung. Beide Parteien legen großen Wert darauf, dass der Bezahlvorgang vor möglichem Abhören, Veränderungen oder missbräuchlicher Verwendung der Zahlungsdaten geschütz ist.30 Ein Zahlungssystem wird aus technischer Sicht als sicher empfunden, sobald die drei Sicherheitsaspekte Authentizität, Abhörsicherheit und Integrität erfüllt sind. Die Authentizität bei elektronischen Zahlungsmethoden bezieht sich auf die Möglichkeit, bei der Abwicklung der Transaktion die Beteiligten eindeutig identifizieren zu können. Diese Authentifizierung soll verhindern, dass sich ein Transaktionsbeteiligter als jemand Fremdes ausgeben kann.31 Ein weiterer Aspekt ist die Abhörsicherheit. Diese schreibt vor, dass die sensiblen Zahlungsdaten, die bei einer Transaktion zwischen den Beteiligten ausgetauscht werden, nicht von unberechtigten Dritten eingesehen werden können.32 Der dritte technische Sicherheitsaspekt ist die Integrität. Das bedeutet, dass die Daten des Bezahlvorgangs unverändert vom Empfänger zum Sender übermittelt werden. Die Zahlungsinformationen müssen vor beabsichtigten manipulativen Eingriffen geschützt werden. Gerade der Zahlbetrag und die Angaben des Zahlungsempfängers dürfen nicht veränderbar sein.33
Der Kostengesichtspunkt ist eine weitere Anforderung, die Kunden und Händler gleichermaßen an ein Zahlungssystem stellen. Dabei haben beide das Ziel, möglichst geringe Kosten bei den Bezahlvorgängen zu tragen. Bei der Abwicklung einer Transaktion können drei Arten von Kosten entstehen: variable Kosten, Fixkosten und Anschaffungskosten.34 Transatkionskosten gehören beispielsweise zu den variablen Kosten. Diese können bei jedem Zahlungsvorgang über das System anfallen. Je nach System kann dabei ein gewisser Prozentsatz vom zu zahlenden Betrag oder eine Mindestgebühr berechnet werden.35 Neben den variablen Kosten können auch Fixkosten entstehen. Meistens werden diese in Form einer Grundgebühr monatlich oder jährlich erhoben.36 Des Weiteren können Ausgaben für die Anschaffung und Installation eines Zahlungssystems anfallen. Diese treffen überwiegend den Händler, da er die Hard- und Software für den Bezahlvorgang in seinem Geschäft bereitstellen muss.37
2.2 Methoden des Zahlungsverkehrs
2.2.1 Traditionelle Zahlungsmethoden
Traditionelle Zahlungsmethoden sind beispielsweise die Barzahlung, die Überweisung, die Lastschrift, der Scheck, die Girocard, die Kredit- und die Geldkarte.38 Darüber hinaus gibt es noch die Bezahlung per Rechnung, die Vorauskasse und per Nachnahme. Die Lastschrift und die Kreditkartenzahlung werden für diese Ausarbeitung näher betrachtet.
Die Lastschrift zählt zu den bargeldlosen Zahlungsmethoden und ist bei den Deutschen nach der Barzahlung das beliebteste Bezahlverfahren. Im Jahr 2017 wurden rund 7,5 Milliarden Transaktionen mittels Lastschrift gebucht. Dies entspricht einem Wert von knapp 2,5 Billionen Euro.39 Bei einer Lastschrift ergreift der Zahlungsempfänger die Initiative und bucht den geforderten Betrag zu Lasten des Girokontos des Zahlungspflichtigen.40 Seit der SEPA-Einführung am 01. Februar 2014 werden die Lastschriftverfahren als SEPA-Basis-Lastschrift und SEPA-Firmen-Lastschrift durchgeführt. Die SEPA-Firmen-Lastschrift kommt in der Praxis eher seltener vor, da dieses Verfahren nur im Business-to-Business-Bereich genutzt wird.41 Aus diesem Grund wird in dieser Arbeit nur auf die SEPA-Basis-Lastschrift näher eingegangen.
Damit der Zahlungsempfänger überhaupt die technischen Möglichkeiten erhält, um Forderungen mittels Lastschriften einzuziehen, muss er zunächst mit seiner Bank eine Inkassovereinbarung abschließen. Daraufhin holt sich der Zahlungsempfänger ein SEPA-Lastschriftmandat von dem Zahlungspflichtigen ein. Dies kann schriftlich oder elektronisch erfolgen. Anschließend kann der Zahlungsempfänger die Transaktionsdaten für den Einzug an seine Bank weiterleiten. Diese zieht das Geld über die Bank des Zahlungspflichtigen ein. Das Konto des Zahlungspflichtigen wird belastet. Der Zahlungsempfänger erhält die Gutschrift.42
Die SEPA-Lastschrift ist eine sehr sichere Zahlungsmethode. Dies liegt beispielsweise daran, dass der Zahlungspflichtige sein erteiltes Mandat jederzeit widerrufen kann. Der wohl wichtigste Sicherheitsaspekt ist jedoch die mögliche Lastschriftrückgabe binnen acht Wochen durch den Kunden. Dabei müssen keinerlei Gründe angegeben werden. Für Lastschriften ohne Vorlage eines Mandats, oder wenn das Mandat bereits gekündigt ist, gilt sogar eine 13-monatige Rückgabefrist.43
Auf den Kunden kommen bei einem Lastschrifteinzug i. d. R. keine Kosten zu. Diese Art der Kontobelastung ist in den meisten Girokontomodellen enthalten. Falls jedoch keine ausreichende Kontodeckung vorhanden ist, darf die kontoführende Bank seit dem 09. Juli 2012 ein Entgelt für die Benachrichtigung des Kunden über die Nichtausführung einer Lastschrift verlangen.44 Der Händler muss hingegen bei einem Lastschrifteinzug mit Kosten rechnen. Dabei können Transaktionskosten in Höhe von 10 bis 60 Cent je nach Volumen pro Lastschrift anfallen. Darüber hinaus können monatliche Gebühren für die Nutzung des Lastschriftverfahrens fällig werden.45
Mit der Kreditkarte kann der Karteninhaber innerhalb einer bestimmten Kreditlinie Waren und Dienstleistungen bargeldlos am POS oder auch über das Internet erwerben. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, mit der Kreditkarte am Geldautomaten oder am Bankschalter Bargeld abzuheben.46
Für die bargeldlose Bezahlung am POS werden die Kreditkartendaten in einem Terminal des Händlers eingelesen. Der Karteninhaber stimmt der Transaktion entweder mit seiner Unterschrift auf dem Beleg oder seiner PIN zu. Durch das Einlesen der Kartendaten wird umgehend die Kreditkarte auf ausreichend Verfügungslimit und eventuelle Kartensperren überprüft. Nach einer erfolgreichen Transaktionsprüfung und Autorisierung hat der Händler eine Zahlungsgarantie. Der Kunde kann die Zahlung nicht mehr widerrufen.47 Wesentlich schneller ist die kontaktlose Bezahlung. Hierfür müssen jedoch die Kreditkarte und das Händlerterminal bereits mit der sogenannten Near-Field-Communication-Technik (NFC-Technik) ausgestattet sein. Sobald diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann der Kreditkarteninhaber Beträge bis zu 25 Euro ganz bequem ohne Unterschrift und ohne PIN-Eingabe bezahlen. Dabei muss die Kreditkarte lediglich an das Terminal hingehalten werden. Die Transaktion ist binnen zwei Sekunden erfolgt.48 Bei der Bezahlung im E-Commerce muss neben der Kreditkartennummer zusätzlich die dreistellige Prüfziffer auf der Rückseite der Kreditkarte und das Ablaufdatum eingegeben werden. Da diese Daten relativ schnell von Hackern abgegriffen werden können, wird zur Autorisierung des Bezahlvorgangs noch ein persönlicher Sicherheitscode verlangt. Diese Sicherheitsverfahren sind in der neuen EU-Zahlungsdienstrichtlinie (PSD2) offiziell geregelt.49 Nach genehmigter Zahlung werden die Kartenumsätze von dem Kreditkartenprozessor abgewickelt. Der Kreditkarteninhaber kann die Kreditkartenbelastung in den Umsätzen des Kreditkartenkontos einsehen. Der Händler erhält den Kaufpreis abzüglich eines Disagios für die Kartenzahlung auf sein Konto überwiesen. Eine offizielle Abrechnung aller Kreditkartenumsätze erhält der Karteninhaber monatlich von seiner kartenausgebenden Stelle.50
Trotz den erhöhten Sicherheitsvorkehrungen mit Eingabe der PIN im stationären Handel und des persönlichen Sicherheitscodes im E-Commerce kann es zu nicht autorisierten Zahlungen kommen. Der Kreditkarteninhaber haftet für solche Transaktionen bis zur offiziellen Kartensperre, jedoch nur mit maximal 50 Euro.51
Im Vergleich zur Lastschrift ist die Kreditkarte für Händler und Verbraucher ein wesentlich teureres Zahlungsinstrument. So muss beispielsweise ein Kunde der Allgäuer Volksbank eG für eine Kreditkarte in der einfachsten Form eine jährliche Gebühr in Höhe von 24 Euro bezahlen. Für die Bargeldabhebung an einem Automaten innerhalb Deutschlands wird eine Gebühr in Höhe von zwei Prozent vom Umsatz, mindestens jedoch von fünf Euro, fällig. Im Ausland wird es etwas günstiger. Hier kostet eine Abhebung am Automaten pauschal einen Euro. Eine Gebühr in Höhe von einem Prozent für den Auslandseinsatz kommt hinzu, sobald die Transaktion nicht in Euro ausgeführt wird.52 Bei dem Händler setzen sich die Kosten aus Einrichtungsgebühr für das Terminal, Transaktionskosten und Disagio zusammen. Gerade das Disagio, auch Interbankenentgelt genannt, hat die Kreditkartenzahlungen für den Händler sehr teuer werden lassen. Durch eine Regulierung dieser Interbankenentgelte im Dezember 2015 wurden die direkten Kosten erheblich gesenkt. Eine Studie des Regensburger Forschungs- und Beratungsinstituts ibi research an der Universität Regensburg verdeutlicht den Unterschied. Vor der Regulierung waren die Gesamtkosten für Kreditkartenzahlungen bei 4,42 Prozent vom Umsatz. Diese Kosten gingen auf 2,94 Prozent zurück. Dadurch wurde die Kreditkartenzahlung für viele Händler wieder attraktiver.53
2.2.2 Moderne Zahlungsmethoden
Die Grundlage der modernen Zahlungsmethoden ist das Internet oder das Mobiltelefon. Für die Bezahlung im Internet wurden verschiedene Online-Bezahldienste entwickelt. Die am meisten verwendeten Methoden sind beispielsweise PayPal, Sofortüberweisung, Giropay, Click&Buy, Postpay und Amazon Payments.54 Darüber hinaus gibt es seit Ende 2015 das Online-Bezahlverfahren paydirekt, das von den deutschen Banken und Sparkassen als Konkurrenz-Produkt zu PayPal entwickelt wurde.55 Die „Durchführung von Zahlungen über Mobiltelefone/Smartphones“56 wird Mobile-Payment (M-Payment) genannt. Für die Übermittlung der zahlungsrelevanten Daten am POS gibt es verschiedene Verfahren. Die bekanntesten sind beispielsweise die NFC-Technologie, der QR-Code oder auch mittels Bluetooth-Verbindung.57
Nachfolgend wird auf den Online-Bezahldienst PayPal und die NFC-basierte Technik am Beispiel von Apple Pay näher eingegangen.
Das im Jahr 1998 gegründete amerikanische Unternehmen PayPal kam im Jahr 2004 nach Europa und startete unter anderem in Deutschland seinen Service.58 Mittlerweile zählt PayPal mit 325 Millionen aktiven Nutzerkonten und einem Jahresumsatz in 2019 von über 17 Milliarden US-Dollar zu den größten Online-Zahlungsdienstleistern weltweit.59
Ein PayPal-Konto kann über die Homepage von PayPal mittels E-Mail-Adresse und der Vergabe eines Passworts eröffnet werden. Dabei wird auf eine persönliche Identifizierung und weitere persönliche Daten verzichtet. Lediglich die E-Mail-Adresse muss mit einem Link bestätigt werden. Nach erfolgreicher Eröffnung eines PayPal-Accounts muss der Nutzer ein Girokonto oder eine Kreditkarte als Zahlungsinstrument hinterlegen. Somit kann über eine Lastschrift Guthaben auf das PayPal-Konto eingezahlt werden.60
Ein PayPal-Account kann zur Bezahlung in allen Online-Shops, die PayPal als Zahlungsmethode anbieten, zum Geld senden und anfordern (P2P-Zahlung) und zur Bezahlung von Waren, die über eBay gekauft wurden, genutzt werden.61 Der Bezahlvorgang in einem Online-Shop über PayPal geht schnell und einfach. Sobald der Kunde in seinem Warenkorb den Schritt zum Bezahlen geht, muss er nur die Bezahlmethode PayPal auswählen. Anschließend wird er direkt auf die Internet-Seite von PayPal geleitet. Dort muss er sich mit seiner E-Mail-Adresse und seinem Passwort anmelden, den gewünschten Abbuchungsweg wählen und die Zahlung bestätigen. Der Kunde kann dabei wählen, ob die Zahlung von seinem PayPal-Guthaben oder von seinem hinterlegten Zahlungsinstrument bezahlt werden soll. Nachdem die Transaktion bestätigt wurde, wird der Kunde wieder auf die Seite des Online-Shops geleitet. Im selben Moment erhält der Händler die Meldung, dass die Zahlung erfolgreich war.62
So schnell und einfach das Bezahlen mit PayPal ist, umso genauer sollte ein Blick auf die Sicherheitsaspekte geworfen werden. Einen ähnlichen Sicherheitsstandard wie bei einem Interbankentransfer kann PayPal aufgrund mangelnder rechtlicher Rahmenbedingungen nicht vorhalten. Der Bezahldienst PayPal löst diese Sicherheitslücken über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Darin steht klar geschrieben, dass PayPal für keine Schäden haftet und für die fehlende Legitimation der Nutzer keine Verantwortung trägt. Da der Account lediglich mit einer E-Mail-Adresse und einem Passwort geschützt ist, stellt dies für Hacker ebenfalls keine allzu große Hürde dar. Dementsprechend können PayPal-Guthaben gestohlen und Zahlungsinformationen, wie etwa Kreditkartendaten, abgegriffen werden.63
Bei näherer Betrachtung der Kostenstruktur ist ein großer Unterschied zwischen privaten und geschäftlichen Nutzern festzustellen. Das Bezahlen und Geldsenden über PayPal ist für private Nutzer komplett kostenlos. Eine Ausnahme ist das Geldsenden in einer anderen Währung. Hier wird eine Gebühr fällig. Wesentlich umfangreicher ist die Gebührenstaffelung bei den Händlern. PayPal stellt den Händlern je nach Umsatzvolumen eine variable Gebühr in Höhe von 1,49–2,49 Prozent des Umsatzes und eine Festgebühr je Transaktion in Rechnung. Die Festgebühr ist abhängig von der Währung. Beispielsweise beläuft sich die Gebühr für Zahlungen in Euro auf 0,35 Euro.64
Das Bezahlverfahren Apple Pay baut auf die in dem Kapitel 2.2.1 bereits beschriebene Near-Field-Communication-Technik (NFC) auf. Beim kontaktlosen Bezahlen ist die Voraussetzung, dass beide Gerätschaften mit dieser Technologie ausgestattet sind. Das bedeutet, das Händlerterminal und das Zahlungsinstrument müssen die NFC-Technik eingebaut haben. Diese hat Apple in seine iPhone-Generation 6 und in alle darauffolgenden Entwicklungen (Apple Watch, iPad, MacBook) implementiert. Der Grundgedanke von Apple war dabei, dass die Verbraucher neben dem Smartphone keine weiteren Zahlungsmittel mit sich führen müssen.65 Bereits 2014 wurde das Bezahlverfahren Apple Pay in den USA eingeführt. In Deutschland ist die Bezahlung mit den Apple-Geräten erst seit 2018 möglich.66 Apple Pay kann zwar sowohl im POS als auch im E-Commerce verwendet werden, jedoch beziehen sich die weiteren Ausführungen auf eine Transaktion im stationären Handel. Bevor eine Bezahlung im Laden getätigt werden kann, muss der Apple-Nutzer seine Kreditkartendaten bei seinem iPhone, iPad und so weiter hinterlegen. Bei der Bezahlung an der Kasse muss der Kunde nun einfach sein Apple-Gerät an das NFC-fähige Terminal halten. Dabei wird nicht die Kreditkartennummer des Kunden übertragen, sondern eine davor generierte gerätespezifische Nummer in Kombination mit einem Transaktionscode. Diese Nummern werden als Token bezeichnet. Damit wird gewährleistet, dass weder Apple noch der Händler die sensiblen Kreditkartendaten unverschlüsselt erhält. Nach erfolgreicher Kreditkartenprüfung muss der Kunde die Transaktion noch mit einem Fingerabdruck oder über Face-ID bestätigen.67 Dem Kunden wird anschließend das Kreditkartenkonto belastet. Der Händler erhält sein Geld.
Das Bezahlen mit Apple Pay kann als recht sicher eingestuft werden, denn bei der Bezahlung werden keine originalen Kreditkartendaten übermittelt. Dadurch ist ein Abhörangriff nahezu unmöglich. Darüber hinaus wird bei jeder Transaktion der Fingerabdruck oder Face-ID verlangt. Diese biometrischen Daten machen die Transaktion zusätzlich sicherer als eine einfache Kreditkartenzahlung.68
Da Apple Pay nichts anderes darstellt als eine herkömmliche Kreditkartenzahlung, kommen weder für Händler noch Verbraucher zusätzliche Gebühren hinzu.69 Die Kosten für die Kreditkartennutzung wurden bereits im Kapitel 2.2.1 näher beschrieben. Die Voraussetzung für die Nutzung von Apple Pay ist jedoch ein Gerät von Apple. Diese Anschaffungskosten sollten die Verbraucher berücksichtigen.
2.2.3 Innovative Zahlungsmethoden
Im Zuge der Digitalisierung werden immer mehr innovative Zahlungsmethoden entwickelt. Dabei zeichnen sich diese dadurch aus, dass sie meist aus neuen technischen Entwicklungen stammen und den modernen Zahlungsmethoden voraus sind. Darüber hinaus spielt das schnelle und einfache Bezahlen über die Landesgrenzen hinweg eine wichtige Rolle. Nachfolgend werden zwei innovative Zahlungsmethoden vorgestellt: die M-Payment Methode von EMPSA (European Mobile Payment Systems Association) und die Blockchain-Technologie als weltweite Zahlungsmethode.
Im September 2019 gründeten sieben Anbieter führender mobiler Zahlungssysteme in Europa die EMPSA. Gründungsmitglieder waren dabei Bluecode (Österreich, Deutschland), Twint (Schweiz), Swish (Schweden), Vipps (Norwegen), MobilePay (Finnland, Dänemark), Bancontact Payconiq (Belgien) und Sibs/MB Way (Portugal).70 Nach der Gründung sind bereits weitere Anbieter hinzugekommen. Mit den Anbietern Bancomat Pay und Blink sind die Länder Italien und Polen ebenfalls mit dabei.71 Insgesamt können die Gründungsmitglieder circa 25 Millionen Mobile-Payment-Nutzer und über eine Million Akzeptanzstellen vorweisen. Darüber hinaus sind über 350 Banken der Institution angeschlossen.72 Durch den Anschluss von Italien und Polen sind dazu nochmals neun Millionen Nutzer und weitere 169 Partnerbanken hinzugekommen.73 Darüber hinaus genießt das Konsortium die finanzielle Unterstützung der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank. Das Ziel von EMPSA ist es, die Zahlungslandschaft über europäische Grenzen und Technologien hinweg zu vereinheitlichen, um dadurch in europäischen Zahlungsverkehrsmarkt wettbewerbsfähig zu sein.74 Dabei könnte der Zeitpunkt für diese Initiative nicht besser sein. Das weltweite mobile Bezahlen ist mit einer Wachstumsquote von 34 Prozent der am stärksten wachsende Zahlungsbereich. Die Marktanteile sind demzufolge noch nicht verteilt. Es gilt, den europäischen Zahlungsverkehrsmarkt vor den US-amerikanischen Konkurrenten abzuschirmen, wie beispielsweise Apple Pay und Google Pay.75
Bluecode ist ein bereits sehr bekanntes mobiles Bezahlverfahren in Österreich und in Teilen Deutschlands und Initiator des Zusammenschlusses der EMPSA. Das Bezahlverfahren verwendet nicht die in Kapitel 2.2.1 beschriebene NFC-Funktechnologie, sondern nutzt Strich- oder QR-Codes. Bei einem Einkauf muss lediglich der auf dem Handy angezeigte Code an der Kasse oder an einem Schalter abgescannt werden und die Zahlung ist autorisiert.76 Die Belastung erfolgt anschließend direkt auf dem Girokonto des Zahlungspflichtigen, ohne dass weitere Institutionen involviert sind. Dadurch, dass bei dieser Zahlungsmethode nicht der NFC-Chip verwendet wird, können auch Apple-Nutzer dieses Verfahren wählen. Bisher hat das Unternehmen Apple den NFC-Chip für Fremdsysteme blockiert.77 Darüber hinaus ist es nicht notwendig, ein modernes, teures Handy zu besitzen, um über Bluecode zu bezahlen.
Das Bezahlverfahren von EMPSA kann als sehr sicher angesehen werden. Bei der Bezahlung werden keinerlei Kontodaten benötigt, die gegebenenfalls von fremden Personen ausgespäht werden könnten. Außerdem ist der QR-Code für die Autorisierung der Zahlung nur eine bestimmte Zeit gültig. Die Bezahlung erfolgt darüber hinaus vollkommen anonym. Demzufolge werden weder Informationen zu dem Einkauf noch personenbezogene Daten bei einer Bezahlung seitens des Anbieters gespeichert.78
Die Kosten des Bezahlverfahrens können ebenfalls sehr positiv bewertet werden, da die Nutzungsgebühren verglichen mit anderen bargeldlosen Zahlungssystemen geringer ausfallen. Für die Nutzer dieser Methode ist dieser Service komplett kostenlos.79
In den vergangenen Jahren gewann die Blockchain-Technologie als innovative Zahlungsmethode immer mehr an Bedeutung. Die dahinterstehende Technik hat dabei eine komplett andere Ausprägung, als von traditionellen oder modernen Zahlungsmethoden bekannt ist.
„Eine Blockchain ist eine vollständige und unveränderliche Transaktions-Historie zu allen Transaktionen einer dezentralen Community, der jeder, der ein Teil davon ist, zustimmt.“80
Diese Definition enthält die typischen Eigenschaften einer Blockchain. Die Blockchain-Technologie gibt es schon seit vielen Jahren. Richtig bekannt wurde sie jedoch durch die Veröffentlichung des Bitcoin-Protokolls im Jahr 2008. Satoshi Nakamoto, eine unbekannte Person oder Gruppierung, hat die erste Blockchain entwickelt, bei der es keine zentrale Institution gibt.81 Ab diesem Zeitpunkt wurde eine Vielzahl von weiteren Blockchains entwickelt. Demzufolge wurden auch neue Kryptowährungen geschaffen. Eine Kryptowährung wird nicht von einem zentralen Institut ausgegeben, sondern ist durch einen kryptographischen Algorithmus verschlüsselt. Dadurch wird diese digitale Währung gesteuert.82
Eine Blockchain besteht aus einer stetig wachsenden Liste von Transaktionsdatensätzen. Diese Transaktionsdaten werden zu Blöcken zusammengefasst und gespeichert. Durch eine Hashfunktion werden die Datenblöcke verschlüsselt und mit dem vorherigen Block verbunden. Dabei entsteht eine chronologische Kette mit einzelnen Blöcken, die mit Zeitstempel vollständig und unveränderbar in die Datenbank überführt werden.83 Eine weitere Eigenschaft der Blockchain-Technologie ist, dass das System nicht auf einen zentralen Server oder einer zentralen Institution aufbaut, sondern dezentral auf alle Teilnehmer aufgeteilt ist. Die weltweite Verteilung der Daten macht diese Technologie vor Hackerangriffen sicher.84 Da in einer Blockchain kein Intermediär vertreten ist, müssen Transaktionen von der Gemeinschaft überprüft und bestätigt werden. Hierfür werden in den verschiedenen Blockchains sogenannte Konsensmechanismen verwendet.85
Transaktionen über die Bitcoin-Blockchain können über Wallets vorgenommen werden. Wallets sind digitale Geldbörsen, in denen sich ein Schlüssel befindet, der das Eigentum an einem gewissen Coinbestand beweist.86 Genau genommen gibt es zwei Arten von Schlüsseln. Der öffentliche Schlüssel kann jedem Teilnehmer mitgeteilt werden, um Geld zu empfangen. Der private Schlüssel sollte vertraulich behandelt werden, denn damit werden sämtliche Transaktionen digital bestätigt.87
Bevor jedoch eine Transaktion über die Blockchain durchgeführt werden kann, muss der Nutzer in Besitz der jeweiligen Kryptowährung kommen. Der Umtausch von herkömmlichen Währungen und Bitcoin kann über Handelsplattformen, vergleichbar mit Wertpapierkäufen, erfolgen. Dabei wird der Kurs der Kryptowährung ebenfalls durch Angebot und Nachfrage generiert. Nach erfolgreichem Umtauschen kann der Nutzer in seiner Wallet über sein Guthaben verfügen.88
Nachdem die Vorrausetzungen für eine Transaktion geschaffen sind, ist der Zahlungsablauf recht einfach. Der Zahlungspflichtige gibt in seiner Wallet den öffentlichen Schlüssel des Zahlungsempfängers ein, trägt den zu zahlenden Betrag in die Überweisungsmaske ein und kann zusätzlich einen Verwendungszweck hinzufügen. Die Zahlung wird anschließend durch den privaten Schlüssel des Zahlungspflichtigen autorisiert. Die Transaktionsdaten werden in einen Block verpackt und durch den Konsensmechanismus bestätigt. Dieser Vorgang dauert in der Bitcoin-Blockchain bis zu zehn Minuten. Anschließend wird die Transaktion in der Blockchain veröffentlicht. Der Zahlungsempfänger kann mit seinem privaten Schlüssel auf seine Coins zugreifen.89
Die Blockchain-Technologie kann als eine sehr sichere Zahlungsmethode bezeichnet werden. Durch die Dezentralität des Systems und die kryptographische Verschlüsselung ist es nahezu auszuschließen, dass eine Blockchain gehackt wird.90 Eine Sicherheitslücke stellt jedoch der private Schlüssel an sich dar. Bei einem Web-Wallet beispielsweise ist der private Schlüssel auf einer Online-Plattform und somit der Gefahr von Hackern ausgesetzt. Dabei wird jedoch nicht die Blockchain gehackt, sondern etwa durch Phishing-Angriffe der Private Key ausspioniert. Des Weiteren unterliegen Kryptowährungen nicht den Einlagensicherungssystemen oder sind gegen Missbrauch versichert.91 Durch den vorherigen Umtausch von nationalen Währungen in Kryptowährung und umgekehrt können darüber hinaus Kursverluste entstehen. Gerade bei der digitalen Währung Bitcoin sind Kursänderungen täglich in zweistelliger Höhe keine Seltenheit.92
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1 Vgl. o.V. (online, 2019), Konsolidierter Jahresabschluss 2018 der Genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken.
2 Vgl. o.V. (online, 2019), Konsolidierter Jahresabschluss 2018 der Genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken.
3 Vgl. Terlau (2016), S. 34 f.
4 Vgl. Grill / Perczynski (2018), S. 136 f.
5 Vgl. Dittrich (2012), S. 19 ff.
6 Vgl. Grill / Perczynski (2018), S. 144.
7 Vgl. Tolkmitt (2007), S. 107.
8 Vgl. Grill / Perczynski (2018), S. 138 f.
9 Vgl. Grill / Perczynski (2018), S. 139.
10 Grill / Perczynski (2018), S. 141.
11 Vgl. Metzger (2012), S. 49.
12 Vgl. Grill / Perczynski (2018), S. 141.
13 Vgl. Metzger (2012), S. 50 f.
14 Vgl. Grill / Perczynski (2018), S. 141.
15 Vgl. Kaupp / Giera (2018), S. 239.
16 Vgl. Kaupp / Giera (2018), S. 240.
17 Vgl. Roßbach (o.Ja), S. 2.
18 Vgl. Grill / Perczynski (2018), S. 130.
19 Vgl. Grill / Perczynski (2018), S. 131.
20 Vgl. Tolkmitt (2007), S. 106.
21 Vgl. Grill / Perczynski (2018), S. 131 f.
22 Vgl. Grill / Perczynski (2018), S. 132.
23 Vgl. Flier (2019).
24 Vgl. Grill / Perczynski (2018), S. 132.
25 Vgl. Leichsenring (2019).
26 Vgl. Grill / Perczynski (2018), S. 133.
27 Vgl. Dannenberg / Ulrich (2004), S. 49.
28 Vgl. Dombret (2008), S. 23 f.
29 Vgl. Theil (2008), S. 30.
30 Vgl. Dombret (2008), S. 24.
31 Vgl. Dannenberg / Ulrich (2004), S. 50.
32 Vgl. Dannenberg / Ulrich (2004), S. 52 f.
33 Vgl. Theil (2008), S. 31 f.
34 Vgl. Leschik (2012), S. 68 f.
35 Vgl. Breitschaft / et al. (2006), S. 331.
36 Vgl. Dannenberg / Ulrich (2004), S. 58.
37 Vgl. Dannenberg / Ulrich (2004), S. 58.
38 Vgl. Grill / Perczynski (2018), S. 130.
39 Vgl. Mai / Kaya (2018).
40 Vgl. Judt (2006), S. 23.
41 Vgl. Grill / Perczynski (2018), S. 156 f.
42 Vgl. Grill / Perczynski (2018), S. 155.
43 Vgl. o.V. (online, 2020), 1822direkt.
44 Vgl. o.V. (online, 2019), Verbraucherzentrale.
45 Vgl. o.V. (online, 2020), GoCardless: 5 Gründe, warum du Lastschrift anbieten solltest.
46 Vgl. Eilenberger (2012), S. 238.
47 Vgl. Grill / Perczynski (2018), S. 186 f.
48 Vgl. Moravac (2013).
49 Vgl. Hüllemann (2017).
50 Vgl. Grill / Perczynski (2018), S. 187.
51 Vgl. Grill / Perczynski (2018), S. 188.
52 Vgl. o.V. (online, 2020), Allgäuer Volksbank eG: Preisaushang.
53 Vgl. Leichsenring (2016).
54 Vgl. Bruns (online, 2014).
55 Vgl. o.V. (online, 2019), IONOS: Online-Bezahldienste, die Sie kennen sollten.
56 Metzger (online, o.J.).
57 Vgl. Göbel (2017), S. 149.
58 Vgl. Feller (2006), S. 237 ff.
59 Vgl. o.V. (online, o.J.), Statistiken und Daten von PayPal.
60 Vgl. Dombret (2008), S. 33 f.
61 Vgl. o.V. (online, o.J.), PayPal – Freundschaft ist, wenn einer zahlt und alle teilen.
62 Vgl. Dombret (2008), S. 34 f.
63 Vgl. Dannenberg / Ulrich (2004), S. 170.
64 Vgl. o.V. (online, o.J.), PayPal: Transparent und fair.
65 Vgl. Kaymaz (2017), S. 244 f.
66 Vgl. Rentrop / Wallburg (2018).
67 Vgl. o.V. (online, o.J.), Apple: Einfach. Sicher. Bezahlen.
68 Vgl. Rentrop / Wallburg (2018).
69 Vgl. Klotz (2015).
70 Vgl. Bankhamer (2019).
71 Vgl. o.V. (online, o.J.), European Mobile Payment Systems Association.
72 Vgl. Bankhamer (2019).
73 Vgl. o.V. (2020), European Mobile Payment Systems Association - Press release.
74 Vgl. Bankhamer (2019).
75 Vgl. Bankhamer (2019).
76 Vgl. Bankhamer (2019).
77 Vgl. Biallo (2019).
78 Vgl. Bankhamer (2019).
79 Vgl. Bankhamer (2019).
80 Hosp (2018a), S. 45.
81 Vgl. Hosp (2018a), S. 44.
82 Vgl. Hosp (2018a), S. 46.
83 Vgl. Laurence (2018), S. 26.
84 Vgl. Hosp (2018a), S. 40 f.
85 Vgl. Hosp (2018a), S. 60.
86 Vgl. Hosp (2018a), S. 96.
87 Vgl. Pielke (2018), S. 3.
88 Vgl. Kerscher (2018), S. 53 ff.
89 Vgl. Nießner (o.J.), S. 30 ff.
90 Vgl. Hosp (2018a), S.105.
91 Vgl. Sixt (2017), S. 92.
92 Vgl. Kerscher (2014), S. 122.
- Quote paper
- Markus Hörmann (Author), 2020, Der Blockchain basierte Zahlungsverkehr in einer Genossenschaftsbank. Chancen und Risiken, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/919423
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