„Guantanamo ist für uns vor allem ein PR-Problem.“
Diese Aussage des Heimatschutzministers der USA, Michael Chertoffs, lässt aufhorchen. Guantanamo Bay, das Gefangenenlager der US-Amerikaner auf Kuba – ein „PR-
Problem“? Seit dem Beginn der Inhaftierungen von Talibankämpfern und Terrorverdächtigen im Zuge des Afghanistanfeldzuges vor fünf Jahren steht der US-
Marinestützpunkt im Fokus der Öffentlichkeit. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International kritisieren neben den Haftbedingungen die schwindenden rechtlichen Möglichkeiten der Gefangenen und verdächtigen die USA darüber hinaus der Folter, wie sie auch im irakischen Gefängnis Abu Ghraib praktiziert wurde. Aber auch der Deutsche Bundestag veröffentlichte einen Beschluss, der sich ähnlich kritisch äußert.
Offensichtlich scheint Guantanamo also mehr als nur ein PR-Problem zu sein.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Internationale und nationale Rechtsgrundlagen vor dem 11. September
2.1 Völkerrecht und Genfer Konventionen
2.2 Das Habeas Corpus-Prinzip und das Recht auf einen „due process“ in den USA
3. Veränderung und Entwicklung der Rechtsgrundlagen in den USA
3.1 Der Fall Rasul
3.2 Der Fall Hamdan
4. Möglichkeiten der Zukunftsgestaltung des Gefangenenlagers
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
6.1 Monographien und Aufsätze aus Sammelbänden
6.2 Zeitschriftenaufsätze und -artikel
6.3 Internetquellen
6.3.1 Gesetzestexte und Verträge
6.3.2 Sonstiges
1. Einleitung
„Guantanamo ist für uns vor allem ein PR-Problem.“[1]
Diese Aussage des Heimatschutzministers der USA, Michael Chertoffs, lässt aufhorchen. Guantanamo Bay, das Gefangenenlager der US-Amerikaner auf Kuba – ein „PR-Problem“[2] ? Seit dem Beginn der Inhaftierungen von Talibankämpfern und Terrorverdächtigen im Zuge des Afghanistanfeldzuges vor fünf Jahren steht der US-Marinestützpunkt im Fokus der Öffentlichkeit. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International kritisieren neben den Haftbedingungen die schwindenden rechtlichen Möglichkeiten der Gefangenen und verdächtigen die USA darüber hinaus der Folter, wie sie auch im irakischen Gefängnis Abu Ghraib praktiziert wurde.[3] Aber auch der Deutsche Bundestag veröffentlichte einen Beschluss, der sich ähnlich kritisch äußert.[4]
Offensichtlich scheint Guantanamo also mehr als nur ein PR-Problem zu sein. Doch wie ist es wirklich um den rechtlichen Hintergrund bestellt? Welche Entwicklungen haben sich in diesem Zusammenhang im Rechtssystem der USA ergeben? Und welche Alternativen – wenn es denn welche gibt – tun sich auf? Diesen Fragen nachzugehen ist Ziel der vorliegenden Arbeit. Dabei soll zunächst auf einzelne Bereiche der internationalen und US-amerikanischen Rechtsgrundlagen vor dem 11. September 2001 eingegangen werden, sowie auf ihre Entwicklung nach den Terroranschlägen. Rechtsakte, die sich dabei auf die nationale Sicherheitspolitik innerhalb der USA beschränken, wie der U.S.A PATRIOT Act, werden hierbei vernachlässigt. Auch auf die teils kritisierten Urteilsbegründungen in den Fällen Rasul vs. Bush und Hamdan vs. Rumsfeld soll nicht näher eingegangen werden, wohl aber auf die Konsequenzen, die diese Entscheidungen für die Häftlinge bedeuten. Der Military Commissions Act[5] soll als aktuellste Rechtsgrundlage die Argumentation abschließen.
Ausdrücklich wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass sich diese Arbeit ausschließlich auf die Gefangenen in Guantanamo Bay bezieht, nicht jedoch auf Inhaftierte in ähnlichen Gefängnissen, die nur nicht derart im Blickpunkt der Gesellschaft stehen. Außerdem soll darauf verzichtet werden auf die Behandlung der Gefangenen einzugehen, so bleibt beispielsweise das Thema der Folter unbetrachtet. Schwerpunkt soll die Rechtslage der Gefangenen und ihre Entwicklung sein, mit Bezug auf die Rechtmäßigkeit und das Maß der angewandten Mittel.
Abschließend folgt ein Ausblick in die Zukunft: Welche Alternativmöglichkeiten sieht die Regierung und in welche Richtung wird sich das Lager möglicherweise entwickeln, kann es gar in absehbarer Zeit, wie von vielen gefordert, zu einer Schließung kommen? Allerdings wird dabei nur auf die Ansichten der derzeitigen Regierung unter George W. Bush eingegangen, da eine Berücksichtigung der Haltungen aller Präsidentschaftskandidaten zum Zeitraum der Untersuchung (Dezember 2007/Januar 2008), in dem gerade einmal die Vorwahlen begonnen haben, den Rahmen der Arbeit übersteigen würde.
2. Internationale und nationale Rechtsgrundlagen vor dem 11. September
2.1 Völkerrecht und Genfer Konventionen
1949 wurden die auch heute noch gültigen Artikel der Genfer Konventionen geschaffen. Als wichtiger Bestandteil des humanitären Völkerrechts beinhalten sie Regeln für die Behandlung von Personen, die nicht (mehr) an den Kampfhandlungen teilnehmen, im Falle eines bewaffneten Konflikts. Dabei regelt die dritte Genfer Konvention (GK III) den Umgang mit Kriegsgefangenen. Ihnen wird zugesichert, dass sie mit „Menschlichkeit“ behandelt und vor „Gewalttätigkeit oder Einschüchterung, Beleidigungen und der öffentlichen Neugier“[6] geschützt werden. Außerdem hätten Kriegsgefangene das Recht, sich über die Haftbedingungen zu beschweren[7] und seien nur nach den geltenden rechtlichen Maßstäben anzuklagen. Das bedeutet auch, dass sie ein Recht auf juristischen Beistand hätten. Zudem sei die Anwendung von moralischen und physischen Druckmitteln, um ein Geständnis zu erzwingen, nicht rechtens.[8]
Werden Personen nicht als Kriegsgefangene klassifiziert, da sie nicht unter die Definition eines Kriegsgefangenen gemäß GK III, Art. 4 fallen, so gilt dennoch die Genfer Konvention über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten (GK IV) oder aber der allen vier Genfer Konventionen gemeinsame Artikel 3. Letzterer besagt unter anderem, dass „Personen, die nicht direkt an den Feindseligkeiten teilnehmen, einschließlich der Mitglieder der bewaffneten Streitkräfte, welche die Waffen gestreckt haben [...] unter allen Umständen mit Menschlichkeit behandelt werden [sollen]“[9]. Verboten sind insbesondere „Angriffe auf Leib und Seele [...], Beeinträchtigung der persönlichen Würde [...], Verurteilungen und Hinrichtungen ohne vorhergehendes Urteil eines ordnungsmäßig bestellten Gerichtes“[10].
Ein faires Gerichtsverfahren und eine menschliche Behandlung scheinen aufgrund der Genfer Konventionen also sowohl für Kriegsgefangene, als auch alle anderen Internierten gesichert zu sein. Allerdings weigern sich die USA die Gefangenen in Guantanamo als reguläre Kriegsgefangene im Sinne der Genfer Konventionen zu behandeln, sie bezeichnen sie stattdessen als „unlawful combatants“[11], ein Begriff, den das Völkerrecht und die Genfer Konventionen nicht kennen. Somit griffe nur der gemeinsame Artikel 3.[12] Allerdings verweigern die USA den mutmaßlichen Al-Qaida Mitgliedern – im Gegensatz zu den Talibankämpfern – formal den Anspruch auf eine Behandlung gemäß den Genfer Konventionen, versichern aber, dass man sie dennoch im Einklang mit diesen behandele.[13]
[...]
[1] US-Heimatschutzminister Michael Chertoff in einem SPIEGEL-Interview, DER SPIEGEL 50/2007, S. 27-30, S. 28.
[2] S. Fn. 1.
[3] Vgl. http://www2.amnesty.de/internet/deall.nsf/windexde/KA2005037, abgerufen am 31.12.2007.
[4] Vgl. Deutscher Bundestag Drucksache 15/2756, 24.03.2007.
[5] Im Folgenden näher erläutert.
[6] Genfer Konventionen III, Art. 13, zu finden auf http://www.admin.ch/ch/d/sr/c0_518_42.html, abgerufen am 31.12.2007.
[7] Vgl. GK III, Art. 78.
[8] Vgl. GK III, Art 99.
[9] GK III, Art. 3
[10] Ebd.
[11] Der damalige US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld am 27.01.2002, zu finden auf http://www.defenselink.mil/news/newsarticle.aspx?id=43817, abgerufen am 09.01.2008.
[12] Vgl. Stuckenberg, Carl-Friedrich: Das zähe Ringen um die Rechtsstellung der Gefangenen von Guantánamo Bay, in: Juristenzeitung, 23/2006, S.1142-1151, S 1144.
[13] Vgl. Fact Sheet über den Status der Gefangenen auf Guantanamo vom 07.02.2002, zu finden auf http://www.whitehouse.gov/news/releases/2002/02/20020207-13.html, abgerufen am 09.01.2008.
- Arbeit zitieren
- Gause Julia (Autor:in), 2008, Guantanamo Bay - Notwendige Maßnahmen oder Verfall des Rechtsstaates?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91696
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