Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, welcher Leistungsbegriff in der Grundschulpädagogik angemessen ist und wie Leistung sinnvoll gemessen werden kann.
Gliederung
1 Vorbemerkungen
2 Begriffsbestimmungen
3 Bestimmungsgrößen der Schulleistung (nach Rüdiger)
3.1 Personale Faktoren
3.2 Außerschulische Faktoren
3.3 Schulische Faktoren
4 Leistung in der Schule: Begründungen, Motive und Notwendigkeit
4.1 Anthropologische Gründe
4.2 Lernpsychologische Begründung
4.3 Gesellschaftliche grundschulpädagogische / sozialisationstheoretische Begründung
4.4 Pädagogische Begründung
5 Die Leistungsproblematik in der Schule
5.1 Probleme
5.2 Gründe
6 Pädagogische Konsequenzen
6.1 Prinzipien des pädagogischen Leistungsbegriffs (nach Jürgens)
6.2 Grundsätze einer pädagogischen Leistungserziehung (nach Lichtenstein-Rother)
7 Aktuelle Bestimmungen in Bayern zum Thema Leistung
8 Schlußbemerkung
9 Verwendete Literatur:
1. Vorbemerkungen
Horst und Werner gehen beide in die 4.Klasse. Der Sportlehrer hat beiden die Aufgabe gestellt, an die Reckstange zu springen.
Horst, groß, kräftig und durchtrainiert, springt mühelos und mit Leichtigkeit an die Stange.
Werner, kleiner und schwächlicher, springt und springt bis er schweißnass ist: Er erreicht die Reckstange trotz größter Anstrengung nicht.
Wer von beiden hat nun eine Leistung vollbracht?
Anhand dieses Bildes soll weiterhin die Problematik des Begriffes “Leistung” dargestellt werden
2. Begriffsbestimmungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Legt man diesen Leistungsbegriff zugrunde, so ist Horst Werner hoch überlegen. Im Mittelpunkt steht das Ergebnis der Bemühungen. Unser Sportlehrer würde in diesem Fall sagen: “Streng dich an, Werner! Schau, Horst hat es dir vorgemacht!”
Aber Werner gibt sich redlich Mühe, viel mehr Mühe als Horst. Er ist von der Reckhöhe allerdings überfordert. Es bedarf einer pädagogisch verantwortungsbewussten Sehweise, um vom reinen Ergebnisdenken wegzukommen und um auch die Anstrengungsbereitschaft, den Prozess zu würdigen. Dieser pädagogische Leistungsbegriff wird definiert:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Aspekte menschlicher Leistung: (nach Köck)
Auch Anstrengung verdient Anerkennung, da sie einen Beitrag zur Erweiterung und Festigung der obersten Leitideen des Erziehungsauftrages Selbst-, Sach-, Sozialkompetenz leistet!
3. Bestimmungsgrößen der Schulleistung (nach Rüdiger)
3.1 Personale Faktoren
Vorbemerkung:
Sämtliche personalen Faktoren sind in ihrer Verflechtung von Anlage und Umwelteinflüssen zu interpretieren. Eine genaue Differenzierung kann an dieser Stelle nicht erfolgen.
- kognitive Lernvoraussetzungen
Sie sind für schulische Leistungen von relativ großer Bedeutung.
Unterscheidung nach:
- Fertigkeiten (z.B. Beherrschung des Einmaleins) und
- allgemeine Fähigkeiten (Konzentrationsfähigkeit, Raumvorstellung)
- motivationale Lernvoraussetzungen
Leistungsmotivation: “Das Bestreben, die eigene Tüchtigkeit in all jenen Tätigkeiten
nach Heckhausen zu steigern oder möglichst hoch zu halten, in denen man einen
Gütemaßstab für verbindlich hält und deren Ausführungen des
halb gelingen oder misslingen”
(dieser Gütemaßstab kann - wie bei der Leistungsbeurteilung- individuell, sozial oder sachlich sein!)
- Arten der Leistungsmotivation:
- intrinsisch (von der Sache aus) oder
- extrinsisch (aufgrund von Einflussfaktoren von außen z.B. Lob, Furcht, Gefälligkeit)
- körperliche Lernvoraussetzungen
ðlabiler Gesundheitszustand beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit
- physische Grundvoraussetzungen des Schülers (Belastbarkeit der Organleistung, sensomotorischer Apparat)
- individuelle Schwierigkeiten, Behinderungen
Außerschulische Faktoren
- Familie
Die Familie hat als primäre Sozialisationsinstanz (v.a. aufgrund ihrer "Monopolstellung" während der ersten Lebensjahre) erheblichen Einfluss auf die Persönlichkeitsbildung des Kindes. Wichtige Faktoren für die Schulleistung sind dabei:
- Erziehungsmethode
- soziale Schichtzugehörigkeit (z.B. Vermittlung von Werten, Sprachgebrauch, Interessenhorizont))
- Entwicklung der Leistungsmotivation (wichtige Momente sind dabei: Leistungsanspruchsniveau des
- Elternhauses, Anregungsgehalt der häusl. Lernumwelt, Vorbild der Eltern)
- innere Struktur der Familie (Harmonie, “Wärme”, Zutrauen)
- Korrespondenzbereitschaft mit der Schule
- Peer-Groups
= Freunde, Gleichaltrige
Sie haben erheblichen Einfluss auf Interessen und Wertvorstellungen
- Außerschulische Institutionen
- Vorschule. Kindergarten oder -Hort
- Sportverein, Musikschule o.ä. sind v.a. bei bestimmten geförderten Inhalten wichtig
Schulische Faktoren
- Regelhafte Einflussgrößen
- Lehrplan, Unterrichtsempfehlungen, Richtlinien
- Fortgangsregelungen (Versetzung, Übertritt)
- Lehrerausbildung u.ä.
- Lokale und situative Bedingungen
- Klassengröße
- durchschnittlicher Begabungsgrad der Klasse
- Ausstattung der Schule (z.B. didaktische Qualität der Lernmittel)
- Schulklima
- Lehrerspezifische Einflüsse
- positives Lernklima: Interaktions-, Kommunikations- und Unterrichtsstil; Beurteilungsstil
- besondere Interessen
- Motivationsfähigkeit
Fazit:
Die Leistungen des Menschen liegen nicht allein in seinem Ermessen.
Der L muss diese Bedingungen im Auge behalten und versuchen, diese im Rahmen seiner Möglichkeiten zu beeinflussen, um Leistungen zu verbessern.
Bartnitzky: “Leistungen fallen nicht vom Himmel”
Bedeutung und Ziele der Leistung in der Schule:
Die Schulleistung besitzt eine zweifache Bedeutung:
Leistung des einzelnen für sein späteres Leben (Berufsleben)
Leistungsbeitrag der Schule für die Gesellschaft
Ziele:
a) Verfügbarkeit von Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten
b) Allgemeine Leistungsfähigkeit und -bereitschaft
c) Verfügbarkeit und Flexibilität für permanente und wechselnde Aufgaben des Lernens, des Leistens und der sozialen Einordnung
d) Selbstverwirklichung über Mündigkeit und Selbstvertrauen. Selbst- und Mitbestimmungsfähigkeit
4. Leistung in der Schule: Begründungen, Motive und Notwendigkeit
4.1 Anthropologische Gründe
Sich immer wieder aufs neue bewähren, etwas leisten zu wollen und leisten zu können ist eines der seelischen Grundbedürfnisse des Menschen, ist dem Menschsein immanent (nach Jürgens in GS 2/96)
Beleg dafür: spielerische Leistungserbringung der Kinder, die Freizeitaktivitäten Erwachsener
-> Leistung gehört zum Wesen des Menschen. Der Mensch verwirklicht sich in und durch seine Leistung; er erfährt seinen Selbstwert, gewinnt an Selbstachtung (durch Könnenserfahrung), erhält Anerkennung durch andere
- Der Mensch leistet (ursprünglich!) gerne, auch ohne “Belohnungsmechanismen”
Es gehört zu einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung, auch -in einem pädagogisch vertretbaren Maß- die Erfahrung zu machen, daß man etwas nicht leisten kann (s. Auftrag der GS:...”mit Schwächen leben lernen”)
- ein maßvolles Selbstwertgefühl heißt nicht maßloses Selbstvertrauen!
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