Inhalt
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Einleitung .2
I. Mythologie
I.1 Grundgedanken des Surrealismus .3
I.2 Theorien des Unbewußten und „écriture automatique“ .5
II. Die Krise des Gegenstandes und die Plastik .8
II.1 Einführung in die Objektkunst .9
II.2 Fetisch, Objektbesessenheit, Zufall und „objet trouvé“ 11
II.3 Lautréamont und konvulsivische Schönheit 12
II.3.1 Assemblagen, Ready-Mades und konstruierte Objekte 13
II.4 Aspekt der Erotik 14
II.5 Die Transparenz in der Darstellung 16
III. Giacometti - ein surrealistischer Bildhauer 17
IV. Schlußbetrachtung 21
Bibliographie
Einleitung
Um sich den seit 1930 entstandenen surrealistischen Objekten zu nähern, bedarf es einer komplexen Definition. Vorerst versuche ich, eine Einsicht in die Mythologie (bzw. die Art der Weltbetrachtung) des Surrealismus zu liefern, welche jedes Objekt, jeden Gegenstand aus der realen Welt als Antwort auf Stimmen und Fragen aus dem Unterbewußtsein definiert. Der für die Surrealisten so wichtigen Entdeckung des Unbewußten durch Sigmund Freud werde ich mich unter Punkt I.2 zuwenden, der daraus resultierenden Theorie der Surrealisten über das „objet trouvé“, unter Einbeziehung des urgeschichtlichen Glaubens an Objektbesessenheit, Animismus und Fetischkult unter II.2. Auf diesen Erkenntnisse basierend, werde ich den Einfluß Lautréamonts auf die surrealistische Suche nach einer „beauté convulsive“ erläutern und auf die verschiedenen Aspekte surrealistischer Anforderungen eingehen, die sie an ihre „konstruierten Objekte“ stellten.
Das abschließende Kapitel widme ich einigen Arbeiten Alberto Giacomettis, der als erster surrealistischer Bildhauer gilt und bedeutend zu der Entstehung der „Objekte mit symbolischer Funktion beigetragen hat.
Inhalt
Einleitung
I. Mythologie
I.1 Grundgedanken des Surrealismus
I.2 Theorien des Unbewußten, archaische Kunst und „écriture automatique“
II. Die „Krise des Gegenstandes“ und die Plastik
II.1 Einführung in die Objektkunst
II.2 Fetisch, Objektbesessenheit, Zufall und „objet trouvé“
II.3 Lautréamont und konvulsivische Schönheit
II.3.1 Assemblagen, Ready-Mades und konstruierte Objekte
II.4 Der Aspekt der Erotik
II.5 Die Transparenz in der Darstellung
III. Giacometti - ein surrealistischer Bildhauer
IV Schlußbetrachtung
Bibliographie
Einleitung
Um sich den seit 1930 entstandenen surrealistischen Objekten zu nähern, bedarf es einer komplexen Definition. Vorerst versuche ich, eine Einsicht in die Mythologie (bzw. die Art der Weltbetrachtung) des Surrealismus zu liefern, welche jedes Objekt, jeden Gegenstand aus der realen Welt als Antwort auf Stimmen und Fragen aus dem Unterbewußtsein definiert. Der für die Surrealisten so wichtigen Entdeckung des Unbewußten durch Sigmund Freud werde ich mich unter Punkt I.2 zuwenden, der daraus resultierenden Theorie der Surrealisten über das „objet trouvé“, unter Einbeziehung des urgeschichtlichen Glaubens an Objektbesessenheit, Animismus und Fetischkult unter II.2. Auf diesen Erkenntnisse basierend, werde ich den Einfluß Lautréamonts auf die surrealistische Suche nach einer „beauté convulsive“ erläutern und auf die verschiedenen Aspekte surrealistischer Anforderungen eingehen, die sie an ihre „konstruierten Objekte“ stellten.
Das abschließende Kapitel widme ich einigen Arbeiten Alberto Giacomettis, der als erster surrealistischer Bildhauer gilt und bedeutend zu der Entstehung der „Objekte mit symbolischer Funktion beigetragen hat.
I. Mythologie
I.1 Grundgedanken des Surrealismus
Die seit der Veröffentlichung von André Bretons „Manifeste du Surréalisme“(1924) bestehende Bewegung des Surrealismus war die literarische, lebensphilosophische und schließlich künstlerische Antwort ihrer Anhänger und Mitbegründer ( u.a. Paul Elouard und Louis Aragon ) auf die Widersprüchlichkeiten und sinnentleerten traditionellen Vorstellungen, die sie an der bourgeoisen Gesellschaft nach dem Ersten Weltkrieg kritisierten. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs nach dem vernunftorientierten 19. Jahrhundert, aber auch die neuen Errungenschaften einer modernen Zeit (neue Erkenntnisse in Wissenschaft und Technik), führten zu dem Drang nach einer neuen Wahrnehmung und nach einer neuen, modernen Ordnung. Die Kunst wandte sich gegen die „bloße Reproduktion“ des Realismus und wollte andere Werte und Schwerpunkte im alltäglichen Leben schaffen bzw. auf sie aufmerksam machen.
Die 1916 gegründete Dada-Bewegung, aus der sich später der Surrealismus bildete, wollte zu diesem Zweck erst einmal die bisherige Ordnung zerstören. Um sich gegen die Vernunft als Weg zur Macht bzw. die Macht der Vernunft zu wehren, bedienten sich die Dadaisten der Ironie, des Zynismus und des Nihilismus. Sie sahen in allem Traditionellen, allem Etablierten eine widersinnige Ordnung, auf die sich die Gesellschaft blind verläßt, und verspotteten den Krieg als den „Triumph des Sinnlosen“. Dada war eine antikünstlerische Bewegung, die nicht durch einen einheitlichen Stil, sondern durch eine Gesinnung (die oppositionelle Lebenshaltung gegenüber der bestehenden Gesellschaft) verbunden war: „The beginnings of Dada were not the beginnings of art but of disgust“ formulierte Tristan Tzara 1920 das dadaistische Konzept.[1] Es sollten keine Kunstwerke geschaffen werden, sondern die Nichtigkeit aller bisherigen Werte, so auch die des ästhetischen Werkes, aufgedeckt werden. Die Dadaisten versuchten, Sinn im Unsinn, das Gesetz im Zufall und die Schönheit im Abfall zu sehen. Die etablierte Kunst sollte durch „Anti-Kunst“ bekämpft werden.
Wie der Dada wollte auch der Surrealismus die „Lügen der Bourgeoisie“ bekämpfen und ein neues Bewußtsein schaffen. Dada wie Surrealismus forderten eine neue Einheit von Kunst und Leben. Anstatt aber wie die Dadaisten die Widersprüchlichkeiten, den Unsinn, das Chaos und die Zerstörung des Lebens in der Kunst auszudrücken, wollten die Surrealisten eine neue Lebensphilosophie etablieren, die wieder Harmonie, Urgefühl und eine natürliche Ordnung in das Leben bringen sollte. Von der deutschen Romantik und besonders von Sigmund Freuds Analysen des Unterbewußtseins beeinflußt, wollten sie, ebenso wie ihre ständigen Inspirationsquellen und geistigen Vordenker Arthur Rimbaud und Isidore Ducasse (bzw. der „Comte de Lautréamont“), „alle Gewohnheiten des Verstandesdenkens zerschlagen“[2], Traum, Phantasie und Ahnung als Äußerungen des Unterbewußtseins wahrnehmen („wahrnehmen“ im wahrsten Sinne des Wortes) und diese dazu nutzen, das tiefere Wesen der Dinge zu erkennen. Nur wer sein Unterbewußtsein in sein Handeln mit einbezieht und alle Formen der Unterdrückung des Geistes - sei es durch gesellschaftliche Normen oder durch die stete Kontrolle der Vernunft, die das Unmögliche vom Möglichen, den Traum von der Realität trennt - bekämpft, kann die absolute Wahrheit der Welt, die „surreale“ Wirklichkeit erkennen und wieder eins mit sich und dem Universum werden. Die von Breton geforderte Logik unterscheidet nicht zwischen „Sinn“ und „Unsinn“ und fragt nicht nach der Wahrscheinlichkeit[3],sie läßt sich nur von ursprünglichen Gefühlen und Wünschen leiten und kann so das „Wunderbare im Alltäglichen“[4] wiederentdecken. Diesen Weg zum Wesen der Dinge vergleicht Breton mit dem „Gang durch den Spiegel“ von L. Carrols „Alice im Wunderland“[5].
Dem literarisch-philosophisch orientierten Surrealismus galt die Kunst anfangs nur als Hilfsmittel, um ihre Themen auszudrücken. Er wollte keine Kunstwerke schaffen, sondern sah seine Werke als Experimente, um die von der Psychoanalyse aufgedeckten Widersprüche zwischen Wunsch und Realität aufzuheben.
I.2 Theorien des Unbewußten, archaische Kunst und „écriture automatique“
Freuds Psychoanalyse hat durch ihre wissenschaftliche Ergründung und Aufdeckung des Unbewußten die von der Phantastik der Romantik begeisterten Surrealisten stark beeinflußt und in ihrer Überzeugung bestärkt, daß durch die Vermittlung zwischen den sich widersprechenden Welten - innerer Wunsch und äußere Realität - eine bessere Gesellschaft entstehen wird. Diese Vermittlung wollten sie erreichen, indem sie die innere Welt in der äußeren Realität gegenständlich machen und so das Unbewußte ins Bewußtsein hinauf holen. Diese innere Welt offenbart sich, wenn die „Kontrolle der Vernunft“[6] ausgeschaltet wird (also in Traum, Trance und Wahnvorstellungen). Um dem Unterbewußtsein die Möglichkeit zu geben, sich auch im wachen Zustand zu äußern, benutzten die surrealistischen Künstler die Methode der „écriture automatique“; eine Möglichkeit, „den wirklichen Ablauf des Denkens auszudrücken. Denk-Diktat ohne jede Kontrolle durch die Vernunft, jenseits jeder ästhetischen oder ethischen Überlegungen “[7].Die schon teilweise von den Dadaisten angewandte Methode, sich unter Ausschaltung des Verstandesdenkens den Stift nur von inneren Trieben führen zu lassen, vergleicht O. Bihalji-Merin in seinem Werk „Abenteuer der modernen Kunst“ mit dem Geist der Zen-Malerei. Er zitiert D.T. Suzuki über japanische Kunst: „Wer überlegt und den Pinsel bewegt mit der Absicht, ein Bild zu schaffen, wird die wahre Kunst der Malerei gewißlich verfehlen.“[8] Die so entstandenen Werke sind für Breton „mit all dem beladen, was der Dichter oder Maler an Emotionalem in sich birgt.“[9] Die Faszination des Spontanen und die Erinnerung an Träume spielen bei der gesamten surrealistischen Kunst eine bedeutende Rolle. „Mehr oder weniger bewußt versuchen die Künstler, im Einklang mit den Erkenntnissen der modernen Wissenschaft, das Unanschauliche auszudrücken. Sie tun dies, indem sie sich vorbehaltlos dem Unbewußten, dem Impuls überlassen.“[10] Intuition und auch der dem logischen Denken widersprechenden Phantasie werden also von den Surrealisten die größten Freiheiten eingeräumt. Herbert Read schreibt zu dieser Notwendigkeit: „Seelisches Gleichgewicht (... ist) nur möglich, wenn die Integration formaler Elemente unterhalb der Bewußtseinsschwelle ungehindert stattfinden kann. Dies geschieht besonders bei jeder Tätigkeit bei der die Phantasie eine Rolle spielt.“[11] Dazu zitiert er Jung: „Man muß psychisch geschehen lassen können. Das ist für uns eine wahre Kunst, von welcher unzählige Leute nichts verstehen, indem ihr Bewußtsein ständig helfend, korrigierend und negierend dazwischenspringt“, man muß ein „Phantasiefragment in seiner -entwicklung objektiv beobachten“[12] können. Es gibt keinen Unsinn und nichts Unerklärbares, alles hat seine Wurzeln im Unbewußten. So erklärt sich Breton auch den „hazard objective“, einen scheinbaren Zufall, der zur Antwort auf noch unbewußte Fragen wird, wie zum Beispiel ein zufällig auf dem Flohmarkt entdeckter ungewöhnlicher Gegenstand (ein „objet insolite“): „Das Objekt fesselte mich, weil ich mich nicht erinnern konnte, etwas Ähnliches je gesehen zu haben und weil ich mich vergebens nach seiner Bestimmung fragte“[13]. Dieses sein Unterbewußtsein ansprechende Objekt ermöglichte es Breton nach einigen weiteren „Zufällen“, ein zur gleichen Zeit ausgestelltes angebliches Rousseau-Werk als Fälschung aufzudecken. „Die Umstände, die diese unerwartete Aussage herbeiführten, sind vorläufig noch rein zufälliger Art (...), die Umstände, in denen ich etwas über (dieses Werk) erfuhr, völlig unabhängig von mir, zumindest für die vernünftige Überlegung (...). Seit langem schon versuche ich die Aufmerksamkeit auf Phänomene solcher Art zu lenken, die das Gefühl einer großzügigen Hilfe von außen vermitteln und eine innere Leidenschaft begünstigen.“[14] Jeder Fund und jede noch so zufällige Begegnung (siehe Bretons „Nadja“[15] ) besitzt also eine tiefere Bedeutung. Dieser Punkt wird unter II.2 und II.3 noch einmal aufgegriffen.
[...]
[1] entnommen: Krauss, R.E. „Passages in Modern Sculpture“, MIT Press Cambridge / Massachusetts / London 1981, S. 106
[2] Breton, A. „Die Krise des Gegenstandes“(1936) in „Der Surrealismus und die Malerei“, Propyläenverlag Berlin, 1967, S.281
[3] Breton, A. „Die Manifeste des Surrealismus“, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 1968, S. 17 f
[4] Breton „Die Krise des Gegenstandes“ (a.a.O.), S. 281
[5] Breton, A. „Genesis und künstlerische Perspektiven des Surrealismus“(1941) in: „Der Surrealismus...“ (a.a.O.), S.58
[6] Breton „Die Manifeste...“ (a.a.O.), S.26
[7] ebda
[8] Bihalji-Merin, O. „Abenteuer der modernen Kunst“, DuMont Schauberg Verlag, Köln 1962, S.23
[9] Breton „Genesis ...“ (a.a.O.), S. 72
[10] „Abenteuer der modernen Kunst“ (a.a.O.), S.79
[11] Read, H. „Erziehung durch Kunst“, Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., München 1962, S.174
[12] ebda, zitiert aus: C.G. Jung „Das Geheimnis der goldenen Blüte“
[13] Breton, A. „Henri Rousseau als Bildhauer ?“ (1961) in „Der Surrealismus...“ (a.a.O.), S. 370
[14] ebda, S.371
[15] Breton, A. „Nadja“, Librairie Gallimard, Paris 1928
- Quote paper
- Tatjana Schikorski (Author), 1998, Mythologie und Objektkunst der Surrealisten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91544
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