Die Arbeit geht der Frage nach der Vermittlung von Geschlechterstereotypen am Beispiel der Radiosendung "Ponik & Petersen - Der NDR 2 Morgen" nach. Die „Gender-Debatte“ findet in akademischen Kreisen zunehmend mehr Beachtung. Dies ist auch dringend notwendig, denn im 21. Jahrhundert sind Stigmatisierungen und Vorurteile hinsichtlich des vermeintlich zugehörigen Geschlechts keine Seltenheit.
Ausgehend von dem Konzept, dass Geschlechtszugehörigkeit und Geschlechtsidentität nicht durch Eigenschaften oder biologische Merkmale festgelegt sind, sondern sozial hervorgebracht und reproduziert werden, soll sich in dieser Arbeit kritisch mit der Vermittlung von Geschlechterstereotypen im Massenmedium Radio auseinandergesetzt werden.
Die Forschungsfrage dieser Arbeit lautet hierbei, ob in der Radiosendung Ponik & Petersen – Der NDR 2 Morgen eine Vermittlung von Geschlechterstereotypen stattfindet. Um Frauen, Männer und Queers gleichermaßen anzusprechen, wird im Folgenden die >*innen< Schreibweise verwendet. Die Arbeit widmet sich dem Thema zunächst auf theoretischer Ebene. Dabei wird auf das Medium Radio und auf Morgensendungen im Allgemeinen eingegangen sowie im Speziellen auf den Norddeutschen Rundfunk (NDR). An-schließend wird der Begriff „Geschlechterstereotype“ definiert.
Des Weiteren wird ein Überblick über die aktuelle Forschungslage zu diesem Thema gegeben. Daraufhin folgt der Praxisteil dieser Arbeit. Für die Analyse der Vermittlung von Geschlechterstereotypen in der Radiosendung Ponik & Petersen – Der NDR 2 Morgen wird die Methode der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring angewendet. Vorab wird die Auswahl der Methode begründet und der Ablauf der Inhaltsanalyse erklärt. Sodann wird die Inhaltsanalyse nach Mayring durchgeführt. Abschließend wird ein Gesamtfazit gezogen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Einführung in das Medium Radio
2.1 Radio im Allgemeinen
2.2 Morgensendungen
2.3 Norddeutscher Rundfunk und Hörfunkprogramm des NDR 2
3. Begriffsdefinition Geschlechterstereotype
3.1 Kategorienbildung und Stereotype
3.2 Geschlechterstereotype
3.3 Geschlechterstereotype und Medien
4. Aktueller Forschungsstand bzgl. der Art und Weise der Darstellung von Geschlechtern in Rundfunksendungen
5. Methodenauswahl
5.1 Begründung der Auswahl einer qualitativen Inhaltsanalyse
5.2 Beschreibung des Ablaufs einer qualitativen Inhaltsanalyse
6. Durchführung der qualitativen Inhaltsanalyse
6.1 Schritt I: Festlegung des Materials
6.2 Schritt II: Analyse der Entstehungssituation
6.3 Schritt III: Formale Charakteristika des Materials
6.4 Schritt IV: Richtung der Analyse
6.5 Schritt V: Bestimmung der Analysetechnik und Festlegung der Analyseeinheiten
6.6 Schritt VI: Analyseschritte gemäß Ablaufmodell
6.7 Schritt VII: Zusammenstellung und Interpretation der Ergebnisse
7. Fazit
8. Literaturverzeichnis
Anhang
1. Einleitung
Die „Gender-Debatte“ findet in akademischen Kreisen zunehmend mehr Beachtung. Dies ist auch dringend notwendig, denn im 21. Jahrhundert sind Stigmatisierungen und Vorurteile hinsichtlich des vermeintlich zugehörigen Geschlechts keine Seltenheit. Ausgehend von dem Konzept, dass Geschlechtszugehörigkeit und Geschlechtsidentität nicht durch Eigenschaften oder biologische Merkmale festgelegt sind, sondern sozial hervorgebracht und reproduziert werden (vgl. Gildemeister 2010: 137), soll sich in dieser Arbeit kritisch mit der Vermittlung von Geschlechterstereotypen im Massenmedium Radio auseinandergesetzt werden.
Die Forschungsfrage dieser Arbeit lautet hierbei, ob in der Radiosendung Ponik & Petersen - Der NDR 2 Morgen eine Vermittlung von Geschlechterstereotypen stattfindet. Um Frauen, Männer und Queers gleichermaßen anzusprechen, wird im Folgenden die >*innen< Schreibweise verwendet.
Die Arbeit widmet sich dem Thema zunächst auf theoretischer Ebene. Dabei wird auf das Medium Radio und auf Morgensendungen im Allgemeinen eingegangen sowie im Speziellen auf den Norddeutschen Rundfunk (NDR). Anschließend wird der Begriff „Geschlechterstereotype“ definiert. Des Weiteren wird ein Überblick über die aktuelle Forschungslage zu diesem Thema gegeben. Daraufhin folgt der Praxisteil dieser Arbeit. Für die Analyse der Vermittlung von Geschlechterstereotypen in der Radiosendung Ponik & Petersen - Der NDR 2 Morgen wird die Methode der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) angewendet. Vorab wird die Auswahl der Methode begründet und der Ablauf der Inhaltsanalyse erklärt. Sodann wird die Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) durchgeführt. Abschließend wird ein Gesamtfazit gezogen.
2. Einführung in das Medium Radio
2.1 Radio im Allgemeinen
In diesem Kapitel wird sich mit dem Begriff „Radio“ auseinandergesetzt. Ursprünglich lässt sich der Begriff von dem lateinischen Wort „radius“ ableiten und bedeutet so viel wie „Strahl“ (vgl. Kleinsteuber 2012: 16). Eine eindeutige Definition lässt sich in der Literatur allerdings nicht festmachen (vgl. ebd.: 15).
Umgangssprachlich hingegen sind unter dem Begriff, welcher sich in Deutschland im 20. Jahrhundert etablierte, mehrere Sachverhalte zu verstehen (vgl. ebd.: 17f.). Radio kann hierbei als ein auditives Medium beschrieben werden, das durch eine Sender-Empfänger-Struktur gekennzeichnet ist. Weiterhin kann unter Radio die Organisation, die das Radioangebot gestaltet, (z.B. Funkhaus) verstanden werden. Das Massenmedium Radio ist außerdem ein Programmmedium. Beiträge, Programme und Musik werden vorbereitet, gestaltet und letztlich abgespielt (vgl. ebd.: 18). Radio kann zudem als ein „NebenherMedium“ bezeichnet werden. „Das Radio übernimmt im Zeit- und Aufmerksamkeitsbudgets des Hörers eine spezifische, zeitlich ausgedehnte, aber eher neben anderen Aktivitäten parallel laufende, Rolle ein“ (ebd.: 18). Außerdem kann Radio als etwas Technisches angesehen werden, da die Übertragungen auf technischem Wege funktionieren (vgl. ebd.). Des Weiteren bietet Radio ein mediales Angebot. Professionelle und amateurhafte Beiträge und Aufnahmen können im Radio abgespielt werden (vgl. ebd.). Das Medium Radio hat somit viele Facetten, sodass sehr auf den Kontext Acht gegeben werden muss, in dem über Radio gesprochen wird (vgl. ebd.: 19).
2.2 Morgensendungen
Da es in dieser Arbeit um die Vermittlung von Geschlechterstereotypen in einer Morgensendung im Radio geht, wird in diesem Kapitel explizit darauf eingegangen, wodurch Morgensendungen charakterisiert sind. Neben Nachrichten, Trailern, dem Einspielen von Werbespots und Jingles gibt es drei weitere Programmelemente, die sich als wesentlich für Morgensendungen herausgestellt haben. Dies ist erstens der Service, der Informationen über die Uhrzeit, über das Wetter und über die aktuelle Verkehrslage bereitstellt, zweitens die An- und Abmoderation der Sendungen sowie drittens die wiederholende Erwähnung des Radiosenders und des aktuellen Programms (vgl. Bayerische Landeszentrale für neue Medien 1994: 43). Diese drei Elemente nehmen hierbei 75 - 95% der Moderationsrollen von Morgensendungen ein. Weiterhin gelten das beiläufige „Plaudern“ und Erzählen, thematische Moderationen, Höreranimationen sowie Quiz- und Gewinnspiele zu typischen Charakteristika von Morgensendungen.
Diese letztgenannten Elemente nehmen allerdings nur einen sehr geringen Anteil der Sendungen ein (vgl. ebd.: 43). Zusätzlich zu den eben erwähnten inhaltlichen Beiträgen spielt die Selbstdarstellung der Moderator*innen eine große Rolle. Es wird beispielsweise von eigenen Erlebnissen, wie der „Darstellung von eigenen Gefühlen und Befindlichkeiten“ in den Sendungen berichtet (vgl. ebd.: 45). Auch wird das bereits erwähnte „Plaudern“ und Erzählen meist deshalb bewusst in das Programm eingebaut, weil dadurch die Möglichkeit geschaffen werden kann, einen individuellen Moderationsstil herzustellen (vgl. ebd.: 47). Ein weiteres zentrales Merkmal von Morgensendungen ist das Einbeziehen der Hörer*innen in das Programm. Auf diese Art und Weise wird versucht, dass sich die Hörer*innen mit den Moderatorinnen identifizieren. Ist eine positive Bindung aufgebaut, kann dies sogar dazu führen, dass über ein eher unzufriedenes Programm hinweggesehen wird (vgl. ebd.: 109). „Die Bindung an einen besonderen Moderationsstil, an eine besondere Moderatorenpersönlichkeit reduziert so ganz wesentlich die Umschaltbereitschaft der Hörer bei mißliebigen Programmelementen“ (vgl. ebd.: 109). Neben der Musik ist somit die Qualität der Moderation ausschlaggebend für den Erfolg von Sender und Programm (vgl. Haas/Frigge/Zimmer 1991: 571).
2.3 Norddeutscher Rundfunk und Hörfunkprogramm des NDR 2
Das analysierende Datenmaterial stammt aus einer Morgensendung des NDR 2, sodass in diesem Kapitel auf den Norddeutschen Rundfunk und das NDR 2 Hörfunkprogramm eingegangen wird. Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Hamburg und ist zuständig für die Veranstaltungen der Rundfunksendungen. Das Sendegebiet umfasst die Bundesländer Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein (vgl. Norddeutscher Rundfunk: 2015: 6). Die zentralen Hörfunkprogramme des NDR sind NDR 2 und N-Joy. Diese legen einen Fokus auf ein informatives und unterhaltendes Programm (vgl. ebd.). NDR 2 sendet täglich rund um die Uhr und kann dem Adult-Contemporary (AC) Format zugeordnet werden. Ein AC-Format ist nach Kleinsteuber (vgl. 2012: 185) darüber definiert, dass leichte Popmusik mit entspannter Hörbarkeit gespielt wird. Das Alter der Zielgruppe dieses Formats liegt bei 14 - 49 Jahren (vgl. ebd.). Auch der NDR 2 selbst fühlt sich aufgrund des Anspruchs ein attraktives Programm zu gestalten, für das Abspielen von Popmusik verpflichtet (vgl. Norddeutscher Rundfunk 2015: 31). Zusätzlich zum Abspielen von Musik informiert NDR 2 im Wesentlichen über aktuelle Nachrichten und berichtet über Verkehrs- und Wettersituation (vgl. ebd.: 39). Das Tagesprogramm des NDR 2 ist aufgeteilt in Früh-, Vor-, und Nachmittags-Programme. In sogenannten „Call-ins“ haben die Hörer*innen sogar Möglichkeiten zu unterschiedlichsten Themen und Fragen selbst zu Wort zu kommen (vgl. ebd.: 30). Hier wird bewusst Interaktivität hergestellt, um eine breite Hörerschaft zu erreichen. Zudem gibt es die Möglichkeit sich online zu beteiligen, beispielsweise über die Facebook-Seite des NDR 2 (vgl. ebd.).
3. Begriffsdefinition Geschlechterstereotype
3.1 Kategorienbildung und Stereotype
Der Begriff der Kategorisierung ist für das Verstehen von Stereotypen unerlässlich, da die Wahrnehmung des Menschen auf Kategorien basiert, die dadurch entstehen, dass Gemeinsamkeiten und Unterschiede erfasst werden (vgl. Thiele 2015: 24). Merkmalsausprägungen, die zur Kategorienbildung beitragen, können beispielsweise Persönlichkeitseigenschaften, Einstellungen und Werte, aber auch Merkmale des Alters, des Geschlechts und der Ethnie sein. Die Kategorien werden abgerufen und dienen als hilfreiche Einteilung und bei der Einordnung neuer Eindrücke in vorhandene Wissensstrukturen (vgl. ebd.). So steht zu Beginn jeder empirischen Wissenschaft die Kategorisierung. Welche Merkmale hierbei zugeordnet werden, wird in einem sogenannten Kategoriensystem festgelegt (vgl. ebd.). Im späteren Verlauf wird auf die Kategorienbildung erneut eingegangen, weil sie als Grundlage für die qualitative Inhaltsanalyse dient.
Der Begriff der Stereotype stammt ursprünglich aus dem Griechischen Wort „stereos“ ab und bedeutet so viel wie hart, fest, starr (vgl. ebd.: 27). Im 19. Jahrhundert ausschließlich als Fachbegriff verwendet, wurde der Begriff im 20. Jahrhundert erstmals mit der menschlichen Wahrnehmung in Verbindung gebracht. Konkret wird von Stereotype gesprochen, wenn es um „Strukturen des Denkens“ geht (ebd.: 27). Alltagssprachlich bedeutet Stereotype so viel wie Kli- 4 schee oder Vorurteil. „Ausgedrückt werden soll, dass eine Aussage, ein Bild, eine Verhaltensweise wenig mit ,der Realität' zu tun hat“ (ebd.: 28).
3.2 Geschlechterstereotype
Ein Teilbereich der Stereotype sind Geschlechterstereotype. Hierbei handelt es sich um Stereotype, die sich auf die Kategorie Geschlecht beziehen (vgl. Thiele 2015: 24). Als eine sehr anerkannte Definition gilt, dass Geschlechterstereotype kognitive Strukturen sind, „die sozial geteiltes Wissen über die charakteristischen Merkmale von Frauen und Männern enthalten“ (Ashmore/Del Boca 1979: 219). Kennzeichnend für Geschlechterstereotype ist, anders als bei anderen Gruppenstereotypen, dass sie sowohl präskriptive als auch deskriptive Elemente beinhalten. Die deskriptiven Anteile umfassen traditionelle Auffassungen hinsichtlich dessen, wie Frauen und Männer sind. Frauen sind demnach „abhängig, verständnisvoll und emotional, Männer ,sind' unabhängig, dominant und zielstrebig“ (Eckes 2010: 178). Parallel dazu bilden die präskriptiven Anteile traditionelle Annahmen ab, wie Frauen und Männer sein sollten oder wie sie sich zu verhalten haben. Von Männer wird daher z.B. erwartet, dass sie „dominant und zielstrebig“ und von Frauen, dass sie „verständnisvoll und emotional“ sind (ebd.).
3.3 Geschlechterstereotype und Medien
Studien aus den 1970er und 1980er Jahren, die nach der Darstellung der Frauen in den Massenmedien fragten, sind zu dem Ergebnis gekommen, dass Medien nicht die Realität wiedergeben und Frauen unterrepräsentiert dargestellt werden (vgl. Thiele 2015: 234). Es wird insgesamt weniger über sie berichtet und wenn dann nur in einem „sehr engen Rollenspektrum und in letztlich stereotyper Art und Weise“ (ebd.). Das Bild hat sich im Hinblick auf die Geschlech- terdarstellung seitdem nicht wesentlich verändert. In journalistischen Bereichen und vor allem in der Werbung, werden weiterhin geschlechterstereotypische Rollenbilder von Frauen vermittelt (vgl. ebd.: 235). Zum einen werden dabei traditionelle Bilder vermittelt, indem Frauen z.B. als die „Hausfrau“ oder die „Mutter“, dargestellt werden und zum anderen werden sie mit ganz bestimmten Kategorien in Verbindung gesetzt. Berufsbezogen fallen Begriffe wie die „Karrierefrau“ und hinsichtlich der sexuellen Orientierung Bezeichnungen wie die „Kampflesbe“ (vgl. ebd.: 235). Dass das System der Zweigeschlechtigkeit weiterhin erhalten geblieben ist, wird auch daran sichtbar, dass es in Medien beispielsweise üblich ist, dass Frauen andere Pflegeprodukte empfohlen werden als Männern (vgl. ebd.). Im Hinblick auf diese Tatsachen ist es unerlässlich sozialwissenschaftliche Forschungen zu betreiben, die nach den Unterschieden zwischen der „Realität“ und der „Medienrealität“ fragen (vgl. ebd.).
4. Aktueller Forschungsstand bzgl. der Art und Weise der Darstellung von Geschlechtern in Rundfunksendungen
Anders als die eben erwähnten Geschlechterdarstellungen im Medium allgemein, muss angemerkt werden, dass aktuelle Forschungen darüber, ob Rundfunkprogramme zur Gleichberechtigung und Gleichstellung von Männern und Frauen beitragen, kaum vorliegen. Ein Grund hierfür ist, dass sich Untersuchungen diesbezüglich meist mit viel zu enggefassten Fragestellungen oder ausschließlich mit Frauensendungen beschäftigen (vgl. Werner/Rinsdorf 1998: 36). Einer der wenigen Ergebnisse zu diesem Thema liefert die im Auftrag der Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen und des Ministeriums für die Gleichstellung von Frau und Mann Nordrhein-Westfalens durchgeführte Studie von Werner und Rinsdorf (1998). In dieser Studie wurden gezielt Fragen zu der Darstellung von Frauen und „Frauenthemen“ untersucht. Zusätzlich wurde geprüft, inwiefern die Programme der Lokalstationen in Nordrhein-Westfalen (NRW) dem Programmauftrag des Landes-Rundfunkgesetzes (LRG NW) gerecht werden. Es wird kurz darauf verwiesen, auf welche Art und Weise die Untersuchung durchgeführt worden ist und anschließend die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst. Zum einen wurden in der Studie von Werner und Rinsdorf (1998) explorative Experten-Interviews geführt. Fallstudien von insgesamt sieben ausgewählten Gebieten sollten zudem die Frage klären, welche Faktoren die Erfüllung des Programmauftrags beeinflussen. Dabei wurden Programme von ausgewählten Frauenradio-Initiativen im Bürgerfunk untersucht, dessen Inhaltsanalyse mit Gruppendiskussionen kombiniert wurde. Des Weiteren wur- den Befragungen durchgeführt, die Auskünfte über die Ansprüche der Hörerinnen in NRW an ein Radioprogramm geben (vgl. ebd.: 225).
Die Ergebnisse lassen sich in quantitative und qualitative Ergebnisse differenzieren. Quantitativ hat die Studie ergeben, dass in nordrhein-westfälischen Lokalstationen überwiegend Männer an den Mikrofonen sitzen. Dies war in mehr als zwei Dritteln der untersuchten Fälle zu beobachten. Männer nehmen außerdem häufiger die Rolle von Spezialisten ein, Frauen hingegen werden eher als „Allrounderinnen“ dargestellt (vgl. ebd.: 207). Zusätzlich zu diesen Moderationsparts sind Männer außerdem öfter zu Wort gekommen, wenn es um redaktionelle Beiträge geht. In zwei Dritteln aller Beiträge haben Männer gesprochen. Frauen hingegen sitzen nur dann häufiger vor dem Mikro, wenn die Reichweite der Hörerschaft niedriger ist, nämlich in der Nachmittagszeit (vgl. ebd.). „Bei vier von 41 Sendern waren weniger als fünf Prozent aller Journalisten-Stimmen weiblich“ (ebd.: 207f.). Bei sechs Sendern hingegen war die Mehrheit der am Mikrofon sitzenden Personen weiblich. In diesen Sendungen waren in der Redaktion teilweise mehr Frauen, teilweise mehr Männer angestellt (vgl. ebd.: 208) . Hinsichtlich der Befragungen gaben zwei Drittel der Personen an, dass sie zufrieden mit dem Anteil an Journalistinnen sind oder es ihnen nicht so wichtig ist, ob die Personen männlich oder weiblich sind. Ein Drittel hingegen zeigte sich unzufrieden mit dem Anteil weiblicher Stimmen in den Radiosendungen (vgl. ebd.).
Hinsichtlich der qualitativen Ergebnisse hat die Studie ergeben, dass bei politischen und ökonomischen Fragen in erster Linie Männer in den Sendungen zu Wort kommen. Frauen hingegen sprechen häufiger, wenn es um private Themen wie Kindererziehung und Partnerschaft geht. Die Befragungen haben ergeben, dass zwei Drittel der Hörer*innen sich mehr Wissenschaftlerinnen „on air“ wünschen und die Hälfte der befragten Personen sich mehr Mütter, berufstätige oder sozial engagierte Frauen wünschen. Die Ergebnisse geben deutlich zu erkennen, dass ein vielseitiges Frauenbild im Radio erwartet wird (vgl. ebd.: 209) . Hinsichtlich der untersuchten Fragestellung dieser Arbeit ist besonders interessant, dass in Radiosendungen stereotypische und klischeehafte Bilder von Geschlechtern vermittelt werden. „Über gut die Hälfte der medienexternen Personen [...] wird neutral berichtet - das heißt, sie tauchen nicht in einer gleichstellungsrelevanten Rolle auf“ (ebd.). Hingegen weitere vier von zehn Personen werden in drei typischen Rollen dargestellt. Und zwar in „berufliche erfolgreiche Menschen, Opfer von Gewalttaten oder Täter“ (ebd.). Über erfolgreiche Frauen wird dabei seltener berichtet. Frauen wird außerdem ein anderer Erfolg zugeschrieben als Männern. Männer werden oft als Politiker oder Manager dargestellt, Frauen hingegen entweder als Schauspielerinnen, Sängerinnen oder auch als Sportlerinnen (vgl. ebd.). Außerdem ist aus den Befragungen der Studie hervorgegangen, dass sich knapp jede dritte Person bereits darüber beschwert hat, wie Frauen im Lokalradio dargestellt werden. Zusätzlich zur Beschwerde, dass eine insgesamt zu frauenfeindliche Berichterstattung stattfindet, waren die am häufigsten genannten Antworten, dass Frauen klischeehaft dargestellt und nicht ernst genommen werden (vgl. ebd.).
5. Methodenauswahl
Gegenstand dieses Kapitels ist die qualitative Inhaltsanalyse, die für diese Arbeit herangezogen wurde. Dabei wird die Auswahl der Methode im Hinblick auf die Forschungsfrage nachvollziehbar begründet und ein Überblick über den Ablauf gegeben.
5.1 Begründung der Auswahl einer qualitativen Inhaltsanalyse
Der Vorteil qualitativer gegenüber der quantitativen Forschung ist, die Lebenswelten der handelnden Personen zu beschreiben. Ziel ist es hierbei, soziale Wirklichkeiten zu verstehen und dabei auf Abläufe, Deutungsmuster und Strukturmerkmale aufmerksam zu machen (vgl. Flick 2015: 14). Eine Möglichkeit, qualitative Forschung zu betreiben, ist die Anwendung einer qualitativen Inhaltsanalyse. Das Besondere an der qualitativen Inhaltsanalyse ist die meist offenere Gestaltung gegenüber Forschungsstrategien, die mit Zahlen und objektiven Daten arbeiten (vgl. ebd.: 17). Außerdem spielt bei der qualitativen Forschung die subjektive Wahrnehmung bei der Auswertung der Ergebnisse eine wesentliche Rolle. Die Untersuchung an sich ist somit flexibler (vgl. ebd.: 25). Weiterhin ist es möglich Beschreibungen der Probanden zu liefern, die die Sichtweise der Subjekte, subjektive und soziale Konstruktionen mit berücksich- tigt. Für Flick (vgl. ebd.: 17) ist die Anwendung der qualitativen Analyse zudem bestens für ein Forschungsfeld geeignet, welches neu untersucht werden soll.
5.2 Beschreibung des Ablaufs einer qualitativen Inhaltsanalyse
Im Folgenden soll genauer erläutert werden, wie in dieser Arbeit die qualitative Inhaltsanalyse durchgeführt wurde. Nach Mayring (2015) kann die qualitative Inhaltsanalyse in mehrere Schritte eingeteilt werden. Aufgrund des Umfangs der hier vorliegenden Arbeit werden einige Analyseschritte sinnvoll zusammengebracht, ohne dass dabei wichtige Schritte unterschlagen werden. Das Vorgehen der Analyse findet hierbei immer systematisch, regelgeleitet und theoriegeleitet statt (vgl. ebd.: 13). Zentraler Kern der qualitativen Inhaltsanalyse ist das Kategoriensystem (vgl. ebd.: 51). Die qualitative Inhaltsanalyse ist in der hier vorliegenden Arbeit in folgende Schritte unterteilt, die sich an das Ablaufmodell nach Mayring (vgl. 2015: 62) orientieren:
I. Festlegung des Materials,
II. Analyse der Entstehungssituation
III. Formale Charakteristika des Materials
IV. Richtung der Analyse
V. Bestimmung der Analysetechnik und Festlegung der Analyseeinheit
VI. Analyseschritte gemäß Ablaufmodell
VII. Zusammenstellung und Interpretation der Ergebnisse
6. Durchführung der qualitativen Inhaltsanalyse
6.1 Schritt I: Festlegung des Materials
Anfangs ist darauf hinzuweisen, dass es nicht immer leicht umzusetzen ist, in der Forschung alle Fälle in einem Sachverhalt zu analysieren. Aus diesem Grund treffen Forscher*innen meist vorab eine Auswahl des untersuchten Gegenstands. In der Sozialforschung ist hierbei die Rede von einem „Sampling“. Dieser Begriff beschreibt in der Sozialforschung die Auswahl des Untersuchungsgegenstands. Dies können u.a. Personen, Gruppen oder Institutionen sein. Sollen die Forschungsergebnisse repräsentativ für etwas stehen, so ist es notwendig, sich die Samplings genauestens zu überlegen (vgl. Przyborski und Wohlrab-Sahr 2009: 173f.). In diesem Forschungsprojekt wurden insgesamt sechs komplette Stunden der Radiosendung Ponik & Petersen - Der NDR 2 Morgen aufgenommen. Dies geschah im Zeitraum vom 22.12.2016 - 05.01.2017, jeweils in der Zeit von 7 - 8 Uhr. Die Entscheidung, die Aufnahmen in diesem Zeitraum aufzunehmen, wird damit begründet, dass in dieser Zeit damit zu rechnen gewesen war, dass eine große Hörerschaft anwesend ist. Im Hinblick auf diese Annahme, dass möglicherweise eine Vermittlung von Ge- schlechterstereotypen genau dann stattfindet, wenn dem viele Menschen zuhören, gab den ausschlaggebenden Grund das Datenmaterial von 7 - 8 Uhr für die Analyse heranzuziehen. Ausgestrahlt wird die Sendung montags bis freitags von 5 - 10 Uhr. Die Sammlung des Datenmaterials der insgesamt sechs Stunden erschien im Hinblick auf den Umfang dieses Projekts als ausreichend. Aus dem Gesamtmaterial wurden sechs Ausschnitte aufgrund ihrer repräsentativen Eigenschaften in Bezug auf die Fragestellung ausgewählt. Dieses Vorgehen erschien aus zeittechnischen Gründen sinnvoll.
Zur Sendung selbst steht auf der Homepage von NDR 2, dass die Hörer*innen in einen guten Start in den Tag begleiten werden sollen. Es werden „Lieblingshits“ abgespielt und über aktuelle Nachrichten, die Wetterlage und über die Verkehrssituation berichtet. Weiterer Bestandteil der Morgensendung ist ein „Comedyteil“, um die Hörer*innen zu unterhalten. Im Jahr 2012 wurde die Sendung mit dem Deutschen Radiopreis ausgezeichnet (vgl. Norddeutscher Rundfunk: 2017). Die Moderatoren der Radiosendung sind Ilka Petersen (*1977), seit Oktober 2007 beim NDR 2 angestellt und Holger Ponik (*1969), seit dem Jahr 2001 beim NDR 2 tätig. Ist einer der beiden Moderatoren krank oder im Urlaub, so findet die Sendung trotzdem statt und wird von anderen NDR 2 Moderatoren angeleitet. Dies war in einer der zu analysierenden Ausschnitte dieses Projekts der Fall, als die NDR 2 Moderatorin Jessica Müller (*1982) die Sendung übernahm (vgl. ebd.).
6.2 Schritt II: Analyse der Entstehungssituation
In diesem Kapitel wird die Entstehungssituation des Forschungsprojekts erläutert. Da Forschungsergebnisse den Anspruch erheben, repräsentativ zu sein, ist die Entscheidung dahingehend gefallen, eine Radiosendung als Untersuchungsgegenstand zu wählen, die im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausgestrahlt wird. Denn die Überlegung, dass Geschlechterstereotype in einem Radiosender vermittelt werden, die einen Informations-, Kultur- und Bildungsauftrag besitzen, den der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Anspruch nimmt, (vgl. Klein- steuber 2012: 192), machte das Hörfunkprogramm des NDR 2 als Untersuchungsgegenstand besonders interessant. Der Norddeutsche Rundfunk selbst steht laut eigenen Aussagen auch dafür, gezielt die Vielfalt der Gesellschaft ansprechen zu wollen (vgl. Norddeutscher Rundfunk: 53). Unter diesen Umständen bot sich die Sendung Ponik & Petersen - Der NDR 2 Morgen an. Da die Sendung von Montag bis Freitag jeweils fünf Stunden lang ausgestrahlt wird, war zudem davon auszugehen, dass ausreichend Datenmaterial herangezogen werden konnte. Ein weiteres Kriterium für die Auswahl dieser Radiosendung war der erhoffte Mehrwert des Forschungsprojekts, denn Forschungsergebnisse hinsichtlich der Vermittlung von Geschlechterstereotypen in Radiosendungen liegen bisher kaum vor (siehe Kapitel 4).
6.3 Schritt III: Formale Charakteristika des Materials
Das Datenmaterial liegt in schriftlich transkribierter Form vor. Mit Hilfe der Aufnahmen konnten die Sendungen wiederholt angehört und sorgfältig aufgeschrieben werden. Orientiert wurde sich dabei nach dem Transkriptionssystem des TiQ (Talk in Qualitative Social Research) (vgl. Przyborski und Wohlrab- Sahr 2009: 164). Die Transkriptionszeichen wurden allerdings ein wenig abgeändert und auf die für diese Inhaltsanalyse notwendigen Zeichen beschränkt. Die Zeichenerläuterungen des Transkripts befinden sich im Anhang dieser Arbeit.
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- Quote paper
- Hauke Harrsen (Author), 2017, Die Vermittlung von Geschlechterstereotypen im Radio. Das Beispiel der Radiosendung "Ponik & Petersen - Der NDR 2 Morgen", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/915185
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