Diese wissenschaftliche Arbeit innerhalb des Hauptseminars ,,Nordeuropa im Zweiten Weltkrieg’’ soll die Thematik der Besetzung Dänemarks und Norwegens durch die Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg, welche im Deutschen Generalstab als ,,Weserübung’’ bezeichnet wurde, komplex darstellen und dem Leser veranschaulichen, wer die Urheber dieser Militäroperation waren, wie die ,,Weserübung’’ verlief und letztendlich wie man das deutsche Unternehmen rückblickend beurteilen kann.
Inhalt
1.Einleitung
2. Die Kriegssituation bis zum Jahr 1940
3. Die Vorgeschichte der ,,Weserübung’’
4.Das Unternehmen ,,Weserübung’’
4.1 Die Vorbereitung der Operation
4.2 Die Weserübung Süd
4.3 Die Weserübung Nord
5.Die Zeit während der deutschen Besetzung
6.Fazit
7. Literaturverzeichnis
1.Einleitung
Diese wissenschaftliche Arbeit innerhalb des Hauptseminars ,,Nordeuropa im Zweiten Weltkrieg’’ soll die Thematik der Besetzung Dänemarks und Norwegens durch die Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg, welche im Deutschen Generalstab als ,,Weserübung’’ bezeichnet wurde, komplex darstellen und dem Leser veranschaulichen, wer die Urheber dieser Militäroperation waren, wie die ,,Weserübung’’ verlief und letztendlich wie man das deutsche Unternehmen rückblickend beurteilen kann.
Im Bezug auf das Seminarthema nimmt der deutsche Angriff auf die beiden skandinavischen Länder eine zentrale Rolle ein. Zum einen, indem Deutschland durch seinen Einmarsch in Polen in Folge dessen England und Frankreich ihre Kriegserklärungen gegen das Reich abgaben den Zweiten Weltkrieg überhaupt auslöste, zum anderen, dass die Besetzung der sonst traditionell neutralen skandinavischen Länder ein einschneidendes Ereignis in der Geschichte von Dänemark und Norwegen darstellt und das Verhältnis der beiden Staaten zu Deutschland vielleicht sogar bis heute beeinflusst.
Als Einstieg beginnt diese Arbeit mit der Kriegssituation bis zum Jahr 1940 und der Vorgeschichte der ,,Weserübung’’. Den Kern dieser Arbeit stellt das konkrete Unternehmen dar, von der Planung bis zur konkreten Durchführung. Im Fazit werden dann abschließend Einzelaspekte hinterfragt und aus der Sicht des Autors beantwortet.
Als Kernliteratur dienten unter anderem die Veröffentlichungen von Walther Hubatsch und Hans Martin Ottmer, die beide den schlichten Titel ,,Weserübung’’ tragen. Besonders Hubatsch veranschaulicht die Ereignisse im Jahr 1940 sehr detailliert unter der Verwendung verschiedener zeitgenössischer Quellen. Theoretisch als Quelle anwendbar, aber mit dem Hintergrund einer ideologisch verzerrten Sicht der geschilderten Dinge mit großer Vorsicht zu behandeln sind die Werke von Uli Huber mit dem Titel,, Kampf um Norwegen’’ und von August Wilhelm Heye ,,Z 13: Von Kiel bis Narvik’’. Beide Werke sind unmittelbar nach Abschluss des Unternehmens geschrieben und veröffentlich worden und spiegeln die nationalsozialistische Sicht im Bezug auf die Operation wieder. Vergleicht man die nach dem Krieg erschienenen Veröffentlichungen, erkennt man auch einen Wandel der Anschauungen im Rückblick der einzelnen Autoren auf die Geschehnisse des Zweiten Weltkriegs. Professor Dr. Hubatsch, der selbst Zeitzeuge des Dritten Reiches war und dieses Buch während der Regierungszeit Adenauers schrieb, vertritt noch eine sehr deutsch freundliche Sicht der Ereignisse, die höchstwahrscheinlich auch weite Billigung in der Bevölkerung fand. Hans-Martin Ottmer, dessen Buch 1995 erschienen ist und unsere nach 1968 geprägte heutige Geschichtsschreibung vertritt, relativiert einige Passagen aus der früheren Darstellung des Göttinger Professors, z.B. die aus der Sicht Hubatschs kriegsprovozierende Rolle Großbritanniens, insbesondere Churchills. Auch Salewski kann man mit dem bei ,,Neutralität und totalitäre Aggression’’ veröffentlichten Artikel dieser Forschungstendenz zuordnen. Trotzdem stellt nach meiner Meinung das Buch von Hubatsch, das zur Zeit umfangreichste Werk zu dem Thema ,,Weserübung’’ dar.
2. Die Kriegssituation bis zum Jahr 1940
Nachdem es Adolf Hitler gelungen war bis zum Jahr 1939 Österreich, das Sudeten- und das Memelland an das Deutsche Reich zu annektieren, bedurfte es keiner großen Weitsicht, um zu erkennen, welches das nächste Land sein würde, das im Interesse der nationalsozialistischen Expansionspolitik lag. Polen war das letzte Land, bei dem der Vorwand der Rückführung anwendbar war, da bis 1918 der westliche Teil des Landes als ,,Ostpreußen’’ weitgehend zum Deutschen Reich gehörte[1]. Früh wurde Hitler klar, nachdem am 31. März 1939 England und Frankreich Polen im Falle eines Angriffs ihre Hilfe zugesichert hatten, dass ein erfolgreicher Abschluss seiner Interessen nur über die Unterstützung einer Weltmacht, die zugleich ein Nachbarstaat Polens war, realisiert werden könnte, nämlich der Sowjetunion.
Für die Sowjetunion bestanden zwei große Motive, weshalb sie ebenfalls einem Militärschlag gegenüber dem kleinen Nachbarstaat nicht abgeneigt war: Einmal die Furcht vor der Isolierung durch die Westmächte und gleichzeitig ein Umschwenken von Hitlers Interessengebiet nach Osten, da er die östliche Erweiterung des Lebensraums offen in seinem Buch ,,Mein Kampf’’’ behandelt hatte.[2] Das zweite Motiv war die alte Feindschaft zwischen Polen und Russland, die ihren Ursprung unter anderem in dem von Polen siegreich beendeten Polnisch-Russischen Krieg von 1920 hatte. Polen war ein Vertreter des Antibolschewismus, so dass Russland, das bis 1918 noch den größten Teil von Polen besaß, die bestehenden Grenzen nicht anerkennen wollte.[3]
Am 23. August unterzeichneten die Sowjetunion und das Deutsche Reich, welche aus der Sicht ihrer jeweiligen Staatsideologien eigentlich Todfeinde waren, in Moskau einen deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt. Inhalt dieses Vertrages, der durch die beiden Außenminister Ribbentrop (für Deutschland) und Molotow (für die SU) ratifiziert wurde, war die gegenseitige Verpflichtung von Hitler und Stalin keinen anderen Staat zu unterstützen, der mit einem der Vertragspartner im Krieg steht. Die Westmächte wurden dadurch praktisch isoliert.[4]
In einem geheimen Zusatzprotokoll wurde außerdem die ,,Abgrenzung der beiderseitigen Interessensphären in Osteuropa’’ festgelegt. So hielt man fest, dass ,,für den Fall einer territorial-politischen Umgestaltung’’ Lettland, Estland und Finnland, sowie Bessarabien und die Hälfte Polens östlich der Flüsse Narew, Weichsel und San an die SU fallen sollten. Deutschland sah das Litauen und das polnische Territorium westlich der abgesteckten Grenze als für sich relevant an.[5] Die Vertragsdauer sollte 10 Jahre betragen und sich selbstständig um weitere fünf Jahre verlängern, wenn ihn nicht eine der beiden Mächte ein Jahr vor Ablauf der Geltungsfrist kündigt. Dieses Abkommen, das entgegen diplomatischer Bemühungen von Frankreich und England geschlossen wurde, erregte in der Folgezeit internationales Aufsehen.
Am 31. August, sechs Tage nach der Unterzeichnung eines Bündnisses zwischen England und Polen und der Neutralitätserklärung Italiens, erließ Hitler seine ,,Weisung Nummer 1 für die Kriegsführung’’.
In dieser waren folgende Punkte enthalten:
1. Nachdem nunmehr alle politischen Möglichkeiten zur Regelung der Lage an der Ostfront, die für Deutschland untragbar ist, mit friedlichen Mitteln erschöpft sind, habe ich eine gewaltsame Lösung beschlossen.
2. Der Angriff auf Polen muss gemäß den für ,,Fall Weiß,, getroffenen Vorbereitungen durchgeführt werden, mit den Abänderungen, die sich, soweit das Heer betroffen wird, aus der Tatsache ergeben, dass sie inzwischen ihre Anordnungen fast vervollständigt hat. Zuweisung der Aufgaben und die Operationsziele bleiben unverändert.
Datum des Angriffs 1. September 1939, Zeit des Angriffs 0445
3. Im Westen ist es von Bedeutung, dass die Verantwortlichkeit für die Eröffnung von Feindseligkeiten unzweideutig auf England und Frankreich fällt. Gegen unbedeutende Grenzverletzungen soll zunächst an Ort und Stelle eingeschritten werden.[6]
Am 1.September begann der Polenfeldzug, der vom deutschen Generalstab als ,,Fall Weiss’’ bezeichnet wurde. Die in zwei Heeresgruppen[7] geteilte deutsche Armee, unterstützt durch die Luftwaffe, griff in einer Zangenbewegung von drei Seiten Polen an. Deutschland ignorierte die in den Folgetagen gestellten Ultimaten von England und Frankreich, so dass beide Staaten am 3. September offiziell ihre Kriegserklärung an das Deutsche Reich bekannt gaben.
Wie zuvor verabredet, marschierte am 17.September die Rote Armee über die fast ungeschützte Ostgrenze Polens ein. Am folgenden Tag trafen die beiden verbündeten Armeen aufeinander, womit der Widerstand des weit unterlegenen polnischen Gegners endgültig gebrochen und der Feldzug in nur 18 Tagen beendet war.[8]
England stellte seinem Verbündeten nur eine kleine Truppe zur Verfügung, nachdem in London in den Wochen zuvor der Sinn einer umfangreichen militärischen Intervention teilweise stark in Frage gestellt wurde.[9] Noch am Tag der Besetzung wurde dem polnischen Botschafter in Moskau mitgeteilt, dass der polnische Staat nicht mehr existiert. In äußerst kurz bemessenen Nachverhandlungen wurde am 28. September in Moskau eine Modifizierung des geheimen Zusatzprotokolls zum deutsch-sowjetischen Vertrag unterzeichnet, welche nochmals die Abgrenzung der beiderseitigen Eroberungen und Interessensphären regelte: Die SU sicherte sich nun auch die Verfügungsgewalt über Litauen, die polnischen Woiwodschaften[10] Warschau und Lublin fielen ans Deutsche Reich.[11]
Mit diesem Schritt war die vierte Teilung in der Geschichte Polens endgültig vollzogen und das deutsch-sowjetische Bündnis hatte seine Pläne durchgesetzt. Hitler thematisierte dies auch in seiner Siegesrede in Danzig am 19. September: ,, Polen wird niemals wieder auferstehen. Dafür garantiert ja letzten Endes nicht nur Deutschland, sondern dafür garantiert ja auch Russland.’’ Einige Zeit später feierte er diese externe Regierung der beiden Siegermächte vor dem Reichstag mit den Worten: ,,Deutschland und Russland werden – jeder in seinem Raume – zur Wohlfahrt der dort lebenden Menschen und damit zum europäischen Frieden beitragen’’.[12]
Obwohl Hitler in derselben Reichstagsrede, die sich offenbar an die Westmächte richtete, versicherte, dass Deutschland keine Gebietsansprüche mehr stellt und nun eine Politik der Völkerverständigung und des Friedens betreiben werde, wiesen Chamberlain und Daladier, die Außenminister Englands und Frankreichs, diese Behauptung entschieden zurück. Auch Vermittlungsversuche Belgiens und der Niederlande blieben ohne Erfolg.
Das Szenario stürzte die sich nun mit Deutschland im Krieg befindlichen Staaten England und Frankreich in eine tiefe Krise. International wurden die Glaubwürdigkeit der englisch-französischen Wiederstandspolitik und Garantieverpflichtungen an andere Staaten wiederholt in Frage gestellt. Das Kriegsziel der beiden Länder, die Rekonstruktion und der Schutz Polens, ist durch das Eingreifen der Roten Armee in weite Ferne gerückt. Ohne Aussicht auf Erfolg erschien auch der Kurs, den man mit der Kriegserklärung an Hitler eingeschlagen hat, der durch seinen Blitzkrieg die militärische Übermacht Deutschlands in Europa demonstriert hatte.
Die Situation an der Westfront blieb weiterhin kritisch: Beide Truppen lagen sich hochgerüstet gegenüber, jedoch ohne Kampfhandlungen auszuüben. Diese Phase bezeichnete man später in England als ,,the phoney war’’.
Auch die Sowjetunion erkannte die furchteinflössende Wirkung, welche der Hitler-Stalin Pakt auf andere Staaten ausübte. Bereits im Oktober zwang Moskau Estland, Lettland und Litauen zur Unterzeichnung von ,,Beistandspakten’’ und der Abtretung von Militärstützpunkten an die Rote Armee. Finnland lehnte ähnliche Forderungen ab, woraufhin die UdSSR ab Mitte November einen Militärschlag vorbereitet. Nach den ,,Schüssen von Mainila’’ greift die Sowjetunion folglich am 30. September Finnland an, womit der finnische Winterkrieg ausgelöst wird. Als Reaktion auf den Angriff tritt auch der geschwächte Völkerbund zum letzten Mal auf, der auf Antrag Finnlands, Russland am 14.Dezember aus diesem Staatenbündnis ausschließt.
Ungarn, Italien, Frankreich und Großbritannien unterstützen Finnland durch Waffenlieferungen, eine militärische Intervention scheitert jedoch am Problem des Durchmarschverbots durch die skandinavischen Länder. Höchstwahrscheinlich wäre dies von Russland auch als Kriegserklärung der Westmächte angesehen worden, welches man um jeden Preis vermeiden wollte. Nach unerwartet harten Kämpfen bei denen die UdSSR verhältnismäßig hohe Verluste erleiden musste wird Finnland am 12. März 1940 ein Friedensvertrag oktroyiert, der Russland unter anderem finnisches Territorium und Marinebasen zusichert.[13]
3. Die Vorgeschichte der ,,Weserübung’’
Knapp zehn Wochen nach der deutschen Besetzung des Memellandes schlossen das Deutsche Reich und Dänemark am 31. Mai 1939 einen Nichtangriffspakt auf zehn Jahre. Norwegen und Schweden lehnten ähnliche Nichtangriffverträge ab, da sie sich zu diesem Zeitpunkt nicht von anderen Staaten bedroht fühlten. Am Tag des deutschen Angriffs auf Polen, dem 1.September 1939, gab Norwegen eine Neutralitätserklärung ab. In gleicher Weise hielten Schweden und Finnland wie zuvor im Ersten Weltkrieg an der Politik der strikten Neutralität fest.[14]
Für Deutschland hatte vor allem die norwegische Neutralität höchste Priorität, da bei dem zu erwartenden Kriegseintritt der Seemacht Großbritannien der deutsche Überseehandel zu Erliegen drohte. In diesem Falle würden dem Deutschen Reich nur noch zwei Seewege zur Verfügung stehen um das für die Kriegswirtschaft dringend benötigte Eisenerz aus der Region Gällivare-Kiruna nach Deutschland zu transportieren, nämlich die Ostsee und die Seelinie entlag der norwegischen Neutralitätsgewässer bis Narvik.
Noch bevor England und Frankreich ihre Kriegserklärung an Deutschland bekanntgaben, überreichte der deutsche Gesandte in Oslo dem norwegischen Außenminister Professor Dr. Koht am 2.September 1939 eine Note, in der die Deutsche Reichsregierung Norwegen versicherte, dessen Neutralitätspolitik zu unterstützen und jeden Neutralitätsbruch von dritter Seite mit Gegenmaßnahmen zu beantworten.[15]
Als am 3.September 1939 der Kriegseintritt Englands und Frankreichs erfolgte, war man in der Reichskanzlei von dieser Schicksalswendung unangenehm überrascht, da man für diesen Fall noch keinen Kriegsplan ausgearbeitet hatte. Auch die Seekriegsleitung stufte die Lage als äußerst kritisch ein, da die Kriegsmarine gegen die Seekriegsflotte Großbritanniens nicht ausreichend gerüstet war. Die Unterlegenheit der Überwasserstreitkräfte war sogar so prekär, dass Großadmiral Erich Raeder über das zu erwartende Schicksal der Schiffsbesatzungen schrieb, ,,dass sie mit Anstand zu sterben verstehen und damit die Grundlage für einen späteren Wiederaufbau zu schaffen bereit sind.’’[16]
Aufgrund der äußerst schlechten Ausgangssituation der Kriegsmarine bei Kriegseintritt der Alliierten musste der Vorsitzende der Seekriegsleitung den Ausbau seines Wehrmachtsteils weiter vorantreiben. So konnte Raeder bei einer Besprechung am 23.September 1939 Adolf Hitler von einem schnellen Ausbau der deutschen U-Bootwaffe, sogar unter Zurückstellung der Luftwaffe, überzeugen. Zugleich einigte sich man darauf, das sowjetischen Angebot über einen Marinestützpunkt östlich von Murmansk zu überprüfen und gegebenenfalls auch Basen in Norwegen zu errichten.
Am 3.Oktober 1939 hielt die deutsche Seekriegsleitung eine interne Lagebesprechung unter Vorsitz Raeders ab, bei der man den U-Bootkrieg gegen England plante. Bereits einen Monat zuvor hatte man eine Konferenz über dieses Thema abgehalten, bei der man jedoch unter dem Vorbehalt nicht das Völkerrecht verletzten zu wollen, vom uneingeschränkten U-Bootkrieg absah.[17]
Nun vermutete der Führer der U-Bootflotte, Kapitän zur See und Kommodore Dönitz, Erfolgsaussichten in einem ausgeweiteten Unterwasserkrieg gegen Geleitzüge, bei der jedoch die Küstenregionen rund um Großbritannien zu meiden waren.
Im Bezug auf die Frage, welche Stützpunkte für dieses Vorhaben nützlich sein könnten, machte Großadmiral Raeder innerhalb der Versammlung folgende Ausführungen:
,,Chef der Seekriegsleitung hält es für notwendig, den Führer baldmöglichst mit den Überlegungen der Skl. Über die Möglichkeiten zur Ausweitung der Operationsbasis nach Norden vertraut zu machen. Es ist zu prüfen, ob unter gemeinsamen Druck Russlands und Deutschlands die Möglichkeit zur Gewinnung von Stützpunkten in Norwegen besteht, mit dem Ziel einer grundsätzlichen Verbesserung unserer strategischen und operativen Lage.’’[18]
Die gesamten Kalkulationen der Seekriegsleitung zur Errichtung von Stützpunkten in Norwegen hatten die Zielvorstellung, die geostrategische Ausgangssituation für einen Seekrieg gegen England zu verbessern.
Bereits früh nach dem Kriegseintritt der Westalliierten ergaben sie für die deutsche Abwehr Indizien, welche auf das britisch- französische Bestreben hindeuteten, die norwegische Neutralität zu ignorieren und eigene Marine- und Luftlandestützpunkte an der norwegischen Küste zu errichten. Der Chef des Amtes Ausland/Abwehr des Oberkommandos der Wehrmacht, Admiral Canaris, und der Oberbefehlshaber des Marinegruppenkommandos Ost, Admiral Carls, warnten Raeder eindringlich vor der großen Gefahr einer englischen Intervention in Norwegen für das Deutsche Reich.[19]
In seiner nach dem Krieg veröffentlichten Biographie ,,Mein Leben’’ schreibt Raeder, er habe in der Aufrechterhaltung der Neutralität Norwegens den für das Deutsche Reich günstigsten Fall gesehen, denn solange Norwegen seine Neutralität behaupten konnte, sei der Import des schwedischen Erzes gesichert gewesen. Außerdem gäbe es nur eine minimale Gefährdung des Ostseeraumes, da außer über Schleswig-Holstein keine feindlichen Fliegerangriffe über neutrales Gebiet zu erwarten waren. Raeder hält auch fest, dass sich die Kriegssituation aus deutscher Sicht dramatisch verschlechtert hätte, wäre es England frühzeitig gelungen Militärstützpunkte auf Norwegen zu errichten. Er schreibt hierzu wörtlich ,,Dann wäre die nördliche Nordsee von beiden Seiten durch die gegnerische Flotte und Luftwaffe flankiert und endgültig abgeschlossen! Für uns würde keine Aussicht mehr bestehen, mit Überwasserstreitkräften in den Atlantik zu gelangen. Die Absperrung der Nordsee könnte mit Hilfe von großen Minensperren, ähnlich wie im Ersten Weltkrieg, so wirkungsvoll gemacht werden, dass selbst das Auslaufen von U-Booten sehr erschwert, wenn nicht gar unmöglich sein würde.``[20]
Dass England die schwedischen Erzexporte nach Deutschland um jeden Preis, auch unter der Verletzung der Neutralität, verhindern wollte, entsprach den realen Kriegsplänen der Alliierten. Nach eigenen Aussagen Raeders habe er Hitler persönlich bei einer Konferenz am 10.Oktober 1939 seine Bedenken bezüglich Norwegens mitgeteilt, doch wollte dieser zu jenem Zeitpunkt keine Entscheidungen fällen. Aus dem Gesprächsprotokoll,
jener Sitzung lassen sich Raeders Bedenken nicht beweisen, gleichwohl sind aber seine Überlegungen zur Einrichtung eines Stützpunktes in Trondheim darin enthalten.[21]
[...]
[1] Bracher, Karl Dietrich, Zusammenbruch von Versailles und Zweiter Weltkrieg, in: Propyläen Weltgeschichte, Band 9: Das zwanzigste Jahrhundert, Frankfurt am Main 1960, S.427.
[2] Bracher, Karl Dietrich, Zusammenbruch von Versailles und Zweiter Weltkrieg, in: Propyläen Weltgeschichte, Band 9: Das zwanzigste Jahrhundert, Frankfurt am Main 1960. S.428.
[3] Churchill, Winston S., Der Zweite Weltkrieg, Bern München Wien 1985, S.185.
[4] Hildebrand, Klaus, Das Dritte Reich, München 2003, S.66.
[5] Hildebrand, Klaus, Das Dritte Reich, München 2003, S.48.
Churchill, Winston S., Der Zweite Weltkrieg, Bern München Wien 1985, S.186.
[6] Churchill, Winston S., Der Zweite Weltkrieg, Bern München Wien 1985, S.189.
[7] Heeresgruppe Nord, Heeresgruppe Süd
[8] Churchill, Winston S., Der Zweite Weltkrieg, Bern München Wien 1985,S.200.
[9] Bracher, Karl Dietrich, Zusammenbruch von Versailles und Zweiter Weltkrieg, in: Propyläen Weltgeschichte, Band 9: Das zwanzigste Jahrhundert, Frankfurt am Main 1960, S.432.
[10] polnische Verwaltungsbezirke
[11] Hildebrand, Klaus, Das Dritte Reich, München 2003, S.67.
Bracher, Karl Dietrich, Zusammenbruch von Versailles und Zweiter Weltkrieg, in: Propyläen Weltgeschichte, Band 9: Das zwanzigste Jahrhundert, Frankfurt am Main 1960, S.432.
[12] Bracher, Karl Dietrich, Zusammenbruch von Versailles und Zweiter Weltkrieg, in: Propyläen Weltgeschichte, Band 9: Das zwanzigste Jahrhundert, Frankfurt am Main 1960, S.433.
[13] Bracher, Karl Dietrich, Zusammenbruch von Versailles und Zweiter Weltkrieg, in: Propyläen Weltgeschichte, Band 9: Das zwanzigste Jahrhundert, Frankfurt am Main 1960, S.433.
[14] Ottmer, Hans-Martin, Weserübung: Der deutsche Angriff auf Dänemark und Norwegen im April 1940, München 1940, S.18
Hubatsch, Walther, Weserübung, Göttingen 1960, S13.
[15] Hubatsch, Walther, Weserübung, Göttingen 1960, S.14.
[16] Ottmer, Hans-Martin, Weserübung: Der deutsche Angriff auf Dänemark und Norwegen im April 1940, München 1940, S.19.
[17] Hubatsch, Walther, Weserübung, Göttingen 1960, S.14f.
[18] Ottmer, Hans-Martin, Weserübung: Der deutsche Angriff auf Dänemark und Norwegen im April 1940, München 1940, S.20.
[19] Ottmer, Hans-Martin, Weserübung: Der deutsche Angriff auf Dänemark und Norwegen im April 1940, München 1940, S.21.
[20] Raeder, Erich, Mein Leben, Tübingen 1956.
[21] Auch Dönitz reichte am Tag zuvor einen Antrag mit dieser Forderung ein
Ottmer, Hans-Martin, Weserübung: Der deutsche Angriff auf Dänemark und Norwegen im April 1940, München 1940, S.22.
- Quote paper
- Hermann D. Janz (Author), 2008, Unternehmen Weserübung. Die Besetzung Dänemarks und Norwegens im 2. Weltkrieg, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91312
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