Mit welchem Anliegen schreibt man eine Masterarbeit zum Thema Kritik der Konzeption „Behinderung“ im nazistischen und neonazistischen Kontext?
In dieser Arbeit geht es nicht um die detaillierte Darstellung des Umgangs mit Behinderten im Nationalsozialismus und es geht auch nicht um Einzelfallverbrechen gegen Behinderte in der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts. Ein Vergleich von Verbrechen zur Zeit der Nationalsozialisten und der heutigen Zeit wäre nicht sinnvoll und ist in seinen Ausmaßen nicht vergleichbar! (Die dargelegten Beispiele dienen nur zur Verdeutlichung der heutigen Gewaltbereitschaft.)
Wie der Titel der Arbeit besagt, möchte ich mich in dieser Arbeit kritisch mit der Konzeption von Behinderung im nazistischen und neonazistischen Kontext auseinandersetzen.
So stellt sich im ersten Teil der Arbeit die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass im Dritten Reich Menschen mit seelischen und/ oder geistigen und körperlichen Beeinträchtigungen zu tausenden sterilisiert und/oder umgebracht wurden. Welches Ansehen hatten „Behinderte“ zur Zeit der Hitlerdiktatur, welche Definition von Behinderung lag vor? Woher kam die teilweise gesellschaftliche Akzeptanz bezüglich des unmenschlichen, würdelosen Umgangs mit diesen Menschen durch die Nationalsozialisten? Und warum gab es keinen geschlossenen Widerstand trotz einzelner Gegner des nationalsozialistischen Vorgehens?
Um diesen Umgang in der Spanne zwischen 1933 und 1945 genauer „verstehen“ zu können, werde ich zuvor auf themenrelevante Ereignisse und Entdeckungen aus dem 19. Jahrhundert eingehen. Eine Zeit in der sich gerade im Bereich der Wissenschaft, besonders der Biologie interessante und neue Forschungsergebnisse etablierten. Speziell muss auf die Forschung des britischen Wissenschaftlers Charles Darwin eingegangen werden. Seine Theorie über die Vererbung, Selektion und Anpassung, die er an Pflanzen und Tiere beobachtet hatte, faszinierten einige Forscher so sehr, dass sie es für sinnvoll hielten, sie sogleich auf den Menschen zu übertragen. Der Sozialdarwinismus war damit geboren. Mit der Idee Selektion und natürliche Auslese auch auf den humanen Bereich zu übertragen, wurde immer mehr Bezug genommen auf den Begriff der Eugenik und die Umsetzung deren Idee in der Euthanasie. Diese wurden ab 1939 auch praktisch vollzogen und mit Gewalt und Rücksichtslosigkeit gegenüber Behinderter durchgeführt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Behinderung im historischen Kontext des 19. und 20. Jahrhunderts (bis 1933)
- Charles Darwin - Der Darwinismus
- Der Sozialdarwinismus im 19. Jahrhundert
- Gesellschaftliche und soziale Lage Deutschlands in der Entstehungsphase des Sozialdarwinismus
- Eugenik- Begriffserklärung
- Euthanasie
- Euthanasie: Begriffsklärung
- Das Wiederaufleben der Euthanasiedebatte um 1900
- Soziokulturelle Rahmenbedingungen: Die Wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage Deutschlands Mitte des 20. Jahrhunderts
- Alfred Hoche und Karl Binding - „Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens“
- Zusammenfassung
- Die Konzeption „Behinderung“ im Nationalsozialismus (1933-1945)
- Begriffsklärung: nazistisch- nationalsozialistisch
- Die Rolle des Sozialdarwinismus im Kontext des Nationalsozialismus
- Nationalsozialismus und Behinderung
- Behinderungsbegriff nach Adolf Hitler
- Gesellschaft und Norm: Das nationalsozialistische Menschenbild und Gesellschaft
- Von der Zwangssterilisation zur Euthanasie- Gesetze und Verordnungen
- Kirche im Nationalsozialismus: Euthanasie und Eugenik im kirchlichen Kontext
- Schulische Veränderungen im Dritten Reich
- Zusammenfassung
- Der Behinderungsbegriff in demokratischen Gesellschaften
- Die Behinderungsklassifikation nach der WHO 1980 und 1998
- Behinderungsdefinition in der Erziehungswissenschaft nach Georg Feuser
- Die Konzeption „Behinderung“ im neonazistischen Kontext der Bundesrepublik Deutschland
- Neonazismus und Rechtsextremismus: eine Begriffsklärung
- Rechtsextremismus auf politisch - parlamentarischer Ebene: die NPD
- Entstehungsgeschichte und Entwicklung der NPD
- Das Verbotsverfahren der Bundesregierung gegen die NPD: Diskussion und Argumente
- Inhalte des Verbotsantrages der Bundesregierung
- Das Menschenbild der NPD
- Das Schulsystem nach Vorstellungen der NPD
- Die Gefährlichkeit der NPD durch ihre Machtansprüche
- Die Einstellung des NPD - Verbotsverfahrens
- Rechte Organisationen als Helfer der NPD außerhalb des parteilichen Geschehens
- Beispiel Kameradschaften - Institutioneller Aufbau
- Was sind Freie Kameradschaften?
- Entstehung und Verbreitung der Kameradschaften
- Ideologie der Freien Kameradschaften
- Freie Kameradschaften und die NPD
- Hauptfeindbild der Kameradschaften
- Die Kameradschaft Zella-Mehlis
- Ideologie der Kameradschaft Zella-Mehlis
- Rechtsextremistisches Handeln in der Kameradschaft Zella-Mehlis
- Mitwirken in gesellschaftlichen Vereinen
- Zusammenfassung: Gefährlichkeit der Kameradschaften -Behinderung am Leben
- Beispiel Kameradschaften - Institutioneller Aufbau
- Kritik der Konzeption von Behinderung im nazistischen und neonazistischen Kontext
- Pädagogisch-institutionelle Kritik
- Politische Kritik
- Ethisch-moralische Kritik
- Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Masterarbeit setzt sich kritisch mit der Konzeption von Behinderung im nazistischen und neonazistischen Kontext auseinander. Sie beleuchtet, wie es im Dritten Reich zur systematischen Ausgrenzung und Vernichtung von Menschen mit Beeinträchtigungen kam, und analysiert die ideologische Grundlage dieser Verbrechen. Die Arbeit untersucht zudem die Rolle des Sozialdarwinismus und der Eugenik im Nationalsozialismus, sowie die aktuellen Herausforderungen, die von rechtsextremistischen Gruppierungen in Deutschland ausgehen.
- Die historische Entwicklung des Begriffs "Behinderung" im 19. und 20. Jahrhundert
- Die ideologischen Grundlagen und die Praxis der Euthanasie im Nationalsozialismus
- Die Konzeption von Behinderung in neonazistischen Ideologien und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft
- Die kritische Auseinandersetzung mit der Konzeption von Behinderung in beiden Kontexten
- Die Bedeutung von Erinnerungskultur und Bildung im Kampf gegen Rechtsextremismus und Diskriminierung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den Kontext und die Zielsetzung der Arbeit erläutert. Im Anschluss werden die historischen Wurzeln der Konzeption von Behinderung im 19. und frühen 20. Jahrhundert beleuchtet, wobei Themen wie der Darwinismus, der Sozialdarwinismus und die Eugenik im Fokus stehen. Kapitel 3 befasst sich mit der Entwicklung des Begriffs "Behinderung" im Nationalsozialismus und den damit verbundenen Verbrechen, insbesondere der Euthanasie. Kapitel 4 gibt einen Überblick über die Definition von Behinderung in demokratischen Gesellschaften. Kapitel 5 analysiert die Konzeption von Behinderung im neonazistischen Kontext der Bundesrepublik Deutschland, wobei die NPD und rechte Kameradschaften im Zentrum stehen. Die Arbeit schließt mit einer kritischen Auseinandersetzung mit der Konzeption von Behinderung im nazistischen und neonazistischen Kontext sowie einem Ausblick auf die Herausforderungen, die sich in Bezug auf Inklusion und Diskriminierung stellen.
Schlüsselwörter
Die Masterarbeit beschäftigt sich mit den Begriffen "Behinderung", "Nationalsozialismus", "Neonazismus", "Rechtsextremismus", "Sozialdarwinismus", "Eugenik", "Euthanasie", "Diskriminierung", "Inklusion" und "Erinnerungskultur". Die Arbeit analysiert die Entstehung und Entwicklung des Begriffs "Behinderung" im Kontext von nationalsozialistischer und neonazistischer Ideologie und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft.
- Quote paper
- Julia Paul (Author), 2007, Kritik der Konzeption "Behinderung" im nazistischen und neonazistischen Kontext, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91304