Die vorliegende Arbeit ist semesterbegleitend entstanden und setzt sich daher aus verschiedenen Teilen zusammen, die zum Einen Thematiken des Seminars bearbeiten und ausführen, zum Anderen aber auch in den Gruppenarbeiten des Seminars entstanden sind. Da es sich bei dieser Arbeit um ein Portfolio handelt, ist kein komplettes Unterrichtsmodell konzipiert worden, sondern es werden lediglich einige Aspekte vorgestellt, die sich mit dem Drama des guten Menschen von Sezuan beschäftigen. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Doppelrolle der Hauptfigur.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Der Ingwertopf
1.1. Interpretation von Bertold Brechts Fragment
1.2. Gruppenarbeit: Szenisches Spiel am Beispiel des Ingwertopfes
2. Der gute Mensch von Sezuan
2.1. Die vielfältigen Aspekte des Dramas
2.2. Szenenübersicht
2.3. Didaktische Überlegungen - Welche Themen sollen bearbeitet werden?
2.4. Ausgewählte Methoden und Begründung
2.5. Handlungs- und produktionsorientierte Verfahren
3. Unterrichtsentwürfe
3.1. Unterrichtsentwurf: Einen dramatischen Text lesend erschließen
3.2. Hausaufgabenentwurf: Untertexte schreiben
3.3. Unterrichtsentwurf: Standbilder bauen
3.4. Unterrichtsentwurf: Rollenbiografien schreiben
4. Bibliographie
Einleitung
Die vorliegende Arbeit ist semesterbegleitend entstanden und setzt sich daher aus verschiedenen Teilen zusammen, die zum Einen Thematiken des Seminars bearbeiten und ausführen, zum Anderen aber auch in den Gruppenarbeiten des Seminars entstanden sind. Da es sich bei dieser Arbeit um ein Portfolio handelt, ist kein komplettes Unterrichtsmodell konzipiert worden, sondern es werden lediglich einige Aspekte vorgestellt, die sich mit dem Drama des guten Menschen von Sezuan beschäftigen. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Doppelrolle der Hauptfigur.
Das Fragment des Ingwertopfes habe ich mit aufgenommen, da er meiner Meinung nach sehr gut als Vorbereitung auf das szenische Spiel dienen kann. Man kann ihn bereits mit einer 7. oder 8. Klasse lesen und bearbeiten, so dass szenische Interpretationen für die SchülerInnen keine unbekannten Methoden mehr sind.
Ein Lesetagebuch habe ich nicht erstellt, deshalb stehen unter Punkt 2 die vielfältigen Aspekte des Dramas, die stellvertretend für das breite Spektrum an möglichen Bearbeitungspunkten stehen sollen und deren Auswahl daher keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Ich habe eine Szenenübersicht unter besonderer Berücksichtigung der epischen Mittel aufgestellt, so dass man immer wieder zu ihr zurückkehren kann, um sich den Verlauf des Dramas – falls notwendig – nochmals in Gedächtnis rufen zu können.
Die für mich zentralen Thematiken von Gut und Böse und die Rolle der Götter habe ich in den Unterrichtsentwürfen 3 und 4 bearbeitet, ansonsten das Augenmerk eher auf die Annäherung der Schüler an einen Dramentext und deren ersten Umgang mit einem solchen Text gelegt. Die Unterrichtsentwürfe 1 und 2 dienen dieser Annäherung. Die gedachte Lerngruppe für die Bearbeitung des Dramas Der gute Mensch von Sezuan ist eine 9. oder 10. Gymnasialklasse.
Ich habe zwar einige Ergebnisse der Gruppenarbeit des Seminars aufgenommen, mich aber ansonsten weitestgehend von der Gruppenarbeit losgelöst. Die Arbeit mit der Gruppe im Seminar war recht produktiv, doch lebhafte Diskussionen blieben aus, weshalb ich auch nur die Ergebnisse und nicht deren Entstehungsprozess mitaufgenommen habe. Eine Idee war, die Rezeption des Dramas mit der Schlussszene zu beginnen. Diese Idee stieß auf große Zustimmung. Da ich mich aber nicht mit der Gesamtrezeption des Dramas befasst habe, werde ich nicht näher darauf eingehen.
1. Der Ingwertopf
1.1. Interpretation von Bertold Brechts Fragment
Wenn man als Lehrer mit einer Lerngruppe einen Text erarbeiten möchte, d.h. ihn analysieren und interpretieren will, so muss man sich als Lehrer darüber im Klaren sein, wie man den Text selbst auffasst. Im Folgenden habe ich versucht, mir ein Bild vom Ingwertopf zu machen.
Die Rollen- und damit auch die Machtverteilung in Brechts Fragment ist schon durch die Namen der Figuren gegeben. Kung, als zentrale Figur, sticht durch einen individuellen Namen heraus, während die anderen lediglich nach ihrer Körpergröße, bzw. im übertragenen Sinne nach ihrem Ansehen in der peer group beschrieben werden.
Der Größte hat zu Beginn der Szene einer anderen Gruppe einen Ball weggenommen. Mit dieser Trophäe möchte er nun spielen und da der Mittlere und der Kleinste Mitläufer sind, haben sie dem nichts entgegen zu setzen. Sie möchten Kung in ihr Spiel integrieren, da er sehr stark ist und den Ball verteidigen könnte, falls die anderen Kinder ihren Ball wiederhaben wollten. Kung hat jedoch andere Vorstellungen vom Spielen und schlägt „Schulespielen“ vor, wobei es insbesondere um das „schickliche Ausessen eines Ingwertopfes“ gehen soll. Der Mittlere möchte sich Kungs Willen beugen, da er Respekt vor dessen körperlicher Stärke hat. Der Größte ist aber nach wie vor für das Ballspielen, immerhin hat er ja den Ball erbeutet und möchte diesen Triumph nun auskosten. Der Mittlere überzeugt die anderen beiden davon, dass sie Schule spielen sollten, jedoch steht für ihn weniger das Spielen an sich als das Ausessen des Ingwertopfes im Vordergrund.
Kung bemerkt diese unterschiedlichen Prioritäten nicht und glaubt, dass seine „Schüler“ wirklich das s c h i c k l i c h e Ausessen erlernen möchten. Dementsprechend naiv verhält er sich dann auch. Seine „Schüler“ sollen ihn in der Rolle von Generälen als König Yen anerkennen und sich dankbar zeigen, dass ihnen so eine große Ehre zukommt, nämlich, dass der König ihnen seinen königlichen Ingwertopf anbietet. Den Spielkameraden geht es natürlich nur um den Ingwer, sie greifen gierig in den Topf und nehmen sich soviel wie möglich. Zumindest der Größte und der Mittlere verhalten sich so. Kung ist entsetzt. Solch ein Verhalten hatte er nicht erwartet. Der Kleinste, der nun an der Reihe wäre, will auch schon gierig nach dem Topf greifen, Kung hält ihn aber davon ab, indem er vorführt, wie man es richtig macht. Auf die Frage ob er die Veranschaulichung wiederholen soll, antwortet der Mittlere mit einem klaren Nein, denn er möchte ja an soviel wie möglich Ingwer herankommen. Kung glaubt immer noch an die guten Absichten seiner Kameraden und lässt abermals den Größten probieren. Natürlich klappt es auch dieses Mal nicht. Kung tadelt, also will es der Größte noch mal versuchen. Kung hätte es ihm sicherlich erlaubt, jedoch durchschaut der Mittlere die Absichten des Größten und möchte selber zum Zuge kommen. Er „vollführt hastig die verlangten Gesten [und] greift verhältnismäßig gleichgültig in den Topf“. Sein Verhalten wird dann auch mit einem „besser“ von Kung bewertet, was er sofort als Anlass nimmt, sein Verhalten zu verbessern und er greift noch einmal in den Topf. Er hat es also geschickter als der Größte angestellt, denn der wollte ja auch noch mal in den Topf greifen, wurde aber vom Mittleren abgehalten. Dann kommt endlich der Kleinste an die Reihe. Er verhält sich vorschriftsmäßig und Kung ist begeistert. Er übertrumpft Kung sogar noch, in dem er beim Hineingreifen keinen Ingwer aus dem Topf holt. Kung ist entzückt. Solch eine Enthaltsamkeit, „Würde und Anstand“ hatte er nicht erwartet. Die anderen beiden. Nun als die beiden Größeren bezeichnet, laufen lachend mit dem Ball hinaus. Als Belohnung will Kung dem Kleinsten nun den restlichen Inhalt des Topfes vermachen, bemerkt nun aber, dass der Topf leer ist. Sofort unterstellt er dem Kleinsten, dass dieser sich anders verhalten hätte, wäre der Topf noch voll gewesen. Entsprechend dem Brechtschen Zitat „Erst kommt das Fressen, dann die Moral“ stellt er im Nachhinein fest, dass man sowohl Anstandsgefühl also auch einen vollen Topf braucht.
Der Mittlere scheint die treibende Kraft zu sein. Er ist es, der die anderen zum „Schulespielen“ überredet, er erhält den meisten Ingwer. Am Ende ist er dann auch nicht mehr der Mittlere, sondern wird zusammen mit dem Größten als die beiden Größeren genannt. Diese beiden haben nun alles, was sie wollten. Sie haben süßen Ingwer bekommen und widmen sich im Endeffekt doch ihrem Ballspiel, was von Anfang an ihre Intension war. Sie nutzen Kungs Erziehungsbestreben so gut sie können aus.
Der Größte wird im Laufe der Geschichte zum Mitläufer, denn die Führungsposition wird vom Mittleren übernommen. Erst gegen Ende nimmt er wieder an Bedeutung zu, denn dann geht es um das Ballspielen, in dem er die Hauptrolle spielt, denn er hat ja für den Ball gesorgt.
Der Kleinste kommt am schlechtesten weg. Er erhält als Einziger keinen Ingwer, denn selbst Kung schafft es, an immerhin ein Stück Ingwer zu kommen. Dabei hätte er es meisten verdient. Er ist wie ein Diplomat. Anfangs wirft er, als es um Kungs körperliche Stärke geht, noch ein, dass Kung sich noch nie geprügelt hat. Später kommt er nicht zum Zuge und al er dann endlich an der Reihe ist, bleibt kein Ingwer mehr für ihn übrig. Bei seinem ersten Versuch hätte er sich wahrscheinlich wie die anderen beiden verhalten, denn obwohl sie nicht das gewünschte Verhalten an den Tag legten, konnten sie ja doch an den Ingwer kommen. Beim zweiten Mal verhält er sich vorbildlich, denn er weiß ja noch gar nicht, dass der Topf leer ist. Die Reaktion der anderen: Lachen. Denn sie haben ja auch ohne Manieren ihr Ziel erreicht. Der Kleinste schaut nun in den Topf und sieht, dass er leer ist. Nun weiß er nicht weiter, denn bisher konnten die anderen ja ein Stück Ingwer aus dem Topf herausholen. Kung hilft ihm in seinem Eifer auf die Sprünge, da er ja denkt, dass der Kleinste vor lauter Anweisungen den Ablauf vergessen hat. Kung hätte ihn für sein vorbildlichen Benehmen belohnt, kann aber nun nicht mehr genau sagen, ob sich der Kleinste auch bei einem vollen Topf genauso verhalten hätte.
Kung ist aus psychischer Sicht der Leidtragende, denn der Kleinste kam ja aus physischer Sicht nicht zum Zuge. Er erhielt keinen Ingwer. Aber Kung, der anhand seiner Kameraden die Welt verbessern will, kommt zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis. Die Größeren essen den ganzen Ingwer auf, so dass für den Kleinsten nichts mehr bleibt, um seine Vorbildlichkeit darstellen zu können. Aber Kung glaubt von vornherein nicht an das Gute im Menschen, denn zum Einen will er seine Kameraden ja von Anfang an belehren und zum anderen unterstellt er dem Kleinsten, dass dieser bei anderen Bedingungen anders gehandelt hätte. In dem Text heißt es, dass Kung bereits eine Benehmensstunde abgehalten hat und zwar über das „Grüßen“. Auch dabei hat er Essen verteilt, nämlich Hirsefladen. Die Spielkameraden wissen also von vornherein, wie sie sich verhalten müssen, damit etwas Positives, in diesem Falle Essen, für sie dabei herausspringt. Kung ist so geblendet von seiner Lehrmeisterei, dass er diese Intentionen nicht bemerkt. Er wird sich auch wieder so verhalten. Auch wenn er nun weiß, dass sein Ingwertopf nächstes Mal voller sein muss, so wird er doch wieder in das alte Schema zurückfallen und den Größeren so lange etwas anbieten, bis der, wenn auch vollere, Topf leer ist. Der Kleinste wird auch dann das Nachsehen haben. Kung glaubt, er könne seine Kameraden belehren, aber aus seinem Verhalten und dem Benehmen seiner Kameraden scheint er nichts zu lernen oder auch nichts lernen zu wollen. Er ist von sich selbst so überzeugt, dass er alles andere nicht mehr wahrzunehmen scheint. Er kann ja sich ja schon „schicklich Benehmen“ und denkt, damit sei nun alles getan. Dass er aber auch an seiner Einstellung etwas ändern kann und sogar muss, das sieht er nicht.
1.2. Gruppenarbeit: Szenisches Spiel am Beispiel des Ingwertopfes
Gedachte Lerngruppe
Klasse 7 oder 8 einer Realschule oder eines Gymnasiums
Vorbereitung
Als Hausaufgabe den Text zur nächsten Stunde lesen lassen. Die Schüler sollen sich nach Möglichkeit bereits während des vorbereitenden Lesen mit einer Rolle besonders auseinandersetzen ("Überlegt Euch, welche Rolle Euch am meisten interessiert"). Da man nicht davon ausgehen kann, dass alle Schüler den Text zu Hause lesen werden, wird der Text dann in der Stunde natürlich noch mal gelesen, und zwar mit verteilten Rollen. Hier kann man die Schüler schon nach ihren Präferenzen fragen und dem entsprechend die Leserollen verteilen.
Man könnte den Text auch ein zweites Mal lesen lassen, natürlich auch wieder mit verteilten Rollen. Beim zweiten Lesen könnte man dann beispielsweise die unterschiedlichen Positionen der Gruppen durch Stuhlgruppen darstellen. Es gäbe immer zwei Gruppen. Zu Anfang die Gruppe KUNG und die Gruppe der ANDEREN. Im Verlaufe des Stücks würde sich der Kleine aus der Gruppe der ANDEREN lösen und zu KUNG wechseln. Am Ende gäbe es nur noch die KUNG Gruppe, da die ANDEREN ja schon wieder Ball spielen sind.
Da Ingwer in unseren Breitengraden nicht unbedingt zum Alltag gehört und schon gar nicht als Süßigkeit unter den Schülern bekannt ist, würden wir essbares Anschauungsmaterial mitbringen. Die frische Ingwerknolle hat ja eine sehr eigenwillige Form, also würden wir eine Knolle mitbringen, die man dann anfassen und beschnuppern kann. Ingwertee, Ingwerplätzchen, etc. wären weitere Möglichkeiten, die Schüler mit Ingwer vertraut zu machen. Aber am allerwichtigsten ist natürlich der Ingwer als Süßigkeit, denn der spielt in dem "Ingwertopf" ja die Hauptrolle. Kandierter Ingwer ist also ein absolutes Muss und bietet den Schülern die Möglichkeit, den Ingwer selbst einmal zu probieren.
Nach dem ersten Lesen müssen Schwierigkeiten auf der Wort- und Bedeutungsebene geklärt werden. Was bedeutet "sich etwas in den Mund schoppen" oder was versteht man unter "schicklichem Benehmen"? Die Schüler werden sich mit großer Wahrscheinlichkeit vorstellen können, was diese Wörter zu bedeuten haben, aber um sicherzugehen, dass es alle verstanden haben, bedarf es hier einer kurzen Klärung. Hat man etwas ausführlicher Zeit, kann man nicht nur klären, wie das "schickliche Benehmen" bei Brecht zu verstehen ist, sondern auch, was die Schüler auf den Schullalltag bezogen darunter verstehen und wie sie beispielsweise mit Mitschülern umgehen. Außerdem sollen sie verstehen, dass der Ingwertopf in einem anderen Kulturkreis spielt (V-Effekt) und dem entsprechend andere Vorstellungen von "schicklichem Benehmen" gelten. Wie sehen es die Schüler? Welche Vorstellungen haben sie von Anstand, was sich gehört und was nicht? Wie sieht es aus mit "schicklichem Benehmen" in anderen Generationen (beispielsweise den Großeltern)?
Nach dem ersten Lesen, dem Klären von Begriffen und dem Kennenlernen des Ingwers als Gewürzpflanze/Süßigkeit gehen wir zu Vorübungen über, die wir pantomimisch gestalten würden. Herauszustellen sind dabei die Szenen des "richtigen Verbeugens" und des "richtigen Grüßens".
Die Szene des Verbeugens ist ja im Text beschrieben, so dass hier zwar Leerstellen zu füllen sind, sich die Schüler aber noch etwas am Text orientieren könnten. Die Szene des Grüßens wird nur kurz erwähnt, sie war nämlich die vorhergehende Stunde des Lehrers Kung. Hier können sich die Schüler nur noch auf sich verlassen. Die zweite Szene wird den Schülern dann auch etwas schwerer fallen, aber da dies als Vorübung gedacht ist, werden sie bei den Stück an sich keine großen Probleme mehr haben.
Um auf Waldmann zurückzukommen, würden wir den Schülern eine Auswahl an schriftlichen Hausaufgaben geben, aus der sie eine wählen können:
- Rollenbiographie schreiben (Kung, Großer, Mittlerer oder Kleiner)
- Tagebucheintrag für den Tag (Kung, Großer, Mittlerer oder Kleiner)
- Gespräch zwischen Größerem und Mittlerem über Erlebtes
- Gespräch zwischen Kung und seiner Mutter
- Vortagsspiel des Grüßens verschriftlichen
- Etc.
Ich werde diese Beispiele hier nicht weiter ausführen, da ich an anderer Stelle im Bezug auf den guten Menschen von Sezuan nochmals auf sie eingehen und ausführlicher beschreiben werde.
Durchführung
In der Durchführung schließlich sollen sich die Schüler mit unterschiedlichen Körper- und Sprechhaltungen auseinandersetzen. So können die vier Jungen sehr unterschiedlich dargestellt werden. Man kann beispielsweise von den Namen (Größerer, Mittlerer, Kleinerer) auf die Körperhaltung schließen oder versuchen Kung so darzustellen, dass die anderen vielleicht danach doch nicht mir dem Ball verschwinden würden.
Das oben angesprochene Beziehungsgefüge (Stuhlgruppen) kann nun in einem Standbild verwirklicht werden. Die Schüler werden in Gruppen à 5 Schüler eingeteilt (4 Spieler, 1 Regisseur). Die Gruppen werden eingeteilt, innerhalb der Gruppe darf aber frei gewählt werden, wer die Rolle des Regisseurs übernehmen möchte.
Es können auch kleine Szenen gespielt werden, z.B. der Konflikt zwischen Ball spielen/Schule spielen oder die Szene, in der der Topf bereits leer und der Kleine damit der Betrogene ist.
Die Schüler können auch in Spielgruppen und Beobachtungsgruppen eingeteilt werden. Die Beobachtungsgruppe erhält einen Handbogen auf dem die wichtigsten zu beobachtenden Punkte vermerkt sind (sonst wird es zu ungenau).
Anschließend folgt dann eine Auswertung durch die Schüler. Wie sehen sie das Standbild? Hätten sie es anders gemacht? Wenn ja, wie und warum? Die Reflexion ist ebenso wichtig wie das Spiel an sich.
Ziele
Die Schüler sollen lernen andere Perspektiven zu übernehmen, sprich in andere Rollen schlüpfen zu können. Das ist nicht nur wichtig für das Theaterspiel, sondern auch für den Alltag und Umgang mit den Mitmenschen. Wenn man nur auf der eigenen Perspektive beharrt, kommt es schnell zu Konflikten, wie eben auch in dem Ingwertopf.
Die Schüler lernen durch das Spiel andere Haltungen einzunehmen und die Sprache des Stückes wird anfangs auch eher befremdlich wirken, da sie mit der Umgangssprache der Schüler wahrscheinlich nicht übereinstimmen wird.
Mit Texten spielerisch umgehen muss auch erst gelernt werden. Da man ja nicht gleich ein komplettes Theaterstück auf die Beine stellen muss, bietet sich so ein kurzes und damit auch übersichtliches Stück an, um die Schüler mit den Herangehensweisen vertraut zu machen und ihnen eventuell auch die Angst vor dem Spiel zu nehmen. Die Schüler müssen verstehen, dass es gilt Texte zu hinterfragen und sie nicht als selbstverständlich hinzunehmen. Aussagen müssen zerpflückt und analysiert werden. Anbieten würde sich hier "Was ist die Moral der Geschichte"? Was ist die Moral? Stimmt Brechts Aussage "Erst kommt das Fressen, dann die Moral"? Wenn ja, wie lässt sich das auf die Realität der Schüler übertragen? Gibt es andere Wege mit so einer Situation umzugehen?
Zum Textverständnis an sich dient "der Ingwertopf" als Heranführung an Dramentexte. Hierbei würde ich aber nicht zu tief gehen, sondern nur einen kleinen Einblick geben, was der Unterschied zur Lyrik oder zur Epik ist und warum. Im Laufe der Schulkarriere werden die Schüler auf weitere Dramentexte stoßen, so dass ihnen mit "dem Ingwertopf" der Einstieg in die Dramentheorie geliefert wird, diese aber nicht bis in kleinste Detail erklärt werden sollte. Kommen Fragen auf, kann man natürlich Literatur zur Verfügung stellen, doch sollte dies nicht im Vordergrund stehen.
2. Der gute Mensch von Sezuan
2.1. Die vielfältigen Aspekte des Dramas
Im Folgenden werde ich einige Aspekte vorstellen, die die Lerngruppe im Laufe der Rezeption des Werkes kennenlernen sollte. Die Auswahl erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll lediglich stellvertretend für das breite Spektrum an möglichen Bearbeitungspunkten stehen.
Biografie Brechts
Um die Hintergründe eines Werkes verstehen zu können, ist es wichtig etwas über das Leben des Autors zu wissen. Ich habe hier eine kleine Biografie geschrieben, die die wichtigsten Stationen in Brechts Leben beschreibt. Für die Unterrichtspraxis kann man eine Biografie als Referat vergeben, muss aber vorher sicher stellen, dass die wichtigen Punkte auch genannt werden.
Bertold (Eugen Friedrich) Brecht wurde am 10. Februar 1898 in Augsburg geboren. Er wuchs in gutbürgerlichen Verhältnissen auf, erhielt von den Eltern aber kaum literarische Anregung. Nach seinem Abitur 1917 immatrikulierte er sich als Medizin- und Naturwissenschaftsstudent in München, exmatrikulierte sich aber 1921 und wandte sich dem Theater zu. Er verfasste Kritiken und besuchte Theaterseminare. 1924 zog Brecht nach Berlin, da ihm München zu nationalistisch (SA-Aufmärsche, Hitlerputsch) und konservativ wurde. In Berlin bekam er eine Stelle als Dramaturg am Deutschen Theater und konnte auch eigene Stücke inszenieren. 1928 wurde die Dreigroschenoper uraufgeführt und machte ihn über Nacht berühmt. Freundschaften mit linksgerichteten Künstlern und Publizisten brachten ihn zunehmend in Opposition zur Weimarer Republik. 1928/29 besuchte Brecht die Marxistische Arbeiterschule und studierte den Marxismus. Seine Lehr- und Parabelstücke bekamen zunehmend kommunistische Züge. Einen Tag nach dem Reichtagsbrand (27.2.1933) emigrierte Brecht mit seiner Familie zunächst über Prag, die Schweiz und Paris nach Dänemark. 1935 wurde ihm die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Über Schweden (1939) und Finnland (1940/41) flüchtete er vor dem sich ausbreitenden Krieg in die USA (Santa Monica 1941 – 47). 1947 kehrte er über Prag und Zürich in den Ostsektor von Berlin zurück, wo er bis zu seinem Tod 1956 (14. August 1956) lebte und arbeitete. 1950 erwarb er die österreichische Staatsbürgerschaft, die ihm ganz Deutschland offen hielt. Brecht setzte sich für den Aufbau des Sozialismus in der DDR ein, jedoch wollte er eine Revolution „von unten“, aus den Reihen des Volkes, und kritisierte die Etablierung des Funktionärsstaats. Seine Arbeiten waren in der DDR trotz Auszeichnungen umstritten und blieben z.T. missverstanden.
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- Quote paper
- Sarah Müller (Author), 2006, "Der gute Mensch von Sezuan" - Unterrichtsaspekte für die Klassen 8 - 10, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91236
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