In Anlehnung an die Bachelorarbeit des Autors wird hier erneut das Thema Anreizsysteme für Lehrer betrachtet. Anhand von internationalen Vergleichen von Bildungs- und Besoldungssystemen sowie Arbeitszeitsystemen für Lehrer soll mittels Ergebnissen von Schülerleistungsstudien (PISA etc.) die Qualität von Unterricht und deren mögliche Steigerung anhand von Motivation und Anreizen analysiert werden. Es wird in diesem Zusammenhang auch die Rolle der Schulleitungen betrachtet.
Zunächst müssen dazu die zentralen Begrifflichkeiten einheitlich definiert werden, wonach ein Blick auf den Zustand des deutschen Bildungssystems und den Qualitätsstand deutscher Schulen die Problematik und das Verbesserungspotenzial
genauer spezifizieren soll. Um die Untersuchung von Anreizsystemen für Lehrer überhaupt zu legitimieren, muss als wichtigste Schnittstelle noch vor der Beschäftigung mit den Anreizen selbst die Korrelation der Qualität von Unterricht mit der Qualität von Bildung geklärt werden.
Als Basis für die Untersuchung möglicher zukünftiger Vorgehensweisen zum Thema Anreizsysteme soll als nächster Schritt ein aktueller Stand abgebildet werden. Da sowohl national als auch international vielfältige Varianten von Bildungspolitik, also
auch vielfältige Methoden der Anreizschaffung praktiziert werden, soll hier ein Überblick über bereits angewandte anreizstiftende Komponenten und Werkzeuge geboten werden. Hierbei sollen Unterschiede auf Ebene der Bundesländer als auch international ein internationaler Überblick dokumentiert werden. Dies kann anhand der umfassenden Daten der OECD-Studie "Bildung auf einen Blick" geschehen.
Anhand dieses Überblicks kann dann der erste Versuch einer Bewertung der Effektivität von bereits angewandten Anreizkomponenten vorgenommen werden, indem diese mit den Ergebnissen bei PISA abgeglichen werden. Da bei einer Untersuchung, die die Steuerung von Verhaltensweisen von Menschen zum Ziel hat, nicht vergessen werden sollte, das Untersuchungsobjekt selbst zu involvieren, soll ein Fokus dieser Arbeit auf der Betrachtung der Wahrnehmung der Lehrer selbst liegen.
Das Selbstbild von Lehrern, die Zufriedenheit mit ihrer beruflichen Situation und daraus resultierende Verbesserungswünsche und -vorschläge bieten einen wertvollen Fundus an Informationen aus erster Hand, die direkt dazu beitragen können, eine wirkungsvolle Systematik an Anreizen zu konstruieren.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Problemstellung
2 Klarung der Begrifflichkeiten
3 Schulqualitat als Beweggrund fiir Anreizschaffung
3.1 Feststellung von Schulqualitat
3.2 Stand und Entwicklung von Schulqualitat
3.2.1 PISADeutschland
3.2.2 PISA-E: Der Bundeslandervergleich
3.2.3 PISA International - Stand und Entwicklung
3.3 Aus den Ergebnissen resultierende MaBnahmen
3.4 Zusammenhang der Pisa-Studie mit Anreizsystemen
3.5 Zusammenhang zwischen Lehren undLernen
4 Theoretische Moglichkeiten fiir Anreizkomponenten
4.1 Verhaltensauslosende (positive) Anreize
4.1.1 Extrinsische Anreize
4.1.1.1 Monetare Anreize
4.1.1.2 Nicht-monetare Anreize
4.1.2 Intrinsische Anreize
4.2 Verhaltensvermeidende Anreize
4.2.1 Sanktionen
4.2.2 Informierte Unternehmensleitung
4.3 Schulspezifische Anreize
4.3.1 Ubertragungsproblematik
4.3.2 Mogliche Anreize fur Lehrer
4.3.2.1 Extrinsische Anreize fur Lehrer
4.3.2.2 Intrinsische Anreize fur Lehrer
4.3.2.3 Verhaltensvermeidende Anreize fur Lehrer
5 Angewandte Anreizsysteme
5.1 Internationaler Vergleich der Praxis
5.1.1 Lehrergehalter
5.1.2 Arbeitszeit
5.1.3 Zusatzverdienstmoglichkeiten
5.2 Deutschland
5.3 Bundeslandervergleich
5.4 Finnland
5.5 Interpretation und Abgleich mit Qualitatsstand
6 Die Lehrerperspektive
6.1 Lehrerzufriedenheit
6.1.1 Lehrerzufriedenheit in der Empirie
6.1.2 Negative Aspekte in der Empirie
6.1.2.1 Berufsunzufnedenheit und Verbesserungsvorschlage
6.1.2.2 Belastung und Beanspruchung
6.1.2.3 Psychische Probleme
7 Schulleitung
7.1 Aufgaben einer Schulleitung
7.2 Anreizschaffung durch die Schulleitung
7.2.1 Fuhrungsstil
7.2.2 Schulkultur und Leitbild
7.2.3 Schulindividuelles Anreizsystem
7.2.4 Informierte Schulleitung
7.2.5 Feedbacksystem
7.3 Probleme der Schulleitung
7.4 Losungskonzept und Anreize fur die Schulleitung
8 Vorbereitung auf den Lehrerberuf
8.1 Erwartungen, Motive und Anreize zur Berufswahl
8.2 Lehrerausbildung
8.2.1 Studium und Vorbereitungsdienst
9 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Verhaltnis des Gehalts nach 15 Jahren Berufserfahmng (mit Mindestausbildung) zum Gehalt 25- bis 64-jahriger ganzjahrig Vollzeitbeschaftigter mit einem Abschluss im Tertiarbereich (2009 bis letztes verfugabres Jahr: OECD 2011, S.502.51
Abbildung 2: Entwicklung des Verhaltnisses der Gehalter nach 15 Jahren Berufserfahrung (mit Mindestausbildung) zum BIP pro Kopf (2000, 2005, 2009): OECD 2011, S. 50952
Abbildung 3: BesoldungsvergleichBundeslander: GEW2010.64
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Ausloser groBter personlicher Berufszufriedenheit. In Anlehnung an: Ipfling/Peez/Gamsjager 1995, S.8272
Tabelle 2: Ausloser groBter personlicher Bemfsunzufriedenheit. In Anlehnung an: Ipfling/Peez/Gamsjager 1995, S.8674
1 Problemstellung
„Es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist als Bildung: keine Bildung!". Dieses Zitat des damaligen amerikanischen Prasidenten John F. Kennedy aus dem Jahre 1962 besitzt auch heute noch unverriickbare Giiltigkeit fiir jeden Wissenschaftler oder Politiker, der sich mit Bildung beschaftigt. Gerade in Deutschland mangelt es in den letzten Jahren weder auf padagogischer noch auf politischer und auch offentlicher Ebene nicht an Kontroversen und Diskussionen zum Thema Bildung. Als Hauptgrund fiir die Begutachtung des deutschen Schulsystems konnen ganz klar die PISA-Studien und die Position deutscher Schiiler in den internationalen Ergebnisrangfolgen der Studie genannt werden. Seit Beginn der Durchfiihrung der internationalen Untersuchung zum Wissensstand von Schiilern im Jahr 2000 macht man sich besonders in Deutschland mehr Gedanken iiber die Bildung von Schiilern als zuvor. Grund dafiir: Die Deutschen schneiden im internationalen Vergleich viel schlechter ab als erwartet. Zwar konnte man sich im Verlauf der im dreijahrigen Turnus durchgefiihrten Leistungsmessungen stetig verbessern, doch bleibt die aktuelle Position, die sich leicht iiber dem OECD-Durchschnitt befindet, immer noch ausbaufahig.
Nun gibt es fiir die Qualitat von Bildung verschiedene Faktoren. Eine entscheidende Rolle spielen hierbei die Mittler der Bildung selbst: die Lehrer. Um Schiiler dazu zu bringen, sich nachhaltiges Wissen und die in der heutigen Welt notwendigen Fahigkeiten anzueignen, stellt die Motivation von Lehrern eine unverzichtbare Basis dar. Da im Berufsfeld der Padagogen „normale" Menschen tatig sind, kann nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass ein HochstmaB an Motivation per se bereits gegeben ist. Vielmehr muss geklart werden, wie mit Hilfe von verschiedenen Anreizen die Motivation von Lehrern maximiert werden kann und wie diese dann mit der Leistung von Lehrern und schlieBlich mit der Qualitat der Lehre korreliert. Die Untersuchung dieser Eckpunkte kann als Ziel dieser Arbeit betrachtet werden.
Zunachst miissen dazu die zentralen Begrifflichkeiten einheitlich definiert werden, wonach ein Blick auf den Zustand des deutschen Bildungssystems und den Qualitatsstand deutscher Schulen die Problematik und das Verbesserungspotenzial genauer spezifizieren soil. Um die Untersuchung von Anreizsystemen fiir Lehrer iiberhaupt zu legitimieren, muss als wichtigste Schnittstelle noch vor der Beschaftigung mit den Anreizen selbst die Korrelation der Qualitat von Unterricht mit der Qualitat von Bildung geklart werden.
Als Basis fur die Untersuchung moglicher zukiinftiger Vorgehensweisen zum Thema Anreizsysteme soil als nachster Schritt ein aktueller Stand abgebildet werden. Da sowohl national als auch international vielfaltige Varianten von Bildungspolitik, also auch vielfaltige Methoden der Anreizschaffung praktiziert werden, soil hier ein Uberblick iiber bereits angewandte anreizstiftende Komponenten und Werkzeuge geboten werden. Hierbei sollen Unterschiede auf Ebene der Bundeslander als auch international ein internationaler Uberblick dokumentiert werden. Dies kann anhand der umfassenden Daten der OECD-Studie „Bildung auf einen Blick" geschehen. Anhand dieses Uberblicks kann dann der erste Versuch einer Bewertung der Effektivitat von bereits angewandten Anreizkomponenten vorgenommen werden, indem diese mit den Ergebnissen bei PISA abgeglichen werden.
Da bei einer Untersuchung, die die Steuerung von Verhaltensweisen von Menschen zum Ziel hat, nicht vergessen werden sollte, das Untersuchungsobjekt selbst zu involvieren, soil ein Fokus dieser Arbeit auf der Betrachtung der Wahrnehmung der Lehrer selbst liegen. Das Selbstbild von Lehrern, die Zufnedenheit mit ihrer beruflichen Situation und daraus resultierende Verbesserungswiinsche und -vorschlage bieten einen wertvollen Fundus an Informationen aus erster Hand, die direkt dazu beitragen konnen, eine wirkungsvolle Systematik an Anreizen zu konstruieren. Hierzu existiert eine breite Palette an empirischen Untersuchungen, die den Stand iiber eine Spanne der letzten vier Jahrzehnte reprasentativ abbilden konnen.
Eine weitere wichtige Rolle sowohl in der Analyse der Qualitat von schulischer Lehre als auch in der Aufdeckung von Verbesserungspotenzial und der Steuerung von Anreizen fur Lehrer kommt der Schulleitung zu, die aufgrund ihrer iibergeordneten Position einen Uberblick iiber Schulgeschehen und Lehrerhandeln haben sollte. Aus diesem Grund wird die Rolle der Schulleitung hier genauer unter die Lupe genommen werden. Hierzu soil zunachst das Berufsbild der Schulleitung transparent gemacht werden und deren Aufgabenbereiche analysiert. Daraufhin kann erarbeitet werden, welche Moglichkeiten von Anreizplatzierung von der Schulleitung ausgehen konnen. Die anschlieBende Frage ist, ob Schulleitungen dazu in der Lage sind, die Anreizsteuerung in ihrer Schule zielgerichtet und efFektiv auszufiihren, oder ob eventuelle Hindernisse durch die Konzeption der Schulleitungsstelle im Wege stehen. Da eine Schulleitung, die in ihrer Lehrerschaft fiir Motivation sorgen soil, zwingend selbst iiber ein hohes MaB an Motivation verfiigen muss, wird abschlieBend noch untersucht, welche Anreize gezielt eingesetzt werden konnen, um fiir diese Fiihrungsjobs leistungsfahige und Kompetente Krafte zu gewinnen und der en Motivation dann auch zu halten.
Da die beste Anreizsystematik nur bedingt Erfolge hervorbringen kann, wenn sie auf Menschen trifft, die fiir den Lehrerberuf ungeeignet sind oder diesen aus den falschen Beweggriinden gewahlt haben, miissen innerhalb des Themas Anreizsysteme fiir Lehrer auch die Moglichkeiten erortert werden, bereits in der Lehrerausbildung Anreize zu setzen, die in der Lage sind, der Schule geeignete, leistungsfahige und motivierte Krafte zu bescheren und wie die Lehrerausbildung gestaltet werden kann, um optimal auf den Schulalltag vorzubereiten und damit schon vorab fiir Motivation zu sorgen.
Nach dieser umfassenden Sammlung und Evaluierung von verschiedenen Anreizkomponenten, werden im Rahmen einer zusammenfassenden Schlussbetrachtung nochmals die Anreize hervorgehoben und zu einem System kombiniert, die sich im Laufe der Arbeit als sinnvoll und hilfreich darstellten. Woraufhin die Arbeit mit einem Ausblick auf die Zukunft der Thematik abgeschlossen wird.
2 Klarung der Begrifflichkeiten
Die Erarbeitung von Anreizsystemen fiir Lehrer erfordert zunachst die Definition und Klarung von zentralen Begrifflichkeiten wie Anreiz, Anreizsystem, alien damit zusammenhangenden Termini und weiteren Begriffen, die im Folgenden in dieser Arbeit von Bedeutung sein werden. Des Weiteren soil hiermit vorangestellt werden, dass im Rahmen dieser Arbeit bei personenbezogenen Begriffen wie Lehrer, Schiiler, Schulleiter etc. auf eine gesonderte geschlechterspezifische Trennung verzichtet wird und diese der einfacheren Lesbarkeit halber lediglich in ihrer mannlichen Grundform genannt werden.
Aus der chronologischen Vorgehensweise der hier vorgenommenen Untersuchung heraus findet der Begriff Qualitat im Sinne von Qualitat von Schule bzw. Qualitat von Lehre und Unterricht hier eine entscheidende Anwendung. Grundsatzlich kann Qualitat laut Duden, abgeleitet vom lateinischen „qualitas", als die Beschaffenheit, Eigenschaft, Art und Weise einer Sache bezeichnet werden - Qualitat also zunachst als neutrale MessgroBe, deren Auspragungen sowohl positiv als auch negativ sein konnen.
Eine weitere Definition fiir Qualitat liefert beispielsweise Garvin, der Qualitatsverstandnis in zwei Bereiche unterteilt: die des produktbezogenen Qualitatsverstandnis und des kundenbezogenen Qualitatsverstandnis. Die produktbezogene Sichtweise misst Qualitat am Grad des Erreichens vorab festgelegter oder allgemein giiltiger Anforderungen. Das kundenbezogene Qualitatsverstandnis hingegen ist vordefiniert auf individuell vom Kunden gestellte Anforderungen - kann also um ein Vielfaches variabler ausfallen als ein allgemeingiiltiges produktbezogenes Verstandnis (vgl. Garvin 1984, S. 25ffi). Im Kontext der hier betrachteten Schule sind die Kunden gleichzusetzen mit den Abnehmern von Bildung - also Schiilern und, stellvertretend fiir diese, deren Eltern.
Der zentrale Begriff dieser Arbeit, der Anreiz, muss sowohl im psychologischen Kontext und darauf aufbauend aus arbeitspsychologischer Sicht definiert werden. Hagen (1985, S.90) definiert den Anreiz kurz als die „[...] personenspezifische Wahrnehmung von bestimmten Reizkonstellationen (Situationen), die bestimmte Motive aktiviert." Hierbei wird nur auf die Wahrnehmung der Person eingegangen. Der daraus folgende Prozess wird von Beyer definiert, indem er Anreize beschreibt als: „verhaltensauslosende Reize [...] auBerhalb einer Person [...]. Sie konnen diese zu einem bestimmten Verhalten veranlassen, sofern sie den Bediirfnissen des Menschen entsprechen. Anreize aktivieren die Bediirfnisse und fiihren zu motiviertem Verhalten." (Beyer 1990, S. 16, zitiert nach Schulz 2000, S. 19f.) Der Ausloser dieses von Anreizen gesteuerten Verhaltens wird als „Motivation" bezeichnet und von Hagen folgendermaBen defmiert: „Motivation entsteht aus dem Zusammenspiel aktivierter Motive, die in einer konkreten Situation die antriebsmaBigen Determinanten des Verhaltens darstellen." (Hagen 1985, S. 90 zitiert nach Klein/Stettes 2008, S. 10). Motivation ist also ein Verhaltensausloser, der durch Anreize aktiviert wird. Die Motivation basiert auf schon vorher in der motivierten Person existenten Motiven. Nach Rosenstiel sind Motive zu betrachten als kognitive, affektive und wertgerichtete Teilsysteme einer Person, die angeboren sind oder durch Sozialisation entstehen (vgl. RosenstieI 1992, S. 216 f). Aus latenten Motiven werden erst durch das Zusammenspiel individuell wirksamer Situationsfaktoren - also durch Anreize und personale Faktoren konkrete Handlungen durch Motivation. Diesen Prozess bezeichnet man als Personen-Situations-Interaktion (vgl. Kehr, Bles, Rosenstiel 1999, S. 4). Motivation wird in der Fachliteratur unterteilt in extrinsische und intrinsische Motivation. Extrinsische Motivation dient einer „mittelbaren Bediirfnisbefriedigung, die auBerhalb des zu motivierenden Bereiches liegt." (vgl. Semar 2004, S.5). In die Berufswelt iibertragen bedeutet das, dass die genannte Bediirfnisbefriedigung nicht direkt innerhalb der damit zusammenhangenden Tatigkeit, sondern durch einen externen Prozess, z. B. durch eine Entlohnung irgendeiner Art erfolgt. Die intrinsische Motivation dagegen erfolgt direkt aus der Tatigkeit heraus, die in diesem Falle selbst als befriedigend empfunden wird. Das tatige Individuum empfindet also in diesem Falle seinen eigenen Erfolg als Befriedigung und nicht eine durch seinen Erfolg hervorgerufene Belohnung. Die Motivkonstellation eines Individuums ist zumeist nicht ausschlieBlich extrinsischer oder intrinsischerNatur, sondern beinhaltet beide Bestandteile (vgl. ebenda).
Soweit zur psychologisch-soziologischen Sicht der Systematik bzw. Wirkungsweise von Anreizen. In der Arbeitspsychologie wird diese Wirkungsweise eingebettet in die Arbeitswelt, um doit eine Optimierung der Leistung hervorzurufen und sowohl fur Arbeitnehmer als auch fur Arbeitgeber eine Nutzenmaximierung bewirken zu konnen. Eine recht allgemeine Definition von Anreizen in der Arbeitswelt nimmt Rosenstiel vor, indem er Anreize als „die konkrete Gestaltung der Arbeitsbedingungen, die vom Arbeitenden wahrgenommen wird" (Rosenstiel 1979, S. 66 zitiert nach Schulz 2000, S. 19 f.) bezeichnet. Um Anreize aus organisationspsychologischer Sicht etwas detaillierter zu betrachten, kann eine Systematisierung derselben vorgenommen werden, die Anreize nach dem Empfangerkreis in Individual-, Gruppen- und organisationsweite Anreize und nach dem Ursprung der Motivation in intrinsische und extrinsische Anreize unterteilt. (vgl. Schanz 1991, S. 15 zitiert nach Schulz 2000, S.19f.).
Ein wichtiges Charakteristikum hebt Schanz hervor, indem er darauf hinweist, dass Anreize sowohl die Bedurfnisse von Mitarbeitern als auch die der Arbeitgeber befnedigen sollten (vgl. ebenda). Dass Anreize aber nicht nur eine Art Konditionierung durch Belohnung oder Strafe und damit der Ausloser fur ein vom Arbeitgeber frei wahlbares Verhalten des Arbeitnehmers darstellen konnen, zeigt die Verkniipfung mit dem Begriff der Motivation. Da Motive, wie bereits oben definiert, als im Individuum bereits latent vorhandene Erwartungen bzw. Bedurfnisse gelten konnen, heiBt dies fur die gewiinschten Verhaltensweisen, dass diese fur eine Motivation iiberhaupt zur Disposition stehen miissen, also vom Anreizempfanger in gewissem MaBe als gut und richtig oder zumindest lohnenswert erachtet werden (vgl. Petersen 1989, S. 6 f). Die zitierten verschiedenen Defimtionen von Anreizen beschreiben verschiedene Aspekte von Anreizen, die in ihrer Summe ein Gesamtbild ergeben, welches in dieser Arbeit verwendet werden soil. Kurz zusammengefasst defmieren wir Anreize hier als Ausloser von Motivationen, die aufgrund latent vorhandener Motive Individuen dazu bewegen, eine Tatigkeit auszufiihren oder auch die Intensitat bestimmter Handlungen zu steigern. Anreize konnen also zur Steuerung von Prozessen in der Arbeitswelt, die von Menschen ausgefiihrt werden, angewandt werden. Diese Steuerung soil hier explizit aber nicht als Vorgang angesehen werden, durch den Menschen gegen ihren Willen zu irgendwelchen Handlungen gebracht werden im Sinne von Fernsteuerung oder Ausbeutung. Anreize sollen vielmehr gleichermaBen eine Qualitatssteigerung fur den Arbeitnehmer in seiner Tatigkeit bewirken, sowie auch die Leistung des Arbeitnehmers hinsichtlich der Qualitat des Produktes steigern.
Nach Klarung des Begriffes Anreiz kann dieser in die hier zu erarbeitenden Anreizsysteme iiberfiihrt werden. Auch hierfiir gibt es wieder verschiedene Defimtionen. Eher allgemein und weniger arbeitsplatzbezogen definiert Richter, der Anreizsysteme als Systeme von Normen betrachtet, die auf die Erreichung eines Systems von Zielen (Zielbiindeln) hin eingesetzt werden (vgl. Richter 1994, S. 2 zitiert nach Roiger 2007, S. 2 f.). Diese Definition mag einen Aspekt von Anreizsystemen abdecken, jedoch geniigt der Begriff „Normen" als Synonym fiir Anreize nicht der Sichtweise von Anreizen, wie wir sie hier betrachten wollen. Wild hingegen definiert Anreizsysteme als „Summe aller bewuBt gestalteten Arbeitsbedingungen", die bestimmte Verhaltensweisen erzeugen und andere (unerwiinschte) vermeiden (vgl. Wild 1973, S. 47 zitiert nach Schulz 2000, S. 21f.). Hierbei werden in ein System von Anreizen also sowohl positive verhaltensauslosende als auch negative verhaltensvermeidende mit einbezogen, was diese Erklarung zu einer recht allumfassenden macht, wahrend andere, vor allem betriebswirtschaftliche Definitionen, lediglich positive Anreize oder gar nur monetare Anreize mit aufnehmen (vgl. Frese 1980, S. 286, zitiert nach Petersen 1989, S. 4). Auch Hagen beschreibt Anreizsysteme kurz aber sehr vollstandig als alle in einem Unternehmen irgendwie gearteten Anreize - sowohl bewusst als Anreize erkennbare MaBnahmen wie Entgelt- oder Beforderungssysteme als auch die weniger deutlich erkennbaren wie gutes Arbeitsklima, Fiihrungsstil etc. (vgl. Hagen 1985, S.22ff, zitiert nach Schulz 2000, S. 21f.).
Die letztgenannten Definitionen konnen auch fiir diese Arbeit als giiltig betrachtet werden. Zusammengefasst kann also gelten, dass Anreizsysteme fiir Arbeitnehmer und Arbeitgeber moglichst optimale und aufeinander abgestimmte Kombinationen von einzelnen Anreizen jeglicher Art darstellen. Anreizsysteme werden vom Arbeitgeber gezielt eingesetzt, um die Leistung von Arbeitnehmern durch Motivation optimal zu steigern und damit einem optimalen Zielerreichungsgrad moglichst nahe zu kommen.
Die zu steigernde Leistung von Anreizempfangern ist allerdings kein stufenlos durch Anreize regulierbares Produkt, sondern hangt in ihrer Qualitat und Quantitat von verschiedenen Faktoren ab. Vroom unterteilt in zwei Faktoren, namlich zum einen die Fahigkeiten und Fertigkeiten der Individuen und zum anderen die Bereitschaft, diese einzusetzen (vgl. Vroom 1964, S. 262 f). Es gibt verschiedene Moglichkeiten, die Leistung abzurufen, dies kann entweder durch auBeren Zwang oder wie im Falle der Anreizsystematik durch innere Motivation erfolgen. Genau hier liegt auch der Vorteil von Anreizen und Anreizsystemen, denn Leistung, die durch Zwang aktiviert wird, wird in den seltensten Fallen iiber den Pflichtbereich, der durch diesen Zwang formuliert wurde, hinausgehen. Will man aber Leistungen dariiber hinaus erzielen, so muss die freiwillige Bereitschaft des Mitarbeiters dazu iiber dessen Motivation gefordert werden. Um der vom motivierten Arbeitnehmer zur erbringenden Leistung keine ungewollte Obergrenze zu setzen, muss gewahrleistet sein, dass neben dem „K6nnen" und dem „Wollen" auch das „Diirfen" gegeben ist. Das heiBt, der Arbeitnehmer muss iiber geniigend Handlungsspielraum verfiigen, um seine Fahigkeiten in Kopplung mit der Motivation einzusetzen.
Da diese Arbeit zum Ziel hat, geeignete Anreizsysteme fiir Lehrer unter Zuhilfenahme des Ansatzes zu konstruieren, die Sicht der Lehrer selbst auf ihren Beruf zu involvieren, miissen Studien konsultiert werden, die often legen, wie zufrieden Lehrer mit ihrer Berufs- bzw. Arbeits situation sind und welche Defizite sie beklagen. Diese Studien arbeiten zumeist mit den Termini Berufszufriedenheit und Arbeitszufriedenheit. Auch zu diesen Begriffen existieren vielfaltigste Definitionen. Auch gibt es unterschiedliche Auffassungen, ob Arbeitszufriedenheit sich von Berufszufriedenheit unterscheidet. So konnte ein Unterschied beispielsweise abgeleitet aus der Unterscheidung der Begriffe Arbeit und Beruf in dem Sinne identifiziert werden, dass Arbeitszufriedenheit sich mehrheitlich auf die direkte Ausiibung der Tatigkeit bezieht, wahrend Berufszufriedenheit eine groBere Spannweite hat und den Beruf eines Menschen als Teil seines Lebens inklusive des Ansehens seines Berufsstandes und dem Berufsethos mit einbezieht. Da aber auch in der Fachliteratur die Begriffe oft recht wahllos und ohne explizite Unterscheidung verwendet werden, sollen sie im Verlauf dieser Arbeit synonym eingesetzt werden. Innerhalb der unterschiedlichen Auslegungen zur Arbeits- oder Berufszufriedenheit besteht zumindest in dem Punkt Einigkeit, dass diese immer ein komplexes Konstrukt darstellen, das sich aus mehreren Teilzufriedenheiten zusammensetzt, die sich fiir jeden Beruf unterschiedlich darstellen (vgl. Merz 1979, S.31). Rudow beschreibt die Wahrnehmung von Arbeitszufriedenheit als eine Einstellung zur Arbeits situation bzw. als Befindlichkeit, die direkt aus der Arbeitstatigkeit resultiert. Das MaB der Arbeitszufriedenheit wird bestimmt durch einen Vergleich des vom Arbeitnehmer selbst gesetzten Soil - also seiner individuellen Erwartungen an die Berufstatigkeit mit dem tatsachlichen Iststand, also der vorhandenen Bedingungen der Tatigkeit. Als Resultat dieses Soll-Ist-Vergleiches flieBt die Arbeitszufriedenheit schlussendlich in das MaB an Lebensqualitat und Wohlbefinden des Individuums ein (vgl. Rudow 1995, S.157). Neben dieser Erklarung des Begriffes der Arbeits- und Berufszufriedenheit kann unter vielen weiteren der anreiztheoretische Ansatz als maBgebend und insbesondere als fur diese Arbeit am treffendsten betrachtet werden. Dabei wird die Berufszufriedenheit als Resultat individueller Einstellungen und Erwartungen an den Arbeitsplatz auf kognitiv evaluativer Ebene betrachtet. Das bedeutet, dass der Zufriedenheitsgrad mit der Arbeitstatigkeit von der Befriedigung bereits vorhandener individueller Motive abhangt, durch die eine Motivation des Individuums erreicht wird. Kurzum hangt diese subjektive Realisation von Motivation mit einem System arbeitsplatz- und berufsbezogener Gegebenheiten ab, das fur den Einzelnen (sofern es sich zumindest teilweise mit den individuellen Motiven deckt) als Anreizsystem bezeichnet werden kann (Van Buer 1995, S.56). Als eine Art Konterpart zum Begriff der Arbeits- oder Berufszufriedenheit muss noch eine Definition fur die Belastung erarbeitet werden, wobei die Begriffe nicht exakt kontrar verwendbar sind, da die Berufszufriedenheit eine Skala mit variabler Auspragung darstellt und Belastung in den meisten Fallen eine negative Charakteristik aufweist. Zu dieser Kategorisierung gibt es gegenteilige Meinungen, die Belastung als neutral betrachten und erst ein UbermaB an Belastung als negativ einstufen, was dann als Stress bezeichnet wird (vgl. Schuler 2004, S.172). Fur diese Arbeit soil jedoch Belastung als grundlegend negativ gelten. Selbstverstandlich fiihrt nicht jede Belastung zu Stress oder gar physischen oder psychischen Krankheitssymptomen, doch bleibt auch ein kleiner Teil eines negativen Ganzen noch negativ. Zur allgemeinen Definition von Belastung schreiben Luczak & Rohmert (1997) beispielsweise, dass darunter „alle von auBen auf den Organismus einwirkenden Faktoren zu verstehen sind" und grenzen davon den Begriff der Beanspruchung ab, unter dem die Auswirkungen der Belastungen auf den Organismus verstanden werden sollen. Der Grad von Beanspruchung, der von Belastung ausgeht, ist dabei von Individuum zu Individuum unterschiedlich, weil die Bewaltigung individuell unterschiedlich geleistet wird. Diese hangt wiederum ab von personlichen Merkmalen wie "Gesundheit, Wahrnehmungs- und Interpretationsstil, Handlungsstrategien u. A." (vgl. Schuler 2004, S.172).
Auch Ulich (1989) liefert eine Definition und spricht darin explizit von emotionaler Belastung, die er als zusammenfassenden Begriff fur Jeden subjektiven Leidensdruck erzeugende Beeintrachtigung der individuellen Befindlichkeit und Stimmung sowie der Erlebnis-, Verarbeitungs- und Handlungsmoglichkeiten einer Person in einer gegebenen Lebenslage" (vgl. Grimm 1993, S.26) beschreibt. Weitere Definitionen und Konzepte zum Begriff der Belastung treten in unterschiedlichsten Forschungsgebieten auf. Ein gemeinsamer Konsens wird zumeist in der Uberzeugung gefunden, dass Belastungen zumeist nicht objektiver, sondern subjektiver Natur sind und von der individuellen „kognitiven Einschatzung" abhangen (vgl. Badel 1995, S.173 ff.). Weiterhin konnen Belastungen auch nach ihrer Intensitat kategorisiert werden. Neben gravierenden Belastungen in Form von kritischen Ereignissen (sowohl im Beruf als auch privat) konnen auch Alltagsbelastungen, sogenannte „daily hassles" eine beeintrachtigende Wirkung haben (vgl. ebenda).
In dieser Arbeit sollen Belastungen im Sinne von Berufsbelastungen betrachtet werden und stellen in diesem Kontext direkte oder indirekte negative Auswirkungen des Berufes und der Berufstatigkeit auf den Ausiibenden dar.
3 Schulqualitat als Beweggrund fur Anreizschaffung
3.1 Feststellung von Schulqualitat
Das Thema Anreizsysteme fur Lehrer verfolgt mehrere Hauptziele, die aus der oben vorgenommenen Definition von Anreizen und Anreizsystemen hervorgehen und genau genommen zu einem bipolaren Ziel vereint werden miissen. So sollen Anreize im Bildungssystem die Arbeitssituation von Lehrern als Arbeitnehmer moglichst angenehm machen. Das iibergeordnete Ziel, das bei richtiger Anreizsetzung automatisch damit einhergeht, ist aber das der Optimierung von Bildung. Um einem Bildungssystem zu einer Steigerung seiner Qualitat verhelfen zu konnen, sollten zuvor zwei wichtige Faktoren gegeben sein: Zum ersten sollte ein Bedarf an Qualitatssteigerung iiberhaupt vorliegen, denn ein optimales System muss nicht verbessert werden. Ein zu verbessernder Stand muss also festgestellt werden konnen. Zum zweiten kann kein Optimierungsprozess in Gang gesetzt werden, ohne dass ein MaBstab und eine Methodik fur die Quantifizierung der Verbesserung vorliegen. Beide Faktoren fordern also ein und dieselbe Voraussetzung: eine Messbarkeit von Schulqualitat. Diese Messbarkeit aber sorgt unter Erziehungs- und Bildungswissenschaftlern immer wieder fur Kontroversen. Der Grund fur die Unstimmigkeiten und Debatten ist, dass sich sowohl die Qualitat eines Bildungssystems als auch die Qualitat einzelner Schulen nicht so einfach feststellen lassen. Das Hauptproblem liegt darin, dass sich schon eine gewiinschte GroBe fur Schulerfolg beispielsweise im Vergleich mit der freien Wirtschaft, aus der sonst gerade fur Anreizsysteme einige Anleihen entnommen werden konnen, nicht so leicht festlegen lasst wie dort Absatz, Umsatz oder Gewinn (vgl. Dorsch 2009, S.26 f). Litschen/Kratz/Weiss/Tempel argumentieren recht pragmatisch gegen den Glauben, in der freien Wirtschaft sei im Gegensatz zum offentlichen Bereich der Einsatz von Anreizsystemen auf Basis von Leistung des Arbeitnehmers ein Kinderspiel, indem sie richtig stellen, dass auch dort bei weitem nicht jede Arbeitnehmerleistung einfach messbar ist und nicht jeder Anreiz primar auf Verkaufs- oder Umsatzzahlen abzielen kann:
„Die Fixierung auf eine monetare Messbarkeit schrankt die Perspektive ein, und verkennt, dass auch in der Privatwirtschaft Leistungssteigerung nicht immer messbar ist. Auch kleine Verbesserungen bringen in der Summe die Produktivitatssteigerung und Effektivitatseffekte [...]. Das System (leistungs -orientierter Bezahlung) beruht auf der Erkenntnis, dass in jedem Beschaftig-ten und auf jedem Arbeitsplatz noch ein Entwicklungspotenzial besteht. Der Vorteil des Arbeitgebers besteht daher haufig nur indirekt in einem finanziel-len Gewinn, weil die Arbeitskraft effektiver eingesetzt wird. In der Diskussi-on wird von den Kritikern gerne der Autoverkaufer angefuhrt, bei dem die Leistungsbewertung ach so leicht sei. Diesen Kritikern sei gesagt, dass nicht die gesamte Privatwirtschaft Deutschlands aus Autoverkaufern besteht und trotzdem in alien Bereichen [...] die leistungsorientierte Bezahlung eingefuhrt wurde." (Litschen/Kratz/Weiss/Tempel2006, S. 5f).
Diese Einschatzung konzentriert sich zwar stark auf monetare Anreize in Form von leistungsorientierter Bezahlung, vermag aber trotzdem mit dem Vorurteil aufzurau-men, Anreizsetzung in der freien Wirtschaft sei aufgrund der besseren Messbarkeit viel einfacher als in der Schule. Fur bestimmte, direkt mit Absatz und Umsatz gekop-pelte Bereiche mag dies zwar stimmen, ein groBer Teil von Unternehmungen ist aber nicht direkt im Verkauf tatig und darf bei der Setzung von Anreizen trotzdem nicht ganzlich auBen vor gelassen werden. Des weiteren haben moderne Unternehmen heutzutage nicht mehr nur das Primarziel Gewinn, sondern verfolgen vielfaltige Un-terziele wie Unternehmenskultur, Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Image etc., die zu quantifizieren ahnlich schwierig sein diirfte wie Schulqualitat. Dieser Vergleich mit der freien Wirtschaft hilft natiirlich bei der Losung des Problems „Messbarkeit von Schulqualitat" nicht direkt weiter, mag aber dazu beizutragen, Kritikern entgegenzu-treten, die eine Anreizsystematik im Bildungssystem von vornherein aufgrund der mangelnden Messbarkeit ablehnen und gibt den Mut, trotz aller Schwierigkeiten an der Entwicklung von Anreizsystemen zu arbeiten.
Um nach diesem Exkurs in die freie Wirtschaft wieder zuriick zum Kernproblem der Messbarkeit von Bildungsqualitat zu kommen, kann zunachst die Frage gestellt wer-den, woraus diese eigentlich besteht. Das Bildungssystem (begrenzt auf die Schule) setzt sich aus vielen unterschiedlichen Schulsystemen zusammen, die wiederum eine Vielzahl von Schulen beinhalten, an denen direkt an der Bildung von Kindern und Jugendlichen gearbeitet wird. Bildungsqualitat kann also in diesem Falle als die Summe von Schulqualitat bezeichnet werden. Was aber ist eine gute Schule und was sind deren Ziele?
Da sich die meisten Unternehmen am einfachsten an ihrem Produkt selbst messen lassen, liegt es zunachst nahe, auch die Schule nach ihrem Output zu evaluieren. Dieses ist zweifellos die Bildung der Kinder und Jugendlichen, die sich letzten Endes an den Noten derer Abschlusszeugnisse messen lieBe. Bei naherer Betrachtung kann diese Methode aber recht schnell wieder verworfen werden. Fur die einzelne Schule kann eine Bewertung iiber die Zeugnisnoten der Schiiler zu keinem reprasentativen Bewertungswerkzeug werden und noch viel weniger als VergleichsmaBstab mit ande-ren Schulen genutzt werden, da jede Schule unterschiedlichsten Voraussetzungen un-terliegt. Zum einen ist natiirlich die Differenz zwischen den verschiedenen in Deutschland zum Einsatz kommenden Schularten zu beachten. Des weiteren - und viel schwerwiegender - hangt der Schulerfolg von Kindern und Jugendlichen stark von sozialen Gegebenheiten ab wie zum Beispiel dem Bildungsstand und Beruf der Eltern, der Herkunft, der sozialen Umgebung und ahnlichen Faktoren. Auf Landere-bene und auch auf national er Ebene ist eine Bewertung des Bildungsstandes iiber den direkten Schulerfolg in Form von Noten schon allein deshalb ahnlich schwierig, weil die unterschiedlichen Bildungssysteme der Lander keine einheitliche Bewertung zu-lassen.
Um einen moglichst objektiven MaBstab fiir Bildungsqualitat zu erhalten, der iiberdies eine nationale und internationale Vergleichbarkeit von Schulen und einzelnen Bildungssystem liefert, geht die Bildungsforschung zumeist dazu iiber, Schulleistungstests durchzufiihren, deren bekanntester Vertreter die PISA-Studie ist. Die Tests, die von Schiilern schuliibergreifend und schulartiibergreifend beantwortet werden, werden von Bildungswissenschaftlern mit dem Ziel entwickelt, eine moglichst groBe Objektivitat, Reliabilitat und Validitat zu gewahrleisten und mit den Resultaten einen moglichst breiten und nachvollziehbaren Blick auf den Stand von Bildung anbieten zu konnen. Allerdings sehen sich Schulleistungstests auch immer wieder der Kritik von Erziehungs- und Bildungswissenschaftlern ausgesetzt. Diese bemangeln in erster Linie, Durchschnittswerte, also im Falle von PISA z.B. ein bundesweiter Durchschnittswert fiir die Lesekompetenz der deutschen 15-jahrigen, seien nicht aussagekraftig. Verwertbare Informationen konnten also nur aus Einzelfallbetrachtungen mit Kontextinformationen entspringen. Des weiteren kann mit den Ergebnissen aus Schulleistungstests aus Kritikersicht nicht die Qualitat einzelner Schulen beurteilt werden, da diese aus viel mehr Komponenten besteht, als nur der Wissensvermittlung den Schiilern gegeniiber. Auch wiirden individuelle Unterschiede aus dem Umfeld der Schule bzw. der Lernenden wie soziale Herkunft, familiare Bedingungen etc. zu wenig beachtet (vgl. Dubs 1994, S.13). Die Kritiken, die den Schulleistungsstudien entgegengebracht werden, entbehren natiirlich nicht ganzlich wahrer Bestandteile, sind jedoch genauer und differenzierter zu betrachten. Es ist selbstverstandlich nicht von der Hand zu weisen, dass von einer groB angelegten international en Studie wie PISA nicht samtliche individuellen sozialen Einflussmerkmale mit einbezogen werden konnen und dadurch evtl. wichtige Kausalitaten ignoriert werden. Allerdings kann den Studien nicht pauschal vorgeworfen werden, alle individuellen Unterschiede auBer Acht zu lassen. Die PISA-Studie beispielsweise versucht, sich nicht lediglich auf das Leistungsniveau der Jugendlichen zu konzentrieren, sondern bezieht durchaus einige soziokulturelle Faktoren mit ein, die zur Analyse der Testergebnisse herangezogen werden konnen. So werden beispielsweise die mit dem Migrationshintergrund zusammenhangenden Disparitaten wie herkunftssprachliche Einflussfaktoren (OECD 2010, S.200 f) und auch der soziookonomische Status und das Bildungsniveau des Elternhauses (vgl. ebenda, S. 201) beriicksichtigt. Auch die Lernmotivation der einzelnen Schiilergruppen oder Lernpraktiken werden beleuchtet (vgl. ebenda, S.202). Die genannten Analysen werden in der groBtmoglichen Tiefe vorgenommen. So wird beispielsweise beim Migrationshintergmnd noch unterschieden, ob dieser sich auf die erste, zweite oder dritte Generation bezieht oder nur einen Elternteil betrifft. Auch werden in der gesamten Studie alle Ergebnisse nochmals nach Madchen und Jungen unterteilt, um eventuell geschlechtsspezifische Unterschiede offenlegen zu konnen (vgl. ebenda S.52 ff.). Eine ausschlieBliche Konzentration auf Wissens- bzw. Leistungsstand kann der PISA-Studie also nicht vorgeworfen werden. Soweit dies fur eine Studie dieses Umfangs moglich ist, werden Einflussfaktoren soziokultureller oder individueller Natur durchaus beriicksichtigt. Selbstverstandlich kann die Gesamtheit der Ergebnisse dann allerdings nicht auf einzelne Schulen bezogen dargestellt werden, sondern wird in einem bundesweiten (oder fur PISA-E landesweiten) Durchschnitt zusammengefasst. Die zuvor aufgefiihrte Kritik, Durchschnittswerte seien bildungswissenschaftlich nicht aussagekraftig, kann nur bedingt bestatigt werden. So kommt es bei jeder Studie letztendlich darauf an, welches Ziel sie verfolgt. Ist dieses Ziel in der Abbildung individueller Lehr- oder Lernvorgange oder kognitiver Vorgange des einzelnen Schiilers manifestiert, so ist die Betrachtung eines bundesweiten Durchschnittswertes in der Tat wenig sinnvoll. Bei Lernstandserhebungen wie der PISA-Studie ist das Ziel jedoch darin zu sehen, einen internationalen Vergleich herzustellen und bildungspolitische MaBnahmen zur Optimierung von Bildungssystemen bzw. Schulsystemen daraus abzuleiten. Hierfiir sind Durchschnittswerte - zumal auch noch in einer iiber fast ein Jahrzehnt abgebildeten Entwicklung wie PISA sie liefert - zweifellos doch hilfreich. Die Formulierung und Abgrenzung von Zielen ist auch zur Reflexion des dritten Hauptargumentes von Gegnern der Schulleistungsstudien hilfreich. Das Argument, die Qualitat einer Schule beinhalte mehr als nur die Ubermittlung von Wissen an Schiiler kann ohne weiteres voll bestatigt werden. Den Wissensstand von Schiilern eines Bundeslandes, einer Nation oder gar international zu erfassen und die Qualitat einzelner Schulen mit all ihren Bestandteilen zu evaluieren, sind allerdings vollig differierende Ziele und ganzlich zu unterscheidende Untersuchungstatbestande. Eine im groBen Stile angelegte Lernstandserfassung ist aus der Natur der Sache heraus keine Qualitatsevaluation einer Schule und darf nicht als solche betrachtet werden. Es wird bei verschiedenen Studien, die Bildung und Schule als Untersuchungsgegenstand haben, immer einen Trade-Off zwischen reprasentativen Datenmengen und der Individuality der Betrachtung geben. Um aber Starken und Schwachen einzelner Bildungssysteme zu untersuchen und darauf die Entwicklung von Anreizsystemen aufzubauen, bietet uns die PISA-Studie die geeignete Grundlage.
3.2 Stand und Entwicklung von Schulqualitat
3.2.1 PISA Deutschland
Nur eine moglichst deutliche Beleuchtung der Schulqualitat lasst eine Fehleranalyse und eine Verbesserung der Bildung zu. Ein internationaler Vergleich sollte hierbei nicht als Gleichmacherei gesehen werden, sondern als Moglichkeit, offensichtlich positive Elemente von anderen Bildungssystemen zu iibernehmen. Der Ansatz, Qua-litat von Schule am Bildungsstand von Schiilern zu messen mag zwar nicht vollkom-men sein und lasst einige Probleme des Schulsystems moglicherweise im Dunkeln; als Produkt des Schulsystems ist der Wissensstand der Schiiler jedoch als Indikator fur das Erkennen grundsatzlicher Probleme an den Schulen nach wie vor am besten geeignet und ermoglicht, diese Probleme dann in tiefer gehenden Analysen genauer zu identifizieren und im Idealfall zu eliminieren.
In den letzten Jahren hat sich unter den Schulleistungsstudien die PISA-Studie (Programme for International Student Assessment) sowohl in der Offentlichkeit als auch in Fachkreisen als maBgebende und weitreichendste Untersuchung etabliert. Die PISA-Studie wird von der Organisation fur wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung seit 2000 durchgefiihrt. Im Abstand von drei Jahren werden internationale Erhebungen durchgefiihrt, diejeweils einen unterschiedlichen Gmndbildungsbereich zum Schwerpunkt haben - Lesekompetenz, Mathematik oder Naturwissenschaften. Nach neun Jahren ist also ein kompletter Turnus abgeschlossen. (vgl. OECD 2010, S.13). An der Studie nahmen zuletzt 40 OECD-Mitgliedsstaaten sowie 34 PISA-Part-nerlander teil, so dass sich ein sehr reprasentativer international er Vergleich herstel-len lasst . Getestet werden in der Studie die Fahigkeiten von Schiilern allgemeinbil-dender Schulen, die sich auf das Ende ihrer Pflichtschulzeit zubewegen, also unge-fahr 15 Jahre alt sind. (vgl. ebenda) Als im Jahre 2001 die Ergebnisse der ersten Erhebung, an der rund 180.000 Schiiler aus 32 Landern teilnahmen, prasentiert wurden, stellte dies fur Deutschland den viel-zitierten Schock dar, der die Bildungswelt in Alarmzustand versetzte. Das Land der Dichter und Denker schnitt ausgerechnet in der ersten Erhebung, die Lesekompetenz zum Schwerpunkt hatte, iiberraschend schlecht ab: Beim Schwerpunktthema Lesen liegt Deutschland weit unter dem OECD-Durch-schnitt auf Platz 22 von 32. Auch bei den zwei weiteren Kompetenzen schneiden deutsche Schiiler jeweils mit Platz 21 sowohl in Mathematik als auch in Naturwis-senschaften unterdurchschnittlich ab (vgl. OECD 2002, S. 8). Da niemand ein solch schlechtes Abschneiden der deutschen Bildung erwartet hatte, war der Aufschrei quer durch die Bevolkerung entsprechend groB. Die Medien griffen das Thema in zahllosen Berichten und Diskussionen auf und die Bevolkerung wandelte den Schockzustand in die Suche nach Verantwortlichen und die Berechtigte Forderung nach MaBnahmen (vgl. Tillmann 2008, S.4).
Auf diese Forderung reagierte die Kultusministerkonferenz (KMK) auch rasch mit einem Katalog an grundlegenden Bildungspolitischen Konsequenzen, die auch in Form von „Qualitatssicherung durch verbindliche Standards und Evaluation" und „Starkung der [...] Kompetenz der Lehrkrafte" die Verbesserung von Schulqualitat und Lehrerlei stung enthalt.
Dier Konsequenzenkatalog und seine schnelle Veroffentlichung stellten zum einen die logische fachliche Reaktion der Politik auf die schlechten Ergebnisse dar, vor al-lem diente sie aber dem Zweck, die Offentlichkeit zu beruhigen.
Ob die bildungspolitische Reaktion bereits eine Auswirkung auf die nachste Erhe-bung im Jahre 2003, die unter dem Schwerpunkt der mathematischen Kompetenz stand, hatte und wenn ja, welche MaBnahmen bundesweit betrachtet einen positiven Effekt hatten, ist an dieser Stelle schwer zu sagen und soil hier auch nicht analysiert werden. Die Resultate aus der zweiten Untersuchung jedenfalls lieBen die deutsche Bildungswelt und die deutsche Bevolkerung zwar hoffen, aber noch lange nicht auf-atmen. Die mathematischen Leistungen der deutschen Schiiler lagen nun zumindest im Durchschnitt der insgesamt 250.000 Schiiler teilnehmenden und Deutschland konnte Platz 16 der 32 OECD-Lander belegen. Bei der Lesekompetenz konnte sich Deutschland nun gerade noch so in das OECD-Durchschnittsfeld retten, belegte aber lediglich Platz 19 von 29 Teilnehmern. Ein ahnliches Bild in den Naturwissenschaf-ten: Durchschnittswerte und Platz 15 von 29. Soweit die Hauptergebnisse aus dem Jahre 2003, die fur Deutschland leider nur eine geringe Besserung andeuten (vgl. OECD 2004, S.6 ff)
Ein erster (kleiner) Lichtblick ist erst mit den Ergebnissen der dritten Erhebung aus dem Jahre 2006 zu verbuchen. Nun schneiden die deutschen Schiiler zumindest im schwerpunktmaBig untersuchten Feld der Naturwissenschaften erstmals iiberhaupt uberdurchschnittlich ab und belegen Platz 8 von dreiBig Teilnehmerlandern. In den beiden weiteren Kompetenzen bleibt es leider bei durchschnittlichen Leistungen: Le-sekompetenz: Platz 14 von 29. Mathematik: Platz 14 von 30 (vgl. PISA 2007, S.6 ff.)
Soweit also die Ergebnisse des ersten Zyklus der PISA-Studie, die im Jahre 2009 mit der ersten Erhebung des zweiten Zyklus wiederum mit der Schwerpunktkompetenz Lesen fortgesetzt wurde und deren Ergebnisse fur Deutschland Leistungen zeigten, die sich zwar alle iiber dem Durchschnitt befinden, aber nur in Punkto Naturwissenschaften mit Platz 12 von 34 das obere Drittel der Skala erreichen. In der Lesekom-petenz und in Mathe liegen die deutschen Teenager ein weiteres mal mit jeweils Platz 16imMittelfeld.
Seit dem Beginn der Untersuchungen der PISA-Leistungsstudie kann also fur Deutschland als Fazit gezogen werden, dass ein Aufwartstrend in den Ergebnissen der Tests erkennbar ist, der aktuelle Stand allerdings auch immer noch weit von den Erwartungen an Deutschland (von innerhalb und auBerhalb des Landes), das zu den starksten Wirtschaftsmachten der OECD zahlt und auch aus seiner Bildungshistorie heraus einen bestimmten Anspruch postuliert, entfernt ist.
3.2.2 PISA-E: Der Bundeslandervergleich
Neben der oben prasentierten internationalen Untersuchung, bietet die OECD als nationale Erganzung des Vergleichs eine „PISA-E" genannte Erganzung an, deren Ziel es ist, den Bildungsstand der einzelnen Bundeslander abzubilden und zu vergleichen. Die Durchfuhrung der PISA-E-Tests geschieht jeweils unmittelbar nach der Datenerhebung der internationalen Hauptstudie und stellt fur die deutschen Schulen einen erheblich groBeren Aufwand dar als die internationale Studie, da zur besseren nationalen Vergleichbarkeit der Ergebnisse unter den Bundeslandern ca. 1.000 zusatzliche Schulen und mit 50.000 Schiilern ungefahr zehnmal so viele Teilnehmer getestet werden. Die Untersuchung wird bei der Landerstudie von den Bundeslandern selbst organisiert, orientiert sich aber grundsatzlich an den Aufgaben der internationalen Studien. Dank diesem Mehraufwand bietet PISA-E allerdings auch eine einzigartige Vergleichsmoglichkeit im ansonsten recht uniibersichtlichen Gewirr der sehr unterschiedlichen Bildungssysteme der Lander (vgl. OECD 2002a, S.6 ff.). Der direkte Vergleich der Ergebnisse der Bundeslander ist momentan nur zwischen den Einzelerhebungen des ersten Turnus der Studie - also 2000, 2003 und 2006 moglich, da ab dem Jahre 2009 eine Nachfolgestudie vom zu diesem Zwecke gegriindeten Institut zur Qualitatsentwicklung im Bildungswesen (IQB) der HU Berlin durchgefiihrt wird. (vgl. Roller 2009, S.2ff.).
Die genannten Landervergleiche von PISA-E sollen zunachst noch nicht zur Be-leuchtung padagogischer Ursachen oder Hintergriinde der jeweiligen Ergebnisse ver-wendet werden, sondern lediglich die Heterogenitat der Bildungsqualitat innerhalb Deutschlands aufzeigen und des weiteren ergriinden, ob es bestimmte Tendenzen da-hingehend gibt, ob einzelne Bundeslander sich konstant auf der Siegerspur oder auch im Feld der Verlierer bewegen oder ob jede Untersuchung neue Rangfolgen hervor-bringt.
Hierzu kann gesagt werden, dass durchaus langfristig relativ konstante Qualitatsstu-fen einzelner Bundeslander festzustellen sind.
Vor allem das Spitzenfeld der ersten drei Platze in den PISA-Studien gestaltet sich iiber den kompletten ersten Zyklus hinweg recht statisch. Von 2000 bis 2006 konnte Bayern sich in alien Kategorien die meisten Spitzenpositionen sichern und musste sich erst im Jahre 2006 in alien drei Disziplinen von Sachsen (welches auch zuvor schon bei jeder Erhebung unter den Top 3 vertreten war) auf Platz zwei verweisen lassen. Knapp hinter Bayern und Sachsen nimmt Baden-Wiirttemberg mit ahnlich konstanten Leistungen den dritten Platz ein. Einziges weiteres Bundesland, welches es noch (zweimal Platz 3) in die Siegerrange schaffte ist Thiiringen.
Beim Blick auf die „Verliererlander" bietet sich ein etwas weniger einheitliches Bild. Das Feld der letzten drei Platze der PISA-Studie ist etwas heterogener als die Sieger-gruppe. Traurige Konstanz bietet lediglich Bremen, das zumindest in Mathematik und Naturwissenschaften dreimal in Folge das Schlusslicht bildet. Insgesamt schnei-den die Stadtstaaten auBerst schlecht ab. Hamburg belegt iiber den ersten Zyklus summiert den zweitletzten Platz, und auch Berlin findet sich im unteren Drittel. Knapp vor Hamburg befindet sich Brandenburg auf dem drittletzten Platz.
Insgesamt ist ein deutliches Siid-Nord-Gefalle und eine Konzentration schwacher Ergebnisse von den Stadtstaaten bemerkbar.
Betrachtet man die Entwicklung der Ergebnisse der Bundeslander iiber die sechs Jah-re hinweg, ist leider festzustellen, dass es kaum Bewegung gibt. Lediglich Sach-sen-Anhalt konnte sich deutlich (um neun Platze) verbessern. Negativbeispiel ist hierbei Schleswig-Holstein, welches sich von anfangs guten Platzen massiv ver-schlechterte. (vgl. PISA-Konsortium Deutschland 2002, 2005, 2008)
3.2.3 PISA International - Stand und Entwicklung
Im internationalen Vergleich der Ergebnisse der PISA-Teilnehmer lassen sich nach neun Jahren und vier umfangreichen Datenerhebungen nun recht reliable Stande und Entwicklungen und Vergleiche abbilden. So hebt sich ein recht konstantes Siegerfeld hervor. Wahrend sich in der Lesekompetenz in den ersten beiden Datenerhebungen noch Finnland als Spitzenreiter hervorhob, konnte in den Jahren 2006 und 2009 das vormals zweitplatzierte Korea die Differenz verringern und sich in der Gesamtwer-tung (2000-2009) sogar mit knappem Vorsprung auf den ersten Platz vorarbeiten. Eine positive Entwicklung lasst sich fur Deutschland erkennen, das sich um 13 Punk-te verbesserte und nun mit 497 Punkten deutlich iiber dem OECD-Schnitt liegt (vgl. ebenda, S. 60).
Bei der mathematischen Kompetenz sieht die Spitzengruppe recht ahnlich aus wie bei der Lesekompetenz. Die ersten zwei Platze belegen wieder Korea und Finnland. Deutschland (+10 Punkte) konnte sich deutlich verbessern. Auch die Gruppe der Lander mit den geringsten Punktzahlen gleicht derjenigen bei der Lesekompetenz. Die letzten drei Platze sind mit Mexiko, Chile und der Tiirkei sogar exakt gleich belegt. Weiter oben folgen Israel, Griechenland und Italien (vgl. ebenda, S.163).
Ein ahnliches Bild bieten die Ergebnisse der Erhebungen zur naturwissenschaftlichen Kompetenz. Hier fiihrt nun Finnland die Spitzengruppe an, gefolgt von Japan, Korea, Neuseeland und Kanada (vgl. ebenda, S.184). Deutschland rangiert insgesamt durch-schnittlich im Mittelfeld der Teilnehmerliste, konnte sich aber mittlerweile immerhin auf Platz zwolf vorarbeiten.
3.3 Aus den Ergebnissen resultierende MaBnahmen
Die Ergebnisse der nunmehr vier durchgefiihrten PISA-Durchlaufe bieten fur jedes Teilnehmerland ein zuvor nie da gewesenes Informationsinstrument, welches den na- tionalen Bildungsstand und dessen Entwicklung im Vergleich mit anderen Landern auf representative Art und Weise und wissenschaftlich fundiert abbildet. Im folgen-den soil kurz auf die bildungspolitischen Reaktionen Deutschlands eingegangen wer-den, wobei diese nicht vereinheitlicht werden konnen, da der deutsche Foderalismus jedem Bundesland erlaubt, bildungspolitische MaBnahmen individuell zu gestalten. Landertibergreifend wurde nach dem erwahnten PISA-Schock von der Kultusminis-terkonferenz der in Kapitel 3.1.1 erwahnte Katalog an SofortmaBnahmen bzw. Kon-sequenzen herausgegeben. Generell lassen sich mehrere Veranderungen an Schulen seit der Einfiihrung der PISA-Studie dokumentieren. Diese ergeben sich aus neueren Befragungen von Schulleitungen im Rahmen der Studie (vgl. OECD 2010, S.286 f.). So hat sich zum Beispiel der Umgang der Schulen mit standardisierten Evaluationen, Tests und Leistungsstudien - in der Gesamtheit gerne als „Monitoring" bezeichnet -im Laufe der neun Jahre grundlegend dahingehend verandert, dass diese mittlerweile als sinnvolles Mittel zum Qualitatsmanagement in der Bildung von alien Beteiligten akzeptiert und zunehmend eingesetzt werden, um beispielsweise auch schulinterne MaBnahmen zur Leistungssteigerung einfiihren zu konnen. Dies fiihrte zum Ausbau eines Systems von Schulevaluationen und -inspektionen, Zielvereinbarungen (schulintern und mit der Schulaufsicht), Einfiihrung von Bildungsstandards und In-tensivierung der Berichterstattung. Auch greift mittlerweile die Erkenntnis um sich, dass die Bildungsqualitat von einem System an Normen und Werten positiv beein-flusst werden kann, was zu einem vermehrten Einsatz von Leitbildern und ahnlichen MaBnahmen fiihrt (vgl. OECD 2010, S.288). Die Kultusministerkonferenz legt einen Fokus auf die Forderung von Reformprojekten, die die Zielsetzung der von ihr her-ausgegebenen Handlungsempfehlungen zur Verbesserung des Leistungsniveaus ver-folgen. Die meisten dieser Projekte beziehen sich auf die Forderung von Sprachkom-petenz, Verringerung von Benachteiligung und Professionalisierung der Lehrer. Letztgenannter Punkt erscheint fiir uns nun besonders wichtig, denn letztenendes wurde von den Einflussnehmern der Bildungspolitik erkannt, dass die wirklich wir-kungsvollen Anderungen direkt an der Schule bzw. im Unterricht erfolgen miissen, die Schliisselkompetenzen also bei der Schulleitung und den Lehrern liegen (vgl. Baumert, Stanat & Watermann, 2006; Fend, 2006; Klieme, Steinert & Hochweber, 2010b). Aus dieser Erkenntnis lasst sich die Konsequenz ziehen, dass Lehrer und Schulleitungen als treibende Krafte der Entwicklung von Bildungsqualitat hierzu alle Unterstiitzung in Form von optimalen und zufriedenstellenden Arbeitsbedingungen erhalten miissen und dass professionelle Lehrer nur aus einer qualitativ hochwertigen und ebenso professionellen Lehrerausbildung hervorgehen konnen (vgl. OECD 2010, S.292). Um noch einen Schritt weiter zu gehen: Da nun die exorbitant wichtige Rolle von Lehrern fur die Bildungsqualitat erkannt ist, muss freilich auch betont werden , dass diese Leistung nicht von jeder Person gleichermaBen erbracht werden kann. Darum ist es wichtig, fur die Lehrer und Schulleitertatigkeit geeignete Menschen zu gewinnen, wozu sinnvolle Anreize und Anreizsysteme beitragen konnen.
3.4 Zusammenhang der Pisa-Studie mit Anreizsystemen
Dass generell ein Zusammenhang zwischen der Qualitat der Ausiibung des Lehrerberufes und der Qualitat des Bildungssystems besteht, diirfte kaum umstritten sein, was uns zur Grundlage der Lehreranreizforschung und deren Zusammenhang mit Leistungsstudien - exemplarisch PISA - bringt. Dass die Qualitat des deutschen Bildungssystems noch immer verbesserungswiirdig erscheint, ist nach einem Blick auf die mittelmaBigen Ergebnisse deutscher Jugendlicher offensichtlich. Sowohl ein GroBteil der Bevolkerung als auch die Teilnehmer und Entscheidungstrager des Bildungssystems sind willens und bestrebt, an einer Verbesserung der Leistungsfahigkeit mitzuwirken. Eine derartige positive Entwicklung hangt an verschiedensten Stellschrauben, die teilweise durch die detaillierteren Daten, die die PISA-Studie liefert, offen gelegt werden. So sind fur einen optimalen Bildungsstand MaBnahmen im sozialen Bereich, wie z.B. in Feldern der Migrations- oder Familienpolitik zu ergreifen. Reformen mit direkterer Wirkung sind selbstverstandlich im Kernbereich der Bildung selbst, der Schule, anzustoBen. Dazu zahlen curriculare und organisationspolitische Verbesserungen, natiirlich aber auch ein Ansetzen am direkten Unterrichtsgeschehen, das von den Lehrern gestaltet und gesteuert wird (vgl. Baumert, Stanat & Watermann, 2006; Fend, 2006; Klieme, Steinert & Hochweber, 2010b, zitiert nach OECD 2010, S.289). So stellten Bildungsforscher, die sich von Anbeginn an mit der PISA-Studie befassen, schon friih fest, dass wirkungsvolle MaBnahmen im Kernbereich der Schule, dem Unterricht, vorzunehmen sind. Hier fiihrt eine Professionalisiemng der Lehrer zu einer hoheren Unterrichtsqualitat und -kultur, was wiedemm die Kompetenzen von Schiilern und deren Entwicklung ungemein fordert (vgl. Maag Merki, 2010, S.165; Scheerens & Bosker, 1997, Baumert & Kunter, 2006; Fend, 2006; Hattie, 2009; Helmke, 2009, zitiert nach OECD 2010, S.289). Aufgrund der Kontinuitat der PISA- Studie kann diese fortfiihrend als Steuerungs- und Kontrollwerkzeug fur bildungspolitische MaBnahmen verwendet werden. Natiirlich hangen die Entwicklungen der Ergebnisse immer von der Gesamtheit der zwischenzeitlich ergriffenen bzw. greifenden MaBnahmen ab, jedoch kann in der Regel ein Trend und eine Grundtendenz der Wirkung von Reformen erkannt werden und weitere MaBnahmen dementsprechend gestaltet werden.
Eine weitere Hilfestellung bei der Entwicklung von Anreizsystemen fur Lehrer kann die PISA-Studie durch ihre Internationalist bieten, die die Offenlegung des Bil-dungsstandes vieler verschiedener Lander aus aller Welt mit unterschiedlichsten Bil-dungssystemen darstellt. Zwar sind die Anreizsysteme und deren Wirkung nicht di-rekt aus den Schiilerleistungsstudien ablesbar, jedoch kann die Strategie gewahlt werden, Modelllander, die seit vielen Jahren auf den ersten Platzen der Studie stehen, auszuwahlen und einen naheren Blick auf deren Anreizsysteme zu werfen. Selbstver-standlich ist nicht automatisch gegeben, dass ein Spitzenstand in Schulerleistungsstudien aus einem guten Anreizsystem fur Lehrer resultiert, kontinuierliche Topleistun-gen der Schiiler weisen aber auf ein System hin, in dem die meisten Faktoren positive Wirkungen entfalten und auch die Motivation der Lehrer stimmt. Auch muss natiirlich der kulturelle Kontext des „Modellandes" mit dem eigenen verglichen werden. Gerade asiatische Lander wie das zuletzt iiberaus stark abschneidende Korea ar-beiten in der Bildung mit einem hohen MaB an Erfolgs- und Leistungsdruck (vgl. OECD 2010, S.293), was in Deutschland in dieser Form nicht erwiinscht ist und auch nicht praktikabel ware. Nach derartigen Uberlegungen konnen in Kombination mit einer Betrachtung der Lehrerzufriedenheit, „passendeModellander" wie Finnland eine Quelle von Ideen fur eigene MaBnahmen im Feld der Anreizsysteme sein.
3.5 Zusammenhang zwischen Lehren und Lernen
Dass ein Lehrer bzw. die Qualitat mit der er seinen Beruf ausiibt einen bestimmten Einfluss auf die Schiiler und schlussendlich auf die Bildungsqualitat hat, ist relativ unumstritten. In welcher Intensitat aber diese Wirkung stattfindet, also ob einzelne Schiilerleistungen durch die fachliche und didaktische Kompetenz von Lehrern tatsachlich signifikant verbessert werden konnen, oder ob die curricularen Rahmenbedingungen und Stoffinhalte der entscheidende Faktor sind und vom Lehrer selbst recht wenig abhangt, ist unter Erziehungswissenschaftlern umstritten. In den letzten Jahren jedoch wurde genau diese Fragestellung in den Fokus einiger wissenschaftlicher Untersuchungen genommen. Vor allem amerikanische Forscher stellten teils empirische Forschungen an, die eine von vielen vorhergesehene Erwartung bestatigen: Von der Qualitat des einzelnen Lehrers hangt fur die Schiiler und deren Schulerfolg so einiges ab. So fanden die Forscher beispielsweise heraus, dass ein sehr guter Lehrer im direkten Vergleich mit einem weniger qualifizierten Padagogen einem Schiiler im Durchschnitt einen Lernvorsprung von bis zu einem Jahr verschaffen kann. Besagte Top-Padagogen und deren Unterricht konnen laut den Erziehungswissenschaftlern vor allem schwacheren Schiilern und auch benachteiligten Kindern aus sozial schwacheren Verhaltnissen helfen, ihre Bildungschancen an die von Schiilern aus besseren Verhaltnissen anzugleichen (vgl. Esser/Plewnia/Roll/Schindler/Siemens/VanZutphen 2011, S.57; Lipowsky, 2006). Besagte Studien fokussieren verschiedene Lehrerkompetenzen und untersuchen deren Wirkung auf die Schiiler und deren Erfolge. So kommen zum Beispiel Ashton und Crocker (1987) zu dem Schluss, dass eine hohe Fachkompetenz des Lehrers zwar noch keine Garantie fur Lernerfolg birgt, jedoch bei den Lehrkraften zu groBerer Handlungskompetenz, also der Fahigkeit, zielgerichtet, situationsbedingt und verantwortungsbewusst unterrichtliche Aufgaben zu erfiillen und Probleme zu losen.
In einer weiteren empirischen Studie von Hill, Rowan und Ball (2005) zeigen die Ergebnisse „signifikante Zusammenhange zwischen fachdidaktischem Wissen der Lehrpersonen und dem Leistungszuwachs der Schiiler auf. Von alien einbezogenen Lehrerkompetenzen war fachdidaktisches Wissen am wichtigsten" (vgl. Lipowsky 2006, S. 52).
Darling-Hammond, Berry und Thoreson (2001) hingegen konzentrieren sich auf das padagogische Wissen und kommen zu dem Schluss, dass Schiilerleistungen und groBes padagogisches Fachwissen signifikant zusammenhangen. Schiiler profitieren also von einer moglichst fundierten padagogischen Fachausbildung ihrer Lehrer - ein bemerkenswertes Resiimee, wird doch oft gerade an Schulen der Eindruck vermittelt, die im Studium angeeignete padagogische Theorie sei in der Praxis nicht zu gebrauchen.
Andere Untersuchungen wiederum beschaftigen sich mit der Art und Weise, wie ein Lehrer seinen Unterricht gestaltet bzw. mehr noch - mit seiner Unterrichtsphiloso-phie bzw. epistemologischen Uberzeugung. Staub und Stern kommen zu der Er-kenntnis, dass ein Unterricht, der seitens der Lehrkraft konstruktivistisch geplant und durchgefiihrt wird im Vergleich zu einem an den Wertevorstellungen des Lehrers selbst orientierten Unterricht eine erhebliche Steigerung des Lernerfolges bei den Schiilern mit sich bringt.
Last but not least spielt das Selbstbild von Lehrern eine groBe Rolle, die zwar nicht direkt zum Lernerfolg von Schiilern fiihrt, aber iiber einen ausgepragteren Berufs-ethos und ambitioniertere Ziele einen qualitativ hochwertigeren Unterricht hervor-bringt, der dann wiederum die Lernleistungen der Schiiler steigern kann. (vgl. eben-da).
All diese Studien konzentrieren sich also auf unterschiedliche Kompetenzen der Lehrkrafte, kommen dabei aber iibereinstimmend zu dem Fazit, dass die Auspragung dieser Kompetenzen der Lernqualitat der Schiiler zugute kommt. Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass gute Lehrer zu groBen Teilen zu einer qualitativ hoch-wertigen Bildung und einem hohen Bildungsstand beitragen. Ein „perfekter" Lehrer muss in vielfaltiger Hinsicht fur den Lehrerberuf geeignet und ausgebildet sein. Er verfiigt iiber eine positive Einstellung und hohe Ambitionen, also einem hohen Be-rufsethos seinem Beruf gegeniiber, er ist fachlich gut ausgebildet und verfiigt iiber eine groBe padagogische Fachkompetenz sowie einen Schatz an didaktischen Kon-zeptionen. Es zeigt sich hier also schon, dass sich, sofern die Qualitat der Lehre an Schulen (unter anderem) durch die Lehrerschaft gesteigert werden soil, der Lehrerberuf nicht lediglich als ein gut bezahlter Halbtagsjob angesehen werden sollte und nicht ausschlieBlich aus Griinden des Sicherheitsdenkens oder aufgrund von Alterna-tivlosigkeit gewahlt werden sollte, sondern vielmehr mit hochqualifizierten und -en-gagierten Spitzenkraften besetzt werden muss. Diese Spitzenkrafte dazu zu bringen, die Padagogenlaufbahn zu beschreiten und im Laufe ihres Berufslebens auch weiter-hin Top-Leistungen fur die Schule zu erbringen, ist die Hauptaufgabe von Anreizsystemen fur Lehrer.
4 Theoretische Moglichkeiten fur Anreizkomponenten
Bevor ein Blick auf die Praxis von Anreizen und Anreizsystemen in der Bildungswelt geworfen werden kann, um daraus sinnvolle und mogliche Reformen im Sinne der Erarbeitung eines Anreizsystems fur das deutsche Schulsystem abzuleiten, muss zunachst Klarheit iiber die Spannbreite der theoretischen Moglichkeiten geschaffen werden. Hierzu soil im Folgenden eine Ubersicht iiber alle moglichen einzelnen Anreize geschaffen werden, die dann als Komponenten in ein Anreizsystem einflieBen konnten. Dazu werden in einem ersten Schritt alle Anreize in kategorisierter Form aufgefuhrt und kurz beschrieben, die in der gesamten Arbeitswelt Anwendung finden oder finden konnten, um dann in einem weiteren Schritt diejenigen Anreize zu separieren bzw. in modifizierter Form daraus abzuleiten, die auch in der Schule eine sinnvolle Anwendung finden konnen. Fur die erwahnte Kategorisierung der Anreize gabe es verschiedene Moglichkeiten. So klassifiziert Schanz beispielsweise, wie bereits weiter oben angegeben, Anreize zum einen nach dem Anreizobj ekt, also quasi dem Ausloser selbst, in materielle und immaterielle Anreize, nach der Zahl der Anreizsubjekte bzw. -empfanger in Individual-, Gruppen- und organisationsweite Anreize und nach der Quelle der Motivation in intrinsische und extrinsische Anreize (vgl. Schanz 1991 S. 15). Ahnlich soil auch die hier vorzunehmende Kategorisierung erfolgen, wobei als zusatzliche Oberkategorie noch nach verhaltensauslosenden Anreizen und verhaltensvermeidenden Anreizen unterschieden werden soil. Auf der nachsten Ebene erfolgt die wohl wichtigste Unterscheidung zwischen extrinsischen und intrinsischen Anreizen. Die extrinsischen Anreize werden weiter unterteilt in monetare und nicht monetare Anreize, was fur intrinsische Anreize nicht notwendig erscheint, da diese ohnehin fast ausschlieBlich nicht-monetarer Natur sind.
4.1 Verhaltensauslosende (positive) Anreize
Unter verhaltensauslosenden Anreizen sind diejenigen Anreize zu verstehen, die dazu motivieren, ein bestimmtes Verhalten einzunehmen in der Erwartung, daraus eine damit verbundene Motivbefriedigung zu erreichen. Einfacher konnten diese auch als positive Anreize definiert werden, da damit vom Anreizempfanger implizit oder explizit eine Belohnung verbunden wird.
4.1.1 Extrinsische Anreize
Als extrinsische Anreize bezeichnet man die Ausloser extrinsischer Motivation. Wie bereits in Kapitel 2 definiert ist die extrinsische Motivation diejenige, die nur durch den Anreiz mit dem zu motivierenden Bereich zusammenhangt, also nicht direkt aus der gewiinschten Tatigkeit resultiert. Die Motive des zu motivierenden Individuums werden also durch eine Belohnung befriedigt. Synonym zum Begriff „extrinsische Anreize" wird aufgrund ihrer oft materiellen Form teilweise auch der Begriff „mate-rielle Anreize" oder aufgrund ihrer Quelle der Terminus „auBere Anreize" verwendet. Eine verstandliche Umschreibung bietet auch der Begriff „ergebnisorientierte Anreize", der als Gegenstiick zu den „tatigkeitsorientierten" (intrinsischen) Anreizen verwendet wird. (vgl. Malin2004, S. 7; Rheinberg 1989, S. 94, S. 101)
4.1.1.1 Monetare Anreize
Unter den extrinsischen Anreizen zahlen diejenigen monetarer Art, mit zu den belieb-testen, also Anreize, die durch eine Entlohnung bzw. das in Aussicht stellen von Geld oder geldwerten Vorteilen motivieren.
„Der Vorteil der monetaren Anreize ist darin zu sehen, dass sie variabel und leicht steuerbar sind und sie ein nahezu universelles Mittel zur Bediirfnisbefriedigung darstellen" (Schanz 1991, S. 13 ff).
Im Folgenden sollen die wichtigsten monetaren Anreize kurz dargestellt werden (vgl. im Folgenden Mengel 2008, S. 2 If): Einmalzahlung/Gratifikation Eine Einmalzahlung oder Gratifikation stellt keinen monetaren Anreiz im Sinne von Leistungsvergiitung dar, da die Einmalzahlung in der Regel unabhangig von erbrachten Leistungen gewahrt wird. Die Gratifikation ist als zusatzliche Zahlung zum eigentlichen Arbeitsentgelt zu betrachten, die der Arbeitgeber zumeist freiwillig und ohne weitere Verpflichtung im meistens jahrlichen Turnus ausbezahlt. Zwar wird damit keine spezielle Leistung des Arbeitnehmers entlohnt, als Anreiz kann die Einmalzahlung trotzdem betrachtet werden, da sie die Einstellung des Arbeitnehmers dem Arbeitgeber gegeniiber positiv beeinflussen kann und damit implizit eine freiwillige Leistungssteigerung bewirken kann. Populare Beispiele fiir Gratifikationen sind Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld. Gratifikationen werden auch teilweise in Abhangigkeit von der Betriebszugehorigkeit ausbezahlt und stellen in diesem Fall einen Anreiz fiir Betriebstreue dar, der fiir den Arbeitgeber die Sicherung von erfahrenen Arbeitnehmern bewirken soil.
Bonus
Die Bonuszahlung wird wie die Gratifikation zumeist auch in Form einer jahrlichen Einmalzahlung an den Arbeitnehmer ausbezahlt, ist aber im Gegensatz zur Gratifikation ein typischer leistungsabhangiger monetarer Anreiz, also eine Leistungsentlohnung. Boni werden klassischerweise bei Fiihrungskraften eingesetzt, wo sie an unternehmensbezogene ErfolgsgroBen wie Umsatz oder Gewinn gekoppelt werden. Ist dies aus unternehmenstechmschen Griinden nicht moglich oder nicht sinnvoll, weil das Bonussystem beispielsweise auch auf Mitarbeiter unterhalb der oberen Fiihrungsebene angewandt werden soil, so kann die Zahlung auch von einer personlichen Arbeitsleistung bzw. den Zielerreichungsgrad der angestrebten personlichen Leistung abhangig gemacht werden. Diese wird dann beispielsweise vorab in einer Zielvereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber festgelegt.
Pramie
Pramienzahlungen ahneln den Gratifikationen und noch mehr den Bonuszahlungen in bestimmten Merkmalen. So werden auch Pramien in der Regel jahrlich als Zusatz zum regularen Entgelt ausgezahlt. Pramienzahlungen hangen wie Boni von bestimmten Leistungen ab. Zumeist werden damit bestimmte auBergewohnliche Verhaltensmerkmale von Arbeitnehmern, eine iiberdurchschnittliche Qualitat der Arbeit, aber auch beispielsweise besondere Kundenfreundlichkeit oder ahnliches belohnt.
Tantieme
Auch die Tantieme ist der Kategorie der Einmalzahlungen zuzuordnen, die in den meisten Fallen im jahrlichen Turnus ausgeschiittet werden. Obwohl der Begriff Tantieme oft synonym mit dem des Bonus' verwendet wird, besteht genauso genommen ein Unterschied. Und zwar ist, wahrend ein Bonus an verschiedene vorab festgelegte Ziele gekoppelt ist, die Tantieme immer vom Erfolg des ganzen Unternehmens abhangig und wird zumeist in Form einer anteiligen Gewinnbeteiligung ausbezahlt. Aus diesen Griinden ist die Tantieme eine klassische Leistungsentlohnungskomponente fur Manager in der oberen Fiihrungsebene und wird nur selten als Gewinnbeteiligung auch an niedrigere Hierarchieebenen vergeben.
[...]
- Arbeit zitieren
- Matthias Dorsch (Autor:in), 2011, Anreizsysteme für Lehrer. Nationale und internationale, praktische und theoretische Aspekte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/911302
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.