Wie kann das Vorgehen der (V4-)Mitgliedsstaaten in Bezug auf die „Flüchtlingskrise“ 2015 erklärt werden?
„Auf der einen Seite hat man [...] verstärkt versucht, die Einreise von Flüchtlingen zu verhindern. Auf der anderen Seite aber hat die Europäische Union das Flüchtlingsrecht europaweit vereinheitlicht und war dabei an vielen Stellenfortschrittlich“ (Grenz/ Lehmann/ Keßler, 2015: 83).
Die in sich teils widersprüchlichen Reaktionen in Bezug auf Fluchtbewegungen innerhalb der EU halten seit den 1980er Jahren bis heute an. Die ansteigenden Fluchtbewegungen 2015 wurden von einem EU-Asylsystem begleitet, welches zu diesem Zeitpunkt bereits erhebliche Mängel aufwies. Trotz der Versuche einer Harmonisierung wurden die Ungleichheiten im Bereich der Asyl- und Migrationspolitik größer, so auch die Verteilung von Asylsuchenden innerhalb der EU. „Den Vorschlag der EU-Kommission, verbindliche Quoten zu verabreden, lehnten die Mitgliedsländer der Visegrád- Gruppe […] von Beginn an ab“ (Liemich/ Öllermann/ Seyfferth, 2015: 1). Die Geschlossenheit bei der Ablehnung war in dem Kontext verwunderlich, so hatten die Regierungen in der Vergangenheit parteipolitisch doch oft ihre Differenzen. Dies führt mich zu der Fragstellung, auf dessen Beantwortung der Aufbau dieser Hausarbeit abzielt.
Der politische Umgang mit Fluchtbewegungen innerhalb der EU und deren Folgen spielt nicht zuletzt aus gesellschaftlicher Sicht eine große Rolle. So sei der Umgang mit der Flüchtlingskrise als zentrale Bewährungsprobe für die EU und ihre Bürgerinnen und Bürger anzusehen. Außerdem sollten die fortbestehenden Fluchtbewegungen aus den Krisengebieten dieser Welt und die damit verbundene Unklarheit bei zukünftigem supranationalem Zusammenarbeiten beachtet werden. Der Widerstand seitens der osteuropäischen Länder „[verdeutlicht] die Schwierigkeiten der Europäischen Union, einen gemeinsamen europäischen Ansatz zu finden“ (Trauner, 2016: 93).
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Liberaler Intergouvernementalismus nach Andrew Moravcsik
- Analyse des staatlichen Handelns im Kontext der „Flüchtlingskrise“ 2015
- Innerstaatliche Präferenzenbildung
- Polen
- Tschechien
- Ungarn
- Slowakei
- Zwischenstaatliche Verhandlungen
- EU-Beschluss über Notumsiedelung
- Reaktionen der Mitgliedsstaaten
- Umsetzung des Beschlusses durch die Mitgliedsstaaten
- Innerstaatliche Präferenzenbildung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die Migrations- und Asylpolitik innerhalb der Europäischen Union aus integrationstheoretischer Perspektive im Vergleich, insbesondere anhand der „Flüchtlingskrise“ 2015. Sie analysiert das Vorgehen der (V4-)Mitgliedsstaaten in Bezug auf diese Krise und versucht, es mithilfe des liberalen Intergouvernementalismus nach Andrew Moravcsik zu erklären.
- Analyse der nationalen Präferenzenbildung der V4-Staaten im Kontext der Flüchtlingskrise
- Bewertung des EU-Beschlusses über Notumsiedlung und die Reaktionen der Mitgliedsstaaten
- Überprüfung der Umsetzung des Beschlusses durch die Mitgliedsstaaten
- Untersuchung der Rolle von innerstaatlichen und zwischenstaatlichen Faktoren in der Asyl- und Migrationspolitik der EU
- Bewertung der Bedeutung des liberalen Intergouvernementalismus für das Verständnis der Flüchtlingskrise in der EU
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Dieses Kapitel stellt die Fragestellung der Arbeit vor: Wie kann das Vorgehen der (V4-)Mitgliedsstaaten in Bezug auf die „Flüchtlingskrise\" 2015 erklärt werden? Es beleuchtet die widersprüchlichen Reaktionen der EU auf Fluchtbewegungen seit den 1980er Jahren und die Herausforderungen des EU-Asylsystems. Die Arbeit wird als qualitative Politikfeldanalyse definiert, die mithilfe einer Dokumenten- und Inhaltsanalyse sowie der Auswertung von Sekundärliteratur und Daten durchgeführt wird.
- Liberaler Intergouvernementalismus nach Andrew Moravcsik: Dieses Kapitel stellt den liberalen Intergouvernementalismus als theoretisches Framework vor. Es erläutert die drei Kernelemente der Theorie: rationale staatliche Verhaltensannahmen, eine liberale Theorie der nationalen Präferenzenbildung und eine intergouvernementale Analyse zwischenstaatlicher Verhandlungen.
- Analyse des staatlichen Handelns im Kontext der „Flüchtlingskrise“ 2015: Dieses Kapitel untersucht das Vorgehen der V4-Staaten im Kontext der Flüchtlingskrise 2015. Es analysiert die innerstaatliche Präferenzenbildung in den einzelnen Ländern (Polen, Tschechien, Ungarn, Slowakei) und untersucht die Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Weiterhin wird die intergouvernementale Analyse zwischenstaatlicher Verhandlungen am Beispiel des EU-Beschlusses über die Notumsiedlung angewendet. Die Reaktionen der Mitgliedsstaaten und die Umsetzung des Beschlusses werden analysiert.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter und Fokusthemen dieser Arbeit sind: Liberaler Intergouvernementalismus, Migrations- und Asylpolitik, Europäische Union, Flüchtlingskrise 2015, V4-Staaten (Polen, Tschechien, Ungarn, Slowakei), nationale Präferenzenbildung, zwischenstaatliche Verhandlungen, EU-Beschluss über Notumsiedlung, qualitative Politikfeldanalyse.
- Quote paper
- Moritz Ortler (Author), 2020, Die Migrations- und Asylpolitik innerhalb der Europäischen Union aus integrationstheoretischer Perspektive im Vergleich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/909269