Wir alle werden in unserem Handeln immer von geschlechtlichen Rollen, der Eigen- und Fremdwahrnehmung beeinflusst. Es wird viel darüber diskutiert, was ‚männlich’ und was ‚weiblich’ sei und wie die Geschlechter miteinander umzugehen hätten oder welcher Umgang unsere Gesellschaft vorteilhaft oder auch zum Nachteil geprägt habe. In allen Emanzipationsbemühungen der Geschlechter tauchte 1997 der Begriff des Gender Mainstreaming auf und wurde in die politischen Gremien Europas implementiert und als Leitfaden für gerechte Entscheidungsfindungen angesehen. Über die politischen Ebenen reicht dieses Streben in alle Bereiche des Zusammenlebens einschließlich der Betriebe. Bei Großunternehmen sieht man neben der Umsetzung von allgemein gültigen Gesetzen wie dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)1 auch Gleichstellungsbeauftragte, die sich um das Miteinander von 'Mann und Frau' bemühen. Leider wird nicht im gleichen Zug auf das Miteinander von oder mit homosexuellen Menschen eingegangen. Diesem Thema wollen wir uns in dieser Arbeit widmen. Wir betrachten dazu unser eigenes Berufsfeld der Krankenpflege im Evangelischen Krankenhaus Oldenburg. Hier finden wir wenig Auseinandersetzungen mit dem Thema Gender Mainstreaming. Häufig beobachten wir aber ein Phänomen, welches mit Geschlechterrollen und –verteilungen zu tun haben könnte. Es scheint eine hohe Affinität von homosexuellen Frauen und Männern zu diesem Beruf zu geben.
In unserer Heranführung an das Thema stellten wir eine nahezu fehlende Literatur zu homosexuellen Menschen in der Arbeitswelt der Krankenpflege und erst recht den fehlenden Bezug von GM zur Homosexualität fest. So ist die im Titel benannte Fragestellung zu einem geringeren Teil durch Literaturrecherche und im Wesentlichen durch das Heranziehen von allgemein gültiger Literatur zu den einzelnen Bereichen wie Homosexualität, Krankenpflege, Gesellschaft und Selbstbild der jeweiligen Personen zu bearbeiten. Aus diesem Vorgehen entwickelt sich unsere Theorie, dass die Krankenpflege für homosexuelle Menschen ein attraktiver Beruf ist. Der Begriff Gender Mainstreaming kann nicht pauschal übersetzt werden. Er leitet sich aus zwei Begrifflichkeiten ab, die in ihrer Zusammenführung einen Sinn in Bezug auf den eigentlichen Arbeitsauftrag von Gender Mainstreaming ergeben.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Was ist Gender Mainstreaming?
2.1 Definition
2.2 Exkurs in die Historie des Gender Mainstreaming
2.3 Verteilung von heterosexuellen und homosexuellen Frauen und Männern im Pflegeberuf
3 GM in der Krankenpflege
3.1 Attribute der Krankenpflege
3.1.1 Betrachtung der Pflegenden durch die Gesellschaft
3.1.2 Selbstbild der Pflegenden
3.2 Potentielle Gender-Aspekte, die zu berücksichtigen wären
4 Homosexualität
4.1 Attribute von Homosexuellen
4.1.1 Betrachtung homosexueller Menschen durch die Gesellschaft
4.1.2 Selbstbild homosexueller Menschen
4.2 Potentielle Gender-Aspekte, die zu berücksichtigen wären
5 Ist die Krankenpflege ein attraktives Berufsfeld für homosexuelle Menschen?
5.1 Die Berufswahl
5.2 Die Entscheidung für die Krankenpflege
6 Resümee
Anhang
Fragebogen Wagner-Neidig, Wille
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Wir alle werden in unserem Handeln immer von geschlechtlichen Rollen, der Eigen- und Fremdwahrnehmung beeinflusst. Es wird viel darüber diskutiert, was ‚männlich’ und was ‚weiblich’ sei und wie die Geschlechter miteinander umzugehen hätten oder welcher Umgang unsere Gesellschaft vorteilhaft oder auch zum Nachteil geprägt habe. In allen Emanzipationsbemühungen der Geschlechter tauchte 1997 der Begriff des Gender Mainstreaming auf und wurde in die politischen Gremien Europas implementiert und als Leitfaden für gerechte Entscheidungsfindungen angesehen. Über die politischen Ebenen reicht dieses Streben in alle Bereiche des Zusammenlebens einschließlich der Betriebe. Bei Großunternehmen sieht man neben der Umsetzung von allgemein gültigen Gesetzen wie dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)[1] auch Gleichstellungsbeauftragte, die sich um das Miteinander von 'Mann und Frau' bemühen. Leider wird nicht im gleichen Zug auf das Miteinander von oder mit homosexuellen Menschen eingegangen. Diesem Thema wollen wir uns in dieser Arbeit widmen.
Wir betrachten dazu unser eigenes Berufsfeld der Krankenpflege im Evangelischen Krankenhaus Oldenburg. Hier finden wir wenig Auseinandersetzungen mit dem Thema Gender Mainstreaming. Häufig beobachten wir aber ein Phänomen, welches mit Geschlechterrollen und –verteilungen zu tun haben könnte. Es scheint eine hohe Affinität von homosexuellen Frauen und Männern zu diesem Beruf zu geben.
In unserer Heranführung an das Thema stellten wir eine nahezu fehlende Literatur zu homosexuellen Menschen in der Arbeitswelt der Krankenpflege und erst recht den fehlenden Bezug von GM zur Homosexualität fest. So ist die im Titel benannte Fragestellung zu einem geringeren Teil durch Literaturrecherche und im Wesentlichen durch das Heranziehen von allgemein gültiger Literatur zu den einzelnen Bereichen wie Homosexualität, Krankenpflege, Gesellschaft und Selbstbild der jeweiligen Personen zu bearbeiten. Aus diesem Vorgehen entwickelt sich unsere Theorie, dass die Krankenpflege für homosexuelle Menschen ein attraktiver Beruf ist.
2 Was ist Gender Mainstreaming?
Der Begriff Gender Mainstreaming kann nicht pauschal übersetzt werden. Er leitet sich aus zwei Begrifflichkeiten ab, die in ihrer Zusammenführung einen Sinn in Bezug auf den eigentlichen Arbeitsauftrag von Gender Mainstreaming ergeben.
2.1 Definition
Der erste Begriff Gender kann aus dem englischen nicht zu einem Äquivalent übersetzt werden, da der deutsche Geschlechtsbegriff lediglich mit dem körperlichen Geschlecht verknüpft ist und nicht die sozialen Aspekte der Geschlechterrolle beinhaltet. Der zweite Begriff Mainstreaming bedeutet im Deutschen soviel wie 'Hauptströmung, zum Hauptstrom machen'. So ist ein Versuch der übertragenen Übersetzung für Gender Mainstreaming zum Beispiel „durchgängige Gleichstellungsorientierung“(vgl. Baer 2007). Dieses kann aber auch nur als Hinweis auf die tiefere Bedeutung dienen ? es ist ein von Barbara Stiegler (2000: S. 8) wie folgt definiertes Prinzip:
„Gender Mainstreaming besteht in der Reorganisation, Verbesserung, Entwicklung und Evaluation von Entscheidungsprozessen in allen Politikbereichen und Arbeitsbereichen einer Organisation. Das Ziel von Gender Mainstreaming ist es, in alle Entscheidungsprozesse die Perspektive des Geschlechterverhältnisses einzubeziehen und alle Entscheidungsprozesse für die Gleichstellung der Geschlechter nutzbar zu machen.“
Gender Mainstreaming wird als eine Doppelstrategie verstanden, die zum einen aus speziellen Maßnahmen zum Ausgleich geschlechtsspezifischer Ungleichheiten durch Einzelaktionen und spezielle Zielsetzungen und zum anderen aus der integrativen Chancengleichheitspolitik durch alle und in allen Bereichen besteht. Ersteres ist hier reaktiv zum direkten Ausgleich von Missständen und letzteres proaktiv[2] als ständige Weiterentwicklung zu sehen.
2.2 Exkurs in die Historie des Gender Mainstreaming
Mitte des Jahres 1999 beschloss das Kabinett die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesrepublik Deutschland. Als Leitprinzip und gesellschaftliche Querschnittsaufgabe wurde der Begriff des Gender Mainstreaming eingeführt und als politische Herausforderung postuliert. Auf europäischer Ebene geschah dies bereits 1996 im sogenannten Amsterdamer Vertrag (vgl. Stiegler 2000: S. 7). Die Entwicklung der zugrunde liegenden politischen Strategie liegt jedoch einige Jahre zurück und beginnt mit der Vorstellung auf der dritten Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen 1985 in Nairobi. Schweden beginnt 1994 auf allen politischen Ebenen Gleichstellungspolitik im Sinne des Gender Mainstreaming einzuführen. Auf der vierten Weltfrauenkonferenz in Peking verpflichten sich die Mitglieder der Vereinten Nationen zur Implementierung von Gender Mainstreaming Strategien. 1997 beschließt Norwegen konkrete Maßnahmen zur Etablierung des Gender Mainstreaming Konzeptes. 1998 folgen die Niederlande diesem Schritt und beschließen einen Aktionsplan der die Etablierung zwischen 1999 und 2002 sicher stellen soll. Und auch in Finnland wird eine dreijährige Erprobungsphase zur Einführung von Gender Mainstreaming beschlossen. Von da an legt die Europäische Union jährlich die beschäftigungspolitischen Leitlinien zur Chancengleichheit fest. In der Bundesrepublik Deutschland beschließen ab dem Jahre 2000 Gewerkschaften und einzelne Bundesländer Maßnahmenkataloge. 2001 wird das Gender- Institut GISA in Sachsen-Anhalt gegründet. In Folge werden sowohl auf Bundes-, als auch auf landespolitischer Ebene immer häufiger Regelwerke beschlossen, die ihren zentralen Schwerpunkt in der Gleichstellungspolitik des Gender Mainstreaming haben. 2003 erfolgt die Einrichtung des Gender- Kompetenzzentrums an der Humboldt Universität Berlin. Seine Aufgabe besteht in der Forschung und Beratung. Im März 2006 wird den Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union von der Europäischen Kommission der Bericht zur Gleichstellung von Frauen und Männern vorgelegt (vgl. Bethge o.J.).
2.3 Verteilung von heterosexuellen und homosexuellen Frauen und Männern im Pflegeberuf
Es wird auch in der heutigen Zeit noch von klassischen Frauen- und Männerberufen gesprochen. Dabei zählt alles handwerkliche in der Regel zu den Männerberufen und alles soziale, 'helfende' zu den Frauenberufen (vgl. Dietrich 1994: S. 40). Häufig sind in diesen Berufen über 90% eines Geschlechtes vertreten. In unserem Krankenhaus sind nach Schätzung der Personalabteilung zum Beispiel im ärztlichen Dienst noch ca. 80% der Beschäftigten männlich, wobei die Frauen hier aufholen (erst jüngst wurde eine Chefärztin und eine weibliche Medizinische Direktorin berufen). Im Pflegedienst wird von einem umgekehrten Geschlechterverhältnis mit 80% weiblichem Personal ausgegangen. Leider gibt es in unserem Hause keine fixen Zahlen und wir müssen von der Schätzung unserer Personalleiterin ausgehen, ähnliche Zahlen werden uns auf Anfrage aber auch aus den umliegenden Häusern genannt. Erweitern wir den Blick auf den gesamten deutschsprachigen Raum, bestätigen sich diese Zahlen (vgl. Ummel 2004: S. 30). Leider waren uns wenig detaillierte statistische Daten zugänglich. Die Verteilung von homosexuellen Frauen und Männern in den verschiedensten Berufen geschweige denn in Sozialberufen und besonders der hier behandelten Krankenpflege ist in dieser Form nur wenig dokumentiert. Scheinbar ist der Anteil an Homosexuellen aber in diesem Berufsfeld höher, welches im Weiteren noch behandelt wird.
3 GM in der Krankenpflege
Unumstritten steht der Pflegeberuf für ein klassisch weiblich geprägtes Berufsfeld. Die, vor allem geschichtlichen Gründe und Ursachen hierfür sollen an dieser Stelle nicht weiter beleuchtet werden. Vermuten wir zunächst, dass es die eher weiblichen Attribute des Berufes sind, die einigen Männern den Pflegeberuf attraktiv erscheinen lassen, so muss festgestellt werden, dass es viel mehr die Attribute der klassischen Männerberufe sind die auf einige Männer unattraktiv wirken. Der Wunsch im christlichen oder auch diakonischen Auftrag beruflich tätig zu werden ist vor allem in pflegerischen Berufen möglich. Eine besondere Qualifizierung diesbezüglich stellt keinerlei Voraussetzungen an ein biologisches Geschlecht. Als zweites und sehr gewichtiges Motiv wird der Wunsch, zu helfen, gesehen. Diese Hilfe geschieht in Pflegeberufen auf unterschiedliche Art und Weise, von Serviceleistungen bis hin zur Durchführung lebenserhaltender Maßnahmen im Rettungsdienst. Entscheidend für die Wahl des Betätigungsfeldes ist hier oftmals ein rein egoistisches Motiv, das auf die Befriedigung des Grundbedürfnisses nach Anerkennung abzielt . Als drittes Hauptmotiv wird der Wunsch nach Abgrenzung genannt. Dies kann biografisch oder geschlechtsrollenspezifisch begründet sein. Kern ist in beiden Fällen, sich einer von außen entgegengebrachten Erwartungshaltung zu widersetzen (vgl. Ummel 2004). Selbstverständlich wird nicht verleugnet, dass es auch in Pflegeberufen zu Fehlhandlungen kommt, die ihre Ursache in der Missachtung des anderen Geschlecht haben. Deutlich wird aber die Konstruktion des weiblichen Berufsbildes und deren Potential. Einer der wesentlichen Genderaspekte liegt also weniger in der bewussten Akzeptanz anderer, sondern viel eher in der Selbstverständlichkeit dieser. Unsere Erfahrung zeigt auch, dass sowohl Frauen als auch Männer Teams favorisieren, denen beide Geschlechtergruppen angehören.
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[1] BGB1 I, S.1897
[2] Neologismus für voraushandelnd, initiativ
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- Andreas Wagner-Neidig (Author), Andreas Wille (Author), 2008, Ist der Pflegeberuf für homosexuelle Menschen besonders attraktiv?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90730
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