Wo steht Kästners Roman zwischen Übertreibung und Zeitdokument?
Etwa Ende September 1930 beginnt Erich Kästner die Arbeit an einem Roman, der am 15. Oktober 1931 unter dem Titel Fabian - Die Geschichte eines Moralisten in der Deutschen-Verlags-Anstalt veröffentlicht wird. Unter dem Titel Der Gang vor die Hunde erschien 2013 eine von Sven Hanuschek herausgegebene Neuauflage des Romans, in der er die von Kästner ursprünglich geplante Fassung rekonstruiert und fehlende Passagen ergänzt hat. An dieser Ausgabe wird sich die vorliegende Arbeit orientieren. Um den Anmerkungsapparat übersichtlich zu halten, werden Zitate aus Kästners Roman im weiteren Verlauf lediglich mit einer Seitenzahl in Klammern hinter der jeweiligen Textstelle versehen.
Kästner erzählt im Gang vor die Hunde die Geschichte des zweiunddreißigjährigen promovierten Germanisten Jakob Fabian, der bei bescheidener Bezahlung als „Reklamefachmann“ für eine Zigarettenfirma arbeitet. Fabian zieht mit seinem Freund Stephan Labude durch Bars und Vergnügungslokale im Berlin der früher 1930er Jahre, verliebt sich in die promovierte Juristin Cornelia Battenberg, verliert seinen Posten, wird nach nur wenigen Tagen glücklicher Beziehung zugunsten ihrer Karriere als Filmschauspielerin von Cornelia verlassen, durchläuft eine lange „Odyssee durch die Arbeitsämter“, verliert durch einen makabren Scherz seinen Freund Labude und kommt schließlich bei einem symbolträchtigen Unfall in seinem Heimatort Dresden ums Leben.
In seiner umfassenden Forschungsgeschichte wurde der Roman unter anderem als Zeitungs- und Presseroman, als Großstadtroman, Metropolenroman oder als Angestelltenroman eingestuft. Kästner selbst bietet in einem Vorwort zur Neuauflage vom Mai 1950 eine recht eindeutige Lektürehilfe:
„Das vorliegende Buch, das großstädtische Zustände von damals schildert, ist kein Photographiealbum, sondern eine Satire. Es beschreibt nicht, was war, sondern es übertreibt. Der Moralist pflegt seiner Epoche keinen Spiegel, sondern einen Zerrspiegel vorzuhalten.“
Die Kästner-Biographen Franz-Josef Görtz und Hans Sarkowicz relativieren jedoch: „Das war aus der Sicht der Nachkriegszeit gedacht. Kästner versah seinen Roman rückwirkend mit einer prophetischen Gabe und einer volkspädagogischen Aufgabe, die er so am Ende der Weimarer Republik nicht beansprucht hätte.“ Wo also steht Der Gang vor der Hunde im Spannungsfeld zwischen realitätsnahem Zeitdokument und satirischer Übertreibung?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Wo steht Kästners Roman zwischen Übertreibung und Zeitdokument?
- Die Lage der großstädtischen Angestellten am Ende der Weimarer Republik und Siegfried Kracauers Angestellten-Aufsatz
- Chronologie des beruflichen Werdegangs des Angestellten Fabian
- In welchem Verhältnis stehen die Wertvorstellungen Fabians und Labudes zueinander?
- Prototypische Nebenfiguren
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Roman „Der Gang vor die Hunde“ von Erich Kästner und analysiert, inwiefern die Darstellung des Angestelltenmilieus in der Weimarer Republik der historischen Situation entspricht.
- Die Rolle des Angestelltenmilieus in der Weimarer Republik
- Die Verbindung zwischen Fabians Geschichte und der Realität der Angestellten
- Die Beziehung zwischen realistischen Aspekten und satirischen Übertreibungen im Roman
- Die Darstellung der Arbeitslosigkeit und des Wandels in der Arbeitswelt
- Das Leben in der Großstadt Berlin und die Herausforderungen des Angestelltenalltags
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Wo steht Kästners Roman zwischen Übertreibung und Zeitdokument?
Die Einleitung stellt den Roman „Der Gang vor die Hunde“ von Erich Kästner vor und beleuchtet die Entstehungsgeschichte des Werks. Sie führt den Protagonisten Jakob Fabian ein und skizziert seine Geschichte im Kontext der frühen 1930er Jahre in Berlin. Die Einleitung stellt zudem die Frage nach der Nähe des Romans zur historischen Realität, die im Laufe der Arbeit untersucht wird.
Die Lage der großstädtischen Angestellten am Ende der Weimarer Republik und Siegfried Kracauers Angestellten-Aufsatz
Dieses Kapitel befasst sich mit der Situation der Angestellten in der Weimarer Republik und beleuchtet deren rasche Zunahme in den 1920er Jahren. Es thematisiert auch die wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen, die die Angestellten in dieser Zeit erlebten, insbesondere die Folgen des Ersten Weltkriegs, die Inflation von 1923 und die Weltwirtschaftskrise von 1929. Der Kündigungsschutz für ältere Angestellte wird erwähnt, sowie die Schwierigkeiten, die sich daraus für sie ergaben.
Schlüsselwörter
Schlüsselwörter für diese Arbeit sind: Erich Kästner, „Der Gang vor die Hunde“, Weimarer Republik, Angestelltenmilieu, Großstadtroman, Satirische Übertreibung, Zeitdokument, Arbeitslosigkeit, Berlin, Arbeitswelt, Soziales, Geschichte, Literatur, Analyse, Historische Situation, Realismus.
- Citar trabajo
- Anonym (Autor), 2016, Fabian und die Angestellten. Wie nah an der historischen Situation ist die Darstellung des Angestelltenmilieus in Erich Kästners Roman "Der Gang vor die Hunde"?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/907192