So gut wie jede TV-Sendung hält für den Fernsehzuschauer auch ein zugehöriges Online-Angebot im Internet bereit! Das Internet hat sich zu einem wichtigen Informations-, PR-, und Distributionskanal für die Fernsehsender entwickelt.
Diese Magisterarbeit untersucht mittels einer empirischen Untersuchung, wie sich die tatsächliche Nutzung der Internetseiten der TV-Sender gestaltet und wie der Fernsehzuschauer diese Angebote wahrnimmt. Auch das Potential für einen weiteren Anstieg der parallelen Nutzung von TV und Internet, wie auch das generelle Interesse des Zuschauers daran, wird in dieser Arbeit erforscht.
Die großen Medienkonzerne haben sich dem Internetboom der letzten Jahre nicht entziehen können; sie haben eigenständige Online-Portale geschaffen, um Rezipientenverluste zu kompensieren. Auch die deutschen Fernsehsender haben mittlerweile aufwendige Internetauftritte etabliert. Unzählige Sendungen verweisen innerhalb des TV-Programms auf weitere Informationen auf den entsprechenden Internetseiten der Sender. Es scheint durchaus die Intention der Sender zu sein, den Fernsehzuschauer schon während der Sendung auf das eigene Internetangebot zu locken.
Der Internetauftritt hat also eine wichtige strategische Funktion für das Marketing des Senders, zugleich wird die Trennlinie zwischen Online- und TV-Angebot in der Wahrnehmung des Zuschauers geschwächt. Dies macht eine einheitliche und medienübergreifende Corporate Identity möglich und notwendig. Das Image eines TV-Senders wird nicht mehr allein durch sein primäres Medium, das TV-Programm, beeinflusst. Der Medienmix von Internetangebot und Fernsehinhalten gewinnt zunehmend an Bedeutung.
Gibt es Sendungen, die besonders erfolgreich zur Recherche auf den Internetseiten des Senders oder der konkreten Sendung auffordern und aus welchen Sparten stammen diese? Wenn das Interesse des Fernsehzuschauers geweckt ist, stellt sich die Frage, wann er tatsächlich diese Online-Inhalte aufruft. Wie ist die technische Ausstattung und räumliche Anordnung der Internetzugangsmöglichkeiten und welchen Einfluss hat sie auf das Verhalten des Zuschauers? Findet bei gegebenen technischen Voraussetzungen tatsächlich eine parallel Nutzung von TV und Internet statt oder geht der Zuschauer zu einem späteren Zeitpunkt auf die entsprechenden Seiten im Internet?
Mit diesen spannenden Fragen beschäftigt sich die vorliegende Arbeit.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 TV- und Internetnutzung in Deutschland
2.1 TV Nutzung
2.2 Internetnutzung
3 TV versus Internet: Substitution oder Komplementarität?
3.1 Internet: Massenmedium oder Individualmedium?
3.2 Die Kommunikationsfunktion des Internets
3.3 Das Informationsmedium Internet
3.4 Die Unterhaltungsfunktion des Internets
3.5 Das Internet als Verkaufs- und Handelsplattform
4 Das Internetangebot im Medienmix deutscher TV-Sender
4.1 Internetauftritte deutscher TV-Sender
4.1.1 Öffentlich-rechtliche Sender
4.1.1.1 ARD
4.1.1.2 ZDF
4.1.1.3 WDR
4.1.1.4 3sat
4.1.1.5 ARTE
4.1.2 Privatwirtschaftliche Sender
4.1.2.1 RTL
4.1.2.2 SAT.1
4.1.2.3 Pro Sieben
4.1.2.4 VOX
4.1.2.5 Kabel 1
4.1.2.6 RTL II
4.1.2.7 DSF
4.1.2.8 Eurosport
4.1.2.9 VIVA
4.1.2.10 MTV
4.1.2.11 n-tv
4.1.2.12 N24.de
5 Forschungsdesign
5.1 Ziel der Arbeit
5.2 Ableitung der Forschungsfragen und Hypothesen
5.2.1 Übergeordnete Forschungsfragen
5.2.2 Hypothesen
5.3 Operationalisierung und Fragebogenkonstruktion
5.3.1 Auswahl der Methode
5.3.2 Grundgesamtheit und Stichprobe
5.4 Fragebogenkonstruktion
5.4.1 TV Nutzungsverhalten der Testperson
5.4.2 Computernutzung und technische Ausstattung
5.4.3 Räumliche Anordnung der TV- und Internet-Endgeräte
5.4.4 Besuchte Internetseiten der TV-Sender/Sendungen
5.4.5 Erwartungshaltung an die Internetseiten und Bewertung
5.4.6 Zeitlicher Abstand von Internetverweis und Nutzung des Online-Angebots
5.4.7 Zuschauerrückfluss Internet à TV-Programm
5.4.8 Potential für die zukünftige Nutzung der Sender-Online-Angebote
5.4.9 Soziodemografische Angaben
6 Quantitative Erhebung
6.1 Pretest, Erhebungszeitraum und Rücklauf
6.2 Methode der Datenauswertung
6.3 Soziodemografische Zusammensetzung des Sample
6.3.1 Geschlechterverhältnis, Altersstruktur und Familienstand
6.3.2 Beschäftigungsstruktur
6.3.3 Bildungsabschluss
7 Datenanalyse
7.1 Effizienz der TV-Verweise auf Onlineangebote
7.1.1 Frequentierung der Internetangebote von TV-Sendern
7.1.2 Wahrnehmung der TV-Hinweise auf das Internet
7.1.3 Einfluss der Fernsehnutzungsintensität
7.1.4 Einfluss der Internetnutzungsintensität
7.2 Erinnerung an konkrete TV-Sender Onlineangebote
7.2.1 Verteilung der Nennungen auf die TV-Sender
7.2.1.1 Konkrete Nennungen nach Sendungsformen
7.2.1.2 Konkrete Nennungen nach Geschlecht
7.2.1.3 Konkrete Nennungen nach Altersgruppen
7.2.1.4 Konkrete Nennungen nach beruflicher Stellung
7.3 Zuschauerfluss zwischen TV-Programm und Internet
7.3.1 Zeitliche Nähe von Internet-Verweis und Besuch des Online-Angebots
7.3.2 Parallele Nutzung des Internethinweises
7.3.3 Aufmerksamkeitsverteilung und Zuschauerrückfluss
7.4 Einfluss von Rezeptionssituation und technischer Ausstattung
7.4.1 Räumlicher Anordnung und Zeitpunkt des Internetbesuchs
7.4.2 Internetzugangsart und Internettarif
7.4.3 Laptop/Notebook-Besitz
7.4.4 Internet als Hauptmedium, TV als „Nebenbei-Medium“
7.5 Mehrwert durch ergänzendes Online-Angebot
7.6 Prognose für die zukünftige Nutzung
8 Fazit und Ausblick
9 Literaturverzeichnis
10 Anhang
10.1 Screenshots der TV-Sender InternetseitenI
10.1.1 Internet-Startseite ARD
10.1.2 Internet-Startseite ZDF
10.1.3 Internet-Startseite WDR
10.1.4 Internet-Startseite 3sat
10.1.5 Internet-Startseite ARTE
10.1.6 Internet-Startseite RTL
10.1.7 Internet-Startseite SAT 1
10.1.8 Internet-Startseite Pro Sieben
10.1.9 Internet-Startseite VOX
10.1.10 Internet-Startseite Kabel 1
10.1.11 Internet-Startseite RTL II
10.1.12 Internet-Startseite DSF
10.1.13 Internet-Startseite Eurosport
10.1.14 Internet-Startseite VIVA
10.1.15 Internet-Startseite MTV
10.1.16 Internet-Startseite n-tv
10.1.17 Internet-Startseite N 24
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Fragebogen/Frageblock 1
Abbildung 2: Fragebogen/Frageblock 2
Abbildung 3: Fragebogen/Frage3
Abbildung 4: Fragebogen/Frage18
Abbildung 5: Fragebogen/Frage 4
Abbildung 6: Fragebogen/Frageblock 5
Abbildung 7: Fragebogen/Frage 6
Abbildung 8: Fragebogen/Frageblock7
Abbildung 9: Fragebogen/Frage16
Abbildung 10: Fragebogen/Frage 17
Abbildung 11: Fragebogen/Frageblock 8
Abbildung 12: Fragebogen/Frageblock 9
Abbildung 13: Fragebogen/Frage 10
Abbildung 14: Fragebogen/Frageblock 11
Abbildung 15: Fragebogen/Frageblock 12
Abbildung 16: Fragebogen/Frageblock 13
Abbildung 17: Fragebogen/Frageblock 14
Abbildung 18: Fragebogen/Frageblock 15
Abbildung 19: Fragebogen/Frageblock 19
Abbildung 20: Fragebogen/Frage 22
Abbildung 21: Fragebogen/Frage 23
Abbildung 22: Fragebogen/Frage 24
Abbildung 23: Fragebogen/Frage 25
Abbildung 24: Fragebogen/Frage 26
Abbildung 25: Grafik/Altersstruktur Sample Gesamt
Abbildung 26: Grafik/ Familienstand Sample Gesamt
Abbildung 27: Grafik / Art der Tätigkeit oder Anstellung - Sample Gesamt
Abbildung 28: Grafik / Bildungsabschluss Sample Gesamt
Abbildung 29: Grafik / Öfter als 10-mal auf TV-Sender Seite
Abbildung 30: Grafik/Häufigkeit der TV-Sender Internetseiten-Besuche
Abbildung 31: Grafik / TV-Sender Internetseite besucht? (nach Altersgruppe)
Abbildung 32: Grafik/TV-Sender Internetseite besucht? (nach beruflicher Stellung)
Abbildung 33: Grafik/Subjektive Wahrnehmung und Besuch der TV-Sender Internetseiten
Abbildung 34: Grafik / Zusammenhang von TV-Konsum und Besuch der Internetseiten.
Abbildung 35: Grafik / Internetnutzungsintensität und Besuch der TV-Internetseiten.
Abbildung 36: Grafik / Nennung konkreter Internetinhalte (nach Sendern)
Abbildung 37: Grafik/Erinnerung an konkrete Internetinhalte (nach Genre)
Abbildung 38: Grafik/Erinnerung an Internetinhalte (nach beruflicher Stellung)
Abbildung 39: Grafik / Nutzungszeitpunkt der Sender-Internetseiten
Abbildung 40: Grafik/Internetseiten-Besuch noch während der Sendung
Abbildung 41: Grafik / Internetseitenbesuch direkt nach der Sendung.
Abbildung 42: Grafik / Besuch der Seiten (nach Internetzugangsart)
Abbildung 43: Grafik / Laptop vs. Sample Gesamt.
Abbildung 44: Grafik/Beurteilung der Sender-Internetseiten
Abbildung 45: Grafik/Zukünftiges Angebot
Abbildung 46: Grafik/Zukünftige Nutzung bei optimaler technischer Ausstattung
Abbildung 47: Grafik/Meinung zur Konvergenz
1 Einleitung
„Weitere Informationen zur Sendung unter www…“ Dieser Hinweis gehört heute ebenso zum Fernsehkonsum wie die Werbeunterbrechung oder der Programmtrailer! Tagesschau, Sportschau, Boulevard-Magazin, Kult-Serie oder Kochsendung… so gut wie jede TV-Sendung hält für den Fernsehzuschauer auch ein zugehöriges Online-Angebot im Internet bereit. Ist auch die Verschmelzung von Internet und Fernsehen zu einem Gerät, wie sie in den 1990er Jahren von Media-Anbietern propagiert und von Medienwissenschaftlern kritisch untersucht wurde, bis heute nicht eingetreten, so hat sich das Internet doch zu einem wichtigen Informations-, PR-, und Distributionskanal für die Fernsehsender entwickelt.
Der enorme Anstieg der Internetnutzung in den letzten Jahren und die in jüngster Zeit stattfindende Erschließung des Internets durch Personenkreise, welche dem Medium eigentlich eher zurückhaltend bis skeptisch gegenüber stehen, beweisen den endgültigen Wandel des Internets vom „Experten-Medium“ hin zu einem „Alltagsmedium“, wie es TV, Radio und Printmedien darstellen[1]. Die großen Medienkonzerne haben sich dem Internetboom nicht entziehen können; sie haben eigenständige Online-Portale geschaffen, um Leser-, Hörer- und Zuschauerverluste zu kompensieren. Auch die deutschen Fernsehsender haben mittlerweile mehr oder weniger aufwendige Internetauftritte etabliert. Unzählige Sendungen verweisen innerhalb des TV-Programms auf weitere Informationen auf den entsprechenden Internetseiten der Sender. Es scheint durchaus die Intention der Sender zu sein, den Fernsehzuschauer schon während der Sendung auf das eigene Internetangebot zu locken oder Ihn relativ zeitnah zum Besuch seiner Internetseiten zu motivieren. Dabei ist es für die Fernsehsender auch immer ein zweischneidiges Schwert, die Internetseiten zu bewerben. Zum einen droht durch die Abwanderung der TV-Zuschauer auf die Internetseiten ein Bruch im mühsam konzipierten Audience-Flow des TV-Programms, zum anderen hat der Internetauftritt einen potentiell positiven Einfluss auf die Bindung des Zuschauers an die eigene Marke »Sender X«. Der Internetauftritt hat also auch eine wichtige strategische Funktion für das Marketing des Senders, zugleich wird die Trennlinie zwischen Online- und TV-Angebot in der Wahrnehmung des Zuschauers geschwächt. Dies macht eine einheitliche und medienübergreifende Corporate Identity möglich und notwendig. Das Image eines TV-Senders wird nicht mehr allein durch sein primäres Medium, das TV-Programm, beeinflusst. Der Medienmix von Internetangebot und Fernsehinhalten gewinnt zunehmend an Bedeutung.
Interessant bei dieser Entwicklung ist die Frage, wie der Fernsehzuschauer dieses zusätzliche Online-Angebot der TV-Sender annimmt! Gibt es Sendungen, die besonders erfolgreich zur Recherche auf den Internetseiten des Senders oder der konkreten Sendung auffordern und aus welchen Sparten stammen diese? Wenn das Interesse des Fernsehzuschauers geweckt ist, stellt sich die Frage, wann er tatsächlich diese Online-Inhalte aufruft. Wie ist die technische Ausstattung und räumliche Anordnung der Internet-zugangsmöglichkeiten und welchen Einfluss hat sie auf das Verhalten des Zuschauers? Findet bei gegebenen technischen Voraussetzungen tatsächlich eine parallele Nutzung von TV und Internet statt oder geht der Zuschauer zu einem späteren Zeitpunkt auf die entsprechenden Seiten im Internet? Da die Ausstattung der Haushalte mit schnellen, mobilen, drahtlosen Internetzugängen (Laptop, Notebook mit Internetanschluss über Funkstrecke) in den nächsten Jahren vermutlich weiter stark ansteigen wird, ist es zudem spannend, das vorhandene Potential für einen Anstieg der parallelen Nutzung der beiden Medien, also das generelle Interesse des Zuschauers an der parallelen TV- und Internetnutzung, zu ergründen.
Wie sich also die tatsächliche Nutzung der Internetseiten dieser TV-Sender gestaltet und wie der Fernsehzuschauer diese Angebote wahrnimmt, soll in einer empirischen Studie im Rahmen der vorliegenden Magisterarbeit untersucht werden.
2 TV- und Internetnutzung in Deutschland
Der Umgang mit den Medien unterliegt einem ständigen Wandel. So unterscheidet sich heute zum Beispiel der Umgang mit dem Fernseher bei vielen Menschen deutlich vom Umgang mit diesem vor fünf oder gar zehn Jahren. Zum einen ist dabei das Programmangebot selbst der Auslöser für Veränderungen in den Nutzungsweisen, zum anderen ist aber auch die ständige Veränderung des zur Verfügung stehenden Medien-Sets von großer Bedeutung für die geänderten Mediennutzungsweisen.[2] Das Internet ist im heutigen Medienbouquet schon lange nicht mehr nur ein Medium für Computerfreaks und Technikbegeisterte, vielmehr hat es sich als Alltagsmedium für eine breite Bevölkerungsschicht etabliert. In Deutschland streitet sich mittlerweile ein ausdifferenziertes TV- und Online-Medienangebot um die Gunst der Rezipienten und Nutzer. Im folgenden Kapitel wird ein kurzgefasstes, aktuelles Bild der Nutzung elektronischer, audiovisueller Medien, in Deutschland gezeichnet, welches den aktuellen Stand der Online- und Fernsehforschung widerspiegelt.
2.1 TV Nutzung
Der Fernseher ist in bundesdeutschen Haushalten weiterhin die Informations- und Unterhaltungsquelle Nummer eins. An einem gewöhnlichen Werktag des Jahres 2003 saßen im Schnitt 75 Prozent der Erwachsenen vor dem TV-Gerät.[3] 96 Prozent der Bevölkerung sahen mehrmals in der Woche Fernsehen, damit ließ es den Hörfunk (mit 88 Prozent) in der Rezipientengunst knapp hinter sich. Der Tele- oder Videotext erreichte 32 Prozent der Bevölkerung mehrmals in der Woche.[4] Die tägliche Nutzungsdauer des Fernsehens hat sich von 193 Minuten im Jahr 2001 kontinuierlich auf 202 Minuten im Jahr 2004 erhöht (Mo-So, Personen ab 14 Jahren, BRD gesamt). Wobei die Verweildauer (die Zeit, welche der Zuschauer am Tag mit dem Fernseher verbringt) bei 238 Minuten liegt.[5] Die Ausstattung der Haushalte mit Fernsehgeräten kann in der BRD als nahezu 100-prozentig bezeichnet werden, wobei mittlerweile über 40 Prozent der Haushalte über Zweit- und Dritt-TV-Geräte verfügen.[6] Die Digitalisierung der Programmverbreitung führt zu einer weiteren Vermehrung der empfangbaren Programme. Ende 2003 konnten in einem durchschnittlichen Fernsehhaushalt 41 verschiedene TV-Programme empfangen werden. Bereits 10 Prozent der deutschen Fernsehhaushalte konnten zu diesem Zeitpunkt digitales Fernsehen nutzen.[7] Die Einführung des digitalen terrestrischen Fernsehens (DVB-T) in großen Ballungsräumen seit Ende 2004 und der fortschreitende Ausbau dieser Versorgungstechnik wird die Zahl der durchschnittlich empfangbaren Programme im Jahr 2005 weiter erhöhen. Auch wenn sich das Medium TV im Wettbewerb mit einem weiter stark ausdifferenzierendem Multimedia-Angebot befindet, wird das Fernsehen auch in der Zukunft seinen hohen Stellenwert im Medienbouquet der Nutzer beibehalten. Die Tagesreichweiten des Fernsehens werden auch durch die Integration des Internets und des PC´s in das aufgebrachte Medien-Zeitbudget der Menschen in den nächsten Jahren kaum nachteilig betroffen sein.[8]
2.2 Internetnutzung
Seit der World-Wide-Web-Standard 1994 für die kostenlose private Nutzung freigegeben wurde, entwickelte sich das Medium Internet bis heute zu einem Massenmedium, das im Jahr 2004 von rund 55 Prozent aller Erwachsenen ab 14 Jahren in Deutschland genutzt wurde. Die Anzahl der Internetnutzer von 44,1 Prozent im Jahr 2002 ist somit weiter angestiegen. Eine Erklärung dafür ist die allmähliche Überwindung der Zugangshemmschwelle für die dem Medium gegenüber skeptisch eingestellten Bevölkerungsgruppen. Vor allem Internetfunktionen wie das Onlineshopping und Onlineauktionen sind für diese Gruppe der Anreiz, sich das Internet zu erschließen.[9] Auch bei den Frauen ist in den letzten Jahren ein deutlicher Nutzungsanstieg zu verzeichnen. Laut der ARD/ZDF-Onlinestudie 2004 sind 47,3 Prozent aller Frauen über 14 Jahren online. Der Anteil der Onliner unter den Männern beträgt sogar 64,2 Prozent. Zugangsbarrieren für die so genannten Offliner, also Personen, welche das Internet nicht nutzen, sind zum einen mangelnde Kenntnisse im Umgang mit dem Computer und der Software, zum anderen die Anschaffungs- und Nachfolgekosten. Auch sehen viele Internet-Nichtnutzer keinen persönlichen Nutzen durch dieses Medium.[10]
Das Internet wandelt sich zunehmend zu einem sachlich und zielgerichtet eingesetzten Kommunikations- und Informationstool. Wie die aktuelle ARD/ZDF-Online-Studie 2004 feststellt, verlieren die so genannten »Interaktiven-Anwendungen« wie das Chatten, die Teilnahme an Gesprächsforen und Newsgroups zunehmend an Attraktivität. Auch hat sich eine Wandlung von einem Internet für »Computerfreaks« hin zu einem von einer breiten Bevölkerungsgruppe sehr pragmatisch genutzten Medium vollzogen:
„ Durch die Entwicklung des Internets zum Massenmedium hat sich ein gravierender Strukturwandel der Nutzer vollzogen – von den experimentierfreudigen Internetpionieren, die die Möglichkeiten des Netzes in seiner vollen Breite ausschöpfen, hin zu der überwiegenden Zahl an Nutzern, die ihre wenigen, für sie relevanten Websites gefunden haben, die von ihnen immer wieder gezielt angesteuert werden.“[11]
Auch das interaktive Computerspielen sowie der Video- und Audio-Dateidownload wird von den meisten Anwendern zunehmend seltener genutzt. Das Nutzungsspektrum des Internets ist somit für die Mehrzahl der Internetanwender schmaler geworden, die wichtigsten Säulen sind heute die Kommunikationsfunktionen (insbesondere E-Mailing), die Informationsfunktion, sowie die Onlineauktions- und Shoppingfunktionen[12].
Die tagesaktuellen Online-Inhalte dominierten im Jahr 2004 unter den abgerufenen Informationen, gefolgt von aktuellen Freizeitinformationen und Veranstaltungs- sowie Verbrauchertipps, Ratgeber und Produktinformationen. 46 Prozent der Onlinenutzer nutzten diese Informationen mehr oder weniger regelmäßig. Gerade im Bereich der tagesaktuellen Nachrichten werden bevorzugt die Online-Angebote der klassischen Nachrichtenmedien wie Spiegel, Focus, Tagesschau, heute oder n-tv genutzt.[13]
Die Bereitschaft der Nutzer, für Internetinhalte zu bezahlen, ist seit dem Jahr 2002 von 27 Prozent auf nur noch 18 Prozent der Internetnutzer im Jahr 2004 gesunken. An oberster Stelle der Akzeptanz und Nutzung kostenpflichtiger Inhalte stehen zweckgebundene Angebote wie Testberichte, berufsbezogenen Informationen, Lern- und Studieninhalte oder Datenbankenabfragen. Die Bereitschaft für Multimediale-Online-Inhalte zu bezahlen, war im Jahr 2004 dagegen noch nicht besonders ausgeprägt.[14] Der Ort der Internetnutzung ist in den letzten Jahren relativ konstant geblieben, 60 Prozent der Internetnutzer gingen im Jahr 2004 sowohl in den eigenen vier Wänden wie auch am Arbeitsplatz online, 33 Prozent aller Nutzer gingen ausschließlich zu Hause online. Die Nutzung mobiler Internetzugänge ist noch nicht besonders ausgeprägt. 17 Prozent aller Internetnutzer ab 14 Jahren haben die technische Ausstattung, um drahtlos über Wireless-Lan[15] oder WAP[16] online zu gehen. Nur 15 Prozent aller Onliner nutzen diese Möglichkeit tatsächlich, während die restlichen 85 Prozent zum Großteil von diesen drahtlosen Internet-zugangsmöglichkeiten wussten, aber nur 35 Prozent von ihnen sehr oder etwas interessiert an einer tatsächlichen Nutzung waren.[17]
Die durchschnittliche Verweildauer bei der Onlinenutzung ist im Jahr 2004 erstmals wieder leicht gesunken, sie beträgt bei der Gesamtbevölkerung ab 14 Jahren durchschnittlich 129 Minuten täglich. Die tatsächliche Nutzungsdauer liegt im Jahr 2004 bei durchschnittlich 43 Minuten täglich.[18]
3 TV versus Internet: Substitution oder Komplementarität?
Laut der zuvor zitierten ARD/ZDF-Online-Studie 2004 lässt sich eine Verdrängung des Fernsehens durch das Internet nicht feststellen, vielmehr scheint sich das Fernsehen gegenüber dem Medium Internet gut zu behaupten. Die Internetnutzung im Jahr 2004 stagniert oder ist sogar leicht rückläufig, die Fernsehnutzung steigt laut Online-Studie seit 1997 sogar kontinuierlich an.[19] Trotzdem stellt sich die Frage, inwiefern inhaltliche Überschneidungen beider Medien das Nutzer, respektive Zuschauerverhalten, beeinflussen. Gerade im Bereich der Information ist in den letzten Jahren ein Konkurrenzverhältnis zwischen den klassischen Informationsmedien wie TV und Print und dem Internet entstanden. Inhalte können sich mit Hilfe der diversen Medien für den Rezipienten ergänzen, genauso gut können aber auch Inhalte komplett in ein anderes Medium umverlagert werden. So wurden zum Beispiel schon mit Einführung des Tele- oder Videotextes viele Hintergrundinformationen der Fernsehsender zu Programm und Inhalt in das ergänzende Textangebot verlagert. Mit der wachsenden Verbreitung des Internets und dessen Etablierung in allen Bevölkerungsschichten, haben die TV-Sender große Teile Ihrer Programminhalte durch Internetangebote ergänzt oder Inhalte komplett in das Onlineangebot verlagert. Mittlerweile verlangen 63 Prozent der Internetnutzer ein eigenständiges Internetangebot von den großen Medienanbietern aus dem Print-, Hörfunk- und Fernsehbereich, und 69 Prozent der Nutzer haben bereits einmal das Internetangebot eines TV-Senders besucht.[20]
Seit dem enormen Internetboom Ende der 1990er Jahre stellte sich die Frage, ob es ein konvergentes Verhalten der beiden Medien TV und Internet geben würde. Besonders im Bereich der technischen Endgeräte schien eine Fusion erwünscht und möglich, internettaugliche Fernsehgeräte und der viel beschworene Rückkanal[21] sollten den Fernsehzuschauer endgültig aus seiner erzwungenen Passivität erlösen. Das interaktive Fernsehen sollte Kommunikator und Rezipient endlich gleichwertig auf eine Kommuni-kationsstufe stellen. Auch wenn das Internationale Handbuch Medien 2004/2005 es nur für eine Frage der Zeit hält, bis das Internet neben dem Computer auch den Fernseher als Endgerät erobert[22], ist noch kein ausgeprägtes Verlangen der Zuschauer nach einer solchen Symbiose der Endgeräte oder mehr Interaktivität zu erkennen. Zwar gibt es mittlerweile die Möglichkeit, auf dem PC das Fernsehprogramm zu empfangen oder auf dem Fernsehbildschirm im Internet zu surfen[23], aber diese Nutzungsform ist immer noch die Ausnahme und eher einer technikbegeisterten Minderheit vorbehalten. Die Nutzung des Fernsehgerätes ist in unserer Gesellschaft stark habitualisiert, eine Aufweichung der alten, passiven Nutzungsmuster hin zu einem interaktiven Mitmachfernsehen ist nicht erkennbar. An erster Stelle bedeutet Fernsehen immer noch, Programminhalte zu »empfangen«, ohne dabei selber aktiv werden zu müssen. Auch wenn ein Verschmelzen der beiden Medien TV und Internet auf technischer Ebene also noch nicht absehbar ist, erfüllen beide Medien aber zunehmend ähnliche Funktionen, insbesondere im Bereich der Information. Als Folge verteilt sich die Aufmerksamkeit der Zuschauer (oder Nutzer) auf beide Medien, TV und Internet konkurrieren um ihren Anteil im Medienzeitbudget. Auf der inhaltlich-funktionalen Ebene ist also ein konvergierendes Verhalten durchaus erkennbar, es hat sich aber in den letzten Jahren gezeigt, dass dieses Verhalten keinen revolutionären Charakter besitzt, sondern dass sich Überlappungen und Verschmelzungen von Funktion und Inhalten der beiden Medien Internet und TV eher in evolutiver, also eher schleichender Form vollziehen.[24]
Das Internet hat es bereits geschafft, für einige Zielgruppen die klassischen Informationsmedien zu substituieren, so geben 28 Prozent der Online-User an, Nachrichten aus Deutschland und der Welt häufig über das Internet zu beziehen. 37 Prozent dieser Gruppe geben an, dafür Nachrichten aus Zeitschriften oder Magazinen weniger zu nutzen, 28 Prozent nutzen das Fernsehen weniger für Nachrichten. Ebenfalls 28 Prozent nutzen die Tageszeitungen weniger und 23 Prozent das Radio.[25] Gerade aktuelle Serviceinformationen wie Wetter oder Straßenverkehrslage werden von 15 Prozent aller Onliner häufig im Internet abgefragt. Dabei verteilt sich die Nutzung gleichmäßig auf alle Alters- und Bildungsgruppen.[26] Hier scheint tatsächlich bereits eine deutliche Substitution der klassischen Distributionswege für diese Informationen durch das Internet stattgefunden zu haben. Ist die vollständige Abwanderung von Fernsehzuschauern zu Internetinhalten für die TV-Sender wohl kein Problem - dieses Verhalten zeigen nur wenige Nutzer -, so sind die TV-Sender umso mehr gefordert, ein ergänzendes oder komplementäres Online-Angebot für Ihre Zuschauer bereitzuhalten. Diese Tendenz ist sehr deutlich ablesbar im konvergierenden Verhalten der neuen und der klassischen Medien im wirtschaftlichen Bereich. Es zeigt sich, dass alle großen Medienunternehmen aus dem Print- oder Rundfunkbereich danach streben, möglichst eigene Online-Distributionswege für ihre Inhalte zu erschließen und umfangreiche Internetportale zu betreiben. Die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) dokumentiert diese Crossmedia-Verknüpfungen der großen Medienkonzerne in ihren jährlichen Berichten sowie in den zwei großen Medienkonzentrationsberichten von 2000 und 2003. Das Internet ist demnach nicht unbedingt ein konkurrierendes Produkt, welches die Meinungsvielfalt durch neue publizistische Vielfalt ergänzt, denn wenn TV-Sender mit ihrer großen Meinungsmacht die Synergieeffekte ihrer crossmedialen Verflechtungen nutzen, ist die Vielfalt der Meinungen unter Umständen sogar gefährdet.[27]
Zusammengefasst lässt sich also feststellen, dass es sich bei den Internetangeboten der Rundfunksender eher um komplementäre Zusatzangebote handelt als um neue publizistische Inhalte. Eine substituierende Konkurrenz der Internet- und TV-Inhalte ist nicht generell gegeben, da viele Internetinhalte andere Bedürfnisse der Rezipienten ansprechen und sich auch die Nutzungssituation der beiden Medien weiterhin unterscheidet. Das Fernsehen bleibt weiterhin ein eher passiv genutztes Medium, ergänzt durch ein breit gefächertes Onlineangebot der Fernsehsender. Inwiefern sich der passive Fernsehzuschauer durch Crossmedia Promotion im TV zum aktiven Recherchieren und Surfen im Internet bewegen lässt, soll im Laufe der vorliegenden Arbeit noch näher untersucht werden.
3.1 Internet: Massenmedium oder Individualmedium?
„Unter Massenkommunikation verstehen wir jene Form der Kommunikation, bei der Aussagen öffentlich (also ohne begrenzte und personell definierte Empfängerschaft) durch technische Verbreitungsmittel (Medien) indirekt (also bei räumlicher oder zeitlicher oder raumzeitlicher Distanz zwischen den Kommunikationspartnern) und einseitig (also ohne Rollenwechsel zwischen Aussagendem und Aufnehmendem) an ein disperses Publikum […] vermittelt werden.“[28]
[...]
[1] vgl. ARD/ZDF-Onlinestudie 2003. Media Perspektiven 8/2003: S.338-358
[2] Vgl. Maria Gerhards, Walter Klingler: Mediennutzung in der Zukunft – Konstanz und Wandel. In: Media Perspektiven 10/2004, S. 472.
[3] Vgl. Wolfgang Darschin, Heinz Gerhard: Tendenzen im Zuschauerverhalten. In: Media Perspektiven 4/2004, S. 142.
[4] Vgl. Sacha Blödorn, Maria Gerhards: Informationsverhalten der Deutschen. In: Media Perspektiven 1/2004, S. 2.
[5] Vgl. Walter Klingler, Dieter K. Müller: ma 2004 Radio II: Hörfunk behauptet Stärke. In: Media Perspektiven 9/2004, S. 412.
[6] Vgl. Maria Gerhards, Walter Klingler: Mediennutzung in der Zukunft – Konstanz und Wandel. In: Media Perspektiven 10/2004, S. 473.
[7] Vgl. Wolfgang Darschin, Heinz Gerhard: Tendenzen im Zuschauerverhalten. In: Media Perspektiven 4/2004, S. 142.
[8] Vgl. Maria Gerhards, Walter Klingler: Mediennutzung in der Zukunft – Konstanz und Wandel. In: Media Perspektiven 10/2004, S. 472.
[9] Vgl. Birgit van Eimeren/Heinz Gerhard/Beate Frees: ARD/ZDF-Online-Studie 2004. Internetverbreitung in Deutschland: Potenzial vorerst ausgeschöpft?. In: Media Perspektiven, Nr.8/2004, S.350f.
[10] Vgl. Birgit van Eimeren/Heinz Gerhard/Beate Frees: ARD/ZDF-Online-Studie 2004. Internetverbreitung in Deutschland: Potenzial vorerst ausgeschöpft?. In: Media Perspektiven, Nr.8/2004, S.350f.
[11] Vgl. ebd., S.355.
[12] Vgl. ebd.
[13] Vgl. Birgit van Eimeren/Heinz Gerhard/Beate Frees: ARD/ZDF-Online-Studie 2004. Internetverbreitung in Deutschland: Potenzial vorerst ausgeschöpft?. In: Media Perspektiven, Nr.8/2004, S.356.
[14] Vgl. ebd., S.358.
[15] W-LAN = Wireless Local Area Network (drahtloser Netzwerk- oder Internetzugang per PC)
[16] WAP = Wireless Application Protocoll (Internetzugang per Mobiltelefon)
[17] Vgl. Birgit van Eimeren/Heinz Gerhard/Beate Frees: ARD/ZDF-Online-Studie 2004. Internetverbreitung in Deutschland: Potenzial vorerst ausgeschöpft?. In: Media Perspektiven, Nr.8/2004, S.361.
[18] Vgl. ebd.
[19] Vgl. Birgit van Eimeren/Heinz Gerhard/Beate Frees: ARD/ZDF-Online-Studie 2004. Internetverbreitung in Deutschland: Potenzial vorerst ausgeschöpft?. In: Media Perspektiven, Nr.8/2004, S.363.
[20] Vgl. ebd.
[21] Stichwort „Interaktives Fernsehen“. d.h. der Fernsehzuschauer hat die Möglichkeit Einfluss auf das Fernsehprogramm zu nehmen indem er selber aktiv in die Programmgestaltung einwirken kann.
[22] Vgl. Jochen Zimmer: Die Entwicklung des Internets in globaler Perspektive. In: Internationales Handbuch Medien 2004/2005. Hans Bredow Institut für Medienforschung (Hrsg.)
[23] Mit Hilfe einer TV-Tuner Karte kann das Fernsehprogramm auf dem PC betrachtet und aufgezeichnet werden. Eine »Set-Top Box« ermöglicht das Surfen im Internet ohne PC auf dem TV-Bildschirm.
[24] Zu den verschiedenen Formen der Konvergenz zwischen Internet und klassischen Medien vergleiche: Julian Weiss: Das Internet und die klassischen Medien. Konvergenz – Konkurrenz oder Komplementierung? Eine medienpolitische Betrachtung. Europäische Hochschulschriften. Band 79. S.74-78.
[25] Vgl. Ekkehardt Oehmichen/Christian Schröter: Funktionswandel der Massenmedien durch das Internet. In: Media Perspektiven, Nr. 8/2003, S. 378.
[26] Vgl. ebd., S. 381.
[27] Die Jahresberichte und Medienkonzentrationsberichte sind als PDF-Download unter
http://www.kek-online.de/kek/information/publikation erhältlich. Sie bieten einen detaillierten Überblick über die Verflechtungen der Medienkonzerne in der BRD auf wirtschaftlicher Ebene.
[28] Gerhard Maletzke: Psychologie der Massenkommunikation, Hamburg 1978.
- Arbeit zitieren
- Magister Artium Stephan Knecht (Autor:in), 2005, "Weitere Informationen zur Sendung unter www..." - Eine Studie zur Bekanntheit und Akzeptanz der Internetangebote von TV-Sendern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90678
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