Am 13.4.1784 erlebte das bürgerliche Trauerspiel „Kabale und Liebe“, das in der Arbeitsfassung „Luise Millerin“ hieß, in Frankfurt am Main seine Premiere. Friedrich Schiller verfasste das Drama auf dem Gut Bauerbach der Henriette von Wolzogen, wo er vor der Verfolgung durch den Herzog Carl Eugen, der ihm jegliche nichtmedizinische Schriftstellerei verboten hatte, Zuflucht gefunden hatte.
Es ist die Tragödie der Liebe zwischen der Tochter des Stadtmusikanten Miller, Luise und dem Sohn des Präsidenten, Major Ferdinand von Walter, einer Liebe, die zunächst über die gesellschaftlichen Barrieren erhaben zu sein scheint und letztlich scheitert.
Welche Gründe lassen sich dafür finden? Sind es in erster Linie die gesellschaftlichen Konventionen und der Standesdünkel, die eine solche Verbindung unmöglich machen oder liegt das Problem nicht auch im Wesen und Charakter der Liebenden, lassen sie eine bedingungslose Liebe überhaupt zu? Diesen Gedanken weiterverfolgend ergibt sich die Frage, inwiefern der persönliche Konflikt gesellschaftlich determiniert ist. Schiller hat in Vorbereitung auf die Arbeit an „Kabale und Liebe“ im Dezember 1782 den Bibliothekar Wilhelm Reinwald um Shakespeares „Othello“ und „Romeo und Julia“ gebeten, „weil ich etwas daraus zu meinem Stük zu schlagen gedenke“ . Liebe, Eifersucht und Intrige, beide Stücke haben „unverkennbar ihre Spuren hinterlassen.. im thematischen Gefüge von «Kabale und Liebe» und bei Othello ist es gerade die persönliche Schwäche, seine Eifersucht, die ihn für die Intrige des Jago empfänglich macht, die zur Katastrophe führt. Auch Ferdinand fällt dem einfachen Ränkespiel des Haussekretärs Wurm zu Opfer, das im Tod der Liebenden seinen tragischen Ausgang findet. Luises Naivität und ihre Verbundenheit zum Vater bieten die Grundlage für diesen Erfolg und das kann niemand besser voraussehen als der bürgerliche Wurm.
Luise und Ferdinand stehen einerseits stellvertretend für die Bürgerin und den Aristokraten im ausgehenden 18.Jahrhundert. Aber sie sind andererseits Individuen, die sich durch charakterliche Besonderheiten auszeichnen. Ferdinand ist rebellisch und aufbrausend seinem Vater gegenüber, bereit, ihn zu verraten und sein finanziell sorgenfreies Leben aufzugeben. Luise beweist Stärke und Charakter, wenn sie das Angebot der Lady Milford ablehnt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das Wesen der Protagonisten
2.1 Ferdinand der Verführer
2.2 Luise, die verfolgte Unschuld
3. Die Intrige
4. Das Ende - Der Tod der Liebenden
5. Fazit
1. Einleitung
Am 13.4.1784 erlebte das bürgerliche Trauerspiel „Kabale und Liebe“, das in der Arbeitsfassung „Luise Millerin“ hieß, in Frankfurt am Main seine Premiere. Friedrich Schiller verfasste das Drama auf dem Gut Bauerbach der Henriette von Wolzogen, wo er vor der Verfolgung durch den Herzog Carl Eugen, der ihm jegliche nichtmedizinische Schriftstellerei verboten hatte, Zuflucht gefunden hatte.
Es ist die Tragödie der Liebe zwischen der Tochter des Stadtmusikanten Miller, Luise und dem Sohn des Präsidenten, Major Ferdinand von Walter, einer Liebe, die zunächst über die gesellschaftlichen Barrieren erhaben zu sein scheint und letztlich scheitert.
Welche Gründe lassen sich dafür finden? Sind es in erster Linie die gesellschaftlichen Konventionen und der Standesdünkel, die eine solche Verbindung unmöglich machen oder liegt das Problem nicht auch im Wesen und Charakter der Liebenden, lassen sie eine bedingungslose Liebe überhaupt zu? Diesen Gedanken weiterverfolgend ergibt sich die Frage, inwiefern der persönliche Konflikt gesellschaftlich determiniert ist.
Schiller hat in Vorbereitung auf die Arbeit an „Kabale und Liebe“ im Dezember 1782 den Bibliothekar Wilhelm Reinwald um Shakespeares „Othello“ und „Romeo und Julia“ gebeten, „weil ich etwas daraus zu meinem Stük zu schlagen gedenke“[1]. Liebe, Eifersucht und Intrige, beide Stücke haben „unverkennbar ihre Spuren hinterlassen.. im thematischen Gefüge von «Kabale und Liebe »[2] und bei Othello ist es gerade die persönliche Schwäche, seine Eifersucht, die ihn für die Intrige des Jago empfänglich macht, die zur Katastrophe führt.
Auch Ferdinand fällt dem einfachen Ränkespiel des Haussekretärs Wurm zu Opfer, das im Tod der Liebenden seinen tragischen Ausgang findet. Luises Naivität und ihre Verbundenheit zum Vater bieten die Grundlage für diesen Erfolg und das kann niemand besser voraussehen als der bürgerliche Wurm.
Luise und Ferdinand stehen einerseits stellvertretend für die Bürgerin und den Aristokraten im ausgehenden 18.Jahrhundert. Aber sie sind andererseits Individuen, die sich durch charakterliche Besonderheiten auszeichnen. Ferdinand ist rebellisch und aufbrausend seinem Vater gegenüber, bereit, ihn zu verraten und sein finanziell sorgenfreies Leben aufzugeben. Luise beweist Stärke und Charakter, wenn sie das Angebot der Lady Milford ablehnt.
Die Liebenden und ihre Liebe soll charakterisiert und analysiert werden, um zu zeigen und zu verstehen, warum sie eben nicht über die gesellschaftlichen Schranken erhaben ist.
2. Das Wesen der Protagonisten
Karl S. Guthke resümiert über den Forschungsstand:
„Die Geister scheiden sich ja gerade an der Frage, ob Schiller ein „zeitlos gültiges“ Schauspiel, nämlich das „Drama der unbedingten Liebe“ oder ein Zeitstück geschrieben habe...“[3]
Rolf-Peter Janz stellt in seinem Aufsatz „Kabale und Liebe als bürgerliches Trauerspiel“ fest:
„In Kabale und Liebe scheint nun der politische Charakter des Konflikts um die Moralität dadurch verstellt zu werden, daß Schiller nicht spektakuläre Exempel feudaler Kriminalität, sondern die verfolgte Unschuld des Bürgermädchens zum Thema macht, eine Liebesbeziehung, deren vergleichsweise private Natur auch der soziale Status des vermeintlichen Verführers nicht dementiert.“[4]
Die soziale Herkunft wirkt, nach Janz, auf die Natur der Liebe und das soll in diesem Kapitel an beiden Beispielen untersucht werden.
2.1 Ferdinand der Verführer
Ist Ferdinand der Aristokrat, der sich die bürgerlichen Ideale nur äußerlich angeeignet hat und eigentlich einen absoluten Besitzanspruch auf Luises Liebe erhebt[5] oder der „ bürgerliche Intellektuelle zwischen den Klassen “ ?[6]
Ferdinand, der Sohn des Fürsten altadliger Herkunft, stünde am Beginn einer politischen Karriere, wenn er nicht um die höfischen Machenschaften wüsste, mit denen er sich nicht identifizieren kann:
„Weil meine Begriffe von Größe und Glück nicht ganz die Ihrigen sind – Ihre Glückseligkeit macht sich nur selten anders als durch Verderben bekannt... In meinem Herzen liegen alle meine Wünsche begraben...“(I,7)
Er nutzt sein intimes Wissen über die Zustände am fürstlichen Hof, um seine Geliebte, vor der Gefangenschaft zu bewahren und gegen seinen Vater aufzubegehren:
„...erzähl ich der Residenz eine Geschichte, wie man Präsident wird.“ (II,7).
Hier deutet Schiller die „Exempel feudaler Kriminalität“ an und schließlich lässt der Präsident von seinem Vorhaben ab, schockiert, dass sein Sohn seine Stimme gegen ihn erheben würde und überrascht, dass Luise ihm soviel bedeutet.
Rolf-Peter Janz hat Ferdinands Liebe zu Luise untersucht und kommt zu dem Ergebnis, dass sie «rein» sei und das in zweifacher Bedeutung. Zum einen beweise Ferdinand, dass sich die Liebe nicht auf wirtschaftliche Interessen oder den sozialen Status reduzieren lasse damit, dass er bereit sei, seine Karriere und seinen sozialen Status zu opfern, um mit Luise zusammen zu sein. Er werde zum Stürmer und Dränger, wenn er Luise vorschlägt, sich aus den gesellschaftlichen Zwängen zu befreien, vor den sozialen Realitäten zu fliehen und die Erfüllung in der Natur zu suchen:
„Haben wir an die Welt keine Forderung mehr, warum denn ihren Beifall erbetteln? Warum wagen, wo nichts gewonnen wird und alles verloren werden kann?- Wird dieses Aug' nicht ebenso schmelzend funkeln, ob es im Rhein oder in der Elbe sich spiegelt oder im baltischen Meer? Mein Vaterland ist, wo mich Luise liebt (III,4)[7]
Problematisch ist, dass er von ihr die gleiche Liebe verlangt, sie aber über eine solche Entscheidungsfreiheit nicht verfügt:
„Und hättest du sonst keine Pflicht mehr als deine Liebe?“...
“So schweig und verlaß mich. - Ich habe einen Vater, der kein Vermögen hat als diese einzige Tochter – der morgen sechzig Jahre alt wird – der der Rache des Präsidenten gewiß ist.“(III,4).
Luise ist reagiert mit Pflichtbewusstsein und Vernunft, denn sie weiß, dass diese Flucht, obwohl oder gerade weil Ferdinand auch den alten Miller mitnehmen würde, illusorisch ist:
„Laß mich die Heldin dieses Augenblicks sein – einem Vater den entflohenen Sohn wieder schenken – einem Bündnis entsagen, das die Fugen der Bürgerwelt auseinandertreiben und die allgemeine, ewige Ordnung zugrund stürzen würde.“(III,4)
In anderer Bedeutung sei die Liebe „rein“, weil sie unberührt ist, so Janz. Ferdinand sei nicht Luises Verführer, sondern er begreife sich als „einst ihr Gott, jetzt ihr Teufel“(IV,4). Luise werde zum ästhetischen Gegenstand, den er mit religiösen Bildern beschreibt:
„Dieses schöne Werk des himmlischen Bildners – wer kann das glauben?... Aber warum denn dein Gift in so schönen Gefäßen? - ... so viel Wohlklang...aus zerissenen Saiten? - Überall das Werk seiner himmlischen Schäferstunde! - Und nur in der Seele sollte Gott sich vergriffen haben? “(V,4)
[...]
[1] Guthke, Karl S.: „Schillers Dramen“, S.97
[2] Guthke, Karl S.: S.97
[3] Guthke, Karl S.: “Schillers Dramen“, S.101
[4] Janz, Rolf-Peter:“Kabale und Liebe als bürgerliches Trauerspiel“, S. 211 ff.
[5] Vgl. Janz: S.220
[6] Herrmann, Hans Peter:“Musikmeister Miller: „Die Emanzipation der Töchter und der dritte Ort der Liebenden“ S.240
[7] Vgl. Janz: S.214ff
- Quote paper
- Anja Schroth (Author), 2005, Kabale und Liebe - Das Scheitern der Liebe, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90663
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