In einer Zeit, in der sich unterschiedliche und widersprüchliche Wahrheiten täglich Geltung verschaffen zu versuchen, müssen die Wahrheitsansprüche in Bezugnahme auf Rationalität überprüft und vergegenwärtigt werden. Zur Darlegung der Kritik an der Wahrheitsnorm wagen Kathrin Glüer und Asa Wikforss den Weg zur vollständigen Darstellung der Natur des Glaubens. Dabei umspielt der erste, eher metaphorische, Versuch die Betrachtungsweise der Überzeugungen, welche auf Wahrheit abzielen. Demnach müsste der Glaube die Einstellung sein, sich stets nach der Wahrheit zu richten, was die Charakterisierung des Glaubens in Bezug auf die Wahrheitsorientierung eher unspezifisch wirken lässt. Daraus resultierend wirft es andere Einstellungen, die im gewissen Sinne wahrheitsorientiert sind, auf und setzt somit das Glauben mit anderen kognitiven Entscheidungen nahezu gleich. Nach Ansicht der Glaubensnormalisten unterscheidet sich der Glaube von anderen Kognitiventscheidungen durch seinen normativen Charakter, da notwendigerweise nichts, was nicht bestimmten Normen unterliegt, der Darstellung des Glaubens entspricht.
„Wahrheiten tragen keine ,Kennung', wie das Datum auf einigen Photographien um sie von Irrtümern zu unterscheiden.“1
In einer Zeit, in der sich unterschiedliche und widersprüchliche Wahrheiten taglich Geltung verschaffen zu versuchen, müssen die Wahrheitsansprüche in Bezugnahme auf Rationalitat überprüft und vergegenwartigt werden. Zur Darlegung der Kritik an der Wahrheitsnorm, wagen Kathrin Glüer und Asa Wikforss den Weg zur vollstandigen Darstellung der Natur des Glaubens. Dabei umspielt der erste, eher metaphorische, Versuch die Betrachtungsweise der Überzeugungen, welche auf Wahrheit abzielen. Demnach müsste der Glaube die Einstellung sein, sich stets nach der Wahrheit zu richten, was die Charakterisierung des Glaubens in Bezug auf die Wahrheitsorientierung eher unspezifisch wirken lasst. Daraus resultierend wirft es andere Einstellungen, die im gewissen Sinne wahrheitsorientiert sind, auf und setzt somit das Glauben mit anderen kognitiven Entscheidungen nahezu gleich. Nach Ansicht der Glaubensnormalisten unterscheidet sich der Glaube von anderen Kognitiventscheidungen durch seinen normativen Charakter, da notwendigerweise nichts, was nicht bestimmten Normen unterliegt, der Darstellung des Glaubens entspricht. Der Glaubensnormalismus stützt sich dabei auf folgende Argumentationslinie, welche den wesentlichen Zusammenhang zwischen Glaube und Wahrheit darzulegen versucht:
(N1) One ought to believe that p if and only if p.
(N2) One ought to believe that p if and only if one has sufficient evidence that p.
(N3) If one believes that p and believes that if p then q, then one ought to believe that q.2
Hierbei wird zwar der Zusammenhang von Wissen und Überzeugung bzw. Glauben thematisch dargestellt, „aber es geht darin vor allem darum, Meinung (dóxa) und Glauben (p^stis) als bloB praphilosophische Vorstufen eines dann eigentlichen philosophischen und im Grenzfall perfekten Wissens anzusehen.“3 Diese Argumentationslinie wirft folgende vier Themen auf, anhand welcher die Kritik an der Wahrheitsnorm nach Glüer und Wikforss fruchtbar wird: das Argument der Wahrheit, die Idee der indirekten Leitung durch die Wahrheit, die Behauptung, dass Rationalitat im Wesentlichen normativer Natur ist und die Vorstellung der im Wesentlichen regelbasierten Glaubensbildung. „The suggestion that belief is governed by a truth norm such as (N1) derives from the idea that it is essential to belief that it ‘aims at truth'.“ 4 Daraus resultierend würde (N1) jedoch implizieren, dass wir alles, was wahr ist, glauben sollten, was angesichts der unerschöpflichen Anzahl an existierenden Wahrheiten nicht möglich ist. Dementsprechend wurde der Vorschlag aufgeworfen, dass (N1) durch das abgeschwachte (N1*) ersetzt werden solle. Dabei bietet (N1*) mit „One ought to believe that p only if p.“5 zwar eine geminderte Variante, bietet aber ebenso keine Einschrankungen für die Glaubensbildung. Einen Ansatz zur Lösung dieser Schwierigkeit bot Whiting in seinem Aufsatz „Should I Believe the Truth?“, indem er den Vorschlag hervorbrachte, (N1) nicht in Form von „oughts“, also Gedanken, sondern in Form von „permissions“ im Sinne von Genehmigungen/ Erlaubnissen darzustellen, „so that the truth norm simply tells us that we may believe p if and only if p is true.“6 Glüer und Wikforss sehen dahingehend aber die Schwierigkeit, dass die Wahrheitsnormen uns in gewisser Weise hinsichtlich unserer Glaubensbildung steuern können, was sie spater als „No Guidance Argument“ zusammenfassten. Das Argument geht davon aus, dass (N1) insofern bedingt ist, dem Subjekt vorzuschreiben unter bestimmten Bedingungen etwas zu tun. Um einer solchen bedingten Verschreibung zu folgen oder sich von ihr leiten zu lassen, muss das Subjekt einen gewissen Glauben an die Erfüllung der Bedingungen entwickeln. In diesem Falle bedeutet es, dass man sich einen Glauben daran bilden muss, ob p der Wahrheit entspricht. Dies würde der Tatsache (N1) als führende Glaubensbildung zu denken entgegensprechen, da man, um sich von (N1) leiten zu lassen, bereits einen Glauben daran bilden muss, ob p. Die eigentliche Problematik besteht darin, dass (N1) nie einen Grund bereitstellt etwas anderes zu glauben, sodass von solch einer Wahrheitsnorm, unabhangig ihrer Formulierung, nicht viel Orientierung geboten werden kann. „And the upshot of the no-guidance argument is precisely that the essential connection between belief and truth cannot be construed as one involving norms capable of guiding belief formation.“7 Dies soll einen zentralen Zusammenhang zwischen Glaube und Wahrheit aber nicht leugnen. Auch wenn hierbei nicht die Rede einer durchweg geleiteten Glaubensbildung sein kann, wird es für möglich gehalten, dass die Wahrheit indirekt „via the so-called subjective norms of rationality, the ‘rules' of logic and evidence“8 postuliert werden kann, weswegen nun nicht nur von der indirekten Führung durch (N1), sondern auch durch (N2) und (N3) ausgegangen werden muss. „The question is how we are to understand the notion of ‘indirect guidance'. What exactly is the relation between the norm of truth and the norms of rationality?"9 Nach Glüer und Wikforss besteht die Idee darin, ein Verhaltnis zwischen Regeln und Rationalitat der Wahrheit herzustellen, sodass „such that if one aims at truth one ought to follow the rules of rationality."10 Wedgwood wirft dahingehend die Überlegung auf, dass die Regeln der Rationalitat die notwendige Ressource für das Eintreten der Wahrheit widerspiegeln und somit die Glaubensbildung steuern. „These rules are essential to belief, and their essentiality derives from truth's being the aim of belief."11 Glüer und Wikforss widersprechen den Auslegungen Wedgwoods jedoch, indem sie davon ausgehen, dass wenn Wahrheit das Ziel des Glaubens ist, die Regeln der Rationalitat für den Glauben nicht wesentlich sind. Sind die Regeln der Rationalitat jedoch wesentlich, kann die Wahrheit nicht ihr Ziel sein. „Da Wahrheit weder als Ziel sichtbar ist noch sich zu erkennen gibt, wenn wir sie erreicht haben, macht es keinen Sinn, Wahrheit ein Ziel zu nennen."7 Demzufolge ware die Suche nach der Wahrheit ein zweckloses Unternehmen. Doch ist es wirklich sinnstiftend etwas als Ziel zu verkennen, nur weil es sich in einem bestimmten Sinne nicht als jenes zu erkennen gibt? Man könnte also schlussfolgern, dass das zuverlassigste Mittel zur Herbeiführung der Wahrheit darin besteht, genau das zu glauben, was man wahrhaben will, was natürlich die Wesentlichkeit der Regeln der Rationalitat für den Glauben widersprüchlich darstellt. Das Dilemma hierbei besteht darin, dass selbst wenn wir davon ausgehen, dass es notwendigerweise rational ist etwas Bestimmtes zu glauben, dieser Glaube falsch sein kann. Der ultimative Zweck des rationalen Denkens besteht also nach Wedgwood nicht nur darin „to have rational or justified beliefs purely for their own sake, but to ensure that one believes the proposition in question if and only if that proposition is true."8 Dabei gilt es natürlich als hinreichend, dass die angewandte Methode bzw. Regel um gerechtfertigte Überzeugungen herbeizuführen von zuverlassig fehlervermeidender Natur beschaffen ist. „Whether rationality derives from the ‘aim' of truth is itself a contingent matter. It might be objected that things look differently from the subject's own perspective. From the subject's own perspective, there is no alternative way of ‘aiming at truth'."9 Demnach könnte man entweder davon ausgehen, dass das Ziel oder das Subjektive für den Glauben von wesentlicher Prasenz sind. Es ist jedoch nicht möglich es auf beide Arten hin auszulegen: „to hold that the objective ought is essential to belief and that the rules of rationality solve the problem of guidance."10 Laut den Normativisten würde unsere Glaubensbildung von den Normen der Rationalitat geleitet werden, was die Rationalitat an sich als normative Orientierungshilfe symbolisieren würde. Um sich auf diese Weise dem Glaubensnormalismus zu widmen, müssen die Regeln der Rationalitat in Hinsicht auf die Normen des Glaubens untersucht werden, sodass geprüft werden kann, „whether it is indeed necessary that rational belief be rule-guided.“11 Der vorherrschende Exkurs von Glüer und Wikforss thematisiert demnach „whether it is essential to belief that there are certain norms telling the subject how she ought to reason.“12 Um dies zu untersuchen, wird der Begriff des Grundes relevant, welcher genau genommen wahre oder falsche Aussagen inkludiert und das Erzeugnis einer Überzeugung abbildet. Somit sind die Gründe der Ausgangspunkt für das Schaffen rationaler Überzeugungen eines Subjekts. „Rationality in general thus becomes a matter of the degree to which a subject's beliefs in fact instantiate the pattern of evidential relations between their contents.“ 13 Demnach sollte es keinen Grund geben von einer Regelführung auszugehen, da lediglich der Grad der Übereinstimmung von Überzeugungen und Regeln eine tragende Rolle spielt.
On this assumption, the claim that rationality is not normative amounts to a denial of the idea that there is an essential link between rationality and reasons. However, as should be obvious by now, this is emphatically not our claim. Indeed, if there is any claim in the offing here that might be a conceptual truth it is this: Being rational is a matter of the reasons relations between beliefs.14
Somit muss hierbei unterschieden werden ob man sich von einer Regel leiten lasst oder nur nach einer Regel sein Handeln ausrichtet. Um eine Führung feststellen zu können, muss die Regel eine differierende Struktur im Gegensatz zum Verhalten des Subjekts aufweisen, sodass das Subjekt eine bestimmte Handlung aufgrund der Regel in Verbindung mit einer gewissen Motivation für dieses Handeln ausübt. Folglich müsste dieser Sachverhalt zwei Komponenten umfassen: die Akzeptanz der Regel seitens des Subjekts, sowie die Überzeugung, dass die Regel in gewisser Weise mit einer bestimmten Handlung übereinstimmt. Diesbezüglich haben Glüer und Wikforss folgendes Modell aufgeworfen:
(P1) I want to believe what is in accordance with (N).
(P2) To believe that p is in accordance with (N).
(C) I want to believe that p.15
Dieses Modell bringt jedoch den sogenannten „regress of motivations“ mit sich, was bedeuten soll, dass die Schlussfolgerung des Modells daran appelliert zu glauben, dass p mit der Norm übereinstimmt. Das würde nichts anderes bedeuten als, dass das Subjekt nun einen weiteren Glaube entwickelt, welcher wiederrum durch eine Regel motiviert sein müsste, wenn er als Glaube geltend gemacht werden soll. „Although we may have reasons to believe that certain methods are truth-conducive, and others are not, ultimately there must be justified beliefs that are not in this sense derived from reasons.“21 Ebendeswegen könnte das Einzige, was rational zu befolgen gilt, eine Reihe gewisser Grundregeln sein, indem sie als zuverlassig betrachtet werden. Denn, „applied explicitly to a normativist version of internalism such as Wedgwood's, let us grant that there are certain basic rules of rationality that do not need justification from further beliefs.“22 Demnach scheint eine Form des Regelbefolgens zu existieren, welche sich aber nicht auf weitere Überzeugungen bezieht: die blinde Regelbefolgung. Der Glaubensnormativismus kann daraus resultierend nicht nur als karge Theorie der Natur des Glaubens heruntergebrochen werden, vielmehr geht es hier um die Idee der Führung, welche die Verantwortung dafür zu tragen scheint. „This seems to us to hold regardless of whether the norm constitutive of belief is construed as one of truth, of rationality, or a combination thereof.“23 Glüer und Wikforss möchten weiterführend keineswegs leugnen, dass ein Zusammenhang zwischen Glaube und Rationalitat existiert. Vielmehr betonen sie, „that beliefs by and large instantiate a basic rationality, i.e. not only stand in reasons relations making them rational or irrational, but are in fact by and large rational.“
[...]
1 Grajner, Martin, Adolf Rami (Hrsg.): Wahrheit, Bedeutung, Existenz. Heusenstamm: ontos verlag 2010, S. 27.
2 Glüer, Kathrin, Asa Wikforss: Against Belief Normativity, S. 3.
3 Abel, Günter: Zeichen der Wirklichkeit. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2004, S. 329.
4 Glüer, Wikforrs,
5 Ebd., S. 5.
6 Ebd.
7 Martin, Rami, S. 27.
8 Glüer, Wikforrs, S. 13.
9 Ebd., S. 14.
10 Ebd.
11 S. 15.
12 S. 16.
13 S. 17.
14 S. 18.
15 S. 22.
- Quote paper
- Helene Fraas (Author), 2019, Das Argument von Steglich-Petersen gegen die Kritik an der Wahrheitsnorm nach Glüer/Wikforss, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/904777
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