Ziel einer jeden kinder- und jugendpsychiatrischen Untersuchung ist die Erhebung von verhaltensbezogenen Problemen, Symptomen und wahrgenommener Befindlichkeit bei Kindern und Jugendlichen. Beim Untersuchungsprozess gelten in der Regel die Erhebung der Eigen- und Familienanamnese, neben dem Einbezug verschiedener anderer Zusatzabklärungen, als wichtigste Informationsquellen (Steinhausen, 2006). Die Familienanamnese ergibt neben psychiatrischen und genetischen Aspekten wichtige Einblicke in die jeweilige Lebenswirklichkeit von Familien. Um sie zu erfassen, bedarf es spezifischer familiendiagnostischer Modelle und Instrumente. Das Ziel der Familienanamnese ist die Gewinnung eines Eindrucks von den Erziehungspersonen, ihren persönlichen Voraussetzungen, ihren Verhaltensweisen und der Wahrnehmung ihrer elterlichen Funktionen. Die Familienanamnese endet mit einer Bestandesaufnahme der inner- wie auch ausserfamiliären Bedingungen. Als äussere zählen beispielsweise die Familienzusammensetzung, der sozioökonomische Status und die Wohnsituation der Eltern. Die „innere Situation“ charakterisiert sich einerseits durch die elterlich-partnerschaftliche Beziehungsqualität, den Eltern-Kind-Beziehungen, dem allgemeinen emotionalen Familienklima sowie den sich daraus ergebenden Belastungen und Problemen (ebd.).
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Erfahrung dieser „inneren Situation“. Nach der Umschreibung des Begriffs „Familie“ und theoretischen Überlegungen dazu, werden weitere Ausführungen zur Familiendiagnostik angestellt. In einer Übersicht – es handelt sich um eine Auswahl – werden die aktuellsten familientheoretischen Ansätze, wie beispielsweise die Familiensystemtheorie, die Familienentwicklungstheorie, die Familienstresstheorie und die Bindungstheorie knapp umrissen. Sie bilden die Basis für diagnostischen Modelle und den daraus entwickelten Instrumente wie auch für Forschungstätigkeiten in den Bereichen Prävention und therapeutische Interventionen. In Anbetracht der reichhaltigen Fülle bestehender diagnostischer Instrumente, beschränkt sich die Arbeit auf eine Auswahl. Anschliessend werden drei leistungsfähige Modelle mit dazugehörenden Instrumenten exemplarisch vorgestellt und hinsichtlich ihrer Bedeutung für Familienassessments miteinander verglichen. Das letzte Kapitel verweist auf weitere technische Verfahren der Familiendiagnostik und rundet die Arbeit mit einem Forschungsblick in die Zukunft ab.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Familie und Familiendiagnostik
- Der Begriff der Familie
- Familiendiagnostik
- Familientheoretische Ansätze
- Drei ausgewählte familiendiagnostische Modelle und dazu gehörende Erhebungsinstrumente im Vergleich
- Das „Beavers' Systems-Model“
- Das „Circumplex-Model of Marital and Family Systems“
- Das „McMaster Model of Family Functioning“
- Vergleichendes Fazit
- Ausblick und Schlussteil
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht aktuelle Verfahren der Familiendiagnostik und -forschung. Ziel ist es, einen Überblick über verschiedene Modelle und Instrumente zu geben und diese anhand ausgewählter Beispiele zu vergleichen. Der Fokus liegt auf dem Verständnis der „inneren Situation“ von Familien und deren Bedeutung für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.
- Der Begriff der Familie und seine Entwicklung im gesellschaftlichen Wandel
- Verschiedene familientheoretische Ansätze (Systemtheorie, Entwicklungstheorie, Stresstheorie, Bindungstheorie)
- Vergleich ausgewählter familiendiagnostischer Modelle und Instrumente
- Bedeutung der Familiendiagnostik für die kinder- und jugendpsychiatrische Praxis
- Zukünftige Entwicklungen in der Familiendiagnostik
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung beschreibt den diagnostisch-therapeutischen Prozess in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und betont die Bedeutung der Familienanamnese als wichtige Informationsquelle. Sie führt in das Thema der Arbeit ein, indem sie die Notwendigkeit spezifischer familiendiagnostischer Modelle und Instrumente hervorhebt und die Zielsetzung der Arbeit, sich mit der "inneren Situation" von Familien auseinanderzusetzen, umreißt. Die Arbeit wird als Auswahl aktueller Ansätze vorgestellt, die die Basis für diagnostische Modelle und Instrumente bilden und für Forschungsarbeiten zur Prävention und Intervention genutzt werden.
2. Familie und Familiendiagnostik: Dieses Kapitel beginnt mit der Auseinandersetzung mit dem vielschichtigen Begriff "Familie" und seinen verschiedenen Definitionen im Kontext des gesellschaftlichen Wandels. Es wird die "Pluralisierung von Familienformen" thematisiert und die Bedeutung der Familie für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen hervorgehoben. Der positive Einfluss eines fördernden Familienklimas auf die Persönlichkeitsentwicklung wird betont, aber auch die Herausforderungen und Probleme, die in unterschiedlichen Familienkontexten auftreten können, werden angesprochen. Schließlich wird eine Definition von Familie aus der Perspektive der Familiendiagnostik gegeben, die das Zusammenleben mehrerer Generationen, kollektive Aufgaben und den Wunsch nach Intimität und Zukunftsplanung beinhaltet. Der Abschnitt über Familiendiagnostik betont ihren theoriegeleiteten Charakter und die Verwendung valider und reliabler Instrumente.
Schlüsselwörter
Familiendiagnostik, Familienanamnese, Familientheorie, Familiensystemtheorie, Familienentwicklungstheorie, Familienstresstheorie, Bindungstheorie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, psychopathologische Prozesse, Entwicklungsfaktoren, diagnostische Instrumente, Familienassessment.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Familiendiagnostische Modelle und Instrumente
Was ist der Inhalt dieses Dokuments?
Dieses Dokument bietet eine umfassende Übersicht über aktuelle Verfahren der Familiendiagnostik und -forschung. Es beinhaltet ein Inhaltsverzeichnis, die Zielsetzung und Themenschwerpunkte, Zusammenfassungen der Kapitel und Schlüsselwörter. Der Fokus liegt auf dem Vergleich ausgewählter familiendiagnostischer Modelle und Instrumente, sowie deren Bedeutung für die Kinder- und Jugendpsychiatrie.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt den Begriff der Familie im gesellschaftlichen Wandel, verschiedene familientheoretische Ansätze (Systemtheorie, Entwicklungstheorie, Stresstheorie, Bindungstheorie), ausgewählte familiendiagnostische Modelle (Beavers' Systems-Model, Circumplex-Model, McMaster Model) und deren Instrumente, die Bedeutung der Familiendiagnostik für die kinder- und jugendpsychiatrische Praxis und zukünftige Entwicklungen in diesem Bereich.
Welche familiendiagnostischen Modelle werden verglichen?
Drei Modelle werden im Detail verglichen: Das „Beavers' Systems-Model“, das „Circumplex-Model of Marital and Family Systems“ und das „McMaster Model of Family Functioning“. Der Vergleich umfasst die jeweiligen theoretischen Grundlagen und die dazugehörigen Erhebungsinstrumente.
Welche familientheoretischen Ansätze werden berücksichtigt?
Das Dokument bezieht sich auf verschiedene familientheoretische Ansätze, darunter die Systemtheorie, die Entwicklungstheorie, die Stresstheorie und die Bindungstheorie. Diese Ansätze bilden die Grundlage für das Verständnis der in den verschiedenen Modellen verwendeten Konzepte.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, einen Überblick über verschiedene Modelle und Instrumente der Familiendiagnostik zu geben und diese anhand ausgewählter Beispiele zu vergleichen. Der Fokus liegt auf dem Verständnis der „inneren Situation“ von Familien und deren Bedeutung für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.
Welche Bedeutung hat die Familiendiagnostik für die Praxis?
Die Familiendiagnostik spielt eine wichtige Rolle in der kinder- und jugendpsychiatrischen Praxis. Die gewonnenen Erkenntnisse helfen, die Ursachen psychischer Probleme besser zu verstehen und effektivere Behandlungsansätze zu entwickeln. Die Arbeit betont die Bedeutung der Familienanamnese als wichtige Informationsquelle im diagnostisch-therapeutischen Prozess.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: Familiendiagnostik, Familienanamnese, Familientheorie, Familiensystemtheorie, Familienentwicklungstheorie, Familienstresstheorie, Bindungstheorie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, psychopathologische Prozesse, Entwicklungsfaktoren, diagnostische Instrumente, Familienassessment.
Wie ist der Text strukturiert?
Der Text ist strukturiert in Einleitung, Kapitel zu Familie und Familiendiagnostik, familientheoretische Ansätze, Vergleich der drei ausgewählten Modelle, ein vergleichendes Fazit und einen Ausblick. Jedes Kapitel wird kurz zusammengefasst.
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- lic. phil. Piero Raselli (Author), 2008, Familienassessment - Überblick und Vergleich aktueller Verfahren zur Familiendiagnostik und -forschung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90453