Konzeption und Erstellung eines E-Learnings zum Aufbau eines Start-ups anhand der Lean-Startup-Methode


Tesis de Máster, 2020

170 Páginas, Calificación: 2,0


Extracto


INHALTSVERZEICHNIS

1. EINFÜHRUNG
1.1. Persönliche Motivation
1.2. Problemstellung
1.3. Ziel der Arbeit
1.4. Aufbau der Arbeit

2. THEORETISCHER HINTERGRUND
2.1. Zu Start-ups
2.1.1. Definition
2.1.2. Unterschiede zu klassischen Existenzgründern
2.1.3. Warum Start-ups haufig scheitern
2.2. Zu agilen Methoden
2.2.1. Definition
2.2.2. Agiles Manifest
2.2.3. Methoden-Übersicht
2.2.4. Design Thinking
2.2.5. Scrum
2.3. Zur Lean-Startup-Methode
2.3.1. Definition
2.3.2. Verbreitung
2.3.3. Prinzipien
2.3.4. Beispiele
2.3.5. Vorgehen
2.4. Zur Strukturierung von Inhalten
2.4.1. Informationsarchitektur
2.4.2. Topicorientierte Strukturierung
2.4.3. Topics
2.4.4. Beziehungen
2.4.5. Klassenkonzept
2.5. Zu E-Learning
2.5.1. Definition
2.5.2. Lerntheoretische Grundlagen
2.5.3. Gedachtnispsychologische Grundlagen
2.5.4. Motivationspsychologische Grundlagen
2.5.5. Anwendungsformen
2.5.6. Autorentools

3. EMPIRISCHE FORSCHUNG
3.1. Untersuchungsaufbau
3.1.1. Untersuchungsmethode
3.1.2. Interviewleitfaden
3.1.3. Datenaufzeichnung
3.1.4. Befragungsart, -ort und -dauer
3.1.5. Auswahl der Experten
3.2. Datenaufbereitung
3.2.1. Transkription
3.2.2. Auswertung
3.3. Ergebnisse
3.3.1. Darstellung
3.3.2. Interpretation

4. PRAKTISCHE UMSETZUNG
4.1. Vorgehen
4.2. Iteration 1
4.2.1. Analyse
4.2.2. Design
4.2.3. Entwicklung
4.2.4. Implementierung
4.2.5. Evaluation
4.3. Iteration 2
4.3.1. Design
4.3.2. Entwicklung
4.3.3. Implementierung
4.3.4. Evaluation
4.4. Iteration 3
4.4.1. Design
4.4.2. Entwicklung
4.4.3. Implementierung
4.4.4. Evaluation
4.5. Resultat
4.5.1. Zugang
4.5.2. Verwaltung
4.5.3. Ausblick

5. FAZIT

6. LITERATURVERZEICHNIS

7. ANHANG

VORWORT

Danksagung

An dieser Stelle möchte ich mich bei meiner Betreuerin Prof. Dipl.-Inf. Sissi Elisabeth Closs für die stets offene Kommunikation und konstruktive Kritik im Erstellungsprozess dieser Arbeit bedanken.

Ebenso gilt an dieser Stelle den neun Experten Dank, die ihr wertvolles Wissen bei den durchgeführten Experteninterviews zur Verfügung gestellt und ihre wertvolle Zeit dafür investiert haben.

AuBerdem möchte ich den Menschen danken, die mir im Rahmen eines Lektorats Hinweise zur weiteren Verbesserung der schriftlichen Ausarbeitung gaben sowie den 26 Probanden, die über drei Wochen hinweg immer wieder die praktische Umsetzung des E-Learnings evaluiert haben und dieses damit zu dem gemacht haben, was es jetzt ist.

Nicht zuletzt ist es mir ein Anliegen, mich bei den Personen zu bedanken, die mir sehr nahestehen und mich im Prozess dieser Ausarbeitung stets unterstützt haben: Danke an meine Freundin, an meine Eltern sowie meine Mitbewohner.

Hinweis zur Sprachform

Der Autor dieser Arbeit verzichtet für eine bessere Lesbarkeit auf die sprachliche Unterscheidung in mannlich, weiblich und divers. In der Arbeit wird geschlechtsneutral oder in der mannlichen Form (maskulin) gesprochen. Dabei handelt es sich um eine schreibtechnische MaBnahme, die auf jeden Fall geschlechtsneutral aufzufassen ist.

ABSTRACT

Unzahlige Start-ups scheitern und verschwenden dabei viel Zeit, Energie und Geld.

Der Lean-Startup-Ansatz will diesem Problem mit seiner iterativen Feedbackschleife „Bauen, Messen, Lernen“ entgegenwirken. Um diesen Ansatz zu erlernen, bieten sich den Interessenten unzahlige Quellen, sowohl in analoger als auch digitaler Form. Was jedoch fehlt, ist ein digitales, interaktives, deutschsprachiges, frei verfügbares E-Learning.

Ziel dieser Arbeit ist es daher, genau solch ein E-Learning zu entwickeln. Die entsprechende Forschungsfrage lautet: „Wie kann für die agile Methode Lean Startup ein interaktives deutschsprachiges E-Learning konzipiert und entwickelt werden, mit dem sich interessierte Menschen fortan selbstandig, digital, interaktiv und online das relevante Wissen aneignen können, um selbst ein Start-up anhand dieser Methode aufzubauen?“

Zur Beantwortung dieser Frage wurden eine ausführliche Literaturrecherche zu den Themengebieten „Start-ups“, „agile Methoden“, „Lean Startup“, „Strukturierung von Inhalten“ und „E-Learning“ sowie eine qualitative Inhaltsanalyse in Form von Experteninterviews zum Thema „Lean Startup“ durchgeführt.

Dabei konnte eruiert werden, dass die Lean-Startup-Methode alleine nicht ausreicht, um den Aufbau eines Start-ups bestmöglich zu erklaren. Stattdessen sollte Lean Startup vielmehr als grundlegendes Vorgehen zur Validierung von Hypothesen angesehen und in Zusammenhang mit einem konkreten Vorgehensmodell gesetzt werden.

Ferner zeigte sich, dass sich eine topicorientierte Strukturierung zur Vorbereitung der Inhalte für ein E-Learning sehr gut eignet. Unbedingt beachtet werden sollten dabei die lerntheoretischen, gedachtnis- und motivationspsychologischen Grundlagen.

Basierend auf diesen Erkenntnissen wurde das E-Learning mithilfe eines agilen Vorgehensmodells und des Autorentools Adapt Learning in drei Iterationen entwickelt, immer wieder an das Feedback der Probanden angepasst und letztendlich unter der Domain 30minstartup.de bereitgestellt.

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abb. 1: Bauen-Messen-Lernen-Feedbackschleife (vgl. Ries 2013:17)

Abb. 2: Kombination von agilen Methoden (vgl. Gartner 2016)

Abb. 3: Scrum-Prozess (vgl. InLoox GmbH o.J.)

Abb. 4: Erster Prototyp von Dropbox (theragax 2008)

Abb. 5: Bauen-Messen-Lernen-Feedbackschleife (Ries 2013:74)

Abb. 6: Ebenen der Informationsarchitektur (vgl. Closs 2017:15)

Abb. 7: Einzelne Begriffserklarung (vgl. Closs 2007:29)

Abb. 8: Black-Box-Modell des Behaviorismus (vgl. Höhne/Höhne 2012a)

Abb. 9: Modell des Kognitivismus (vgl. Höhne/Höhne 2012b)

Abb. 10: Wahrnehmung im Konstruktivismus (vgl. Höhne/Höhne 2012c)

Abb. 11: Multispeichermodell nach Atkinson/Shefferin (vgl. Schmidt 2006:23)

Abb. 12: Ausschnitt aus Kategoriensystem (siehe Anhang 7.3)

Abb. 13: Handschriftliche Skizze des Experten E8 (siehe Anhang 7.2.8)

Abb. 14: LLAMA-Vorgehensmodell (Torrance 2014)

Abb. 15: Ausschnitt aus Instruktionsanalyse (siehe Anhang 7.4.1)

Abb. 16: Persona „Jan“ (siehe Anhang 7.4.2)

Abb. 17: Ausschnitt aus Übersicht zu Wissensabfragen (siehe Anhang 7.4.3)

Abb. 18: Marktselektion (siehe Anhang 7.4.4, Arbeitsblatt „Marktselektion“)

Abb. 19: Spinnennetzdiagramm (siehe Anhang 7.4.4, Arbeitsblatt „Auswertung“)

Abb. 20: Logo von Adapt Learning (Adapt Learning o.J.b)

Abb. 21: Ausschnitt aus Instruktionsstrategie (siehe Anhang 7.4.5)

Abb. 22: Ausschnitt aus Storyboard (siehe Anhang 7.4.6)

Abb. 23: Klassenkonzept (siehe Anhang 7.4.7)

Abb. 24: Startbildschirm von Adapt Learning

Abb. 25: Inhaltsübersicht eines Kurses

Abb. 26: Bezeichnung und Einfarbung der Topic-Typen

Abb. 27: Ergebnisse „roter Faden“ (siehe Anhang 7.4.10)

Abb. 28: Beispiel-Topic „Zusammenfassung“ (siehe Anhang 7.5.4)

Abb. 29: Topic-Klassenkonzept (siehe Anhang 7.5.3)

Abb. 30: Ergebnisse „Professionalitat“ (siehe Anhang 7.5.6)

Abb. 31: Logo, Name und Claim des E-Learnings (siehe Anhang 7.6.3)

Abb. 32: Ergebnisse „Web-Learning offline nehmen“ (siehe Anhang 7.6.67.6.6)

Abb. 33: Startseite des erstellten E-Learnings 30minstartup.de (siehe Anhang 7.6.4)

TABELLENVERZEICHNIS

Tab. 1: Beispielhaftes Topic-Klassenkonzept (vgl. Closs 2007:109)

Tab. 2: Übersicht über interviewte Experten

Tab. 3: Übersicht über meistgenannte Werkzeuge

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. EINFÜHRUNG

1.1. PERSÖNLICHE MOTIVATION

Die Auswahl des Themas der hier vorliegenden Arbeit hangt mit der persönlichen Geschichte des Verfassers zusammen: Zu Beginn des Master-Studiums wurde er immer wieder von Kommilitonen, die neu in der Stadt waren, nach Tipps für angesagte Events und Locations gefragt. Zunachst noch bereitwillig erklarend, merkte der Verfasser irgendwann, dass da eine Informationslücke vorliegt, die sich jedes Semester wieder zeigt: Die Studierenden sind zunachst überfordert und auf der Suche nach Empfehlungen für angesagte Locations und Events. Nach einigen Semestern haben sie diese Informationen, ziehen dann aber oftmals weiter in eine andere Stadt, ohne ihre Tipps an zukünftige Erstsemester weiterzugeben.

Der Verfasser wollte dieses Problem lösen und eine Online-Empfehlungsplattform aufbauen. Auf dieser Plattform sollten sich lediglich Studierende einloggen können und ihre Tipps an andere Studierende weitergeben. Die registrierten Studierenden sollten Belohnungen für ihre Empfehlungen erhalten in Form von Gutscheinen, die sie spater wiederum in der Stadt einlösen konnten.

Der Verfasser machte sich daran, die Idee zunachst im Rahmen eines Hochschulprojekts zu initiieren und anschlieBend in die Realitat umzusetzen, ging dabei aber sehr klassisch vor: Er bereitete wochenlang ein Konzept vor, gründete eine Firma und scharte ein Team um sich, bevor das Produkt dann nach zahlreichen Monaten online ging - und nicht wie erhofft bei der Zielgruppe ankam.

Erst spater hörte er von anderen Start-up-Gründern in seinem Umfeld von dem „Lean-Startup- Ansatz”. Dieser verfolgt das Ziel, zunachst mithilfe eines einfachen Prototyps die Nachfrage auf dem Markt zu testen, bevor viel Zeit, Mühe und eventuell sogar Geld ohne Effekt aufgewendet wird. Nachdem er diverse Bücher gelesen, Gesprache geführt und Videos zu „Lean Startup“ angeschaut hatte, bemerkte der Verfasser die eigenen Fehler - und hatte die Motivation, zukünftigen Gründern dieses Wissen auf zielgruppengerechte Art und Weise konzentriert weiterzugeben: mithilfe eines interaktiven E-Learnings. Wie dieses entstand und was es generell bei solch einer Umsetzung zu beachten gilt, dem widmet sich die hier vorliegende Master-Thesis.

1.2. PROBLEMSTELLUNG

Neun von zehn Start-ups scheitern Statistisch gesehen wird nur eins von zehn Start-ups erfolgreich, neun von zehn Start-ups gehen bereits innerhalb der ersten drei Jahre nach Gründung pleite (vgl. Grabmeier 2019). Laut der Erhebung von „Für Gründer“ (vgl. o.J.) sind es 80 bis 90 %, nach Müller (o.J.) 75 %. Die genauen Zahlen sind schwierig zu beziffern. Fest steht aber: Es sind sehr viele.

Produkte werden nur kurze Zeit nach ihrer hochgelobten Einführung ausgemustert, medial grofi angekündigte Start-ups entwickeln Produkte, die schnell zu Ladenhütern werden, weil sie niemand benötigt. Die Folge: Sie verschwinden in der Versenkung (vgl. Ries 2013:24).

Was diese Flops so schmerzhaft macht: Zum einen ist da der ökonomische Schaden, der sich auf Mitarbeiter (und teilweise deren Familien), auf Investoren und andere Unternehmen auswirken kann. Zum anderen ist da aber auch die unnötige Verschwendung von kostbarer Zeit, persönlichem Engagement und Talent unnötig und ausgesprochen bedauerlich.

Ein Gegenansatz: Lean Startup

Die Lean-Startup-Bewegung verfolgt das Ziel, genau solchen Misserfolgen vorzubeugen (vgl. Ries 2013:18). Laut dem Initiator der Bewegung und Autor des Buches „The Lean Startup“, Eric Ries, ist ein Start-up „[...] eine menschliche Institution, die ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung in einem Umfeld extremer Ungewissheit entwickelt.“ (Ries 2013:33)

Samtliche Aussagen werden in einem Lean Startup zunachst als Hypothesen wahrgenommen und mithilfe möglichst einfacher Experimente werden validierte Lernprozesse herbeigeführt (vgl. Ries 2013:57). Im Zentrum dieser agilen Methode steht ein iterativer Zyklus: Bauen, Messen, Lernen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Bauen-Messen-Lernen-Feedbackschleife (vgl. Ries 2013:17)

Ideen und Hypothesen werden dabei in sogenannte „minimale funktionsfahige Produkte" (engl. „Minimum Viable Product", fortan: MVP) überführt und anschliefiend mit den Kunden getestet. Daraus lassen sich dann validierte Kenntnisse gewinnen (vgl. Diehl 2019). Das Ziel: Möglichst schnell herauszufinden, was der Kunde will und wofür er bereit ist, zu zahlen (vgl. Ries 2013:26). Mittlerweile ist „Lean Startup" ein weit verbreitetes Modell zur schnellen Überprüfung neuer Geschaftsmodelle. Laut Blank und Dorf (vgl. 2017:XIII) findet es mitunter auch in etablierten, grofien Unternehmen Einzug. Nach Blank/Dorf (2017:XI) zog es sogar „in den Olymp der Management Konzepte [sic]" ein. Mittlerweile gibt es unzahlige organisierte Gruppen und Communitys, die die Lean-Startup-Prinzipien verfolgen und umsetzen.

Ein interaktives deutschsprachiges Lehrmedium ist nicht vorhanden

Wenn man selbst eine Geschaftsidee im Kopf hat und diese in die Realitat umsetzen will, gibt es aktuell diverse Möglichkeiten, sich Wissen rund um das Themengebiet „Lean Startup" anzueignen:

- Bücher: Wer gerne liest und etwas in der Hand haben möchte, kann sich das Buch „The Lean Startup" (Ries 2017) zu Gemüte führen. Immer wieder wird jedoch empfohlen, dieses Buch nicht allein anzusehen, sondern nur in Kombination mit dem „[...] Handbuch für Startups" (Blank/Dorf 2017) sowie „Business model generation" (Osterwalder/Pigneur 2013).
- Online-Blogs: Wer bevorzugt online bereits zusammengefasste Artikel zu einem speziellen Fachthema konsumiert, findet in diversen Online-Blogs ausführliche Informationen.
- Videos: In den verbreiten Video-Portalen wie „YouTube" gibt es zuhauf (mehr oder minder hochwertige) zusammengefasste Informationen und Veranschaulichungen zum Thema „Lean Startup".
- Tutorials: Bei Online-Portalen wie „udemy" finden sich viele englischsprachige Tutorials, die den Nutzer in mehreren Kapiteln in die Thematik einführen.

Was aber nicht gefunden werden kann: Ein interaktives, deutschsprachiges, frei verfügbares E­Learning. Aufgrund der immer geringer werdenden Aufmerksamkeitsspanne der nachkommenden Generationen (vgl. Gausby 2015:6) ist jedoch anzunehmen, dass das Interesse, ausführliche Bücher oder Online-Blogs zu walzen, immer kleiner wird und vermehrt interaktive, online verfügbare Medien nachgefragt werden.

1.3. ZIEL DER ARBEIT

Im Rahmen dieser Arbeit soll daher untersucht werden, wie für die agile Methode „Lean Startup“ ein interaktives deutschsprachiges E-Learning konzipiert und entwickelt werden kann, mit dem sich interessierte Menschen fortan selbstandig, digital, interaktiv und online das relevante Wissen aneignen können, um selbst ein Start-up anhand dieser Methode aufzubauen.

Um sich dieser übergeordneten Frage zu nahern, sollen zunachst folgende untergeordnete Forschungsfragen beantwortet werden:

Wie lauten die einzelnen Schritte der Lean-Startup-Methode?

Zunachst soll die Lean-Startup-Methode in den Kontext anderer agiler Methoden gesetzt und definiert werden. Die dahintersteckenden Prinzipien werden vorgestellt sowie einige Vor-, aber auch Nachteile genannt. Mithilfe von qualitativen Experteninterviews soll anschlieBend empirisch überprüft werden, inwiefern aus dem agilen Vorgehensmodell eine feste Reihenfolge von Schritten oder Taktiken als inhaltliche Grundlage für das E-Learning erstellt werden kann. Es soll herausgefunden werden, wie die einzelnen notwendigen Schritte rund um die iterative Schleife „Bauen, Messen, Lernen“ lauten, was die Voraussetzungen für „Lean Startup“ sind und was es beim Aufbau eines Start-ups zu beachten gilt.

Wie kann der Inhalt für ein interaktives E-Learning sinnvoll strukturiert werden?

Sind die einzelnen Schritte identifiziert, soll eine geeignete Informationsarchitektur für die Darstellung der Inhalte gewahlt werden. Hierzu zahlt das Informationsprodukt, welches in diesem Fall ein E-Learning sein soll. Durch Literaturrecherche soll eruiert werden, welches die wichtigsten Vorteile dieses Mediums im Vergleich zu anderen sind. AnschlieBend soll für die Grobstrukturierung der Inhalte ein Klassenkonzept (vgl. Closs 2007) ausgearbeitet werden, das als inhaltliche Strukturierung des E-Learnings Unterstützung bei der effizienten und konsistenten Erstellung bieten soll.

Was gilt es bei der Umsetzung des E-Learnings zu beachten?

Bei der Umsetzung des E-Learnings gilt es zunachst mittels Literaturrecherche herauszuarbeiten, was wichtige Erfolgsfaktoren für ein qualitativ hochwertiges E-Learning-Produkt sind. Weiterhin soll eine Übersicht über die aktuell auf dem Softwaremarkt verfügbaren Applikationen erstellt werden und am Ende das für diesen Zweck geeignetste Tool selektiert werden, um das geplante E-Learning damit umzusetzen. Mittels iterativer Usability-Tests soll das entwickelte Produkt immer wieder von Probanden getestet und anschlieBend vom Verfasser entsprechend überarbeitet werden.

1.4. AUFBAU DER ARBEIT

Diese Arbeit ist aufgeteilt in fünf grofie Bereiche:

Zunachst wird der Leser im aktuellen Kapitel 1 Einführung in die vorhandene Problemstellung und das Ziel der Arbeit eingeführt. Der Zusammenhang zur persönlichen Motivation sowie die bearbeitete Forschungsfrage und zugehörige Unterfragen werden genannt und beschrieben.

Im Kapitel 2 Theoretischer Hintergrund werden, angelehnt an die gestellten untergeordneten Forschungsfragen, die wesentlichen Begriffe und Hintergründe zu Start-ups, zu agilen Methoden, zur Lean-Startup-Methode, zur Strukturierung von Inhalten und zu E-Learning definiert und erlautert, um ein gemeinsames Grundverstandnis zu schaffen.

Inhalt des Kapitels 3 Empirische Forschung ist die Vorbereitung, Durchführung, Aufbereitung und Auswertung der durchgeführten Experteninterviews zur Identifizierung der einzelnen Schritte der Lean-Startup-Methode. Hierbei wird eine qualitative Inhaltsanalyse angewandt. Die Befragungen werden leitfadengestützt durchgeführt und zur Auswertung wird das Kategoriensystem nach Bogner/Littig/Menz (vgl. 2014) benutzt.

Kapitel 4 enthalt die praktische Umsetzung der zuvor erworbenen theoretischen Kenntnisse: Anhand eines agilen wissenschaftlichen Vorgehens zur Erstellung eines E-Learnings wird das gewünschte Produkt iterativ entwickelt. Zum Ende jeder Iteration wird eine Evaluation durchgeführt, die wiederum Verbesserungsvorschlage für die darauffolgende Iteration erzeugt. Abschliefiend sollen im Kapitel 5 Fazit die gewonnenen Erkenntnisse zu den genannten untergeordneten Forschungsfragen zusammengefasst werden, um basierend darauf die übergeordnete Forschungsfrage zu beantworten.

2. THEORETISCHER HINTERGRUND

2.1. ZU START-UPS

„Ein Start-up ist mehr als die Summe seiner Teile; es ist eine zutiefst von Menschen gepragte Organisation.“ (Ries 2013:33)

„Start-up" - ein Begriff, der in der heutigen Zeit sehr angesagt und gelaufig zu sein scheint. Bei der Definition des Begriffs tun sich allerdings viele Menschen schwer. Deswegen soll in diesem Kapitel zunachst ein gemeinsames Verstandnis von „Start-ups" geschaffen werden.

2.1.1. Definition

Zu der Benennung „Start-up" gibt es viele unterschiedliche Definitionen, die aber dennoch einige Gemeinsamkeiten haben.

Zunachst soll die Definition von Eric Ries, dem Initiator der Lean-Startup-Bewegung, betrachtet werden: Er versteht ein „Start-up" als „eine menschliche Organisationsform, die sich zum Ziel gesetzt hat, unter extrem unsicheren Bedingungen neue, innovative Produkte und Dienstleistungen zu schaffen." (Ries 2013:16)

Um das Zitat korrekt einzuordnen, ist es wichtig, es in die einzelnen elementaren Bestandteile aufzugliedern:

- Unter „extrem unsichere Bedingungen" wird der Kontext verstanden, in dem Innovation stattfindet. Er ist gepragt von Ungewissheit, von Risikonotwendigkeit, und nicht von festen Mustern, die lediglich nachgeahmt werden müssen (vgl. Ries 2013:34).
- Mit „Innovation" ist ein tatsachlich brandneues Geschaftsmodell gemeint, das verborgene Nutzenpotenziale ausschöpft - und nicht lediglich beispielsweise die Umpositionierung eines Produkts an einen anderen Standort. Ferner sollte die Innovation im Zentrum des Unternehmens stehen (vgl. Ries 2013:34).
- Unter einem „Produkt" sollte nicht nur ein einziges greifbares Erzeugnis verstanden werden. Stattdessen sollten samtliche Erfahrungen, die Kunden mit einem Unternehmen machen, miteinbezogen werden (vgl. Ries 2013:33).

Auch Müller (o.J.) legt den Fokus auf die Ungewissheit: Er bezeichnet ein Start-up als „Institution, die unter extremer Unsicherheit agiert, sei es nun eine High-Tech-Gründung oder ein innovativer Bereich in einem Konzern".

Deutlich allgemeiner wird der Begriff „Start-up" definiert von Blank und Dorf (2017:XXI): „Ein Startup [sic] ist eine temporar existierende Organisation auf der Suche nach einem skalierbarem, nachhaltigen, profitablen Geschaftsmodell."

Unumstritten ist jedoch das grofie Ziel eines Start-ups: Es soll „so schnell wie möglich herausfinden, was es anbieten sollte - was Kunden wollen und wofür sie bereit sind zu zahlen." (Ries 2013:26)

2.1.2. Unterschiede zu klassischen Existenzgründern

Da falschlicherweise neu gegründete Unternehmen haufig generell als „Start-up“ bezeichnet werden, sollen hier kurz die wesentlichen Unterschiede aufgezeigt werden:

Zum einen ist der hohe Innovationsgrad der Geschaftsidee zu nennen: Im Umfeld hoher Unsicherheit verandern sie nicht nur ein bereits bestehendes Geschaftsmodell zu ihren eigenen Gunsten, sondern entwickeln ein komplett neuartiges Geschaftsmodell oder ein komplett neuartiges Produkt (vgl. Ries 2013:34).

Zum anderen haben Gründer von Start-ups bzw. Start-ups an sich ein sehr ausgepragtes Wachstumsstreben: Sie wollen mit einem neuen Produkt nicht nur einige wenige Nutzer zufriedenstellen, sondern denken bereits sehr früh an Wachstum und Skalierung (vgl. Für Gründer o.J.).

2.1.3. Warum Start-ups haufig scheitern

Neun von zehn Start-ups scheitern (vgl. Für Gründer o.J.). Woran liegt das? Natürlich könnte an dieser Stelle eine Vielzahl von unterschiedlichen Argumenten genannt werden. Aufgrund des begrenzten Rahmens und der Fokussierung auf die anderen Inhalte sollen aber nur die haufigsten genannt werden.

Der haufigste Grund (vgl. Für Gründer o.J.; Barbarski 2017): Die Gründer können es nicht erwarten, mit der Entwicklung des Produkts zu beginnen. Sie sind überzeugt, dass sie genau wissen, was der Kunde möchte, und das haufig nach nur wenigen flüchtigen Gesprachen. Sie denken, sie sind auf dem richtigen Weg und bereiten das Produkt wochen-, monate-, oder gar jahrelang vor und veröffentlichen es mit grofiem Selbstbewusstsein - um anschliefiend ernüchtert festzustellen, dass das Produkt nicht gewünscht, nicht genutzt und vor allem nicht gekauft wird (vgl. Ries 2013:87).

Viele Gründer lassen sich blenden von Daten, die ihre Vision stützen, anstatt sich mit der rauhen Wirklichkeit von echten Experimenten auseinanderzusetzen, sie gehen „pseudowissenschaftlich“ (Ries 2013:251) vor. Sie denken, sie müssten mit einem voll ausgereiften Produkt auf den Markt gehen, ohne vorher beispielsweise mithilfe eines Prototyps das Feedback von echten Kunden abzufragen (vgl. Ries 2013:87).

2.2. ZU AGILEN METHODEN

„Agile Methoden bieten einen unverzichtbaren Begleiter und Werkzeugkoffer für die erfolgreiche agile und digitale Transformation deines Unternehmens.“ (Diehl 2019)

In diesem Zitat von Diehl (2019) wird die Aktualitat und Wichtigkeit agiler Methoden hervorgehoben. Auch „Lean Startup“ wird als solch eine „agile Methode“ bezeichnet. Es ist jedoch wichtig, zunachst einmal zu definieren, wie dieser Begriff zu verstehen ist und welche anderen agilen Methoden es gibt.

2.2.1. Definition

„Agile Methoden“ werden als "Werkzeuge und Vorgehensmodelle“ verstanden, mit dem Ziel, Agilitat (= flexible Reaktion auf unvorhergesehene Ereignisse und neue Anforderungen (vgl. Bendel 2019)) in einem Unternehmen oder einer Organisation umzusetzen. Sie definieren also nicht, was zu tun ist, sondern die Methoden beschreiben vielmehr einen Rahmen, in dem innerhalb eines Teams zusammengearbeitet werden kann. So werden eine gemeinsame Sprache und ein gemeinsames Verstandnis geschaffen, wie in einem Umfeld mit unsicheren Rahmenbedingungen zusammengearbeitet werden kann (vgl. Diehl 2019).

Hier kann also direkt herausgelesen werden, warum Start-ups sehr haufig von Anfang an agile Methoden verwenden: Weil sie sich in einem Umfeld maximaler Ungewissheit (siehe Kapitel 2.1.1) befinden. Ebenso sind agile Methoden vielfach einer der ersten Schritte zur erfolgreichen digitalen Transformation eines bereits existierenden Unternehmens (vgl. Diehl 2019).

Samtliche agilen Methoden weisen auBerdem eine wichtige Schnittmenge auf: Die Fokussierung auf den Kundennutzen (vgl. Gratsch/Knebel 2018).

2.2.2. Agiles Manifest

Agile Methoden sind weit verbreitet, jedoch nach Diehl (2019) „am Ende nur wirkungsvoll, wenn agile Werte agile Prinzipien in [e]inem Unternehmen gelebt werden“.

Aus diesem Grund formulierte im Jahr 2001 eine Gruppe von Softwareentwicklern, darunter u.a. Jeff Sutherland und Ken Schwaber, Mitbegründer des Frameworks „Scrum“, das „agile Manifest“. Dies war ein Meilenstein der modernen agilen Bewegung. Das Manifest beschreibt Werte und Verhaltensregeln agiler Teams und stellt so einen Kodex dar, um eigenes Handeln zu reflektieren und sich neu auszurichten (vgl. Diehl 2018).

Die Basis des agilen Manifests bilden vier Leitsatze, die jeweils traditionellen Vorgehensmodellen gegenübergestellt werden (Beck et al. 2001a):

- Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge
- Funktionierende Software mehr als umfassende Dokumentation
- Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlung
- Reagieren auf Veranderung mehr als das Befolgen eines Plans

Durch weiterführende Prinzipien werden die Leitsatze mit Leben gefüllt und konkretisiert (vgl. Diehl 2018). Eines dieser Prinzipien lautet z. B.: „Unsere höchste Prioritat ist es, den Kunden durch frühe und kontinuierliche Auslieferung wertvoller Software zufrieden zu stellen." (Beck et al. 2001b) Das agile Manifest sollte also nicht als Checkliste angesehen werden, sondern vielmehr als Verhaltenskodex, an dem sich die Mitarbeiter innerhalb eines Teams ausrichten sollten (vgl. Diehl 2018).

2.2.3. Methoden-Übersicht

Es gibt viele agile Methoden, es gibt Werkzeuge, Tools und weitere vergleichbare Hilfsmittel, die sich jeweils nicht komplett klar voneinander abgrenzen lassen. In der folgenden Übersicht werden von Gartner (2016) aber die drei verbreitetsten agilen Methoden im Verlauf einer

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Auf der X-Achse des Diagramms werden die zwei grofien Phasen „Kundenproblem" und „Kundenlösung" aufgezeigt. Darunter sind die jeweils verwendeten agilen Methoden angegeben:

Die Verwendung von „Design Thinking" wird hier zu Beginn des Verlaufs empfohlen, um das Problem des Kunden zu identifizieren, bevor in dem bereits erwahnten Lean-Startup-Zyklus „Bauen, Messen, Lernen" das richtige Produkt gesucht wird, um das identifizierte Problem zu lösen. Sobald dies erkannt ist, wird das bekannte und ebenfalls iterative „Scrum“-Verfahren empfohlen, um das Produkt letztendlich richtig zu bauen bzw. zu entwickeln.

Im Folgenden sollen die gezeigten agilen Methoden „Design Thinking“ und „Scrum“ naher beschrieben werden, bevor es zum umfassenden Kapitel „2.3 Zur Lean-Startup-Methode geht.

2.2.4. Design Thinking

„Design Thinking“ wird zum einen als Grundhaltung angesehen, als eine Art zu denken, die über alle Phasen eines Vorhabens als unverzichtbar gilt (vgl. Diehl 2019). Es ist gepragt von einer groBen „Offenheit für Feedback, Ideen, verschiedene Meinungen - und für Diversitat. Denn je diverser ein Team zusammengesetzt ist, desto unterschiedlicher sind die Sichtweisen und das bereichert den Prozess - und letztlich auch das Ergebnis.“ (Gratsch/Knebel 2018)

Etwas konkreter wird es aber auch als iterativer Prozess angesehen, um die Probleme eines Kunden zu verstehen und eine Lösung in Form eines Prototyps zu entwickeln (vgl. Diehl 2019). Es eignet sich also besonders, wenn man bisher nur eine grobe Idee für ein eventuelles Produkt hat oder sogar dann, wenn man noch gar keine Idee hat (vgl. Gratsch/Knebel 2018).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.: Design-Thinking-Prozess (vgl. Wikimedia 2018)

Die üblichen Schritte in diesem Prozess lauten (vgl. Gratsch/Knebel 2018):

1. Verstehen: Ein gemeinsames Verstandnis für das Problem entwickeln.
2. Beobachten: Informationen und Erkenntnisse zum Problem sammeln.
3. Sichtweise definieren: Erkenntnisse zusammentragen, Thesen formulieren und so ein tieferes Verstandnis für den Kunden und das Problem entwickeln.
4. Ideen finden: Brainstormen, Ideen entwickeln.
5. Prototypen entwickeln: Einfach und preiswert herstellen, um Kunden einen Eindruck des möglichen Produkts zu vermitteln.
6. Testen: Prototypen dem Kunden geben und Erkenntnisse daraus ableiten.

Als Ergebnis von „Design Thinking“ steht demnach eine Idee für einen Service oder ein Produkt. Wie lange es aber dauert, um das zu erreichen, ist von Fall zu Fall unterschiedlich (vgl. Gratsch/Knebel 2018).

2.2.5. Scrum

Die bekannte agile Methode „Scrum" löst ein haufig in traditionellen Vorgehensweisen existierendes Problem:

Entwickler erhalten eine ausführliche Beschreibung der gewünschten Anforderungen an das zu entwickelnde Produkt. Nach der Arbeitsphase treffen sie sich wieder mit dem Auftraggeber, prasentieren das Produkt und stellen fest, dass der Kunde sich ein ganz anderes Produkt gewünscht hatte. Die Mitarbeiter werden auf dem Weg der Entwicklung vor immer wieder neue Herausforderungen gestellt und müssen diese jeweils auf ihre eigene Weise lösen. Jeder arbeitet für sich, und deswegen passen die Wege am Ende oft nicht zusammen und das Produkt wird „am Kunden vorbei" entwickelt (vgl. Gratsch/Knebel 2018).

„Scrum" wirkt dem entgegen: Es ist eine Methode für agiles Projektmanagement und vor allem im Bereich der Softwareentwicklung sehr beliebt. Es kann als Regelwerk betrachtet werden, um die Arbeit innerhalb eines Teams auf agile Art und Weise zu organisieren (vgl. Diehl 2019).

Es wird eingesetzt, wenn das gewünschte Produkt und ein funktionierendes Geschaftsmodell bereits bekannt sind - wenn es also tatsachlich an die Entwicklung des Produkts geht (vgl. Gratsch/Knebel 2018).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wie in Abb. 3 zu erkennen, werden die anstehenden Aufgaben beim Scrum-Prozess zunachst im „Produkt-Backlog" eines Kanban-Boards (= Tafel mit verschiedenen Spalten, auf der die einzelnen Aufgaben entlang eines Workflows wandern (vgl. Diehl 2019)), für alle sichtbar dargestellt und auf wenige Aufgaben heruntergebrochen, die im „Sprint-Backlog" aufgelistet werden. Die einzelnen Mitglieder des Teams nehmen sich der Aufgaben an. Im folgenden „Sprint" (= Scrum-Intervall), der hier im Diagramm 30 Tage, oft aber auch nur 14 Tage dauert, arbeiten die Teammitglieder dann an ihren Aufgabenpaketen, treffen sich aber regelmafiig für einen offenen Austausch. Nach jedem Sprint wird Rücksprache mit dem Kunden gehalten, um frühzeitig zu eruieren, welche Vorstellungen dieser hat und so möglichst keine Ressourcen zu verschwenden (vgl. Gratsch/Knebel 2018).

Wichtig im Scrum-Prozess ist aufierdem eine klare Rollenverteilung. Besonders hervorzuheben sind hierbei die Rollen des „Product Owners" und die des „Scrum Masters":

Der „Product Owner" ist verantwortlich für den Kontakt zum Kunden. Er ist oft Teil des Teams, muss den jeweiligen Stand der Entwicklung dem Kunden prasentieren, holt Rückmeldungen ein und gibt die Bedürfnisse und Anforderungen weiter in den Entwicklungsprozess des Scrum­Teams.

Der „Scrum Master" achtet darauf, dass der Entwicklungsprozess am Laufen bleibt. Er überprüft, ob das Team regelmafiig die Aufgaben vom Kanban-Board nimmt und sorgt für deren gleichmafiige Verteilung. Ferner hat er die Verantwortung, taglich sogenannte „Stand-up- Meetings" einzuberufen, in welchen jedes Mitglied kurz berichtet, woran es aktuell arbeitet und wie die gewonnenen Erkenntnisse lauten, um Synergieeffekte zu generieren. Falls es mal zu Konflikten innerhalb des Teams kommen sollte, ist es auch hier die Aufgabe des „Scrum Masters", zu vermitteln und diese zu lösen (vgl. Gratsch/Knebel 2018).

2.3. ZUR LEAN-STARTUP-METHODE

„Mein langfristiges, ehrgeiziges Ziel: die Erfolgsrate neuer, innovativer Produkte weltweit zu verbessern.“ (Ries 2013:16)

Das ist es, was Eric Ries, Initiator der Lean-Startup-Bewegung, antreibt: Er gibt alles dafür, dass im Start-up-Umfeld weniger Zeit verschwendet wird, weniger Geld verbrannt wird, weniger Talente vergeudet werden. Einst hatte er diese negativen Erfahrungen am eigenen Leib gemacht, bevor er die Prinzipien und Methodiken zu „Lean Startup" in seinem ersten Buch „The Lean Startup" (vgl. Ries 2011) an zukünftige Entrepreneure weitergab - und es auch heute noch regelmafiig in anderen Formaten tut. In diesem Kapitel wird die agile Methode „Lean Startup", die primarer Inhalt des im Rahmen dieser Arbeit entwickelten E-Learnings sein soll, genauer betrachtet.

2.3.1. Definition

In einem Satz: „Lean Startup verfolgt das Ziel, mit Hilfe von wenig Kapital erfolgreich zu werden." (Sutter 2019) Etwas ausführlicher bezeichnet Diehl (2019) Lean Startup als eine „agile Methode, in deren Mittelpunkt das kontinuierliche Testen und Iterieren von Produkt- und Serviceideen steht."

Es steht im Kontrast zur konventionellen Vorgehensweise bei der Produktentwicklung: Man tritt möglichst früh und direkt mit potenziellen Kunden in Kontakt, zeigt ihnen minimalistische Prototypen und entwickelt ausgehend davon Schritt für Schritt ein Endprodukt, das marktfahig ist. Das Mantra hierbei lautet: „Fail fast, fail cheap" (Müller o.J.). Es wird zunachst davon ausgegangen, dass am Anfang einer Idee nichts als Hypothesen vorhanden sind, die es zu validieren gilt, und zwar anhand von „echten Experimenten" in Form von realen Prototypen, in Form von MVP. Wenn ein MVP nicht funktioniert, wird der gewahlte Ansatz wieder fallen gelassen und nach einer neuen Idee gesucht (vgl. Gratsch/Knebel 2018). Genannt wird dieser Zyklus „Build, measure, learn", ins Deutsche übersetzt „Bauen, Messen, Lernen" (fortan: BML). „Lean Startup" ist also einerseits eine agile Grundhaltung, andererseits aber auch eine Methode, die gewissen Prinzipien folgt (vgl. Gratsch/Knebel 2018). Der besondere Fokus liegt hier auf kurzen Zykluszeiten, intensivem Kundenfeedback, einer grofien Vision und ambitionierten Zielen - und das alles gleichzeitig (vgl. Ries 2013:26).

Obschon gewisse Parallelen zur aufgezeigten Methode „Design Thinking" (siehe Kapitel 2.2.4) vorhanden sind, ist ein wesentlicher Unterschied, dass bei „Lean Startup" zu Beginn nicht nur gefragt wird, was der Kunde wünscht, sondern direkt ein Produkt zum Verkauf angeboten wird (vgl. Gratsch/Knebel 2018).

2.3.2. Verbreitung

„Lean Startup“ scheint mittlerweile in aller Munde zu sein: In mehr als 100 GroBstadten weltweit haben sich organisierte Gruppen und Communitys gebildet, die die Lean-Startup-Prinzipien umsetzen und leben. So wird es einer ganzen Generation von Entrepreneuren ermöglicht, Zugriff auf bewahrte Konzepte und Strategien zu erhalten, die für den Aufbau erfolgreicher Unternehmen heutzutage unabdingbar sind.

Laut Blank/Dorf (2017:XIII) findet es mittlerweile auch in etablierten Unternehmen Einzug: Es wird dort genutzt als Werkzeug zur Entwicklung und Validierung neuer Geschaftsmodelle. Spatestens mit der Veröffentlichung im Harvard Business Review unter dem Titel „Why the Lean Start-Up Changes Everything“ zog das Modell sogar in den „Olymp der Management Konzepte“ (Blank/Dorf 2017:XI) ein.

2.3.3. Prinzipien

Es sollte nicht davon ausgegangen werden, dass Lean Startup eine Sammlung von taktischen MaBnahmen ist. Stattdessen sollte es mehr als „Herangehensweise an die Entwicklung neuer Produkte“ (Ries 2013:56) betrachtet werden. Basis für eine erfolgreiche Anwendung stellen hier die grundlegenden Prinzipien dar, die im Folgenden kurz beschrieben werden (vgl. Ries 2013:16­17):

- Validierte Lernprozesse: Der Daseinszweck eines Start-ups besteht darin, möglichst schnell zu lernen, wie aus der eigenen Idee ein tragfahiges Geschaftsmodell aufgebaut werden kann. Mithilfe von Lernprozessen können Entrepreneure ihre anfanglichen Hypothesen überprüfen.
- Entrepreneurship ist Management: Ein Start-up ist eine Organisation, die in extremer Unsicherheit arbeitet. Wer in solch einer Organisation arbeitet, wird als „Entrepreneur“ bezeichnet, und diese Positionsbezeichnung sollte in allen modernen Unternehmen existieren.
- Entrepreneure gibt es überall: Ob in der Garage, im kleinen Arbeitszimmer oder am Schreibtisch eines groBen etablierten Unternehmens: Entrepreneure schaffen unter extrem unsicheren Bedingungen neue, innovative Produkte und Dienstleistungen. Es gibt sie überall.
- Bauen, Messen, Lernen: Die Feedbackschleife BML besteht daraus, Ideen in Produkte umzuwandeln, das Feedback der Kunden zu messen und dabei immer wieder zu prüfen, ob die Richtung stimmt oder ein Kurswechsel notwendig ist. Das Ziel eines jeden Start-ups sollte sein, diese Feedbackschleife immer weiter zu beschleunigen.
- Innovationsbilanz: Damit tatsachliche Fortschritte erreicht werden können und um die Eigenverantwortung der Entrepreneure zu fördern, ist es wichtig, Erfolge zu messen, Meilensteine zu definieren und Aufgaben klar zu priorisieren. Ein Entrepreneur muss eine neue Art, über Soll und Haben Buch zu führen, lernen.

2.3.4. Beispiele

Mittlerweile gibt es unzahlige von Lean Startup überzeugte Entrepreneure. Entsprechend hoch ist die Zahl der Start-ups, die nach dieser Methode bereits vorgehen oder vorgegangen sind (vgl. Sutter 2019). Einige heute berühmte Beispiele werden im Folgenden kurz beschrieben:

2.3.4.1. Dropbox

Dropbox wird als das Paradebeispiel für ein Lean Startup angesehen. Auch dieses Unternehmen hat klein angefangen: Mit geringsten Mitteln hat Drew Housten, CEO und Gründer, kurze Produktentwicklungs-Zyklen eingeführt, um sehr früh und haufig testen zu können, was die Zielgruppe in Wirklichkeit wollte (vgl. Sutter 2019).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Erster Prototyp von Dropbox (theragax 2008).

Ihr allererstes Produkt kündigten Housten & Co. in diversen Tech-Foren und Tech-Blogs an. Die Interessenten wurden zu einer schlichten Landingpage geleitet, auf der mittels eines einfachen Videos, gespickt mit einigen kleinen Entwicklerwitzen, die Funktionalitat von Dropbox erklart wurde. Innerhalb von wenigen Stunden sammelten die beiden Gründer so 75.000 Interessenten ein. Was die potenziellen Nutzer nicht wussten: Bis dahin hatten die beiden Entrepreneure noch nichts entwickelt. Sie hatten lediglich mit einfachsten Mitteln über ein Video demonstriert, wie das Produkt spater funktionieren und aussehen soll (vgl. Barbarski 2017).

2.3.4.2. Zappos

Zappos ist weltweit eines der gröfiten Online-Schuhgeschafte. Es hat einen jahrlichen Bruttoumsatz von mehr als einer Milliarde US-Dollar vorzuweisen und wird als eines der „erfolgreichsten, kundenfreundlichsten Internethandelsfirmen der Welt" (Ries 2013:59) bezeichnet. Aber auch dieses Unternehmen hat klein angefangen: Der Gründer Nick Swinmurn wollte für ein gröfieres Angebot im stationaren Handel sorgen. Er fotografierte nach Erlaubnis einiger lokaler Handler deren Schuhe und stellte die Bilder davon ins Internet.

Sobald ein Kunde tatsachlich ein Paar Schuhe online orderte, kaufte Swinmurn dieses direkt beim Handler, um es anschliefiend an den Kunden zu liefern. Wahrend andere hierfür zunachst eine riesige Logistik-Infrastruktur für viel Geld vorbereitet hatten, konnte er mit einem sehr schmalen und einfachen Experiment sofort sicherstellen, dass Menschen Schuhe tatsachlich online kaufen würden (vgl. Kümpel 2016).

2.3.4.3. Airbnb

Wohnungen, Hauser, Zimmer mieten oder vermieten - ganz unkompliziert funktioniert das mittlerweile dank Airbnb. Heutzutage werden über die Plattform in knapp 200 Landern und über 30.000 Stadten temporare Unterkünfte angeboten (vgl. Sutter 2019).

Die Idee dazu hatten Brian Chesky und Joe Gebbia im Jahr 2007: In ihrer Stadt San Francisco wurde eine Design-Konferenz veranstaltet. Weil sie sich die Miete ihrer Wohnung nicht leisten konnten, beschlossen sie, ihr Loft als preiswerte Unterkunft anzubieten für all jene, die in umliegenden Hotels kein Glück mehr hatten: Sie fotografierten ihre Wohnung und stellten sie auf einer schlichten Website zur Verfügung. Schon bald hatten sie drei zahlende Gaste aus den unterschiedlichsten Regionen der Welt. Mit dieser Bedarfsbestatigung starteten sie Airbnb (damals noch „AirBedAndBreakfast" genannt) (vgl. Rancea 2014).

2.3.5. Vorgehen

Herzstück des Lean-Startup-Modells ist die in Abb. 5 dargestellte Feedbackschleife, bestehend aus den drei grofien Schritten BML. Es ist das Steuerinstrument (Ries 2013:28), mit dem fortlaufende Anpassungen am Produkt vorgenommen werden können (vgl. Gratsch/Knebel 2018):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Bauen-Messen-Lernen-Feedbackschleife (Ries 2013:74)

- Bauen: Aus einer Idee wird ein Produkt entwickelt und auf den Markt gebracht.
- Messen: Das Feedback der Kunden wird gemessen, Daten werden erzeugt.
- Lernen: Erkenntnisse werden abgeleitet: Funktioniert das Produkt wie erwünscht oder muss es verandert werden?

Das Ziel der Schleife ist somit klar: Das Produkt soll so lange verandert werden, bis es beim Kunden wie erwünscht ankommt (vgl. Gratsch/Knebel 2018). Ries (2013:28) geht hier noch weiter: Er definiert ein tragfahiges Geschaftsmodell als das zu erreichende Ergebnis.

Jeder Zyklus, jede Iteration, ist „ein Versuch, Gas zu geben, um zu sehen, ob der Motor anspringt. Sobald er rund lauft, wiederholt sich der Prozess, um von einem Gang in den nachsthöheren schalten zu können." (Ries 2013:75)

Jede Iteration bringt also neue Erkenntnisse und zeigt auf, ob man auf dem richtigen Weg ist oder nicht. Ries bezeichnet diese systematische Vorgehensweise in einem Umfeld solch extremer Ungewissheit als „Validiertes Lernen". Durch die Rückmeldungen sowohl auf der qualitativen Ebene (z. B. was zusagt und was nicht) als auch auf der quantitativen Ebene (z. B. wie viele Menschen das Produkt nützlich finden) kann das als empirischer Nachweis betrachtet werden. Dieser Prozess ist nach Ries (2013:42) „konkreter, genauer und schneller als Marktprognosen oder Geschaftsplane nach klassischem Muster."

2.3.5.1. Bauen

Um zu verhindern, dass sich das eigene Produkt nach unzahligen Wochen, Monaten oder gar Jahren investierter Zeit als Flop herausstellt, lautet die Devise bei Lean Startup „Fail fast, fail cheap“ (Müller o.J.): Ziel ist es, mit einem minimal funktionsfahigen Produkt (MVP) möglichst früh auf den Markt zu gehen, um Feedback von echten Kunden zu erhalten. Der MVP sollte die minimale Version des Produkts sein, was man sichtbar machen muss, um dem Kunden einen Eindruck des Produkts zu vermitteln (vgl. Gratsch/Knebel 2018).

Usus ist hierbei, dass der MVP noch viele Funktionen oder Merkmale fehlen, die sich spater als unbedingt notwendig erweisen könnten (vgl. Ries 2013:75). Zu Beginn überschatzen die Gründer aber oft, wie viele Funktionen ein MVP tatsachlich braucht. Falls daran Zweifel aufkommen sollten, gilt stets: „vereinfachen“ (vgl. Ries 2013:91).

Ferner beschreibt Ries (2013:75) den MVP als „Produktversion, die einen vollen Durchlauf der Bauen-Testen-Lernen-Feedbackschleife mit einem Minimum an Kraftaufwand und Entwicklungszeit ermöglicht“.

Ein MVP hilft Entrepreneuren also dabei, möglichst schnell zu lernen, was der Kunde tatsachlich will. Es dient nicht der Beantwortung von Fragen zum Design oder zu technischen Merkmalen, sondern vielmehr der Überprüfung von Hypothesen (vgl. Ries 2013:89).

Die Art des MVPs ist hier flexibel: Von Umfragen über Smoke Tests (auch als „Rauchtests“ bezeichnet, kaum mehr als eine Werbeanzeige) bis hin zu „wirklichen“ benutzbaren Prototypen sind hier der Kreativitat keine Grenzen gesetzt (vgl. Ries 2013:91). Für Dropbox genügte ein einfaches Video, für Zappos ein fotografierter Schuh, für Airbnb eine schlichte Homepage (siehe Kapitel 2.3.4).

Was aber alle MVPs gemeinsam haben: Sie erfordern Mut. Mut, seine eigenen Überzeugungen überprüfen zu lassen: Wenn die Nutzer so reagieren, wie man es erwartet hatte, kann man es als Bestatigung für den richtigen Weg sehen. Wenn sie aber nicht wissen, wie sie das Produkt benutzen sollen, indiziert dies die Notwendigkeit, etwas daran zu andern (vgl. Ries 2013:103).

2.3.5.2. Messen

Entrepreneure glauben an ihre Idee, sind von Haus aus optimistisch. Oft auch dann noch, wenn die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs verschwindend gering, wenn das Scheitern bereits abzusehen ist. Wegen der vielen positiven Geschichten, wie Unternehmen nur durch Beharrlichkeit zum Erfolg gekommen sind, wollen sie nicht aufgeben. Wie viele Unternehmen aber darunter waren, die trotz Beharrlichkeit scheiterten, wird selten thematisiert (vgl. Ries 2013:108).

Um einen solchen negativen Ausgang zu verhindern, ist es alternativlos, dass Entrepreneure aus ihrer Komfortzone gehen, ihren „Elfenbeinturm“ (Ries 2013:85) verlassen - und stattdessen den direkten Kontakt zu potenziellen Kunden suchen, um sie besser zu verstehen. Dieser Kontakt kann über Befragungen, Interviews, Beobachtungen oder sogenannte „Split-Run-Tests“ / „A-B- Tests“ erfolgen. Hierbei werden den Kunden parallel verschiedene Versionen eines Produkts angeboten. Aus ihren Reaktionen und der finalen Entscheidung für eines der beiden Produkte können wichtige Rückschlüsse gewonnen werden. Praktiziert wurde dies beispielsweise von Katalogherstellern wie Lands'End oder Crate & Barrel: Sie schickten an die eine Personengruppe den einen Katalog raus, an die andere Personengruppe den gleichen Katalog mit denselben Produkten, aber in einer anderen Aufmachung. Anschliefiend mafien sie, über welchen Katalog mehr Produkte bestellt wurden und entschieden sich fortan für die grofiflachige Auslieferung dieser Variante (vgl. Ries 2013:127).

Basierend auf den gemessenen Daten werden also elementare Entscheidungen gefallt. Dies verdeutlicht die Wichtigkeit von angemessenen Parametern. Damit sind demnach nicht Bruttokundenzahlen gemeint, die eventuell tauschen können (Ries bezeichnet dies als „Fassadenmetrik"). Es sollten Parameter sein, die tatsachlichen Fort- oder Rückschritt klar zeigen können, wie z. B. Konversionsraten oder die Anzahl der Kunden, die am Ende tatsachlich das Produkt gekauft haben in Relation zu der Anzahl der Kunden, die es sich angesehen hatten (vgl. Ries 2013:122).

2.3.5.3. Lernen

Die sich eventuell ergebenden negativen quantitativen Ergebnisse aus den Messungen zwingen Gründer oft dazu, Misserfolg zu akzeptieren. Damit werden gleichzeitig aber wiederum auch Motivation, Kontext und Raum für neue Hypothesen, neue Ideen, geschaffen, die es mithilfe von Experimenten zu überprüfen gilt. Nach jedem Zyklus wird überprüft, ob der eingeschlagene Kurs fortgesetzt oder korrigiert werden sollte (vgl. Ries 2013:118).

Eindeutige Anzeichen für solch einen notwendigen Richtungswechsel sind fehlende Fortschritte, fehlende neue Erkenntnisse oder falsche Hypothesen. Wenn das Ideal in immer weitere Ferne rückt, dann greifen selbst die starksten Selbstschutzmechanismen nicht mehr - und es ist höchste Zeit für einen Kurswechsel (vgl. Ries 2013:113). Ein in der Lean-Startup-Sprache gangiger Terminus hierfür ist der „Pivot". Damit gemeint ist ein „totales, drastisches Umdenken der Geschaftsidee” (Gratsch/Knebel 2018). Eine Modifikation der Geschaftsidee reicht in diesem Fall nicht aus, es bedarf einer grundlegenden Anderung (vgl. Gratsch/Knebel 2018). Gemeint ist jedoch damit kein wilder Rundumschlag, sondern eine strukturierte Korrektur mit dem Ziel, eine neue grundlegende Hypothese zu überprüfen (vgl. Ries 2013:163).

2.4. ZUR STRUKTURIERUNG VON INHALTEN

„Schon immer strukturieren Menschen ihre Informationen über die Welt. Zum einen, um sich in ihrem Informationsbestand und damit in ihrer Welt besser orientieren zu können. Zum anderen, um dadurch neue Erkenntnisse und damit weitere Informationen über die Welt zu erlangen. Schon immer verfolgten die Menschen dabei das Ziel, ihren gesamten Informationsbestand vollstandig zu strukturieren." (Arndt 2006:111)

Um ein zielführendes E-Learning zum Thema Lean Startup erstellen zu können, ist es unabdingbar, die Inhalte im Voraus zu ordnen, zu strukturieren. In diesem Kapitel wird zunachst allgemein die Bedeutung einer Informationsarchitektur gezeigt und spater eine beliebte Art der Inhaltsstrukturierung, die topicorientierte Strukturierung nach Closs (vgl. 2007) beschrieben. Diese soll bei der spateren praktischen Erstellung des E-Learnings eingesetzt werden.

2.4.1. Informationsarchitektur

Ziel der Informationsarchitektur ist es, den Nutzer möglichst schnell zum richtigen Ort zu bringen. Voraussetzung dafür ist eine klare Struktur, die sicherstellt, dass Informationen jederzeit abrufbar sind, ein zusammenhangendes mentales Modell darstellen und konsistent über verschiedene Produkte dargestellt werden (vgl. Closs 2017:6).

2.4.1.1. Ebenen

Nach Craig (2010) und Closs (2017:8) gibt es in der Informationsarchitektur drei Ebenen:

- Die Inhalte als Basis: interessant, korrekt, attraktiv
- Die Struktur, um den Rahmen zu schaffen: organisiert, zuganglich, auffindbar, nutzbar
- Das Design, um dem Produkt Glanz zu verleihen

Eine andere Übersicht über die Ebenen der Informationsarchitektur greift diese drei grundlegenden Elemente auf und stellt sie verfeinert dar:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Ebenen der Informationsarchitektur (vgl. Closs 2017:15)

In Abb. 6 ist zu sehen, wie Informationen auf den unterschiedlichen Ebenen strukturiert werden können. Es ist ersichtlich, dass Informationsprodukte wie ein Buch, ein Tutorial oder auch ein E­Learning inhaltlich strukturiert werden können: In der Grobstruktur bei z. B. gedruckten Büchern mittels Kapiteln, bei Tutorials mittels Szenen. Sehr beliebt ist die Strukturierung mittels sogenannter „Topics" und „Topic-Klassen" bei (Online-)Hilfen. Im Rahmen dieser Arbeit soll diese Art der Strukturierung auch für ein E-Learning angewandt werden.

2.4.1.2. Vorteile

Für den Nutzer bietet eine gute Informationsarchitektur diverse Vorteile (vgl. Closs 2017:13): Die gesuchten Informationen sind schnell und leicht zuganglich, sie sind verstandlich und (im besten Fall) auch passend.

Dem Ersteller bietet sie eine effiziente Pflege und Erweiterung der nicht personengebundenen Quellen (vgl. Closs 2017:13).

2.4.2. Topicorientierte Strukturierung

Die Grundidee der topicorientierten Strukturierung ist die Aufteilung des Inhalts in sogenannte „Topics" (= isolierte, kontextunabhangige, in sich geschlossene, Bausteine). Das Ziel ist hierbei die flexible Zusammenstellung und Wiederverwendung von Inhalten (vgl. Closs 2015:17).

2.4.2.1. Vorteile

Für die Anwendung der topicorientierten Strukturierung sprechen zahlreiche Argumente (vgl. Closs 2007:32-33):

- Die Vermeidung von Redundanzen: Jeder Begriff wird nur einmal erklart
- Die Sammlung von allem Wissenswerten zu einem Begriff an einer Stelle
- Die einheitlichen Stile für Begriffserklarungen
- Die Möglichkeit, mit mehreren Autoren zusammenzuarbeiten
- Die Wiederverwendbarkeit von Inhalten an mehreren Stellen
- Die Ausspielmöglichkeit von Inhalten für unterschiedliche Zwecke und Medien
- Die Möglichkeit, für unterschiedliche Zielgruppen unterschiedliche Ebenen (z. B. je nach Vorkenntnissen) zu definieren
- Die Skalierbarkeit, ohne dass Inhalte umstrukturiert werden müssen
- Die Effektivitat dank schneller Zugange durch Ordnungssysteme

2.4.3. Topics

Ein gelungenes Topic ist nicht mit einem wahllosen Inhaltsschnipsel zu vergleichen. Stattdessen soll ein Topic u.a. in sich abgeschlossen sein und darüber hinaus möglichst kontextunabhangig. Es soll maximal eine Kernaussage enthalten - und möglichst für sich genommen aussagekraftig sein (vgl. Closs 2015:18).

Weiterhin sollte ein Topic nicht zu klein, aber auch nicht zu grofi sein. Der Inhalt sollte schnell erfassbar sein und technische Möglichkeiten zur Verlinkung und Systematisierung sollten optimal genutzt werden können.

Es sind also einige Anforderungen an ein Topic gegeben. Obschon es nicht in allen Fallen möglich ist, dieser Vielzahl komplett gerecht zu werden, ist es erstrebenswert, möglichst viele davon zu erfüllen (vgl. Closs 2007:113).

Verschlüsselung

Daten durch Chiffrieren unkenntlich machen, um sie davor zu schützen, von Unbefugten gelesen zu werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7: Einzelne Begriffserklarung (vgl. Closs 2007:29)

Als positives Beispiel für ein gelungenes Topic kann eine Begriffserklarung (siehe Abb. 7) gesehen werden: Es ist ein in sich geschlossener Inhaltsblock, der eigenstandig stehen kann und ohne Kontext funktioniert. Aufierdem wird hier nur ein Begriff erklart - und der ist gleichzeitig die passende Überschrift. Der Inhalt ist pragnant und kurz, der Satz klar und einfach formuliert (vgl. Closs 2007:29).

Damit jedes Topic eindeutig identifiziert werden kann, ist es wichtig, für jedes Topic zusatzliche Informationen, sogenannte „Metadaten", zu verwalten. Mindestens muss dies in Form einer eindeutigen, einzigartigen Kennzeichnung erfolgen (vgl. Closs 2007:88).

2.4.3.1. Darstellung

Für die Darstellung eines Topics in der Konzeption gibt es aktuell noch kein allgemein anerkanntes Verfahren. Haufig wird es jedoch entsprechend bezeichnet oder durch ein Rechteck symbolisiert (vgl. Closs 2007:39).

2.4.3.2. Vorteile

Die Vorteile eines Topics liegen auf der Hand (vgl. Closs 2007:41):

Der Nutzer kann ohne weiteren Kontext den relevanten Inhalt lesen und verstehen. Er findet sich schnell zurecht und kann das Wissen schnell aufnehmen. Aufgrund des überschaubaren Umfangs eines Topics wird er auBerdem zum Lesen motiviert.

Für den Ersteller ist hier hauptsachlich die gesteigerte Produktivitat hervorzuheben: Der Inhalt kann typischerweise um 30 bis 40 % reduziert und damit viel Zeit eingespart werden.

2.4.4. Beziehungen

Ein Topic macht nur dann Sinn, wenn es mit anderen Dingen, beispielsweise mit anderen Topics, in Zusammenhang steht. Wichtig ist es dabei, sinnvolle (und nicht willkürliche) Beziehungen zwischen den beteiligten Komponenten aufzubauen (vgl. Closs 2007:43).

So kann beispielsweise in einem Topic A ein unbekannter Terminus vorkommen. Will der Nutzer eine Erklarung zu dem unbekannten Terminus, kann er auf den hervorgehobenen Terminus klicken und erhalt in einem Topic B die Erlauterung dazu. Die beiden Topics stehen so also klar in einer Beziehung zueinander: Topic A verweist auf Topic B.

2.4.4.1. Arten

Die bekannteste Art von Beziehung in der Dokumentationswelt sind Verweise, die Inhaltsstellen in Bezug zueinander setzen. In der elektronischen Welt werden diese Verweise als „Links“ bezeichnet. Für die Nutzer sind solche interaktiven Links sichtbar und oftmals hervorgehoben gekennzeichnet, z. B. durch eine Unterstreichung (vgl. Closs 2015:34).

Neben solchen typischen Verweisen gibt es aber auch noch andere Beziehungsarten (vgl. Closs 2007:45-46):

- Topic und Aktion: Bei Klick auf einen Link öffnet sich z. B. eine Anwendung
- Topic und Produkt: Von einem Topic kann direkt zur passenden Stelle in einer Anwendung gesprungen werden
- Fremdformate: Integration durch Auslagerung eines Teils aus technischen Gründen
- Textbausteine: Ein Topic B enthalt einen Teil von Topic A
- Umkehrbeziehung: Zu jedem Verweis gibt es auch die Umkehrbeziehung: „Wird referenziert von...“

2.4.4.2. Darstellung

Ahnlich wie bei Topics (siehe Kapitel 2.4.3) gibt es auch bei Beziehungen in der Konzeption keine einheitliche Darstellungsform. Haufig werden sie jedoch textlich benannt und grafisch durch eine Verbindungslinie dargestellt. Wenn eine Verbindung auBerdem eine Richtung enthalt, kann die Linie als Pfeil dargestellt werden (vgl. Closs 2007:49).

Mathematisch betrachtet können Beziehungen als Relationen behandelt und mit Merkmalen versehen werden, wie beispielsweise der Kardinalitat. Sie gibt an, wie viele Objekte in eine Beziehung involviert sind (vgl. Closs 2007:47-48):

- 1:1 -Beziehung: Zu einem Topic gibt es ein Bezugsobjekt
- 1:N: Zu einem Topic kann es mehrere Bezugsobjekte geben
- M:1: mehrere Topics haben dasselbe Bezugsobjekt
- M:N: mehrere Topics haben dieselben Bezugsobjekte

2.4.4.3. Links

Bei der digitalen Art von Verweisen, bei Links, kann es schnell passieren, dass der Nutzer aufgrund einer ineffizienten Leseführung in die Irre geführt wird. Aus diesem Grund sollte der Link-Konzeption dieselbe Beachtung geschenkt werden wie der Topic-Konzeption (vgl. Closs 2007:51).

Links können darüber hinaus zwei Arten zugeteilt werden: Direkt oder indirekt (vgl. Closs 2007:52). Bei direkten Verlinkungen ist der physische Ort des Link-Ziels exakt angegeben. Der Nachteil: Eventuelle Instabilitat, wenn der Ort des Link-Ziels wechselt. Bei indirekten Verlinkungen hingegen stellt das System einen Link ohne einen Bezug zu einem physischen Ablageort dar. Das System bestimmt über eine Verwaltungseben das passende Ziel und der Nutzer gelangt so stets zur gewünschten Information.

Als typische Link-Aktion gelten die folgenden Nennungen (vgl. Closs 2007:55-57):

- Normaler Sprung: Das Quell-Topic wird durch das Ziel-Topic ersetzt, so dass das Quell- Topic nicht mehr sichtbar ist.
- Sprung in Zweit- oder Zusatzfenster: Der Inhalt des Ziel-Topics wird in einem zusatzlichen Fenster angezeigt, welches gleichzeitig im Ausgangsfenster zu sehen ist.
- Popup: Das Ziel-Topic wird in einem kleinen Rahmen über dem Ausgangsfenster gezeigt, das Quell-Topic bleibt im Ausgangsfenster sichtbar.
- Expandierender Link: Der Inhalt des Ziel-Topics wird an der Ankerstelle im Quell-Topic als Block oder in der Zeile eingeblendet.

2.4.5. Klassenkonzept

Topics bieten diverse Vorteile (siehe Kapitel 2.4.3), vor allem sind sie sehr flexibel. Es können so allerdings schnell sehr viele Topics entstehen, die mit einem hohen organisatorischen Aufwand verwaltet werden müssen, um wieder zielgerichtet gefunden werden zu können.

Damit auch höhere Gröfienordnungen effizient verwaltet werden können, gibt es die bekannte und weit verbreitete Methodik mit dem Namen „Klassenkonzept". Hierbei werden die Topics mit geeigneten Kriterien in verschiedene Typen mit gewissen Schnittmengen klassifiziert. So genügt es, wenige Topic-Typen anstatt unzahliger einzelner Topics zu konzipieren. Zu einem Topic-Typ können dann willkürlich viele Topics konsistent erstellt werden. Normalerweise übersteigt die Anzahl der Topic-Typen nicht die Anzahl von zehn (vgl. Closs 2015:19).

Ein oft verwendetes Kriterium zur Klassifizierung ist die Art des Inhalts. Ebenso sehr gelaufig ist die Regel „Trenne das Was vom Wie": So sollten innerhalb eines Topics keine beschreibenden Inhalte zusammen mit anleitenden Inhalten formuliert werden. Übliche Topic-Typen im topicbasierten XML-Standard DITA (= Darwin Information Typing Architecture) lauten so z. B. „Concept" für beschreibende Inhalte und „Task" für Anleitungen oder Handlungsanweisungen (vgl. Closs 2015:19).

2.4.5.1. Darstellung

Ein Klassenkonzept wird mithilfe einer Tabelle dargestellt: In jeder Zeile wird ein Topic-Typ mit den zur Verfügung stehenden Spalten beschrieben. Zusammen dient das Klassenkonzept so als konzeptioneller Rahmen für die Topic-Erstellung und stellt wie eine Art Gerüst die Qualitat sicher.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Beispielhaftes Topic-Klassenkonzept (vgl. Closs 2007:109)

Als typische Festlegungen innerhalb eines Klassenkonzepts gelten:

- Topic-Klasse: möglichst sprechend
- Inhalt: Beschreibung des Inhalts
- Schema: Meist bestehend aus drei Grofibuchstaben, wie „ANL" für „Anleitung" oder „BES" für „Beschreibung", angehangt vor dem Kurztitel
- Formulierung: Wortart/Aufbau des Kurztitels
- Inhaltsverzeichnis: Vorkommen im Inhaltsverzeichnis
- Index: Vorkommen im Index
- Layout: verknüpftes Stylesheet
- Anzeige: Art des Fensters

Für jeden Topic-Typ können anschliefiend entsprechend der definierten Vorgaben Muster-Topics erstellt werden, die zur konsistenten Erstellung von neuen Topics als Vorlage benutzt werden können (vgl. Closs 2007:108-110).

2.4.5.2. Link-Konzept

Ein Klassenkonzept kann aber nicht nur der Darstellung von Festlegungen für verschiedene Topic-Typen dienen, sondern auch für unterschiedliche Beziehungsarten. Typische Festlegungen für Beziehungsklassen in Form von Links sind:

- Link-Klasse: möglichst sprechend (z. B. „Querverweis")
- Beschreibung: Beschreibung der Link-Klasse
- Quell-Topic: Wo ist der Ursprung des Links?
- Ziel-Topic: Wo ist das Ziel des Links?
- Sprungtyp: Wie soll zum Ziel gesprungen werden?
- Anker: Wo ist der Link verankert?
- Position: Wo im Topic wird der Link platziert?

Analog zu den Topic-Typen können auch für die Link-Typen wieder Mustervorlagen erstellt werden (vgl. Closs 2007:120-122).

2.4.5.3. Vorgehen

Um ein Klassenkonzept aufzustellen, wird zunachst der vorhandene (oder geplante) Inhalt analysiert, um unterschiedliche Inhaltsarten zu identifizieren (vgl. Closs 2015:21).

Die identifizierten Topic-Typen werden anschliefiend in einer Tabelle visualisiert, können jedoch im weiteren Verlauf durch weitere Merkmale oder ganzlich neue Topic-Typen sukzessive verfeinert werden (vgl. Closs 2015:23). Denn Informationsarchitektur ist ein fortlaufender, iterativer, nicht endender Prozess, ahnlich wie der Lean-Startup-Prozess (siehe Kapitel 2.3.5).

Aufierdem hat es sich laut Closs (vgl. 2007:114-116) bewahrt, mit bekannten Topic-Typen wie z. B. „Anleitung" oder „Beschreibung" zu starten, das „Was" vom „Wie" zu trennen, um kürzere Topics zu erzeugen und, je nach Zielgruppe, die „Was"-Info eventuell sogar komplett wegzulassen.

2.5. ZU E-LEARNING

„Mit E-Learning wird die Möglichkeit gegeben, Inhalte auf eine neue, interessante und flexible Weise zu veranschaulichen, den Lernerfolg begleitend zu messen, und das Lernen auf Lernort und -zeit individualisiert anzubieten.“ (Mayer/Hertnagel/Weber 2009:75)

E-Learning verandert seit mittlerweile mehr als zwanzig Jahren das Lernen (vgl. Erpenbeck/Sauter/Sauter 2015:1). Heutzutage werden digitale Lehrmöglichkeiten und generell digitale Medien als selbstverstandlich im Alltag wahrgenommen und eingesetzt (vgl. Kerres 2013:1).

Bevor im Rahmen dieser Ausarbeitung ein solches E-Learning erstellt werden soll, wird in diesem Kapitel der weit verbreitete Begriff zunachst definiert und die grundlegenden psychologischen Grundlagen zu Lerntheorien, zur Funktionsweise des menschlichen Gedachtnisses und zur Motivation der Lernenden werden aufgezeigt. Im weiteren Verlauf des Kapitels werden die vielfaltigen Anwendungsmöglichkeiten von E-Learning sowie die Tools zur Erstellung eines E­Learnings vorgestellt.

2.5.1. Definition

Für den Begriff „E-Learning“ finden sich unzahlige unterschiedliche Definitionen:

Arnold et al. (2015:22) versteht es als organisatorisches Arrangement von digitalen Lernmedien, virtuellen Lernraumen und Blended-Learning-Umgebungen. Kerres (vgl. 2013:18) meint damit alle denkbaren Möglichkeiten der Verwendung digitaler Medien für Lehr- oder Lernzwecke, unabhangig von der Form der Verbreitung bzw. des Austauschs.

Auffallig oft wird „E-Learning“ jedoch schlicht als Oberbegriff angesehen für samtliche Formen des Lernens mithilfe elektronischer Medien (vgl. Ehlers 2011:34; vgl. Kerres 2013:6, vgl. Arnold 2013:18; vgl. Langkopf 2018:10; vgl. Rey 2009:15). Aus diesem Grund wird diese Bedeutung für den folgenden Verlauf der Arbeit als Basis angenommen.

Arnold (vgl. 2013:18) erganzt aber: Die Lerninhalte sollen interaktiv bearbeitbar sein, die Reihenfolge kann hierbei entweder strikt vorgegeben sein oder vom Nutzer selbst bestimmt werden.

2.5.1.1. Ziel

Nach Kerres (vgl. 2013:1) ist Ziel eines jeden E-Learnings, eine lernförderliche Umwelt zu schaffen. Digitale Medien sollen innerhalb dieser Umgebung so genutzt werden, dass ein möglichst nachhaltiger Lernerfolg erreicht werden kann.

2.5.1.2. Merkmale

Immer wieder wird in der Fachliteratur hervorgehoben, dass E-Learning sich durch die vier Merkmale Multimedialitat, Multicodalitat, Multimodalitat und Interaktivitat auszeichnet. Im Folgenden sollen diese Merkmale daher kurz betrachtet werden (vgl. Rey 2008:16-24):

Multimedialitat

Mit „Multimedialitat“ ist gemeint, dass es die Möglichkeit gibt, E-Learning-Inhalte mithilfe verschiedener Medien darzustellen. Unter „Medien“ werden Gegenstande oder technische Gerate verstanden, mit denen Information übermittelt werden können, wie Bücher, E-Books, Computer oder Tablets.

Multicodalitat

Die unterschiedlichen Arten der Codierung von Informationen werden als „Multicodalitat“ beschrieben. E-Learning-Inhalte können so z. B. in Form von Bildern, Texten, Videos oder als Simulation bereitgestellt werden. Eine Verknüpfung dieser unterschiedlichen Darstellungsarten ist möglich.

Multimodalitat

Bei einem E-Learning werden mehrere Sinne angesprochen: Beim Abspielen eines Videos beispielsweise der Seh- und Hörsinn, weshalb sich das Medium als „multimodal“ bezeichnen lasst (vgl. Weidenmann 1995:76). In der Regel schrankt sich dies allerdings tatsachlich auf diese auditiven und/oder visuellen Sinne ein. Weitere Sinne wie „schmecken“ oder „fühlen“ spielen aktuell noch keine aktive Rolle bei E-Learnings.

Interaktivitat

Nach Rey (vgl. 2009:22) ist die Interaktivitat ein weiterer zentraler Aspekt von E-Learnings. Gemeint ist damit die Möglichkeit für den Lernenden, wahrend des Lernens einzugreifen und das Lernvorgehen eigenstandig zu steuern.

Was damit aber nicht gemeint sein sollte, ist das schlichte Vor- und Zurücknavigieren an verschiedenen Punkten, was vielmehr als „Benutzerkontrolle“ verstanden wird. Niegemann et al. (vgl. 2012:110) gehen hier sogar noch weiter: Ein Vorgang ist demnach nur dann tatsachlich interaktiv, wenn er einen motivierenden Effekt erzeugt, den Leser informiert oder sein Lernen fördert. Ist keine dieser drei Eigenschaften gegeben, so gilt die Interaktion als überflüssig - bzw. sogar als kontraproduktiv.

2.5.2. Lerntheoretische Grundlagen

Ein E-Learning sollte so aufgebaut sein, dass der Lernende möglichst effektiv und langfristig relevantes Wissen zu einem speziellen Thema aufbauen kann. Um dies zu erreichen, ist es zunachst aber unabdingbar, zu verstehen, wie Lernen im menschlichen Gedachtnis funktioniert.

In der Geschichte haben sich hier drei vielfach genannte Lerntheorien entwickelt, also „zu einem System zusammengefasste Auffassungen darüber [...], was Lernen und Wissen ist und wie der Prozess der Aneignung des Wissens verlauft." (Arnold et al. 2015:123) Diese drei Lerntheorien Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus werden im Folgenden naher betrachtet.

2.5.2.1. Behaviorismus

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 8: Black-Box-Modell des Behaviorismus (vgl. Höhne/Höhne 2012a)

Behaviorismus, die früheste aller wissenschaftlichen Lerntheorien, beschreibt das Gehirn als „Black Box [.], deren innere Prozesse nicht von Interesse sind." (Höhne/Höhne 2012a) Grundlegend dafür steht das Reiz-Reaktions-Schema, siehe Abb. 8: Black-Box-Modell des Behaviorismus (vgl. Höhne/Höhne 2012a). Es besagt, dass auf gewisse Reize bestimmte Reaktionen folgen, wie z. B. ein Speichelfluss als Reaktion auf einen Hunger-Reiz. Weiterhin können Verhaltensweisen durch externes Feedback nach diesem Ansatz entweder verstarkt oder abgeschwacht werden: Ist die Folge für ein bestimmtes Verhalten angenehm (z. B. durch ein Lob), so wird das Verhalten verstarkt. Eine „Abschwachung" meint das Gegenteil. Für schulische Lehr- und Lernmethoden steht der Behaviorismus für das klassische „Einpauken" von Wissen: Die Aufgaben sind fest vorgegeben und werden so lange bearbeitet, bis sie richtig gelöst wurden (vgl. Höhne/Höhne 2012a).

Pawlow (klassisches Konditionieren, 1849-1936) und Skinner (operantes Konditionieren, 1904­1990) sind bekannte Vertreter der behavioristischen Lerntheorie (vgl. Arnold et al. 2015:124).

2.5.2.2. Kognitivismus

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 9: Modell des Kognitivismus (vgl. Höhne/Höhne 2012b)

Im Vergleich zum Behaviorismus wird beim Kognitivismus menschliches Verhalten nicht durch aufiere Umweltbedingungen, sondern über kognitive Prozesse erklart. Diesen inneren Prozessen, also der Art und Weise, wie Menschen Informationen aufnehmen, verarbeiten, verstehen und erinnern, wird hier eine hohe Bedeutung zugesprochen. Grundlage ist hierbei die Maschinen- Metapher: Der Mensch wird als biologische Maschine angesehen, die sequenziell Informationen aufnimmt und verarbeitet (vgl. Höhne/Höhne 2012b).

Kognitivistisches Lernen wird mit „Lernen durch Einsicht“ (Höhne/Höhne 2012b), oder auch „Lernen durch Verstehen und Nachvollziehen“ (Höhne/Höhne 2012b) beschrieben. Im Gegensatz zum Behaviorismus geht es also nicht um das stupide „Einpauken“ von Wissen. Stattdessen geht es vielmehr darum, sich mit dem Lerninhalt auseinanderzusetzen und Methoden und Fahigkeiten zum Lösen von Problemen zu erwerben (vgl. Höhne/Höhne 2012b).

Wichtig ist hierfür, dass die Lerninhalte entsprechend aufbereitet werden: Vor der Aktivierung des Vorwissens soll zunachst die Aufmerksamkeit des Lernenden geweckt werden und die Inhalte sollten leicht wahrgenommen werden können. AuBerdem sollten durch bewusste Wiederholung von gewissen Inhalten der Speicherprozess im Gedachtnis verbessert und das gelernte Wissen kontrolliert werden, um durch Lernerfolge und Feedback das Verhalten positiv zu beeinflussen (vgl. Höhne/Höhne 2012b).

2.5.2.3. Konstruktivismus

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 10: Wahrnehmung im Konstruktivismus (vgl. Höhne/Höhne 2012c)

Beim Konstruktivismus wird Lernen als „aktiver Konstruktionsprozess, in dem jeder Lernende eine individuelle Reprasentation der Welt erschafft“ (Höhne/Höhne 2012c) angesehen. Was der Lernende letztendlich lernt, hangt zu sehr groBen Teilen von seinem Vorwissen und der konkreten Lernsituation ab (vgl. Höhne/Höhne 2012c).

Leitgedanke ist im Konstruktivismus, dass Menschen nicht auf Reize der objektiven Welt reagieren, sondern sich selbst eine subjektiv gepragte Realitat erzeugen, die von Person zu Person unterschiedlich ist. Wissen kann also nicht schlichtweg von einer zur nachsten Person übertragen werden. Vielmehr muss das Wissen von jedem Menschen neu und aktiv konstruiert werden. Es wird davon ausgegangen, dass das Gehirn zu weiten Teilen ein geschlossenes System ist und Sinneseindrücke aus der Umwelt nur als Rohmaterial für die weitere Verarbeitung und subjektive Interpretation (siehe Abb. 10) verwendet werden (vgl. Höhne/Höhne 2012c).

Nach der konstruktivistischen Sichtweise unterstützt eine Lehrperson also nicht damit, Wissen zu vermitteln. Stattdessen soll die Lehrperson die Lernenden bei ihrem individuellen Lernprozess lediglich unterstützen. Voraussetzung hierfür ist, dass das Wissen strukturiert und leicht explorierbar dargestellt wird (vgl. Höhne/Höhne 2012c).

[...]

Final del extracto de 170 páginas

Detalles

Título
Konzeption und Erstellung eines E-Learnings zum Aufbau eines Start-ups anhand der Lean-Startup-Methode
Universidad
University of Applied Sciences Karlsruhe  (Informationsmanagement und Medien)
Calificación
2,0
Autor
Año
2020
Páginas
170
No. de catálogo
V904079
ISBN (Ebook)
9783346229335
ISBN (Libro)
9783346229342
Idioma
Alemán
Palabras clave
E-Learning, Lean Startup, Startup, Start-up, Business Model, Adapt Learning, Agile Methoden, Klassenkonzept, LLAMA
Citar trabajo
Christian Wehle (Autor), 2020, Konzeption und Erstellung eines E-Learnings zum Aufbau eines Start-ups anhand der Lean-Startup-Methode, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/904079

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