Moderne Führungsmodelle und erfolgreiche Verhaltensänderungen bei Führungskräften. Erfahrungsbasiertes Lernen nach David Kolb und die Feldtheorie nach Kurt Lewin


Bachelorarbeit, 2020

62 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Problemstellung
1.2. Ziel der Bearbeitung
1.3. Aufbau der Arbeit

2. Begriffsdefinition
2.1. Experience
2.2. Experience-based vs. Experiential Learning

3. Theorie des Experiential Learning
3.1. Kurt Lewin
3.1.1. Die Feldtheorie
3.1.2. Gruppendynamik
3.1.3. Das 3-Phasen-Modell
3.2. David Kolb
3.2.1. Erfahrungsbasiertes Lernen
3.2.2. Lernstiltypen
3.3. Vergleich Feldtheorie und Erfahrungsbasiertes Lernen

4. Verhaltensänderung von Führungskräften
4.1. Grundlagen
4.1.1. Führung
4.1.2. Die neuen Anforderungen an Führungskräfte
4.1.3. Moderne Führungsmodelle
4.1.4. Zwischenfazit
4.2 Modell zur Verhaltensänderung von Führungskräften
4.2.1 Achtsamkeit
4.2.2 Emotionale Intelligenz
4.3 Umsetzung der Verhaltensänderung in der Praxis
4.3.1 Selbstreflexion
4.3.2 Achtsamkeitstraining
4.3.3 Strategie zur Selbstregulation
4.3.4 Motivationsübung
4.3.5 Empathie-Übung

5 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Abstract

Leadership has changed substantially within the last decades. Nowadays you have to be open-minded and empathic to be successful in your job. It is not enough any­more just to give instructions. This bachelor thesis is concerned with the possibility to change the behavior to be more successful both personally and professionally. It gives an insight into the development of experiential learning and makes suggestions how a change in the behavior can be implemented.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Personenmodell

Abbildung 2: Umweltmodell

Abbildung 3: 3-Phasen-Modell nach Lewin

Abbildung 4: Experiential learning cycle

Abbildung 5: Modell Lernstiltypen nach Kolb

Abbildung 6: Modell zur Verhaltensänderung (eigene Darstellung)

1. Einleitung

Im folgenden Abschnitt wird sowohl die Problemstellung als auch das Ziel der vorliegenden Arbeit vorgestellt. In Abschnitt 1.3. wird dann auf den Aufbau der Arbeit eingegangen.

1.1. Problemstellung

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich der Führungsstil in den meisten Un­ternehmen komplett gewandelt. Besonders Führungskräfte von Start-Up Unter­nehmen haben einen modernen, lockeren, aber sicheren Umgang mit ihren An­gestellten. Allerdings gibt es vor allem unter den Unternehmen, die schon meh­rere Generationen auf dem Markt sind, noch immer einen altmodischen, teil­weise sehr autoritären Führungsstil.

1.2. Ziel der Bearbeitung

Es gibt mittlerweile unzählige Seminare usw., die Geschäftsführern und Mana­gern dabei helfen sollen, ihre Führungsqualitäten zu verbessern. Dazu wird un­ter anderem auch das Modell des Experiential Learning von David Kolb heran­gezogen. Dieses Modell wurde aus unterschiedlichen Theorien heraus entwi­ckelt und baut darauf auf. In dieser Arbeit soll eine dieser Theorien, die Feld­theorie von Kurt Lewin, vorgestellt werden. Aus den Erkenntnissen, die aus dem Vergleich zwischen der Feldtheorie und dem Modell des Experiential Learning von David Kolbe gezogen werden können, soll ein Modell entwickelt bzw. kon­krete Vorschläge entwickelt werden. Mithilfe der Modelle von Lewin und Kolbe sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, auf welche Art sich Führungskräfte weiterentwickeln können und im besten Fall ihr Verhalten nachhaltig zu verän­dern.

1.3. Aufbau der Arbeit

Im zweiten Kapitel wird zunächst auf die Schwierigkeit des englischen Begriffs experience eingegangen und auf die uneinheitliche Verwendung sowohl in der englischen Fachliteratur als auch in den ins Deutsche übersetzten Schriften. Daraufhin wird sich auf eine für die vorliegende Arbeit gültige Definition festge­legt. In Kapitel 2.2. wird kurz auf die Problematik bei der Verwendung der Be­griffe experience-based learning und experiential learning eingegangen und auch hier wird eine für diese Arbeit geltende Definition festgelegt.

Im dritten Kapitel liegt der Fokus auf der Darstellung und Unterscheidung des Theorien nach Kurt Lewin und David Kolb. Diese Erläuterungen sollen die Grundlage für die Überlegungen im vierten Kapitel bilden, in der es um die Über­tragung und Umsetzung dieser Ansätze auf den Berufsalltag hinsichtlich einer positiven und nachhaltigen Veränderung des Führungsstils geht.

Zu Beginn des dritten Kapitels wird ein kurzer Einblick in die Biografie von Kurt Lewin gegeben. Im darauffolgenden Kapitel wird die Feldtheorie betrachtet mit dem Fokus auf Lewins Personen- und Umweltmodell. Anschließend wird das Lernmodell, das sogenannte 3-Phasen-Modell, nach Kurt Lewin vorgestellt. In Kapitel 3.4. werden wichtige Eckpfeiler aus David Kolbs Leben beschrieben und anschließen wird sein Modell des experiential learning, des erfahrungsbasierten Lernens, im Detail erläutert. Im darauffolgenden Kapitel werden die unter­schiedlichen Lernstiltypen nach David Kolb beschrieben. In Kapitel 3.3 werden die Theorien von Lewin und Kolb miteinander verglichen und Unterschiede so­wie Gemeinsamkeiten darzustellen

Im vierten Kapitel wird, auf Grundlage der vorher ausgearbeiteten und gegen­übergestellten Ansätze von Lewin und Kolb, ein Modell ausgearbeitet, welches für eine nachhaltige Veränderung des Verhaltens von Führungskräften einge­setzt werden könnte.

Im letzten Kapitel dieser Arbeit wird eine Zusammenfassung der Ausarbeitung und der Ergebnisse gegeben.

2. Begriffsdefinition

In diesem Kapitel wird auf die für diese Arbeit wichtigen Begriffe eingegangen, um die Grundlage für das Verständnis der nachfolgenden Theorien zu legen. Weder in der Übersetzung ins Deutsche noch im Original in der englischen Sprache wird eine eindeutige Definition verwendet. Im Deutschen wird experi­ence als Erfahrung oder Erlebnis übersetzt. Bei der Translation ins Deutsche wird je nach Ermessen des Autors oder des Übersetzers, der eine oder andere Begriff verwendet. Ähnlich handhaben es die Autoren englischsprachiger Lite­ratur, die eine für sie jeweils relevante Verwendung des Begriffes einsetzen.

2.1. Experience

Der Begriff experience wird im Online Wörterbuch Merriam Webster folgender­maßen definiert:

1 a: direct observation of or participation in events as a basis of knowledge
b: the fact or state of having been affected by or gained knowledge through direct observation or participation

2 a: practical knowledge, skill, or practice derived from direct observation of or participation in events or in a particular activity
b: the length of such participation // has 10 years' experience in the job

3: something personally encountered, undergone, or lived through

4 a: the conscious events that make up an individual life
b: the events that make up the conscious past of a community or nation or humankind generally

5: the act or process of directly perceiving events or reality Merriam Webster1

Die aufgeführten Definitionen zeigen, wie unterschiedlich das Verständnis bzw. die Verwendung von experience sein kann. Die Erfahrung kann also durch ein direktes, persönliches Erlebnis oder durch eine Beobachtung erlangt worden und aufgrund dessen können Kenntnisse oder Praktiken erworben worden sein. Ebenfalls ist es jedoch möglich, dass diese Erfahrung auf einem sogenannten Kollektivbewusstsein beruht, da eine Gemeinschaft, eine Nation oder die Menschheit in der Vergangenheit etwas erfahren hat.

Ein Erlebnis ist grundsätzlich Ansichtssache. Für Person A kann eine Situation alltäglich sein, während die gleiche Situation für Person B als ein besonderes Erlebnis in Erinnerung bleibt. Laut Tsvasman ist entsteht dieses Gefühl von Er­lebnis nur, wenn eine Person aktiv an einem Ereignis teilnimmt. Dafür muss die Aufmerksamkeit der Person derart erfasst werden, dass sich ihre Gedanken und Empfindungen mit dem Geschehenen befassen.2

Für die vorliegende Arbeit soll die Definition gelten, dass experience sowohl den Prozess an sich als auch den Inhalt umfassen kann.

2.2. Experience-based vs. Experiential Learning

Zwischen den beiden Begriffen „Experience-based Learning“ und „Experiential Learning“ wird in der englischsprachigen Literatur nicht immer unterschieden. Von manchen Autoren werden die Begriffe wie Synonyme behandelt3, da sie zwischen den einzelnen Begriffen mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede se­hen. Andere wiederum sehen es notwendig, einen Unterschied in der Verwen­dung zu machen.4 Da in vielen Arbeiten der englischsprachigen Literatur nicht immer klar zu erkennen ist, wie das jeweilige Verständnis der Begriffe einge­ordnet wird, wird das Verständnis in mancher Hinsicht erschwert. In dieser Ar­beit soll deshalb der Einfachheit und Eindeutigkeit halber durchgehend die deut­sche Bezeichnung erfahrungsbasiertes Lernen verwendet werden.

3. Theorie des Experiential Learning

Es gibt verschiedene Ansätze zu der Theorie des Experiential Learning. Im Fol­genden liegt der Fokus auf der Darstellung und Unterscheidung der Theorien nach Kurt Lewin und David Kolb. Diese Erläuterungen sollen die Grundlage für die Überlegungen im vierten Kapitel bilden, in der es um die Übertragung und Umsetzung dieser Ansätze auf den Berufsalltag hinsichtlich einer positiven und nachhaltigen Veränderung des Führungsstils geht. Zu Beginn wird die Biografie von Kurt Lewin zusammengefasst. Im darauffolgenden Kapitel soll die Feldthe­orie betrachtet werden mit einem genaueren Blick auf Lewins Personen- und Umweltmodell. Anschließend wird das Lernmodell nach Kurt Lewin vorgestellt, das sogenannte 3-Phasen-Modell. In Kapitel 3.4. werden wichtige Eckpfeiler aus David Kolbs Leben beschrieben, woraufhin sein Modell des experiential learning, des erfahrungsbasierten Lernens, erläutert wird. Im Anschluss werden die Theorien von Lewin und Kolb miteinander verglichen und Unterschiede so­wie Gemeinsamkeiten darzustellen

3.1. Kurt Lewin

Kurt T sadek Lewin wurde am 9. September 1890 in Mogilno geboren und wuchs in einfachen Verhältnissen auf. Ab dem Jahr 1905 lebte er in Berlin, zog aber im April 1909 nach Freiburg, um dort sein Medizinstudium zu beginnen, interes­sierte sich im Laufe des Studiums jedoch mehr für Psychologie, Philosophie und Wissenschaftstheorie.

Seine berühmte Feldtheorie entwickelte er auf Grundlage von mehreren Expe­rimenten, die er nach dem ersten Weltkrieg am Berliner Institut mit einigen Stu­denten durchführte.5 Nach einigen Jahren emigrierte er im Jahr 1933 aufgrund rassistischer Beamtengesetze in die USA, wo er seit 1935 u.a. an der Iowa State University als Professor der Kinderpsychologie arbeitete. Kurt Lewin verstarb im Februar 1947 an den Folgen eines Herzanfalls. Lewin entwickelte verschiedene theoretische Modelle wie die der Motivation und der Lösung sozi­aler Probleme. Er forschte auch auf mehreren Gebieten der Psychologie und prägte folgende psychologische Richtungen: Gestaltpsychologie, Entwicklungs­psychologie, Sozialpsychologie (experimentell), Aktionsforschung (Gruppendy­namik), Persönlichkeitspsychologie, Pädagogische Psychologie, Topologische Psychologie und Organisationspsychologie6

3.1.1. Die Feldtheorie

Kurt Lewin entwickelte die Feldtheorie, auch als Motivationstheorie bekannt, mithilfe verschiedener Erkenntnisse, die er aus seinen jahrelangen Forschun­gen in den Bereichen der Gestaltungs- und Willenspsychologie, erlangen konnte. Er entnahm aus beiden Gebieten einzelne Bestandteile und fügte ei­gene Thesen hinzu und entwarf so seine Feldtheorie. Mit der Bezeichnung Feld meint Lewin einen abgrenzbaren Raum, in dem verschiedene Sachverhalte be­stehen und unterschiedliche Kräfte wirken.7

Die Feldtheorie ist eine dynamische Theorie, die besagt, dass die Bereiche Wahrnehmung, Erlebtes und Verhalten nicht isoliert voneinander betrachtet werden können, sondern in einem dynamischen Zusammenhang stehen.8 Diese Bereiche wirken immer als Ganzes und allgemein betrachtet entwickelt sich jeder örtliche Einfluss durch das Ganze fort.9 Das bedeutet also, dass eine Person sowohl durch die objektive Situation als auch aufgrund der eigenen, subjektiven, Interpretation dieser Begebenheit beeinflusst wird. Das Verhalten von einer Person ist nach dieser Theorie das Ergebnis anziehender und absto­ßender Feldkräfte, die auf diese Person einwirken und muss demnach immer ganzheitlich betrachtet werden.

Nach Walter10 gibt es im Vergleich zu den Ansätzen der anderen Gestaltpsychologen und den Annahmen von Lewin keinen Unterschied. Allein der Fokus ist ein anderer: Lewin betrachtet die Bewegung des Menschen in der Umwelt, wohingegen die anderen das Problem der Entstehung der Wahrneh­mung analysieren. Der Lebensraum eines Menschen ist also als Feld anzuse­hen und setzt sich laut Lewin aus Person und Umwelt zusammen. Das Lebensumfeld wird mathematisch betrachtet. Dafür hat Lewin eine Funk­tion aufgestellt, in der das Verhalten von einer Person und der Umwelt darge­stellt wird:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das bedeutet, P und U stehen in einer wechselseitigen Abhängigkeit und ob eine Person handelt und in welcher Art und Weise sie ihr Handeln ausübt, hängt von den Gegebenheiten der Umwelt ab.11 Zur Verdeutlichung dieser theoreti­schen Annahmen hat Lewin ein Personen- und Umweltmodell aufgestellt.

Personenmodell Das Personenmodell bildet das psychologische Feld, den Lebensraum, einer Per­son ab.12 In diesem Modell werden die unterschiedlichen Bedürfnisse und Ziele, die eine Person hat, dargestellt. Wie auf der Abbildung 113 zu sehen ist, wird hierbei zwischen zentralen und peripheren Bedürfnisbereichen differenziert. Die aneinander liegenden Bereiche haben jeweils gleichartige Bedürfnisse oder Ziele. Die zentralen Bereiche erhalten dabei eine größere Bedeutung als die weiter entfernten, periphe­ren Bedürfnisbereiche.

Zentrale und periphere Bereiche sind jedoch miteinander verbunden.14

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Modell besagt, Verhalten sei „von situativen und personalen Faktoren einer bestimmten Situation sowie der Funktion einer bestimmten Situation zu einem bestimmten Zeitpunkt abhängig“.15 Das bedeutet, dass das Handeln einer Per­son von ihrem aktuellen subjektiven Befinden und der Umwelt beeinflusst wird. Lewin versucht hiermit die Verhaltenssteuerung zu schildern.

Bleiben Bedürfnisse unbefriedigt, so entstehen laut Lewin Bedürfnisspannun­gen, die wiederum ein Verhalten hervorrufen, damit dieses ungestillte Bedürfnis befriedigt werden kann. Der Grund, weshalb eine Handlung ausgeführt wird, führt Lewin auf die Quasibedürfnisse, sogenannte Handlungsbedürfnisse oder vorübergehende Bedürfnisse, zurück.16

Umweltmodell Das Umweltmodell stellt, im Sinne eines psychologischen Raums oder psycho­logischen Felds, Richtungen der möglichen oder ablaufenden Zielhandlungen dar. In diesem Feld existieren verschiedene Bereiche, die Objekte, Hindernisse und psychologische Möglichkeiten von Handlungen und Ereignissen darstel­len,17 die sich auf den momentanen Zustand der Person, ihren Zielen und Merk­malen beziehen. Demnach ist anzunehmen, dass zwei Personen dasselbe ob­jektive Ereignis subjektiv unterschiedlich wahrnehmen.18

Einige Bereiche in dem Feld können sowohl positive als auch negative Ereig­nisse darstellen mit entsprechend positiven oder negativen Valenzen V. Die an­deren Bereiche stellen Handlungsmöglichkeiten dar, die entweder an das Ziel heranführen oder von einem unerwünschtem Ergebnis bzw. unerwünschter Si­tuation wegführen. Zusätzlich hat auch die Distanz D des Ziels einen Einfluss auf die Handlung der Person. Die Distanz kann hier räumlich, zeitlich, aber auch psychologisch sein. Je näher bzw. je entfernter ein gewünschtes Ziel liegt, desto stärker bzw. geringer sind seine anziehenden Kräfte K.19 Als Formel ausge­drückt, sieht diese Theorie wie folgt aus: K = V/D.

Die anziehende Kraft ist gleich die relativierte Valenz zur Distanz.20

Die Person P ist in einem der Bereiche platziert (siehe Abbildung 2). Um nun zu einem Zielbereich zu gelangen, müssen die dazwischenliegenden Bereiche nacheinander durchquert werden, also handlungsmäßig realisiert werden.21

Möchte jemand zum Beispiel in den Urlaub fahren, so muss er Geld sparen, sich für einen Urlaubsort und ein Hotel entscheiden, ein Reisebüro aufsuchen oder überlegen, von welchem Online-Portal er die Reise buchen möchte etc.

Das Umweltmodell ist immer nur ein Versuch den Ablauf des Geschehens dar­zustellen. Abbildung 222 zeigt das Umweltmodell mit einem positiven Kräftefeld (A) und einem negativen Kräftefeld (B). In Feld A zielen die Kräfte der Person auf das Ziel Z.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Umweltmodell

Damit die Person den Zielbereich erreicht gibt es in diesem Beispiel drei Wege: A - D - Z oder A - B - F - H - J - Z oder A - C - G - I - Z.

In Feld B ist zu sehen, dass alle Kräfte von dem negativen Bereich Z fortgehen. Diese Kraft wirkt auf die Person P ein, die somit bestrebt, sich von dem uner­wünschten Ereignis zu entfernen.

Taxonomie und Konfliktformen

Nach Lewin ist Konflikt eine Situation, in der eine Person gleichzeitig zwei ent­gegengesetzten Kräften ausgesetzt ist.23 Er unterscheidet dabei vier Grundfor- men:24

- Äquivalenzkonflikt / Appetenz-Appetenz-Konflikt: Durch wertungsgleiche, positiv getönte und einander ausschließende Konfliktseiten bestimmt.
- Ambivalenzkonflikt/ Appetenz-Aversions-Konflikt: Das Objekt verfügt für die Person gleichzeitig über anziehende und abstoßende Eigenschaften.
- Vitationskonflikt/ Aversions-Aversions-Konflikt: Durch gleichwertige, nega­tive Pole bestimmt.
- Frustrationskonflikt/ Versagungskonflikt: Wenn ein attraktives Objekt durch eine Barriere unerreichbar wird.

3.1.2. Gruppendynamik

Der Begriff Gruppendynamik entstand zeitnah zur Entwicklung der Feldtheorie als sozialpsychologischen Ansatz. Lewin sieht die Gruppe als ein Ganzes und geht von der Annahme aus, dass die einer Gruppe zugehörigen Personen von­einander abhängig sind. Die Gruppendynamik setzt sich aus den Eigenschaften und Fähigkeiten der einzelnen Personen sowie aus denen der Gruppe als Gan­zes zusammen.25 So entstehen innerhalb einer Gruppe die Bewegungskräfte, die sogenannten Lokomotionen. Zusammen mit den Kräftefeldern der einzel­nen Mitglieder ergeben sich daraus Verhaltensweisen, die, genau wie das Ver­halten einzelner Personen, mit der theoretischen Formel K = V/D ausgedrückt werden können.26

Inwieweit sich die Gruppendynamik entwickelt ist schwer vorhersehbar, weil je­des Verhalten und jede Entwicklung voneinander abhängig ist und sich gegen­seitig beeinflusst. Deshalb entstehen innerhalb einer Gruppe auch schnell Mei­nungsbildungen, sowohl in positiver als auch in negativer Richtung.27

Gruppenmitglieder können ein gemeinsames Ziel durch Interaktion und Verhal­tens- und Meinungsveränderungen erreichen. Lewin konnte nachweisen, dass die entstehende Gruppendynamik einen positiveren und nachhaltigeren Ein­fluss auf die Verhaltensänderung hat als ein fachmännischer Vortrag.28

Die Veränderungen verlaufen in verschiedenen Phasen, diese laufen jedoch nicht linear. Es wird zwischenzeitlich auch wieder in eine vorherige Phase zu­rückgesprungen, vor allem wenn es Unterbrechungen in der Gruppenarbeit ge­geben hat.29

3.1.3. Das 3-Phasen-Modell

Das im Jahr 1952 von Kurt Lewin entwickelte 3-Phasen-Modell ist ein einfaches Lernmodell, mit dem der Erwerb von Verhaltensweisen bzw. der Veränderungs­prozess erläutert wird und auch als Modell zum organisatorischen Wandel ein­gesetzt werden kann. Lewins Modell dient als Grundlage der Change Manage­mentforschung und wird auch heute noch als Basis für neuere Modelle30

Wie in Abbildung 3 zu sehen ist, besteht das Modell aus der Auftauungsphase (Unfreezing), der Übergangsphase (Moving/ Changing) und der Einfrierungs­phase (Refreezing). Lewin ist der Auffassung, dass diese Prozesse jedoch flie­ßend sind und somit nicht klar voneinander getrennt betrachtet werden kön- nen.31

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: 3-Phasen-Modell nach Lewin.32

- Unfreeze

Lewin geht in seiner Theorie davon aus, dass eine Veränderung vorangetrie­ben, die Driving Forces auch Wandeltreiber genannt, oder durch die Restraining forces auch Wandelwiderstände genannt, verhindert wird.33

Die Grundannahme ist, dass eine Organisation so lange im Gleichgewicht steht, bis ein Impuls von außen oder innen einwirkt. Sind diese Impulse groß genug, dann tritt Phase eins Unfreeze ein.34 In dieser Phase geht es hauptsächlich da­rum, die Veränderung mittels Analysen, Diskussionen usw. vorzubereiten. Be­stehende Strukturen und Prozesse werden sozusagen „aufgetaut“.

- Move/ Change

In der nächsten Phase finden mehrere Veränderungen statt und es kann vor­kommen, dass sich Personen aus der Organisation gegen die geplanten Ver­änderungen widersetzen.35 In dieser Phase ist es wichtig, die geplanten Verän­derungen schnell wie möglich umzusetzen, da es bei Unstimmigkeiten inner­halb der Organisation zu einem Leistungsabfall kommen kann.36

- Refreeze

In der dritten Phase liegt der Fokus darin, dass die durchgesetzten Verände­rungen in der zweiten Phase auf lange Sicht gefestigt werden.37 Damit die Neu­erungen Erfolg haben, ist es wichtig, dass die Dauer der Stabilisierungsphase lang genug angesetzt wird, andererseits besteht die Gefahr, dass die Umset­zung scheitert. Außerdem ist eine regelmäßige Ist-Analyse zu empfehlen.38 In der Refreeze Phase sollte sich die Leistungskurve wieder erholt haben und min­destens auf dem Anfangsniveau stehen.

Ist die letzte Phase abgeschlossen, sind drei Zustände möglich. Wenn die Neu­erung scheitert, dann sinkt das Niveau unterhalb der Grenze als vor der Verän­derung. War die Umsetzung erfolgreich, dann wird das Niveau auf dem gleichen Stand wie zu Beginn der Phase Unfreeze liegen. Um das Ziel eines höheren Niveaus zu erreichen, müssen die Neuerungen erfolgreich in der Organisation implementiert werden.39

Auch wenn das 3-Phasen-Modell in der Organisationspsychologie von großer Bedeutung ist, müssen einige Punkte kritisch gesehen werden. Die Wirkung wurde nicht empirisch belegt und es ist außerdem nicht eindeutig zu erkennen, wie die Phasen genau verlaufen. Sie können sowohl aufeinander folgend also auch zur selben Zeit stattfinden. Es ist ebenfalls nicht klar, wann und wie eine Phase aufhört und die nächste beginnt. Die Tatsache, dass Angestellte als Wie­derstand gesehen werden, und dies als Konstante in dem Modell gilt, da Ge­wohnheiten verändert werden sollen, ist heutzutage jedoch immer noch aktuell. Weiterer Kritikpunkt ist allerdings, dass Angestellte nur als ein Gegenstand in dem Veränderungsprozess gesehen und nicht aktiv mit einbezogen werden.40

3.2. David Kolb

David A. Kolb, Professor für Organisationsverhalten an der Weatheread School of Management seit 1976, wurde 1939 geboren. Im Jahr 1961 erhielt er seinen Bachelor of Arts am Knox College. Drei Jahre später 1964 machte er seinen Master of Arts in Harvard und im Jahr 1967 seinen PhD in Harvard. Außerdem erhielt er vier Ehrendoktoren, die seinen Beitrag zum Erfahrungslernen würdig­ten. Im Jahr 2008 bekam David A. Kolb zusammen mit Alice Kolb den „Educa­tional Pioneers of the Year Award“ der National Society of Experiential Educa­tion verliehen. Neben seiner Arbeit am erfahrungsbasiertem Lernen ist David Kolb auch für seinen Beitrag zum Denken über Organisationsverhalten41 be­kannt. Seine Forschungsinteressen liegen in der Natur des individuellen und sozialen Wandels, dem erfahrungsbasierten Lernen, der beruflichen Entwick­lung und Bildung.

David Kolb veröffentlichte im Jahr 1984 sein Buch mit dem Titel Experiential Learning: Experience as the source of learning and development. In dem Buch behandelt er im Wesentlichen die Theorie, dass eine Person durch Entdeckung und Erfahrungen lernen würde. Die Bezeichnung „experiential learning“, also erfahrungsbasiertes Lernen, entstand, weil Kolbs Modell auf den Arbeiten von Lewin, Piaget, Dewey, Freire und James aufbaut. Diese vorhergehenden The­orien haben gemeinsam, dass sie einen andere Perspektive auf die Art von Lernen und Entwicklung bilden.42

3.2.1. Erfahrungsbasiertes Lernen

Das erfahrungsbasierte Lernen ist ein ganzheitliches und multilineares Modell des Lernprozesses in der Erwachsenenbildung. Seine Theorien beinhalten das Wissen über die natürliche Art des Lernens und Entwickelns.43 Kolb berücksich­tigt deshalb die Überlegungen, dass die Erfahrung beim Lernen eine wichtige Rolle spielt. Dieser Fokus auf Erfahrung unterscheidet Kolbs Theorie von den anderen, die sich im Lernprozess mehr auf das kognitive Lernen konzentrieren und die subjektive Erfahrung nicht berücksichtigen.44

Erfahrungsbasiertes Lernen geht aus sechs grundlegenden Prinzipien hervor:

1. Lernen ist kein linearer Prozess, sondern ein endloser Zyklus
2. Lernen ist ein andauernder auf Erfahrungen basierender Prozess
3. Erfahrungsbasiertes Lernen heißt gehirngerechtes Lernen
4. Lernen wird durch die gegensätzlichen Pole des Zyklus angeregt, die sogenannten dialektischen Pole.
5. Lernen entsteht durch die Interaktion von Individuum und Umwelt.
6. Lernen ist der Prozess der Wissenskreation.45 (Kolb, A.; Kolb, D. 2005; 2018)

Das Modell des Lernkreislaufs, dass David Kolb entwickelte, basiert auf den Ideen von Kurt Lewin und John Dewey. Kolb unterscheidet vier Lernphasen:

- Konkrete Erfahrung
- Reflektierendes Beobachten
- Abstrakte Begriffsbildung
- Aktives Experimentieren

Das in Abbildung 4 dargestellte Modell enthält zwei gegensätzliche Zugangs­weisen, um Erfahrungen zu machen: Zum einen das konkrete Erlebnis „Con­crete Experience“ und zum anderen die abstrakte Konzeption „Abstract Con­ceptualization“. Um diese Erfahrungen verarbeiten zu können nennt Kolb das aktive Experimentieren, „Active Experimentation“, sowie die reflektierte Be­obachtung, „Reflective Observation“.

[...]


1 https://www.merriam-webster.com/dictionary/experience (Abruf: 25.02.2020)

2 Vgl. Tsvasman, L. 2006, S. 99

3 Vgl. Anersen; Boud; Cohen 2000

4 Vgl. Priest 2004

5 Vgl. Lück, H.- E. 1996, S. 13

6 Weiner, B. 1984, Motivationspsychologie. Weinheim, S. 116; Lück, H.-E. 1996, S. 13 - 19

7 Vgl. Bak, P. M. 2019, S. 86

8 Vgl. Lück, H.-E. 1996, S. 1

9 Vgl. Metzger, W. 1975

10 Walter, H.-J. 1985, S. 65

11 Vgl. Bak, P. M. 2019, S. 86

12 Vgl. Schreiner, K. 2016, S. 12

13 Bak, P.M. 2019, S. 86

14 Ebd., S. 87

15 Schreiner, K. 2016, S. 12

16 Bak, P.M. 2019, S. 87

17 Heckhausen, H. 1998, S. 140

18 Bak, P.M. 2019, S. 89

19 Ebd., S. 91

20 Bak, P.M. 2019, S. 91

21 Heckhausen, H. 1998, S. 140

22 Ebd.

23 Grau, I.; Bierhoff, H.-W. 2003, S. 431

24 Lewin, K. 2008, S. 139-150

25 Gruppendynamik. Definition und Erklärung. http://www.kurt-lewin.de/gruppendynamik.shtml (Abruf: 28.02.2020)

26 http://www.kurt-lewin.de/feldtheorie.shtml (Abruf: 28.02.2020)

27 Ebd.

28 Stangl, W. 2020. Stichwort: 'Gruppendynamik'. https://lexikon.stangl.eu/2748/gruppendyna- mik/ (Abruf: 29.02.2020)

29 Ebd.

30 Vgl. Greif et al. 2004, S.56

31 Vgl. Schleuter; von Stosch 2009, S. 29

32 Kreyher 2016

33 Vgl. Bornemann 2014

34 Vgl. Schleuter; von Stosch 2009, S. 30

35 Grammes, F. 2015

36 Vgl. Hungenberg 2014, S. 637

37 Vgl. Schleuter; von Stosch 2009, S. 30

38 Vgl. Bornemann 2014

39 Vgl. Schleuter; von Stosch 2009, S. 30

40 Greif et al. 2004, S. 57

41 Kolb, D. A. et al 1995

42 University of Leicester: David Kolb. https://www2.le.ac.uk/departments/doctoralcollege/trai- ning/eresources/teaching/theories/kolb [Abruf: 29.02.2020]

43 Ebd.

44 Vgl. Kolb, D. 2000, S. 2

45 Kolb, A.; Kolb, D. 2005 und Kolb, A.; Kolb, D. 2018

Ende der Leseprobe aus 62 Seiten

Details

Titel
Moderne Führungsmodelle und erfolgreiche Verhaltensänderungen bei Führungskräften. Erfahrungsbasiertes Lernen nach David Kolb und die Feldtheorie nach Kurt Lewin
Autor
Jahr
2020
Seiten
62
Katalognummer
V902342
ISBN (eBook)
9783346333315
ISBN (Buch)
9783346333322
Sprache
Deutsch
Schlagworte
moderne, führungsmodelle, verhaltensänderungen, führungskräften, erfahrungsbasiertes, lernen, david, kolb, feldtheorie, kurt, lewin
Arbeit zitieren
Hüseyin Yesilyurt (Autor:in), 2020, Moderne Führungsmodelle und erfolgreiche Verhaltensänderungen bei Führungskräften. Erfahrungsbasiertes Lernen nach David Kolb und die Feldtheorie nach Kurt Lewin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/902342

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