Zur Simulation der Atmosphäre im Rahmen der numerischen Wettervorhersage ist heute der Einsatz
leistungsstarker Vektorrechner üblich und nicht mehr wegzudenken. Aufgrund der komplexen Gleichungen,
die bei dreidimensionalen instationären Strömungsvorgängen mit Berücksichtigung der zahlreichen
physikalischen Nebenbedingungen einer realen Anwendung in der Atmosphäre auftreten, ist
eine Simulation mit vertretbarem Zeitaufwand nur für relativ grobe Auflösungen der Modellgebiete zu
realisieren.
Qualitative Verbesserungen von Atmosphärensimulationen, d.h. verläßlichere und genauere Prognosen,
lassen sich durch feinere Auflösungen der verwendeten Rechengitter erzielen (vgl.
[10],[14],[18]), erfordern aber eine wesentlich höhere Leistungsfähigkeit der Computersysteme. So
hat bereits eine Verfeinerung des Rechengitters um den Faktor 2 in allen drei Raumrichtungen einen
insgesamt achtmal höheren Rechenaufwand zur Folge. Mit den derzeit eingesetzten Rechnern sind
solche Simulationen wegen des immensen Zeit- bzw. Rechenaufwands in den meisten Fällen nicht
sinnvoll. Nach heutigem Kenntnisstand sind bei Rechnerarchitekturen mit einem gemeinsamen Hauptspeicher,
zu denen auch die Vektorrechner zählen, die physikalischen Grenzen der Hardware nahezu
erreicht und es ist deshalb in Zukunft nicht mehr mit einer wesentlichen Steigerung der Performance
dieser Architekturen zu rechnen.
Eine signifikante Leistungssteigerung kann in naher Zukunft nur von Computerarchitekturen mit verteiltem
Speicher, den massiv-parallelen Rechnersystemen, zur Verfügung gestellt werden. Im Forschungsbereich
wurden in den vergangenen wenigen Jahren bereits erste Erfahrungen mit solchen
Rechnern mit bis zu vierstelligen Prozessorzahlen gesammelt. Der Einsatz von Parallelrechnern eröffnet
der oben beschriebenen Problematik also eine neue Perspektive.
In diesem Rahmen war es Ziel dieser Arbeit die Möglichkeiten der Parallelisierung von Programmen
aus dem Bereich der meteorologischen Modelle zur Simulationen der Atmosphäre anhand des Programmpakets
MM5 (Mesoscale Model Version 5) zu untersuchen ([3],[16],[17]). Bei dem Umfang
dieses Modells zur kurzfristigen Wetterprognose und aufgrund des begrenzten Zeitrahmens einer
Diplomarbeit konnten nur Hauptkomponenten des MM5 Gegenstand der Untersuchungen sein. Dafür
wurde eine geeignete sequentielle Programmversion erstellt, die die wesentlichen dynamischen
Teile der wichtigsten Variablen enthält, und auf einen massiv-parallelen Rechner portiert.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1 Mathematische und physikalische Grundlagen
- 1.1 Partielle Differentialgleichungen
- 1.2 Numerische Behandlung parabolischer Anfingsrandwertaufgaben
- 1.2.1 Differenzenverfahren
- 1.2.2 Konsistenz, Konvergenz und Stabilität
- 1.2.3 Das Courant-Friedrichs-Lewy-Kriterium
- 1.3 Hydrodynamik
- 1.3.1 Physikalische Erhaltungssätze
- 1.3.2 Die Gnmdgleichungen als Anfingsran&vvettaufgabe
- 1.4 Einige meteorologische Elemetltaphänomene
- 2 Das meteorologische Modell MM5 (Mesoscale Model 5)
- 2.1 Aufbau und Konzept des NMS-Modells
- 2.2 Physikalische Modellierung
- 2.2.1 Hydrostatische Approxirnation
- 2.2.2 Vertikale Modellkoordinate
- 2.2.3 Projektion des Modellgebiets
- 2.2.4 Gnmdgleichungen des N,nv15-Mode11s
- 2.3 Parametrisierung physdcalischer Prozesse
- 2.3.1 Horizontale Diffsi1M1
- 2.3.2 Feuchtigkeit
- 2.4 Diskretisierung des Modellgebiets
- 2.4.1 Honzontale Auflösung als „Staggered Griff'
- 2.4.2 VatEe Auflösung in O- Niveaus
- 2.5 _ 1 Diskretislaung der Grundglachungen
- 2.5 2 Zeitintegration und F ilterung
- 2.5 _3 Seitliche Randbedingumgen (Randrelaxation") _
- 2.6 Sequentielles Programm
- 3 Konzepte zur Parallelisierung meteorologischer Modelle
- 3 _ 1 Paralleles Rechnen
- 3 _ 1 _ 1 Auffal und Ablauf paralleler Programme
- 3 _ 1 2 Bewatung paralleler Programme
- 3 2 Ansätze zur Parallelisierung des N,nv15
- 3 2 _ 1 Analyse der Parallelisierbalkeit
- 3 2 2 Daten-paralleles Modell
- 3 2 3 Dekomposition des Modellgebiets
- 3 _ 1 Paralleles Rechnen
- 4 Parallelisierung des MM5-Programmcodes
- 4 _ 1 Erfahmngen bei der Portierung des sequentiellen Codes
- 4 _ 1 _ 1 Portierung des CRAY-Codes in Standard Fortran
- 4 _ 1 2 Konvertierung der Daten
- 4 _ 2 Das parallele tvnvf5-Programm
- 4 2 1 Datenabhängifl•ceiten
- 4 2 2 Partitionierung des Rechengitters
- 4 2 3 Kommunikation der Prozesse
- 4 _ 1 Erfahmngen bei der Portierung des sequentiellen Codes
- 5 Ergebnisse
- 5 _ 1 Untasuchungen von Laufreit, Effzienz und Load Balancing
- 5 2 Meteorologische Überprüåang der Ergebnisse
- Schlußbetrachtung
- Anhang : Informationen zu den Programmabläufen
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit befasst sich mit der Parallelisierung von meteorologischen Modellen, insbesondere dem Mesoscale Model 5 (MM5), zur Simulation der Atmosphäre. Ziel ist es, die Möglichkeiten und Herausforderungen der Parallelisierung anhand des MM5-Programmpaketes zu untersuchen und ein paralleles Programm für massiv-parallele Rechensysteme zu entwickeln. Die Arbeit konzentriert sich auf die wichtigsten dynamischen Teile des MM5, die für die kurzfristige Wetterprognose relevant sind, und erforscht die Effizienz und Skalierbarkeit der parallelen Implementierung.
- Numerische Behandlung partieller Differentialgleichungen
- Hydrodynamik und meteorologische Grundlagen
- Aufbau und Funktionsweise des MM5-Modells
- Konzepte zur Parallelisierung von meteorologischen Modellen
- Implementierung und Bewertung eines parallelen MM5-Programms
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 behandelt die mathematischen und physikalischen Grundlagen, die für das Verständnis des MM5-Modells relevant sind. Es werden wichtige Definitionen und Konzepte aus dem Bereich der partiellen Differentialgleichungen und der Hydrodynamik erläutert. Dazu gehören die Klassifizierung und Typeneinteilung partieller Differentialgleichungen, die numerische Behandlung von parabolischen Anfangsrandwertaufgaben sowie die Herleitung der grundlegenden Erhaltungssätze der Hydrodynamik.
Kapitel 2 beschreibt den Aufbau und das Konzept des MM5-Modells in detaillierter Form. Es werden die physikalischen Modellierungen, die Parametrisierungen und die Diskretisierung des Modellgebiets vorgestellt. Die Grundgleichungen des MM5, die in hydrostatischer Approximation formuliert sind, werden im Detail erläutert, wobei die Transformation in das Sigma-Koordinatensystem und die Berücksichtigung der Modellprojektion sowie der horizontalen Diffusion eine wichtige Rolle spielen. Schließlich wird der numerische Algorithmus des MM5-Modells, der auf dem Leap-Frog-Verfahren zur Zeitintegration basiert, vorgestellt und erläutert.
Kapitel 3 beleuchtet theoretische Konzepte zur Parallelisierung von Programmen aus dem Bereich der meteorologischen Modelle. Es werden grundlegende Aspekte des parallelen Rechnens, wie z.B. die Architektur von Parallelrechnern, die verschiedenen Kommunikationsmodelle und die Bewertung von parallelen Programmen, diskutiert. Anschließend werden Ansätze zur Parallelisierung des MM5-Modells im Hinblick auf die Datenabhängigkeiten und die Datenstrukturen des Algorithmus diskutiert.
Kapitel 4 beschreibt die praktische Umsetzung der in Kapitel 3 entwickelten Parallelisierungsstrategie. Es werden die Erfahrungen bei der Portierung des sequentiellen MM5-Codes für Standard-Fortran und die Konvertierung der Datensätze für den Parsytec GCe1-Rechner erläutert. Anschließend wird die Organisation des parallelen MM5-Programms, die auf einer schachbrettartig partitionierten 2D-Dekomposition des Modellgebiets basiert, vorgestellt. Die Datenabhängigkeiten des Algorithmus, die Partitionierung des Rechengitters und die Organisation der Kommunikation zwischen den Prozessen werden im Detail diskutiert.
Kapitel 5 präsentiert die Ergebnisse der Untersuchungen von Laufzeit, Effizienz und Load-Balancing des parallelen MM5-Programms. Die Ergebnisse werden anhand der Episodensimulation SANA, die in Kapitel 2 vorgestellt wurde, auf dem Parsytec GCe1-Rechner ermittelt. Die Ergebnisse zeigen, dass der Einsatz von Parallelrechnern für die Simulation der Atmosphäre eine signifikante Leistungssteigerung ermöglicht. Es werden außerdem mögliche Verbessemngsansätze für die parallele Implementierung diskutiert. Schließlich wird die meteorologische Überprüfung der Ergebnisse anhand ausgewählter meteorologischer Felder vorgestellt, um die Korrektheit der Parallelisierung und die Konvergenz des Algorithmus zu beleuchten.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Parallelisierung von meteorologischen Modellen, insbesondere das Mesoscale Model 5 (MM5), die Simulation der Atmosphäre, die numerische Behandlung von partiellen Differentialgleichungen, die Hydrodynamik, die Zeitintegration von Differentialgleichungen, das Leap-Frog-Verfahren, das Courant-Friedrichs-Lewy-Kriterium, die Datenabhängigkeiten und Datenstrukturen von Algorithmen, die Dekomposition von Modellgebieten, die Kommunikation zwischen Prozessen, die Effizienz und Skalierbarkeit paralleler Programme sowie die meteorologische Überprüfung von Simulationsergebnissen.
- Arbeit zitieren
- Jens Cords (Autor:in), 1994, Parallelisierung von meteorologischen Modellen unter besonderer Berücksichtigung des Produktionscodes MM5, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9011
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