1. Einleitung
In den letzten Jahren vermehren sich in der Jugendarbeit die Diskussionen um die Bedeutung des Sozialraumes für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen. Aufgrund von gesellschaftlichen Veränderungen verbunden mit der Pluralisierung und Biografisierung vom Jugendalter, hat sich das Selbstverständnis, aber auch die pädagogische Ausrichtung der Jugendarbeit gewandelt. Seit Jahren ist bekannt, dass die Probleme und Schwierigkeiten, mit denen Kinder und Jugendliche konfrontiert sind, oftmals soziale Ursachen haben. Aus diesem Grund haftet heute der Blickwinkel der Jugendarbeit vermehrt auf dem sozialräumlichen Um-feld, dem Stadtteil und dem Lebensraum von Kindern und Jugendlichen. Begriffe wie „Streif-räume“, „Erlebnisräume“, „Erfahrungsräume“, „Freiräume“, Bildungsräume“ gehören mittlerweile zum selbstverständlichen Sprachgebrauch der Jugendarbeit. Sie sind ein Ausdruck dafür, dass der Blickwinkel einer sozialräumlichen Orientierung der Jugendarbeit aus pädagogischen Konzepten nicht mehr wegzudenken ist.
Der Grund, warum die sozialräumliche Orientierung in der Jugendarbeit einen so hohen Stellenwert genießt, ergibt sich u.a. aus der Feststellung, dass der soziale Raum Einfluss auf die Biographie von Menschen ausübt. Der erste Teil dieser Arbeit beschäftigt sich genau mit dieser Annahme. Es werden die Auswirkungen des Sozialraums auf Lebensverläufe von Menschen untersucht. Dabei werden in erster Linie die Kindheit und das Jugendalter in Augenschein genommen. Der zweite Teil der Arbeit baut auf den gewonnenen Erkenntnissen des ersten Teils auf. In ihm werden Grundsätze, die im Rahmen der Sozialraumorientierung maßgeblich sind, aufgeführt. Den Abschluss der Arbeit bildet eine kurze Schlussbetrachtung.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Was ist unter dem Begriff „Sozialraum“ zu verstehen?
3. Auswirkungen des Sozialraums auf die Biographie des Menschen
3.1. Allgemeiner Einfluss des Sozialraums auf die Biographie des Menschen
3.2. Einfluss des Sozialraums auf die verschiedenen Lebensphasen des Menschen
3.2.1. Einfluss des Sozialraums auf die Kindheit
3.2.2. Einfluss des Sozialraums auf das Jugendalter
3.2.3. Einfluss des Sozialraumes auf das Erwachsenenalter
4. Konsequenzen für die Soziale Arbeit mit Kindern und Jugendlichen
4.1. Öffnung sozialer Räume
4.2. Orientierung an Interessen und Themen von Kindern und Jugendlichen
4.3. Unterstützung von Selbsthilfe und Eigeninitiative
4.4. Nutzung von Ressourcen…
4.4.1. der Klienten
4.4.2. des Sozialraums
4.5. Zielgruppenübergreifendes Handeln
4.6. Kooperation und Koordination
5. Schlussbetrachtung
Quellenangaben
1. Einleitung
In den letzten Jahren vermehren sich in der Jugendarbeit die Diskussionen um die Bedeutung des Sozialraumes für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen. Aufgrund von gesellschaftlichen Veränderungen verbunden mit der Pluralisierung und Biografisierung vom Jugendalter, hat sich das Selbstverständnis, aber auch die pädagogische Ausrichtung der Jugendarbeit gewandelt. Seit Jahren ist bekannt, dass die Probleme und Schwierigkeiten, mit denen Kinder und Jugendliche konfrontiert sind, oftmals soziale Ursachen haben. Aus diesem Grund haftet heute der Blickwinkel der Jugendarbeit vermehrt auf dem sozialräumlichen Umfeld, dem Stadtteil und dem Lebensraum von Kindern und Jugendlichen. Begriffe wie „Streifräume“, „Erlebnisräume“, „Erfahrungsräume“, „Freiräume“, Bildungsräume“ gehören mittlerweile zum selbstverständlichen Sprachgebrauch der Jugendarbeit. Sie sind ein Ausdruck dafür, dass der Blickwinkel einer sozialräumlichen Orientierung der Jugendarbeit aus pädagogischen Konzepten nicht mehr wegzudenken ist.
Der Grund, warum die sozialräumliche Orientierung in der Jugendarbeit einen so hohen Stellenwert genießt, ergibt sich u.a. aus der Feststellung, dass der soziale Raum Einfluss auf die Biographie von Menschen ausübt. Der erste Teil dieser Arbeit beschäftigt sich genau mit dieser Annahme. Es werden die Auswirkungen des Sozialraums auf Lebensverläufe von Menschen untersucht. Dabei werden in erster Linie die Kindheit und das Jugendalter in Augenschein genommen. Der zweite Teil der Arbeit baut auf den gewonnenen Erkenntnissen des ersten Teils auf. In ihm werden Grundsätze, die im Rahmen der Sozialraumorientierung maßgeblich sind, aufgeführt. Den Abschluss der Arbeit bildet eine kurze Schlussbetrachtung.
2. Was ist unter dem Begriff „Sozialraum“ zu verstehen?
Sozialraum kann unterschiedliche Bedeutungen haben, je nachdem, aus welcher Perspektive dieser Begriff betrachtet wird. Je nach Blickrichtung treten „andere Merkmale und Markierungen in den Vordergrund, die auch zu anderen Aufmerksamkeitsrichtungen und zu anderen Eingrenzungen des Untersuchungsfeldes führen“ (Schumann 2004, S. 324). Dementsprechend schwer ist es, für den Begriff „Sozialraum“ eine einheitliche Definition zu finden. Für den Rahmen dieser Arbeit sollen folgende Definitionen wegweisend sein: „Sozialraum (soll) nicht als normativer Begriff, der eine bestimmte geographische oder politische Einheit im Sinne eines Wahlbezirkes etwa bezeichnet, sondern eher in ethnographischer Perspektive als Bezeichnung für ein bestimmtes Gebiet oder Quartier verstanden werden, welches aus der Innenperspektive der Bewohner bestimmte Gemeinsamkeiten aufweist, die unter bestimmten Umständen zu einer Situationsdefinition des „Wir“ führen können“ (Schumann 2004, S. 326).
Frank Früchtel und Wolfgang Budde knüpfen an dieser Definition an und ergänzen: „Das Konzept des Sozialraumes betont, dass das Phänomen, welches wir Raum nennen, Ergebnis sozialer Prozesse und damit konstruiert ist. So entsteht Raum bspw. durch Macht- und Besitzverhältnisse, durch Aneignungs- und Enteignungsprozesse, die sich zeigen, indem Menschen sich positionieren (Spacing)“ (2007, S. 907).
Sehr detailliert definiert auch Stefan Gillich den sozialen Raum: „Der Sozialraum ist ein von Menschen individueller definierter Raum. Der soziale Raum des einzelnen Menschen
- kann, muss jedoch nicht dem grafischen Raum (Stadtteil, Quartier) entsprechen,
- ist der örtliche Raum, der dem Menschen die Möglichkeit gibt, Beziehungen zu leben, und ihn darin einschränkt, behindert oder begrenzt
- ist der Raum, in dem der Mensch kommunikativ ist, also soziale Kontakte hat“ (Gillich 2007, S.403)
Die Definitionen zeigen bereits, dass das Konzept des sozialen Raumes sehr vielfältig ist. Und dennoch gibt es ein Leitziel, welches die sozialräumlich orientierte Arbeit verfolgt: den Einzelnen in seiner Lebenswelt zu erfassen. Das Kinder – und Jugendhilfegesetz mit seinem Auftrag an die Jugendhilfe, „positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten und zu schaffen“ (SGB VIII/KJHG § 1 Abs. 3 Nr. 4), knüpft an diesem Ziel an.
3. Auswirkungen des Sozialraums auf die Biographie des Menschen
Der sozialräumliche Ansatz geht davon aus, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen und den konkreten Räumen, in denen sie leben. Im Folgenden soll erst im Allgemeinen und dann spezifisch in den einzelnen Lebensphasen überprüft werden, inwieweit der Sozialraum Auswirkungen auf die Biographie eines Menschen ausübt.
3.1. Allgemeiner Einfluss des Sozialraums auf die Biographie des Menschen
Der Sozialraum nimmt in den verschiedenen Lebensphasen eines Menschen unterschiedlichen Einfluss auf dessen Biographie. Allerdings gibt es auch allgemeingültige Auswirkungen des sozialen Raums, die in jedem Lebenszyklus von Bedeutung sind. In diesem Zusammenhang ist z.B. für die Biographie eines Menschen ausschlaggebend, ob er in einem so genannten offenen oder geschlossenen Sozialraum lebt.
Wissenschaftler gehen davon aus, dass geschlossene Räume dem Menschen kaum Möglichkeiten für individuelle Entwicklungsspielräume lassen (vgl. Schumann 2004, S. 325). In geschlossenen Räumen[1] herrschen meist festgelegte Spielregeln, die „eine hohe soziale Identität, aber nicht Individualität und auch nicht eigentlich Biographie ermöglicht haben, im Sinne eines eigenständigen und selbst verantwortetem biographischen Gestaltens“ (Schumann 2004, S 325). Im Gegensatz hierzu, ermöglichen offene Räume eher die Entwicklung einer individuellen Biographie. Offene Räume enthalten „biographische Ressourcen und Anregungen“ die sich der Mensch zu nutzen machen kann und ihm eine vorausschauende und individuelle Lebensplanung ermöglichen. Außerdem sind sie „anschlussfähig an die soziale Umwelt und in sich plural strukturiert“ (Reutlinger 2002, S. 366). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Raum, je nachdem ob er offen oder geschlossen ist, die Biografie eines Menschen positiv oder negativ beeinflusst.
Neben der Bedeutung von offenen und geschlossenen Räumen spielt auch die geographische Lage des Sozialraums in allen Lebensphasen des Menschen eine bedeutende Rolle. Wolfgang Budde und Frank Früchtel schreiben hierzu: „Raum entsteht durch Wahrnehmungs-, Definitions- und Zuschreibungsprozesse, die Orten und dort lebenden Menschen gleichsam ihre Namen geben“ (2007, S. 907). Dies hat zur Folge, dass der Mensch, unter anderem durch den Raum, indem er lebt, definiert wird. Dementsprechend bringt ein Aufwachsen und Leben in einem „Wohlstandsviertel“ andere Konsequenzen mit sich, als ein Aufwachsen und Leben in einem sozialen Brennpunkt. Die zu findenden Ressourcen und Möglichkeiten in den verschiedenen Lebenswelten unterscheiden sich gravierend und beeinflussen folglich den Lebenslauf in verschiedene Richtungen.
3.2. Einfluss des Sozialraums auf die verschiedenen Lebensphasen des Menschen
Im Folgenden wird dargestellt, welche gravierenden Auswirkungen der Sozialraum auf die verschiedenen Lebenszyklen von Menschen hat. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Kindheit und das Jugendalter geworfen, da hieraus im Anschluss Schlussfolgerungen für die soziale Arbeit gezogen werden. Das Erwachsenenalter wird anhand eines Beispiels kurz thematisiert, nur um deutlich zu machen, dass der Sozialraum lebenslang Einfluss auf die Biographie von Menschen ausübt.
[...]
[1] Als geschlossene Räume werden unter anderem „traditionelle Milieus“ der Vormoderne bezeichnet (Schumann, S. 325). Aber auch in der heutigen Zeit lassen sich geschlossene Räume finden. Häufig stellen z.B. rechte Jugendszenen einen geschlossenen Raum dar. Christin Reutlinger bemerkt allerdings hierzu, dass geschlossene Räume nicht nur in „gewaltbereiten Szenen“, sondern auch immer wieder in „Jugendhäusern“ zu finden sind (Reutlinger 2002, S. 366).
- Quote paper
- Carolin Büdel (Author), 2008, Die Bedeutung des sozialen Raumes für biografische Prozesse und die daraus resultierenden Aufgaben und Anforderungen für die soziale Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89885
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