Im Jahre 1516 wurde ein Werk veröffentlicht, dass eine neue Gattung einleiten sollte.
Mit dem Werk „Utopia“, oder, wie es im Original heißt „De optimo rei publicae statu
deque nova insula Utopia“ schuf Sir Thomas Morus (1478-1535) eine Schrift, deren
Typus viele Arbeiten nachfolgender Schriftsteller prägte. In dieser Staatsschrift
kreierte Morus in Tradition antiker Staatstheorie, deren Bezugnahme sich bei Morus
„Utopia“ auch bei schriftlichen Auseinandersetzungen mit Platon finden lassen, ein
Gemeinwesen, das sich dadurch hervorhebt, dass es im spiegelbildlichen Gegensatz
zu den real existierenden Missständen seiner Zeit steht. Die Gesellschaft ist
angesiedelt auf einer fernen Insel und wird von einem Weltreisenden namens
Raphael Hythlodeus1 beschrieben, der diese besucht haben soll. Die Gemeinschaft
ist unter anderem besonders gekennzeichnet durch Eigentumslosigkeit, religiöse
Toleranz und Selbstverwirklichung durch Bildung.
„Utopia“ gilt als Entwurf einer idealen menschlichen Gesellschaft.2 Formal ist das
Werk in zwei Bücher aufgeteilt. Das erste gibt einen Dialog zwischen Morus und dem
schon erwähnten imaginären Reisenden Hythlodäus wieder, in dem die
zeitgenössische englische Gesellschaft scharf kritisiert wird, das Zweite ist die
romanhafte Beschreibung des „Nirgendortes“ Utopia und dessen sozialen,
ökonomischen, politischen und religiösen Gegebenheiten.
Das Bild des idealen Staates wird jedoch getrübt. Utopia ist kein romantisches
Paradies ohne Konflikte mit der Außenwelt, sondern ein Staat, von dem solche
Konflikte ausgehen.
In dieser Arbeit soll der Versuch unternommen werden, zu erklären, wie es sich
vereinbaren lässt, dass dieser innerlich friedfertige, von humanistischen Gedanken
geprägte imaginäre Staat nach außen als imperiale Hegemonialmacht auftritt.
Hierzu soll zunächst anhand des Werkes die Situation dargestellt werden, bevor der
Widerspruch aufgezeigt wird. Der Begriff der Utopie ist ein Begriff der Neuzeit.
Thomas Morus benutzt als erster Autor den Begriff in seinem hier besprochenen
Staatsroman.
Utopie[griech.] ist ein dem Kunstwort „Utopia“ („Nirgendort“, „Nicht-Platz“)
nachgebildetes Substantiv aus der Negation „ou“ [griech.: nicht] und dem Substantiv
„topos“ [griech.: Platz].
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG
2 DER BEGRIFF DER UTOPIE
3 WERKIMMANENTE BETRACHTUNG
3.1 MORES IDEALSTAAT
3.2 MORUS KRITIK AN DER ZEITGENÖSSISCHEN AUßENPOLITIK
3.3 AUßENPOLITIK UTOPIAS
3.3.1 Außenbeziehungen
3.3.2 Krieg
4 DIE KONTRÄREN SEITEN UTOPIAS
5 KRITISCHE BETRACHTUNG DER AUßENBEZIEHUNGEN UND DES KRIEGES
6 FAZIT
7 LITERATURVERZEICHNIS
1 Einleitung
Im Jahre 1516 wurde ein Werk veröffentlicht, dass eine neue Gattung einleiten sollte. Mit dem Werk „Utopia“, oder, wie es im Original heißt „De optimo rei publicae statu deque nova insula Utopia“ schuf Sir Thomas Morus (1478-1535) eine Schrift, deren Typus viele Arbeiten nachfolgender Schriftsteller prägte. In dieser Staatsschrift kreierte Morus in Tradition antiker Staatstheorie, deren Bezugnahme sich bei Morus „Utopia“ auch bei schriftlichen Auseinandersetzungen mit Platon finden lassen, ein Gemeinwesen, das sich dadurch hervorhebt, dass es im spiegelbildlichen Gegensatz zu den real existierenden Missständen seiner Zeit steht. Die Gesellschaft ist angesiedelt auf einer fernen Insel und wird von einem Weltreisenden namens Raphael Hythlodeus1 beschrieben, der diese besucht haben soll. Die Gemeinschaft ist unter anderem besonders gekennzeichnet durch Eigentumslosigkeit, religiöse Toleranz und Selbstverwirklichung durch Bildung.
„Utopia“ gilt als Entwurf einer idealen menschlichen Gesellschaft.2 Formal ist das Werk in zwei Bücher aufgeteilt. Das erste gibt einen Dialog zwischen Morus und dem schon erwähnten imaginären Reisenden Hythlodäus wieder, in dem die zeitgenössische englische Gesellschaft scharf kritisiert wird, das Zweite ist die romanhafte Beschreibung des „Nirgendortes“ Utopia und dessen sozialen, ökonomischen, politischen und religiösen Gegebenheiten.
Das Bild des idealen Staates wird jedoch getrübt. Utopia ist kein romantisches Paradies ohne Konflikte mit der Außenwelt, sondern ein Staat, von dem solche Konflikte ausgehen.
In dieser Arbeit soll der Versuch unternommen werden, zu erklären, wie es sich vereinbaren lässt, dass dieser innerlich friedfertige, von humanistischen Gedanken geprägte imaginäre Staat nach außen als imperiale Hegemonialmacht auftritt.
Hierzu soll zunächst anhand des Werkes die Situation dargestellt werden, bevor der Widerspruch aufgezeigt wird.
2 Der Begriff der Utopie
Der Begriff der Utopie ist ein Begriff der Neuzeit.
Thomas Morus benutzt als erster Autor den Begriff in seinem hier besprochenen Staatsroman.
Utopie[griech.] ist ein dem Kunstwort „Utopia“ („Nirgendort“, „Nicht-Platz“) nachgebildetes Substantiv aus der Negation „ou“ [griech.: nicht] und dem Substantiv „topos“ [griech.: Platz].
Dieser dient zu folgenden Erfassungen:
1. einer, die Realitätsbezüge ihrer Entwürfe, bewusst oder unbewusst vernachlässigenden Denkweise, sowie
2. einer literarischen Denkform, in der Aufbau und Funktionieren idealer, alternativer Gesellschaften und Staatsverfassungen eines räumlich und/oder zeitlich entrückten Ortes, oft in Form fiktiver Reiseberichte, konstruiert werden.
Vor allem in den Utopien des 16. und 17. Jahrhunderts rücken die von den Autoren erfahrenen Defizite der aktuellen Gesellschaft in den Vordergrund. Hauptproblem der Autoren war das der politischen Ordnung und der sozialen Gerechtigkeit. Bevorzugte Gattung der literarischen Utopie ist der utopische Roman, in dem meist ein in den Augen des Verfassers ideales Gegenbild zu den sozialen, politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen der jeweiligen Gegenwart entworfen wird.
Als Vorbild dieser literarischen Richtung gilt Platon („Politea“, etwa 374 v. Chr.). Ihm folgten neben Thomas Morus, Tommaso Campanella („Der Sonnenstaat“, 1623), Jonathan Swift („Gulliver´s travels“, 1726), E. Cabet („Reise nach Ikarien“, 1842) etc. Durch die im 19. Jahrhundert einsetzende technisch-naturwissenschaftliche Entwicklung kommt der durch Jules Verne geprägte Begriff der Sciencefiction auf. Im folgenden 20. Jahrhundert überwiegen die so genannten Antiutopien, in denen Schreckensvisionen einer totalitär beherrschten Gesellschaft überwiegen, wie z.B. in „1984“ von George Orwell aus dem Jahr 1949.
3 Werkimmanente Betrachtung
3.1 Mores Idealstaat
Wenn Ritter in „Die Dämonie der Macht“ fragt, ob Morus „ein Revolutionär, ein schwärmerischer Idealist“ sei, der „nur von der Wohlfahrt, den Rechten der Freiheit des Einzelnen weiß“; wenn er fragt ob Morus „die menschliche Natur für so edel, verträglich, wohlgesinnt“ hält und an die Möglichkeit glaube, es könne eine Gemeinschaftsordnung geben „in der es weder Kriege noch schwere Opfer für den Staat noch harte Gegensätze zwischen Armut und Reichtum zu geben braucht“3, so beschreibt er recht umfassend, was Utopia zu einem Idealstaat macht.
Der Entwurf ist revolutionär, ein humanistischer Staat, der auf kompromissloser Vernunft basiert. Die utopische Gesellschaft funktioniert durch gegenseitige Zusammenarbeit, Freundschaft und Frieden. Für Morus Zeit neu sind beispielsweise eine (eingeschränkte) Demokratie sowie Freiheit der Arbeit und allgemeine Bildung oder auch das Fehlen von Privateigentum sowie (weitgehend) von Klassenunterschieden.
Revolutionär ist auch die religiöse Toleranz der Utopier: Es gibt viele Religionen auf der Insel, wichtig ist nicht an wen geglaubt wird, sondern dass überhaupt ein Glaube besteht. Nur wer einen anderen Glauben schlecht macht, wird bestraft.4 Wer jedoch keinen Glauben hat wird zwar toleriert, aber geächtet und kann keine hohen Ämter besetzen.5
3.2 Morus Kritik an der zeitgenössischen Außenpolitik
Im ersten Buch lässt Morus Hythlodäus die zeitgenössische 6 Außen- und Kriegspolitik kritisieren.
Angeprangert wird die Macht- und Kriegsgier der Monarchen. Doch eigentlich geschieht dies eher indirekt, denn es wird geschildert, was deren Berater empfehlen und das Vorgehen als solches, der Verrat an Bündnispartnern, das Söldnertum, Bestechung, Betrug und Heuchelei. Außerdem beklagt er, dass Kriege Staatsschätze erschöpfen und Völker zu Grunde richten. Diese Kritik geht laut Avineri an die direkte Adresse Heinrichs des Achten.7
Wie später gezeigt wird, ergeben sich daraus bereits Widersprüchlichkeiten, da der Idealstaat teilweise hier angeprangerte Methoden einsetzt.
3.3 Außenpolitik Utopias
Im zweiten Buch, welches Morus zuerst geschrieben hat, werden verschiedene Aspekte der utopischen Außenpolitik an mehreren Stellen, insbesondere im Kapitel „Vom Kriegswesen“ beschrieben. Wie die gesamte Außenpolitik, wird auch der Krieg dem Rationalen unterstellt.
3.3.1 Außenbeziehungen
Der Außenhandel ist der wichtigste Aspekt der utopischen Außenpolitik. Er ist die Grundlage für den Reichtum des Staates, der dazu verwendet wird, die im ersten Buch kritisierten Kriegshilfen, Söldnertum und Bestechung zu bezahlen.8
Der Staat Utopia ist relativ autark, wichtigste Handelsgüter, außer Eisen, sind Gold und Silber.9 Edelmetalle dienen den Utopiern ausschließlich zur Bezahlung der Kriegsführung. Aus diesem Grund werden daraus Nachtgeschirre und Sklavenfesseln hergestellt. Würden sie daraus für die Bevölkerung wertvolle Gegenstände herstellen, könnten diese im Kriegsfall, wenn das Gold zur Bezahlung von Söldnern eingeschmolzen werden muss, sich davon nur ungern trennen.10
[...]
1 Hythlodeus ist ein dem Griechischen entlehnter Name und bedeutet sinngemäß "Schwätzer“, "Aufschneider“, "possenkundig“
2 Der Brockhaus multimedial unter „More, Sir Thomas“
3 Ritter, G.: Die Dämonie der Macht: Betrachtungen über Geschichte und Wesen des Machtproblems im politischen Denken der Neuzeit, 6. umgearb. Auflage, München, Leibniz, 1948, S. 653
4 Morus, Th.: Utopia, übersetzt von Kothe, Herrmann, Frankfurt / Main, Insel 1992, S. 183ff.
5 Ebd., S. 188
6 Ebd., S. 72ff.
7 Avineri, S.: War and slavery in More’s Utopia, International Review of Social History, Vol. VII, 1962, S. 266
8 Morus, Th.: Utopia, übersetzt von Kothe, Herrmann, Frankfurt / Main, Insel 1992, S. 123
9 Ebd., S. 122
10 Ebd., S. 124f.
- Arbeit zitieren
- Julia Smaxwil (Autor:in), 2004, Zu: Thomas Morus - Die konträren Seiten Utopias, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89625
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