In der vorliegenden Arbeit wird die Rolle der Medien bei der Umdeutung natürlicher
Körpervorgänge in Krankheiten untersucht.
Als Akteure dieser Medikalisierung werdendas Medizinsystem, die Pharmaindustrie, deren Public Relations (PR), die Bevölkerungund die Medien ausgemacht. Da es sich bei der Definition von Befindlichkeiten als Krankheiten um die Konstruktion eines Wirklichkeitsausschnittes handelt, wird dargestellt, welche Akteure und Faktoren einen Einfluss auf die Entstehung der Medienrealität haben. Mit Hilfe des Agenda-Setting- und des Framing-Ansatzes wird ein Modell der wechselseitigen Einflussbeziehungen im Medikalisierungsprozess entwickelt. Im empirischen Teil wird die Rolle der Medien bei der Medikalisierung am Beispiel der Berichterstattung zu den „männlichen Wechseljahren“ in den Jahren 1997 bis 2005 untersucht. Es werden Artikel ausgewählter Printmedien sowie Pressemitteilungen von Pharmaunternehmen und PR-Agenturen inhaltsanalytisch ausgewertet. Dabei werden die Erscheinungshäufigkeit im Zeitverlauf und die gewählten Frames zum niedrigen Testosteronspiegel miteinander verglichen.
Die Erscheinungshäufigkeit deutet zeitweise auf einen Zusammenhang zwischen PR
und Berichterstattung hin. Die Frame-Analyse identifiziert in den Artikeln sieben, in
den Pressemitteilungen fünf Frames. Zwei Frames („Medizinischer Schaden“ und
„Männliche Wechseljahre“), kommen in Pressemitteilungen und Artikeln übereinstimmend vor, zwei weitere Frames weisen starke Ähnlichkeiten auf („Männliche Gesundheitsmuffel“ und „Sexueller Schaden“ bzw. „Schaden für Sexualität und Männlichkeit“). Gut die Hälfte der in den Artikeln genutzten Frames können als Beitrag zur Medikalisierung des niedrigen Testosteronspiegels aufgefasst werden.
In ihrer Gesamtheit leisteten die Printmedien einen Beitag zur Medikalisierung des niedrigen Testosteronspiegels. Betrachtet man jedoch den Umgang der einzelnen Medien mit diesem Thema, findet man starke Unterschiede. Einzelne Medien verzichteten ganz auf eine Thematisierung oder berichteten nicht medikalisierend. Unterschiede sind auch im Zeitverlauf zu beobachten. Nach dem Erscheinen zweier kritischer Artikel im Spiegel und eines kritischen Buches zum Thema, wird deutlich weniger und kritischer über die „Männlichen Wechseljahre“ berichtet.
Schlagwörter: Medikalisierung, Wirklichkeitskonstruktion, Medienrealität, Agenda-
Setting, Framing, Frame-Analyse, Inhaltsanalyse, Printmedien, Testosteron, Andropause.
Inhaltsverzeichnis
- ABSTRACT
- EINLEITUNG
- Themenwahl und Problemstellung
- Aufbau und Vorgehensweise
- FORSCHUNGSSTAND
- Forschungsstand Medizinjournalismus
- Die „männlichen Wechseljahre“
- Medizinische Grundlagen
- Testosteron
- Testosteronmangel
- Testosterontherapie
- THEORETISCHER TEIL
- Gesundheit und Krankheit
- Gesundheit und Krankheit als Begriffe
- Gesundheit und Krankheit als soziale Konstrukte
- Medikalisierung
- Ursprung und Entwicklung des Begriffs
- Der Prozess der Medikalisierung
- Die Akteure
- Medien und Medikalisierung
- Die Realität der Medien
- Realität und Medienrealität
- Einflüsse auf die Medienrealität
- Ereignisbezogene Einflüsse
- Journalistenzentrierte Einflüsse
- Medieninterne Einflüsse
- Medienexterne Einflüsse
- Agenda-Setting
- Entwicklung der Agenda-Setting-Forschung
- Medienagenda, Publikumsagenda und politische Agenda
- Medien-Agenda-Setting
- PR und die Medienagenda
- Agenda-Building
- Agenda-Setting als Zweistufenfluss der Kommunikation
- Agenden im Medikalisierungsprozess
- Agenda-Setting im Medikalisierungsprozess
- Der Framing-Ansatz
- Begriffsklärung Frames/Framing
- Ursprünge des Framing-Ansatzes
- Arten von Frames
- Vertikale und horizontale Einteilung
- Inhaltliche Einteilung
- Strategisches Framing der PR
- Der Framing-Ansatz in der kommunikationswissenschaftlichen Forschung
- Auswahl der Medienframes
- Frame-Building
- Modell zum Prozess der Medikalisierung
- Zusammenfassung
- Gesundheit und Krankheit
- EMPIRISCHER TEIL
- Anlage und Durchführung der Untersuchung
- Forschungsfragen und Hypothesen
- Die verwendeten Methoden
- Die Inhaltsanalyse
- Die Frame-Analyse
- Auswahl des Untersuchungszeitraums
- Auswahl des Untersuchungsmaterials
- Auswahl der Titel
- Auswahl der Artikel
- Auswahl der Pressemitteilungen
- Definition der Analyseeinheit
- Kategorienbildung
- Allgemeine Kategorien
- Kategorien der Frame-Analyse
- Reliabilität und Validität
- Ergebnisse der Untersuchung
- Die Berichterstattung im Zeitverlauf
- Die Berichterstattung zum niedrigen Testosteronspiegel
- Anlass der Berichterstattung
- PR und Artikel im Zeitverlauf
- Zusammenfassung zur Häufigkeit der Berichterstattung
- Ergebnisse der Frame-Analyse
- Frames im PR-Material
- Interpretation des Framings der PR
- Frames in der Berichterstattung
- Vergleich der Frames in PR-Material und Berichterstattung
- Medikalisierende Frames in den Artikeln
- Medikalisierung im Zeitverlauf
- Medikalisierung einzelner Medien/Mediengattungen
- Die Berichterstattung im Zeitverlauf
- Anlage und Durchführung der Untersuchung
- Die Rolle der Medien bei der Medikalisierung von Gesundheitsproblemen
- Die Konstruktion von Krankheit als sozialer Prozess
- Die Interaktion zwischen Medien, Wissenschaft, Pharmaindustrie und Öffentlichkeit
- Die Bedeutung von Agenda-Setting und Framing für die mediale Darstellung von Gesundheit
- Empirische Analyse der Medienberichterstattung über „männliche Wechseljahre“
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende wissenschaftliche Hausarbeit befasst sich mit der Rolle der Medien bei der Umdeutung natürlicher Körpervorgänge in Krankheiten. Die Arbeit untersucht, wie das Medizinsystem, die Pharmaindustrie, deren Öffentlichkeitsarbeit (PR), die Bevölkerung und die Medien an diesem Prozess der Medikalisierung beteiligt sind. Es werden die verschiedenen Akteure und Faktoren beleuchtet, die Einfluss auf die Konstruktion der Medienrealität haben. Im Fokus stehen dabei die Konzepte des Agenda-Setting und des Framing, die ein Modell der wechselseitigen Einflussbeziehungen im Medikalisierungsprozess entwickeln.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit gliedert sich in einen theoretischen und einen empirischen Teil. Der theoretische Teil beleuchtet die Konzepte von Gesundheit und Krankheit, die Medikalisierung sowie die Rolle der Medien in diesem Prozess. Die Bedeutung von Agenda-Setting und Framing für die mediale Darstellung von Gesundheitsthemen wird ebenfalls erläutert.
Im empirischen Teil wird die Medienberichterstattung über die „männlichen Wechseljahre“ anhand ausgewählter Printmedien aus der Zeit von 1997 bis 2005 untersucht. Hierbei werden sowohl Artikel als auch Pressemitteilungen von Pharmaunternehmen und PR-Agenturen analysiert. Im Fokus der Untersuchung stehen die Häufigkeit der Berichterstattung und die Verwendung von Frames in den verschiedenen Textformaten.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter und Fokusthemen der Arbeit sind: Medikalisierung, Wirklichkeitskonstruktion, Medienrealität, Agenda-Setting, Framing, Frame-Analyse, Inhaltsanalyse, Printmedien, Testosteron, Andropause.
- Quote paper
- Kristina Patschull (Author), 2006, Medien als Krankheitserfinder? - Die Berichterstattung in ausgewählten Printmedien über Testosteronmangel bei älteren Männern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89049