1. Einleitung
Der Gründungsvertrag der Europäischen Gemeinschaft (EG) legte die zentrale Aufgabe der Gemeinschaft fest: „… durch die Errichtung eines Gemeinsamen Marktes und einer Wirtschafts- und Währungsunion sowie durch die Durchführung der in den Artikeln 3 und 4 genannten gemeinsamen Politiken und Maßnahmen in der ganzen Gemeinschaft eine harmonische, ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens, ein hohes Beschäftigungsniveau und ein hohes Maß an sozialem Schutz, die Gleichstellung von Männern und Frauen, ein beständiges, nichtinflationäres Wachstum, einen hohen Grad von Wettbewerbsfähigkeit und Konvergenz der Wirtschaftsleistungen, ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität, die Hebung der Lebenshaltung und der Lebensqualität, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern.“ Aufgrund gegenseitigen Misstrauens und der fehlenden Bereitschaft, nationale Souveränitätsrechte auf die supranationale Ebene der EG zu übertragen, erfolgte zur Umsetzung dieser Ziele eine ziemlich verdichtete Einigung. Die EG sollte sich auf die Sicherung der im Vertrag definierten vier Grundfreiheiten konzentrieren. Die unmittelbare wohlfahrtsstaatliche Versorgung der Bürger verblieb in den Verantwortungsbereichen der Nationalstaaten.
Der europäische Binnenmarkt mit seinen vier konstituierenden Freiheiten für Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr ermöglicht die uneingeschränkte Arbeitsmigration von EU-Bürgern in den Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft. In Artikel 48 des EG-Vertrages heißt es, dass Freizügigkeit „... die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedsstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen“ bedeutet. Daraus leitet sich das Recht ab, in einem anderen Mitgliedstaat zu leben und zu arbeiten. Ursprünglich bezog sich dieses Recht lediglich auf erwerbstätige Personen und ihre Familien. Heute gilt diese Regelung auch für andere Gruppen wie Studenten, Rentner und EU-Bürger im Allgemeinen. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Darstellung der Verordnung auf der Ebene der Europäischen Union
3. Auswirkung der Verordnung auf die Bundesrepublik Deutschland
4. Schlussbetrachtung
Bibliographie
1. Einleitung
Der Gründungsvertrag der Europäischen Gemeinschaft (EG) legte die zentrale Aufgabe der Gemeinschaft fest: „… durch die Errichtung eines Gemeinsamen Marktes und einer Wirtschafts- und Währungsunion sowie durch die Durchführung der in den Artikeln 3 und 4 genannten gemeinsamen Politiken und Maßnahmen in der ganzen Gemeinschaft eine harmonische, ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens, ein hohes Beschäftigungsniveau und ein hohes Maß an sozialem Schutz, die Gleichstellung von Männern und Frauen, ein beständiges, nichtinflationäres Wachstum, einen hohen Grad von Wettbewerbsfähigkeit und Konvergenz der Wirtschaftsleistungen, ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität, die Hebung der Lebenshaltung und der Lebensqualität, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern.“[1] Aufgrund gegenseitigen Misstrauens und der fehlenden Bereitschaft, nationale Souveränitätsrechte auf die supranationale Ebene der EG zu übertragen, erfolgte zur Umsetzung dieser Ziele eine ziemlich verdichtete Einigung. Die EG sollte sich auf die Sicherung der im Vertrag definierten vier Grundfreiheiten konzentrieren. Die unmittelbare wohlfahrtsstaatliche Versorgung der Bürger verblieb in den Verantwortungsbereichen der Nationalstaaten.
Der europäische Binnenmarkt mit seinen vier konstituierenden Freiheiten für Personen-,[2] Waren-,[3] Dienstleistungs- und Kapitalverkehr[4] ermöglicht die uneingeschränkte Arbeitsmigration von EU-Bürgern in den Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft. In Artikel 48 des EG-Vertrages heißt es, dass Freizügigkeit „... die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedsstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen“[5] bedeutet. Daraus leitet sich das Recht ab, in einem anderen Mitgliedstaat zu leben und zu arbeiten. Ursprünglich bezog sich dieses Recht lediglich auf erwerbstätige Personen und ihre Familien. Heute gilt diese Regelung auch für andere Gruppen wie Studenten, Rentner und EU-Bürger im Allgemeinen.
Die soziale Sicherheit ist für Personen, die ihr Recht auf Freizügigkeit wahrnehmen, eine Schlüsselfrage. Sie erlangt ihre Bedeutung dadurch, dass die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gewährleistet wird und dass Personen, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, im Hinblick auf ihre Rechte im Bereich der sozialen Sicherheit nicht beeinträchtigt werden. Darin liegt das wesentliche Ziel der Verordnung Nr. 1408/71 - die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit im Hinblick auf Personen, die ihrer Tätigkeit in einem anderen Land der EU nachgehen.
In der vorliegenden Expertise wird eine kurze Bestandsaufnahme der Verordnung 1408/71 und ihrer Umsetzung vollzogen. Es wird sich auf die Darstellung der Bedingungen und Regelungen für Wanderarbeiter mit der EU-Staatsbürgerschaft beschränkt. Arbeitnehmer aus Drittländern bleiben hierbei unberücksichtigt.
2. Darstellung der Verordnung auf der Ebene der Europäischen Union
Die soziale Sicherung der Bürger ist traditionell Aufgabe der Nationalstaaten. Wie in allen Politikbereichen ist die Handlungsfähigkeit der EU auf supranationaler Ebene abhängig von der Übertragung der Souveränitätsrechte durch die Mitgliedsstaaten. Insbesondere der Bereich der Sozialpolitik stellt in diesem Zusammenhang ein sehr sensibles Segment dar. Die Sozialsysteme haben sich „aufgrund unterschiedlicher Zielvorstellungen, Traditionen und Erwartungen unter verschiedenen ökonomischen Rahmenbedingungen entwickelt.“[6] Und insofern nationale Wahlen primär durch die Besetzung wohlfahrtsstaatlicher Themen gewonnen werden, ist eine Übertragung von Kompetenz aus diesem Bereich an die EU schwer realisierbar. Daher verwundert es nicht, dass in allen EG- und EU-Verträgen (zuletzt im Jahre 1997 im Vertrag von Amsterdam) konstatiert ist, dass die europäischen Institutionen kein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der sozialen Sicherungssysteme in den einzelnen Nationen haben. Die Kommission verfügt über keine Kompetenzen hinsichtlich sozialpolitischer Aktivitäten, es sei denn, sie wird hierzu ausdrücklich ermächtigt. Sie darf die sozialen Unterschiede in den einzelnen Ländern nicht harmonisieren.
Zur Gewährleistung grenzüberschreitender Mobilität bedarf es jedoch Maßnahmen zur sozialen Sicherheit, damit EU-Bürger in ihrem Recht auf Freizügigkeit nicht behindert werden. Da eine Harmonisierung der Sozialsysteme nicht zu erwarten ist, beschränkt sich die EG/EU auf die Koordinierung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zu sozialer Sicherheit. Ein zentrales Instrument hierfür besteht in der Verordnung 1408/71, mit welcher die Sozialversicherungsansprüche der Personen geschützt werden, welche innerhalb der Europäischen Union ihren Arbeitsplatz oder Wohnort wechseln.
Diese Regelungen bestehen seit dem Jahre 1972. Die Verordnung 1408/71 löste die Verordnung Nr. 3 des Rates über die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer vom 25. September 1958 ab. Bei ihr handelte es sich um zwingendes, unmittelbares Gemeinschaftsrecht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft.
Die Verordnung 1408/71 definiert vier Hauptgrundsätze. Der Gleichbehandlungsgrundsatz legt fest, dass Gastarbeitnehmer und Selbständige die gleichen Rechte wie die Staatsbürger des Gastlandes haben müssen. Die Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist an drei Bedingungen geknüpft: die Gleichstellung der Sachverhalte, die Zusammenlegung der Anrechnungszeiten und die Wahrung der Ansprüche. Ein Mitgliedstaat darf folglich den Zugang zu Sozialleistungen nicht nur den eigenen Staatsbürgern vorbehalten. Das Recht auf Gleichbehandlung gilt bedingungslos, ist also an keine Mindestaufenthaltszeiten geknüpft.
Der Zusammenlegungsgrundsatz bedeutet, dass der zuständige Mitgliedstaat die Versicherungs- und Beschäftigungszeiten aus den Arbeitsverhältnissen in verschiedenen Staaten zusammenrechnen muss. Es kann also eine unmittelbare Übertragung von einem Versicherungsträger in einem Mitgliedstaat auf einen Versicherungsträger in einem anderen Mitgliedstaat erfolgen. Dieser Grundsatz ist beispielsweise von Bedeutung, wenn die nationalen Vorschriften vorsehen, dass ein Arbeitnehmer über einen gewissen Zeitraum versichert oder beschäftigt gewesen sein muss, bevor er Anspruch auf bestimmte Leistungen hat, etwa Leistungen im Falle von Krankheit, Alter oder Arbeitslosigkeit.
[...]
[1] Vgl. Vertrag zur Gründung der EG, Artikel 2.
[2] Vgl. Vertrag zur Gründung der EG, Titel IV.
[3] Vgl. Vertrag zur Gründung der EG, Titel I.
[4] Vgl. Vertrag zur Gründung der EG. Titel III.
[5] Vgl. Art 48 (2), Vertrag zur Gründung der EG.
[6] Polster, A. (1994), S. 51
- Arbeit zitieren
- Mathias Kunze (Autor:in), 2008, Die Grundverordnung (EWG) Nr. 1408 / 71 als System der sozialen Sicherheit in der Europäischen Union und ihre Auswirkungen auf Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89011
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