Die Seminararbeit stellt Friedrich Ebert als Staatsmann der Mitte dar. Leitgedanke ist die Annahme, dass der SPD-Politiker jenseits aller partreipolitischer Erwägungen in seinem Amt als Reichspräsident immer bestrebt war, die demokratischen Kräfte Deutschlands zu einen und die Regierungsfähigkeit der ersten Weimarer Koalition sicher zu stellen.
In einem ersten Abschnitt beleuchtet die Arbeit Friedrich Eberts Rolle während des Ersten Weltkrieges innerhalb der SPD sowie im Bezug auf das Verhältnis zu den Machthabern im Reich ("Burgfriedenspolitik").
Der zweite Abschnitt illustiriert Eberts Rolle während der Anfänge der Weimarer Republik und den Richtungsstreit innerhalb der deutschen Sozialdemokratie.
Der dritte Abschnitt widmet sich Ebert in seiner Rolle als "Reichspräsident aller Deutschen" bis zu seinem Tod. Eine Schlussbetrachtung würdigt Ebert schließlich als den "Staatsmann der Mitte", der er für viele Interpreten seiner Zeit und der Nachwelt war.
Gliederung:
I. Einleitung :
II.1. Friedrich Ebert im ersten Weltkrieg:
II.2. Friedrich Ebert und der Richtungsstreit in der Sozialdemokratie:
II.3. Als " Reichspräsident aller Deutschen "
III. Schluss
Literaturverzeichnis:
I. Einleitung :
Diese Seminararbeit befasst sich mit einem derjenigen Politiker, welche durch ihre politische Arbeit und ihre Rolle als Staatsmann und Integrationsfigur die Weimarer Republik in ihrer frühen Phase entscheidend prägten: Dem ersten frei gewählten Präsidenten des Deutschen Reiches, dem Sozialdemokraten Friedrich Ebert.
Jener herausragende Politiker erscheint nicht nur wegen seiner zentralen Position in seinem Amt als Reichspräsident und als Integrations- und Symbolfigur für die junge Republik be- merkenswert; auch und vor allem seine für seine Zeit eher atypische Grundhaltung hebt Friedrich Ebert aus der Reihe der damaligen Berufspolitiker heraus.
In nahezu allen seinen zentralen politischen Entscheidungen und Äußerungen nämlich legte Friedrich Ebert eine Haltung an den Tag, welche - so die Hauptthese dieser Seminararbeit -
stets geprägt war von dem Bemühen, jenseits aller partei- und interessenpolitischen Erwägungen die unterschiedlichen gemäßigt -demokratischen Kräfte zum Wohle der Republik zu einen und zu pragmatischer Zusammenarbeit zu bewegen.
Obschon überzeugter Sozialist, so soll hier gezeigt werden, erkannte Ebert früh die Notwendigkeit einer parteiübergreifenden Zusammenarbeit, um die radikalen Kräfte des linken wie des rechten Flügels daran zu hindern, die noch ungefestigten demokratischen Strukturen der Weimarer Republik zu unterhöhlen.
Seine Rolle als sprichwörtlicher "Mann der Mitte"[1] soll hier anhand der kennzeichnenden Situationen seines politischen Lebens dargelegt und mit Hilfe seiner zahlreichen Reden vor dem Reichstag und seiner politischen Schriften illustriert werden.
Die Frage, aufgrund welcher prägenden Einflüsse in welchen Stationen seines Lebens Friedrich Ebert in jene doch recht einzigartige Position des Vermittlers und überzeugten Republikaners hinein wuchs und welches hierbei seine zentralen Leitbilder waren, möchte soll hierbei durch das fragmentarische Beleuchten einiger wichtiger Abschnitte des Lebens Friedrich Eberts beantwortet werden, wobei das Hauptaugenmerk auf jene Zeit gerichtet wird, in der Ebert bereits auf nationaler Ebene - als Parteipolitiker und Agitator - tätig war .
Demzufolge soll in einem Abschnitt dieser Abhandlung die Position Friedrich Eberts in dem Jahre dauernden Richtungsstreit innerhalb seiner Partei, zwischen der gemäßigten Parteimehrheit und dem radikal-marxistischen Flügel um Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg in aller Schärfe ausgefochten, dargelegt werden, um hieran seine stets auf Wahrung der Parteieinheit abzielende, an der politischen Notwendigkeit orientierte Grundhaltung deutlich zu machen.
In einem ersten Schritt jedoch soll - um dem chronologischen Ablauf der Ereignisse Rechnung zu tragen - ebenfalls Eberts Politik des "Burgfriedens" in der Zeit des ersten Weltkrieges untersucht werden, und somit eine Phase in dem politischen Werdegang Friedrich
Eberts , in der er sich erstmals ganz als jener Realpolitiker und Vernunftmensch zu erkennen gab, der bereit war , in offensichtlichen Notsituationen Parteiräson und Ideologie dem Gemeinwohl und den Belangen der Nation unterzuordnen .[2]
Sodann soll ein Bereich aus Eberts Zeit als Reichspräsident besonders betrachtet werden: Sein ständiges Bemühen, sämtliche demokratischen Kräfte in die Reichsregierung einzubeziehen und seinen entschlossenen Kampf gegen die radikalen Kräfte in der frühen Phase der Republik. Ebert zeigte sich auch hier ganz als Demokrat, als "Reichspräsident nicht einer Partei, sondern aller Deutschen", dem Klassenherrschaft und Diktatur als das größte Übel seiner Zeit erschienen. Die erste große "Weimarer Koalition" kann hierbei als praktisches Beispiel für Eberts stetiges Streben nach Ausgleich gelten.[3]
In diesem Zusammenhang soll auch die sich stetig verstärkende Hetze gegen den ersten Reichspräsidenten aus den Reihen konservativer Gruppen, sowie die oft sehr ehrverletzende Kritik aus dem linken Spektrum näher betrachtet werden .[4]
Es wird versucht, Ebert von all denjenigen seiner politisch aktiven Zeitgenossen abzugrenzen, für die nationale Politik nie etwas anderes bedeutete als ein Feld zur Durchsetzung lobbyistischer , machtpolitischer Interessen der eigenen Partei oder der eigenen gesellschaftlichen Gruppierung, wobei für jenen Typus sowohl das äußerst linke wie auch das äußerst rechte Lager hinreichend Beispiele liefern .
Auch jedoch soll Eberts eben durch jene konsequent anti-opportunistische Haltung verursachte wachsende Isolierung innerhalb der eigenen Partei betrachtet werden, die den Reichspräsidenten schließlich gar in die paradoxe Lage brachte, sich des Vorwurfs des angeblichen Landesverrats vor Gericht erwehren zu müssen.[5]
Diese Seminararbeit stützt sich in der Hauptsache auf das Werk "Friedrich Ebert" von
Peter-Christian Witt , welches sich sowohl durch seine Kompaktheit als auch durch seine Aktualität auszeichnet, sowie auf die sehr umfangreiche Biographie gleichen Titels von Wemer Maser. Ebenfalls wurden zur Belegung einzelner Thesen die von der "Stiftung Reichspräsident Friedrich Ebert" edierten Bände "Friedrich Ebert als Reichspräsident. Amtsführung und Amtsverständnis ." sowie "Friedrich Ebert und seine Zeit. Bilanz und Perspektiven der Forschung" herangezogen.
Eine absolut zentrale Rolle in der Erarbeitung dieser Seminararbeit spielten natürlich die von Friedrich Ebert junior herausgegebenen "Schriften, Aufzeichnungen, Reden" des ersten Reichspräsidenten, die ein sehr genaues Bild des Politikers und Denkers Friedrich Ebert zeichnen. Ebenfalls Eingang in meine Arbeit fanden Auszüge aus der Abhandlung "Der Vorwurf des Landesverrats gegen Reichspräsident Friedrich Ebert .Ein Stück deutscher Justizgeschichte ." von Michael Miltenberger , der sich ausführlich mit jenem hochpeinlichen Prozess um die Ehre des Reichspräsidenten befasst und hierdurch einen Einblick in die zahl- reichen Verleumdungskampagnen erlaubt, denen sich Friedrich Ebert in seinen letzten Jahren ausgesetzt sah .
Diese Seminararbeit verfolgt nicht das Ziel, den Menschen oder den Politiker Friedrich Ebert in irgendeiner Weise zu glorifizieren. Sie will lediglich anhand von Zitaten aus seinem Nach- lass sowie durch Gegenüberstellung der Haltung Eberts und der ansonsten oft üblichen politischen Praxis seiner Epoche dessen Sonderrolle in dieser speziellen Hinsicht herausarbeiten. Sie will Friedrich Ebert nicht als politischen Heiligen erscheinen lassen, wohl aber als den besonnenen, über der bloßen Machtpolitik und Parteiräson stehenden Staatsmann darstellen und würdigen, der Friedrich Ebert ohne Zweifel war .
II. Hauptteil:
II.1. Friedrich Ebert im ersten Weltkrieg:
In einem ersten Abschnitt dieses Hauptteils werde ich zunächst Friedrich Eberts Haltung und seine Politik während des ersten Weltkrieges betrachten, einer Phase der deutschen Geschichte , welche ob der allgegenwärtigen, fundamentalen Bedrohung Deutschlands und der Lebensgrundlagen des Deutschen Volkes eine seltsam einende Wirkung auf nahezu sämtliche politischen Kräfte in Deutschland ausübte.[6]
Mit Ausbruch des ersten Weltkrieges sah sich die Deutsche Sozialdemokratie, ähnlich ihren Schwesterparteien in den nunmehr gegnerischen Nachbarländern, einer Welle des Kriegspatriotismus und der Kriegsbegeisterung gegenüber, welche nicht nur die bürgerlichen Schichten, sondern auch die sozialistische Arbeiterschaft in weiten Teilen erfasste.[7]
Geschickt hatten Kaiser und Regierung die nationale Begeisterung in der deutschen Bevölkerung geschürt; insbesondere des Kaisers berühmt gewordener Ausspruch, er kenne "keine Parteien mehr, nur noch Deutsche" wurde von vielen Sozialdemokraten als eine Chance aufgefasst, dem politischen Gegner durch eine betont patriotische Haltung den Boden für die oft gebrauchte Schmähung vom "vaterlandslosen Gesellen" zu entziehen, als die das bürgerliche Lager die stark international orientierten Sozialdemokraten gerne sah .[8]
Friedrich Ebert konnte sich deshalb der Unterstützung einer breiten Mehrheit seiner Parteigenossen sicher sein als er, in1 Rahmen einer Reichstagsrede vom 29.05. 1915, gegenüber dem Plenum erklärte. "In dieser Stunde gesteigerter Gefahr bekennen wir uns rückhaltlos zu dem, was wir am 04. August und später hier erklärt haben. Wir stehen zu unserem Volk! Einmütig wird das deutsche Volk seine ganze Kraft einsetzen, um dieser neuen Gefahr Herr zu werden und unser Land zu schützen.“[9]
Derart vaterländisch-begeisterte Worte war man bis zu diesem Zeitpunkt aus dem Munde führender Sozialdemokraten nicht gewohnt, und vielleicht gründet sich auf jene konsequente Haltung Eberts als dem Vorsitzenden der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion und Sprachrohr der deutschen Sozialdemokratie das weit reichende Vertrauen, welches bürgerliche Politiker Ebert später in seiner Zeit als Reichspräsident entgegenbrachten. So schreibt das Organ der 'Deutschen Volkspartei " die 'Deutsche Allgemeine Zeitung' über Eberts Wiederwahl zum Reichspräsidenten 1922 , als deutlichen Beweis für Eberts durch solcherart stringentes Eintreten für die Sache seines Landes erworbenen Rückhalt auch in1 bürgerlichen Lager: "Herr Ebert gewann während seiner Amtszeit in hohem Maße die Achtung des Bürgertums, namentlich aller, die sein erfolgreiches Wirken beurteilen konnten .( ...) Dies böte dem bewährten und daher gegenwärtig kaum ersetzbaren Staatschef Gelegenheit, sich das Vertrauen und die Dankbarkeit aller Deutschen zu gewinnen .“[10]
[...]
[1] Vgl. Maser, Wemer, Friedrich Ebert. Der erste deutsche Reichspräsident. Eine politische Biografie. Seite 128 , München 1987 .Maser bringt hier eben jenen Terminus des' Mannes der Mitte' auf Ebert zur Anwendung.
[2] Vgl. 'Maser, Werner , Seiten 119 bis 128 ,'Krieg und Partei spaltung '; sowie Wirt , Peter-Christian , Seiten 75 bis 82 , , Um den Burgfrieden in der Sozialdemokratischen Partei' ; 'Die Spaltung der Partei und Fraktion '.
[3] Vgl. wie Anm. 2 , sowie Miller , Susanne , Friedrich Ebert und die Entwicklung der deutschen Sozialdemokra- tie im ersten Weltkrieg, in : König, Rudolf, e. a. , Friedrich Ebert und seine Zeit. Bilanz und Perspektiven der Forschung, München 1990.
[4] Vgl. Richter, Ludwig , Der Reichspräsident bestimmt die Politik und der Reichskanzler deckt sie: Friedrich Ebert und die Bildung der Weimarer Koalition, in : Kolb , Eberhard ( Hrsg. ) , Friedrich Ebert als Reichspräsi- dent .Amtsführung und Amtsverständnis, München 1997 .
[5] Vgl. z. B. Miltenberger , Michael, Der Vorwurf des Landesverrats gegen Reichspräsident Friedrich Ebert , Seite 15 ,Heidelberg 1989. 6 Siehe Anm. 5 .
[6] Vgl.: Maser, Wemer, Friedrich Ebert .Der erste deutsche Reichspräsident. Eine politische Biografie. Seiten 112 bis 119, München 1987.
[7] VgI.: Miller , Susanne, Friedrich Ebert und die Entwicklung der deutschen Sozialdemokratie im ersten Welt- krieg, in : König, Rudolf, e. a. , Friedrich Ebert und seine Zeit. Bilanz und Perspektiven der Forschung, Seite 57, München 1990.
[8] Vgl.: Ebenda, Seite 57 ; vgl. auch Maser, Wemer, Friedrich Ebert .Der erste deutsche Reichspräsident.
Seite 117 .
[9] Zitiert nach: Friedrich Ebert junior ( Hrsg. ) , Friedrich Ebert , Schriften, Aufzeichnungen, Reden. Band 1 , Seite 310 , Dresden 1926 .
[10] zitiert nach: Kampfmeyer , Paul , Friedrich Ebert / Ein Lebensbild. in : Friedrich Ebert junior ( Hrsg. ) , Friedrich Ebert , Schriften, Aufzeichnungen, Reden, Seite 103 , Dresden 1926 .
- Arbeit zitieren
- Diplom-Staatswissenschaftler (univ.) Bernd Floer (Autor:in), 2001, Friedrich Ebert - der erste Reichspräsident als Staatsmann der Mitte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88401
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