Die Arbeit beschäftigt sich damit wie sich die anhaltend hohen Korruptionsniveaus in den Entwicklungsländern Afrikas erklären lassen.
Die Arbeit beginnt (nach einer Einleitung in Kapitel 1) mit einer Definitionsfindung (Kapitel 2) und der damit verbundenen Unterscheidung zwischen verschiedenen Formen von Korruption. Der dritte Teil der Arbeit befasst sich mit der Messung von Korruption.
Der vierte Teil der Arbeit gibt einen Überblick über die Maßnahmen gegen Korruption, die in der Literatur vorgeschlagen und in der Realität schon durchgeführt worden sind.
Im fünften Kapitel wird zunächst das Korruptionsproblem speziell in Afrika dargestellt. Dann werden die Untersuchungskriterien für die folgenden Fallstudien vorgestellt. Der Verfasser bezieht sich hierbei auf die Studie von Brunetti & Weder (2003) und unterscheidet zwischen Determinanten der internen Kontrolle von Korruption, Determinanten der externen Kontrolle von Korruption und Indirekten Determinanten von Korruption.
In Kapitel 6 werden fallstudienartig die vier Länder Kamerun, Nigeria, Namibia und Südafrika untersucht. Sowohl Kamerun als auch Nigeria sind beim CPI auf den untersten Rängen vertreten (mit Aufwärtstrend). Dagegen sind Namibia und Südafrika eher auf den mittleren Rängen platziert. Gemeinsam sind den vier Ländern die politische Struktur sowie die Abhängigkeit von einem Hauptexportgut. Bei der Fallstudienanalyse geht der Verfasser bei jedem Land zunächst auf den (1) geschichtlichen Hintergrund des Landes, dann auf die oben genannten Kriterien (2) interne Kontrolldeterminanten, (3) externe Kontrolldeterminanten und (4) indirekte Determinanten ein. Bei den externen Kontrolldeterminanten unterscheidet der Verfasser in (a) Rechtssystem und Korruptionsausmaß, (b) die Rolle der Zivilgesellschaft und (c) die Rolle der Medien und Pressefreiheit.
Im siebten Kapitel versucht der Verfasser schließlich, allgemeine Erklärungsmuster der zuvor behandelten Fallstudien herauszuarbeiten. Als Haupterklärungsgründe für die vorherrschenden Korruptionsniveaus werden der Rohstoffreichtum und bad governance genannt. Schließlich wird das Korruptionsproblem noch in die allgemeinere Unterentwicklungsproblematik eingeordnet.
Die Arbeit schließt in Kapitel 8 mit einigen Schlussfolgerungen, z.B. der weiteren Verbesserung der vorhandenen Messinstrumente oder einer stärker interdisziplinären Forschung.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Definition und Überblick über die Korruptionsforschung
2.1 Definitionsfindung
2.2 Formen von Korruption
2.3 Theoriegeschichte der ökonomischen Korruptionsforschung
2.4 Zwischenfazit
3 Messung von Korruption
3.1 Empirie über Ursachen und Folgen von Korruption: objektive Messverfahren
3.2 Die subjektiven Messverfahren
3.2.1 Messinstrumente von Transparency International
3.2.1.1 Der Corruption Perception Index
3.2.1.2 Der Bribe Payers Index
3.2.1.3 Das Global Corruption Barometer
3.2.2 Der Governance Research Indicator der Weltbank
3.3 Zwischenfazit Messinstrumente
4 Bekämpfung von Korruption
4.1 Ansätze in der Literatur
4.2 Maßnahmen internationaler Organisationen im Kampf gegen Korruption
4.2.1 Maßnahmen der OECD
4.2.2 Maßnahmen der Vereinten Nationen
4.2.3 Maßnahmen der Extractive Industries Transparency Initiative
4.2.4 Maßnahmen der Afrikanischen Union
4.2.5 Maßnahmen der International Chamber of Commerce
4.2.6 Maßnahmen der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds
4.3 Zwischenfazit zur Bekämpfung von Korruption
5 Korruption in Afrika – der besondere Fall?
5.1 Afrika und Korruption
5.2 Kriterien für die Untersuchung
6 Fallstudien zu vier ausgewählten Ländern
6.1 Kamerun
6.1.1 Zur Geschichte Kameruns
6.1.2 Interne Determinanten der Kontrolle von Korruption
6.1.3 Externe Determinanten der Kontrolle von Korruption
6.1.3.1 Rechtssystem und Korruptionsausmaß
6.1.3.2 Die Rolle der Zivilgesellschaft
6.1.3.3 Rolle der Medien und Pressefreiheit
6.1.4 Indirekte Determinanten der Korruption
6.2 Namibia
6.2.1 Zur Geschichte Namibias
6.2.2 Interne Determinanten der Kontrolle von Korruption
6.2.3 Externe Determinanten der Kontrolle von Korruption
6.2.3.1 Rechtssystem und Korruptionsausmaß
6.2.3.2 Die Rolle der Zivilgesellschaft
6.2.3.3 Rolle der Medien und Pressefreiheit
6.2.4 Indirekte Determinanten der Korruption
6.3 Nigeria
6.3.1 Zur Geschichte Nigerias
6.3.2 Interne Determinanten der Kontrolle von Korruption
6.3.3 Externe Determinanten der Kontrolle von Korruption
6.3.3.1 Rechtssystem und Korruptionsausmaß
6.3.3.2 Die Rolle der Zivilgesellschaft
6.3.3.3 Rolle der Medien und Pressefreiheit
6.3.4 Indirekte Determinanten der Korruption
6.4 Südafrika
6.4.1 Zur Geschichte Südafrikas
6.4.2 Interne Determinanten der Kontrolle von Korruption
6.4.3 Externe Determinanten der Kontrolle von Korruption
6.4.3.1 Rechtssystem und Korruptionsausmaß
6.4.3.2 Die Rolle der Zivilgesellschaft
6.4.3.3 Rolle der Medien und Pressefreiheit
6.4.4 Indirekte Determinanten der Korruption
7 Allgemeine Erklärungsmuster
8 Schluss und Ausblick
Anhang 1: CPI-Werte der Fallstudienländer
Anhang 2: Control of Corruption-Index von
Anhang 3: Werte aus dem Global Corruption Barometer
Anhang 4: Freedom House Index of Press Freedom (Länder der Fallstudie)
Anhang 5: Vergütungsstatistiken im öffentlichen Sektor Nigerias
Anhang 6: Trennung der islamischen und nichtislamischen Bundesstaaten Nigerias
Literaturverzeichnis
Online-Quellen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
„Du sollst das Recht nicht beugen und sollst auch die Person nicht ansehen und keine Geschenke nehmen; denn Geschenke machen die Weisen blind und verdrehen die Sache der Gerechten.“
(Dtn 16,19)
1 Einleitung
Bei Annäherung an den Begriff der Korruption, der mit seiner Bedeutung der eigentlichen Thematik der Arbeit übergeordnet ist, entstehen folgende Fragen: Ist es ungerecht, sich einer Sache zu bemächtigen, um damit einen eigenen Vorteil zu erreichen? Gibt das der Arbeit vorangestellte Zitat aus dem Alten Testament möglicherweise eine moralische Vorgabe, an die sich im Wirtschaftsleben gehalten werden sollte oder sogar wird? Je nach Präsentation der Thematik in der Öffentlichkeit entsteht oftmals ein ganz unterschiedliches Bild. Zu Beginn des Jahres 2007 geriet beispielsweise Siemens in die Schlagzeilen. Die Korruptionsaffäre im Unternehmen war so bedeutend, dass sie als ein Grund für den Wechsel im Vorstand angesehen wurde. Doch nicht nur bei Großunternehmen spielen Bestechung, Vetternwirtschaft und weitere korrupte Aktionen eine Rolle. Sie haben Einzug in das gesamte Wirtschaftsleben gefunden, wenngleich es nicht immer auf den ersten Blick sichtbar wird.
Korruption ist mittlerweile ein allgegenwärtiges und alltägliches Phänomen, das sowohl Eingang in wissenschaftliche Untersuchungen als auch in die öffentliche Meinung gefunden hat. Das Beispiel Siemens verdeutlicht, dass vor solchen Aktionen nicht einmal hoch entwickelte Industriestaaten mit eigentlich gut funktionierenden Rechtssystemen gefeit sind.
Dennoch sind die Auswirkungen von Korruption in den Entwicklungsländern noch stärker. Es hat sich in internationalen Verbrechens-Gutachten über kriminelle Machenschaften in der Entwicklungswelt herausgestellt, dass Korruption u. a. mittlerweile eine ganz alltägliche Art der Peinigung der Bevölkerung darstellt, gegen welche mit gezielten Ansätzen und Initiativen entgegengewirkt werden muss. Es sind mittlerweile bei der Betrachtung von Elementen der Korruption von unterschiedlichen Institutionen Grenzen gezogen worden. Im Laufe der Arbeit wird von zahlreichen Maßnahmen wie Gesetzen, Konventionen oder ähnlichen Instrumenten die Rede sein. Auch in den Wirtschaftswissenschaften wird diese Thematik bereits seit mehreren Jahrzehnten behandelt, was sich ebenfalls im Laufe der Arbeit noch zeigen wird. Um welche Dimensionen geht es hierbei? Im Jahr 2004 belief sich eine Schätzung der Weltbank über die Höhe des Betrages, der jährlich an Bestechungsgeldern gezahlt wird, auf eine Bill. US-$, was in etwa drei Prozent des weltweiten Bruttoinlandsproduktes entspricht. Auf den ersten Blick erscheint es ein sehr hoher Betrag zu sein.
Diese Bestechungszahlungen laufen heimlich und im illegalen Bereich des Wirtschaftslebens ab. Deshalb können die Zahlungsflüsse nicht genau erfasst, sondern nur geschätzt werden. Zu klären ist in diesem Zusammenhang zunächst die Frage, was unter dem Begriff Korruption zu subsumieren ist, um diesen dann in geeigneter Form messen zu können. In einem zweiten Schritt ist es dann erst möglich, die Erscheinungsformen zu erfassen und Möglichkeiten zu entwickeln, wie – idealerweise auch ex ante – dagegen vorgegangen werden kann.
Im vergangenen Jahrzehnt hat sich dieses Forschungsfeld erheblich weiterentwickelt. Unabhängige Einrichtungen wie z. B. „Transparency International“ (TI) nahmen sich dieser Problematik an und erarbeiteten – wie in diesem Falle – mit dem so genannten Korruptions-Wahrnehmungs-Index einen Mechanismus, um in den illegalen Bereich ein wenig Licht zu werfen und einen greifbaren Wert zu erhalten, aus dem jährlich eine Länderrangliste der Korruption erstellt wird.
Bemerkenswert ist, dass dieser Index, der seit 1995 gelistet wird, die Entwicklungsländer – und vor allem die rohstoffreichen afrikanischen Länder – auf den unteren Plätzen darstellt. Diese Platzierung sagt aus, dass in den afrikanischen Ländern die Korruption sehr weit verbreitet ist und ein großes Problem darstellt. Allgemeine Gründe für die große Verbreitung von Korruption auf dem gesamten afrikanischen Kontinent wird diese Arbeit nur in Ansätzen liefern können, eine detaillierte Betrachtung würde den Rahmen sprengen. Dennoch sind einige kulturbedingte Aspekte sicherlich bemerkenswert und sollen daher im Laufe der Untersuchung angesprochen werden. Der Umfang der Arbeit soll sich aber auf eine fallstudienartige Bearbeitung der vier Länder Kamerun, Namibia, Nigeria und Südafrika beschränken, aus welcher sich jedoch allgemeingültige Ergebnisse ableiten lassen. Warum genau diese Länder ausgewählt wurden, wird im Fallstudienkapitel beschrieben. Ziel der Arbeit ist es, herauszustellen, ob die festgestellten Korruptionsniveaus sinnvolle Ergebnisse liefern und wie sich diese Ergebnisse im Einzelnen erklären lassen. Dazu bedarf es einer intensiven Untersuchung der Situation in den einzelnen Ländern.
Um die Fallstudien bearbeiten zu können, ist zunächst eine Begriffsdefinition nötig, die klarstellen soll, was im Rahmen dieser Arbeit unter Korruption zu verstehen ist. Diese wird neben einem Überblick über die Korruptionsforschung sowohl in theoretischer wie auch in empirischer Hinsicht im zweiten Kapitel erarbeitet. Das dritte Kapitel betrachtet Erhebungsmethoden zur Messung von Korruption und Probleme, die dabei auftreten. Nachdem Korruption in geeigneter Form gemessen ist, geht es darum, sie einzudämmen. Dazu haben sich verschiedene Möglichkeiten herausgebildet, die im vierten Kapitel betrachtet werden. Im fünften Kapitel liegt der Bezugspunkt auf dem afrikanischen Kontinent, indem der Frage nachgegangen wird, ob für selbigen besondere Kriterien in der Korruptionsfrage anzusetzen sind. Daneben werden Prüfkriterien für die Fallstudien entwickelt, die im sechsten Kapitel in die Bearbeitung der Fallstudien einfließen.
Das siebte Kapitel schließt mit einer kritischen Gegenüberstellung der Erkenntnisse, die innerhalb des Untersuchungsganges gewonnen wurden. Abschließend wird im achten Kapitel ein Ausblick auf mögliche weitere Wege in der Forschung geworfen und das Erarbeitete zusammengefasst.
Die Literaturlage auf diesem Gebiet ist, zumindest was den theoretischen Teil angeht, sehr vielseitig und ausgeprägt. Für die Fallstudien mussten neben Veröffentlichungen der Regierungen oder regierungsnahen Institutionen weitere Quellen von unabhängigen Einrichtungen herangezogen werden, um ein objektives Bild zur erhalten. Hervorzuheben sind dabei die Materialien von unabhängigen Organisationen vor Ort wie z. B. politischen Stiftungen, da die offiziellen Daten nicht immer vertrauenswürdig und belastbar waren.
2 Definition und Überblick über die Korruptionsforschung
Korruption als Begriff kann ebenso vielschichtig wie weit definiert werden. Aufzufinden ist sie in allen Wirtschaftssystemen. Ihr Auftreten ist z. B. nicht an Marktwirtschaft oder Zentralplanwirtschaft gebunden. Zwei direkte Probleme seien in diesem Zusammenhang erwähnt. Das vielfältige Auftreten von Korruption im Wirtschaftsleben macht einerseits eine eindeutige Gesetzgebung schwierig und lässt auf der anderen Seite eine eindeutige Begriffsdefinition nicht zu. Ziel soll in diesem Kapitel sein, aus den vielen möglichen Wegen eine Definition zu entwickeln, die als Grundlage für diese Arbeit dienen wird.
In einem zweiten Schritt wird der Werdegang in der ökonomischen Theorie näher beleuchtet.
2.1 Definitionsfindung
Zum Einstieg bei der Definitionsfindung bietet sich ein Blick auf die Herkunft des Begriffes an. Das deutsche Wort Korruption stammt von dem lateinischen Verb „corrumpere“. Es bedeutet übersetzt: beschädigen, (moralisch) verderben, aber auch speziell bestechen oder (zu etwas) verleiten. Ähnlich umschreibt es auch der Duden mit Bestechlichkeit, Verderben, Bestechung, Sittenverfall. Mit dieser Übersetzung deutet sich schon eine gewisse Komplexität des Begriffes der Korruption an, die nun deutlicher umrissen wird. Korruption an sich kann als Wahrnehmungsdelikt verstanden werden, denn die Prozesse spielen sich im Verborgenen ab. Mit dieser Umschreibung ist nicht nur gemeint, wie viel an Korruptionsgeschäften überhaupt aufgedeckt und wahrgenommen werden, sondern auch, was in einzelnen Ländern überhaupt unter Korruptionsvorgängen verstanden wird. Dafür gibt es keine einheitliche, weltweit gültige, Auffassung. Das ist auch der Grund, warum eine enge juristisch normative Definition von Korruption nicht sinnstiftend ist, da selbige nur auf den bezogenen Rechtsraum anwendbar wäre.
Eine abstraktere Definition von Korruption liefert JAIN, der Korruption als „acts, in which the power of public office is used for personal gain in a manner that contravenes the rules of the game” versteht. Etwas verkürzter, aber in die gleiche Richtung, geht die Weltbank, bei der Korruption „the abuse of public power for private benefit“ ist.
TI hingegen versteht unter Korruption „the abuse of entrusted power for private gain.” Auf den ersten Blick ähnlich wie die Umschreibung der Weltbank, wird aber hier der Aspekt der anvertrauten Macht in den Vordergrund gestellt, die sich nicht nur auf den öffentlichen Sektor beschränkt, sondern so auch den Wirtschaftsprozess mit einbezieht. Aus diesem Grund bezeichnet STYKOW die Feststellung, Korruption beziehe sich auf den Missbrauch eines öffentlichen Amtes zu privatem Vorteil, als kleinsten gemeinsamen Nenner bei der Begriffsuche. KRUG verstärkt diese Argumentation dadurch, dass sie für eine ökonomisch notwendige Theorie den Einbezug des privatwirtschaftlichen Bereiches als unerlässlich ansieht. Dafür findet ECKERT die Lösung einer breiteren Erklärung. Missbrauch stellt bei ihm regelwidriges Verhalten dar und die öffentliche Position beschränkt sich bei ihm nicht nur auf die staatlich-administrative Ebene, sondern schließt auch den Bereich des privatwirtschaftlichen Sektors mit ein, wenn dieser unmittelbar im Auftrag des Staates agiert, oder wenn Unternehmen in ihren Sektoren Monopolisten sind und deren Entscheidungen nicht nur Auswirkungen für die unmittelbar betroffenen Mitarbeiter des Konzerns haben.
Daher wird Korruption in ökonomischen Analysen weitestgehend an den Schnittstellen zwischen privatem und öffentlichem Bereich untersucht. Abläufen innerhalb der Bereiche wird hingegen weniger Beachtung geschenkt. Eine ökonomisch orientierte Arbeitsdefinition des Korruptionsbegriffs darf sich jedoch – wie schon festgestellt – nicht auf den öffentlichen Sektor beschränken, sondern muss auch den privatwirtschaftlichen einbeziehen. Dies ist auch als Grundlage für diese Arbeit wichtig, wenn Länder des afrikanischen Kontinents betrachtet werden. Kulturelle Unterschiede sorgen bei der Bewertung von Korruption ebenfalls für veränderte Betrachtungsweisen. Während vereinzelt Bestechung von Amtspersonen als Korruption angesehen wird, betrachten dies Länder mit anderem kulturellen Hintergrund als Geschenke. Eine rein westlich orientierte Perspektive wäre zu kurz gegriffen.
In der ökonomischen Theorie kann Korruption als Tauschgeschäft angesehen werden. Bei diesen Aktionen wird etwas getauscht, was eigentlich nicht tauschbar sein sollte. In der Regel sind nur wenige Individuen daran beteiligt, da das Risiko, dass sie aufgedeckt werden, bei steigender Teilnehmerzahl ebenfalls ansteigt. Dieser Argumentationslinie schließt sich ABBINK an, der bei Korruption das Charakteristikum der Reziprozität hervorhebt. Demnach könnten z. B. das bestechende Unternehmen und der zu bestechende Bedienstete einer Verwaltung aus diesem Tausch heraus Nutzen erhöhen. Da beide Seiten, sofern dieser Tausch aufgedeckt wird, mögliche Strafen in Kauf nehmen, bestehe seiner Meinung nach auch ein hohes Risiko.
Neben diesem Tauschkriterium, dessen Beweggrund der Tauschgewinn darstellt, sieht SCHMIDT noch drei weitere Merkmale bzw. Kriterien, die seiner Meinung notwendigerweise erfüllt sein müssen, damit Korruption vorliegt: Als zweites bezieht er sich auf die Tatsache, dass es sich bei Korruption immer um unerlaubte Transaktionen handeln muss. Eng verbunden damit ist das bei ihm dritte Merkmal, dass bei Korruption eine Amtsstellung oder eine andere Vertrauensposition ausgenutzt wird. Als Beispiel ist ein Beamter anzuführen, der Geld für sein Vorgehen annimmt, um einen bestimmten behördlichen Prozess entweder zu beschleunigen, zu überspringen oder zu unterbinden. Viertes Kriterium ist die „Heimlichkeit“. Es liegt im beiderseitigen Interesse der beteiligten Personen, dass die korrupte Handlung nicht an die Öffentlichkeit kommt.
BLUHM/FISCHER beschreiben dies als Korruption im engeren Sinne. Diese beinhaltet ihrer Ansicht nach Bestechung, Stimmenkauf und Versuche finanzieller Einflussnahme in konkreten Kontexten. Dem setzen sie Korruption im weiteren Sinne entgegen, die als allgemeiner Verfall dargestellt, und als „Krankheit des gesamten politischen Körpers“ beschrieben wird.
Durch diese Diskussion soll deutlich werden, dass neben dem bürokratischen Bereich und dem administrativen Bereich auch die politische Ebene in eine sinnvolle Arbeitsdefinition einbezogen werden muss. Es zeigt sich aber erneut, wie schwierig es ist, eine allgemeingültige und eindeutige Umschreibung des Begriffes zu finden.
Die Schwierigkeit wird für diese Arbeit insofern gelöst, dass zunächst eine relativ abstrakte Umschreibung gewählt wird. Die zahlreichen Differenzierungen sind nun mit einbezogen, was eine breitere Untersuchung vereinfacht. Korruption soll im Rahmen dieser Arbeit eine Aktion sein, bei welcher eine mit öffentlichen Aufgaben betraute Institution für private Zwecke ausgenutzt wird.
Die aufgezählten und umschriebenen Anforderungen werden von JOHNSTON in eine kompakte Umschreibung eingefügt und können somit als Arbeitsgrundlage genutzt werden:
„[Corruption is] the abuse of public office or resources, by officials or by the private parties, who seek to influence them, for private benefit – with ‚abuse’ being identified by legal or cultural standards.”
2.2 Formen von Korruption
Es gibt vielfältige Möglichkeiten, Korruption zu typisieren. Für diese Arbeit ist eine vertikale Typisierung nach der Ebene, in der Korruption auftritt, angemessen. In der Literatur werden in diesem Zusammenhang die Begriffe „Petty Corruption“ und „Grand Corruption“ genannt.
„Petty Corruption“ – oder auch Kleinkorruption – findet beispielsweise statt, wenn ein ertappter Schnellfahrer dem kontrollierenden Verkehrspolizisten Geld anbietet, um straflos auszugehen. Dies ist die Form der Korruption, die im Alltagsleben auftritt, und bei der im geringen Ausmaß an die untere Hierarchieebene Bestechungs- oder Beschleunigungsgelder bezahlt werden.
„Grand Corruption“ oder auch Großkorruption hingegen spielt sich auf Regierungsebene ab, wenn der Staat zur „Beute“ von Führungseliten wird, die klientelistisch agieren, z. B. bei der Privatisierung von Staatsbetrieben. Hierbei sind grundlegende Entscheidungen fällig, die durch Zahlungen auf höchster Politik- und Bürokratieebene beeinflusst werden. Eine andere Bezeichnung dafür ist die „Politische Korruption“, die sich auf politische Einflussnahme, motiviert durch unerlaubte Mittel, bezieht. Genauer gesagt geht es um die grundlegende Beeinflussung der Politik über Geldzahlungen durch die Privatwirtschaft.
Im Rahmen der Arbeit wird sowohl „Petty Corruption“ als auch „Grand Corruption“ mit einbezogen, da beispielsweise auch der CPI keine Unterscheidung zwischen den beiden Formen vornimmt.
2.3 Theoriegeschichte der ökonomischen Korruptionsforschung
In den 1960er Jahren entstand in den Sozialwissenschaften um den Korruptionsbegriff eine regelrechte Definitionsdebatte im angelsächsischen Sprachraum. Auch in diesem Abschnitt kann keine vollständige Übersicht über alle Theoriezweige gegeben werden, eine Übersicht dazu findet sich bei ALEMANN (2005).
Schon in den älteren Beiträgen zur Korruptionsforschung, die in den 1960ern bzw. frühen 1970ern erschienen sind, wird Korruption als ein Anwendungsfall aus der Preistheorie betrachtet. Untersuchungsgegenstand sind Prinzipal-Agenten-Probleme und Rent-Seeking-Fragestellungen. In diesen Fragestellungen wird das Verhalten von Akteuren auf Märkten untersucht. Diese Akteure setzen Geld oder andere Ressourcen dafür ein, um durch gezielte Beeinflussungen der Staatsgewalt zusätzliches Einkommen zu erzielen. Aber nicht nur zusätzliches Einkommen – wie z. B. durch spezielle Subventionen – kann das Ziel sein, sondern möglich ist auch das Anstreben von Sondervorteilen im Wettbewerb, z. B. durch den Ausschluss der Konkurrenten vom Marktzugang. Korruptionsgeschäfte sind dabei oftmals mit hohen Such- und Informationskosten verbunden, und eine Einwilligung der beiden Parteien in ein solches Geschäft hängt von der Höhe der Aufdeckungswahrscheinlichkeit sowie von den drohenden Sanktionen bei Aufdeckung ab. Die Aufdeckungswahrscheinlichkeit wird zum einen davon bestimmt, dass innerhalb der jeweiligen Organisation eine gewisse Kontrollmethodik vorliegt, und zum anderen dadurch, wie sich die Akteure, zu deren Ungunsten sich die korrupte Handlung auswirkt, verhalten. Beispiele dafür sind in erster Linie die potenziellen Akteure, die bei dem Korruptionsgeschäft nicht zum Zuge kommen, theoretisch aber auch korrumpieren würden oder könnten.
Diese Perspektive entstammt der „Neuen Institutionenökonomik“ und wird als „corruption economics“ bezeichnet. Deren Beschreibung von Korruption als Beziehungsphänomen bezieht zahlreiche in diesem Abschnitt aufgezählte Faktoren mit ein.
Bei Einbezug des Prinzipal-Agenten-Verhältnisses im Zusammenhang mit Korruption kann von einem Tauschgeschäft zwischen Agenten und Klienten gesprochen werden, bei welchem die Interessen des Prinzipals verletzt werden. Deshalb muss es heimlich geschehen. In der Spieltheorie wird diese Form des „moralischen Risikos“ als „Hidden Action“ bezeichnet. Der Agent unternimmt nach Vertragsabschluss eine Handlung, die für den Prinzipal nicht beobachtbar ist.
Mit dieser Methodik des Prinzipal-Agenten-Ansatzes kann also die Beziehung zwischen dem Beauftragten (der Agent, z. B. ein zuständiger Beamter), einem Auftraggeber (der Prinzipal, z. B. der Behördenchef oder übergeordnet der Wähler/Bürger) und ggf. einer Privatperson, mit welcher der Beauftragte kooperiert, analysiert werden. Wird öffentliche Korruption betrachtet, so ist der Prinzipal die ausübende Staatsmacht (Bürokrat), die von rechtsstaatlichen Institutionen vertreten wird. Der Prinzipal und der Agent sind beide am Erfolg der unsicheren Korruptionsmaßnahme beteiligt. Dabei ist zu bedenken, dass der Prinzipal den Vorgang theoretisch immer noch aufdecken könnte, und das Geschäft dann scheitert. Geldgeber ist die Privatperson, also der Klient. Über das konkrete Vorgehen, z. B. bei einem Genehmigungsverfahren, entscheidet aber der Agent, der seinen Nutzen, abhängig vom Anteil am Erfolg, maximieren will. Er setzt sich z. durch eine Gesetzesübertretung für private Bereicherung ein, was für den Prinzipal letztlich kaum zu überwachen ist. Auf dieses Vorgehen will der Prinzipal möglichst auch Einfluss nehmen, um seine Interessen zu wahren. Der Prinzipal möchte verhindern, dass die Bestechung in der Beziehung zwischen Agent und Klient stattfindet. Hierbei kann der Prinzipal Opfer von Korruption von Seiten des Agenten werden, denn der Bestechungsvorgang findet zwischen dem Beamten und dem Klienten statt. Dieser Ansatz, dem das streng rationale Menschenbild der Ökonomie zu Grunde liegt, ist nützlich beim Erkennen und Entwerfen von Strategien zur Bekämpfung von Korruption, weil er Lücken aufdeckt, die in Organisationen herrschen können. Betrachtet wird dieser Aspekt innerhalb der Ökonomie mit dem „Public Choice Ansatz“. Im Rahmen dieser in den 1960ern u. a. von BUCHANAN/TULLOCK entwickelten Theorie, wird der Staat als endogener Faktor betrachtet, der im Einklang mit Interessengruppen, der Bürokratie, Wählern und Politikern die Ergebnisse der Politikprozesse herbeiführt. Die Theorie untersucht mittels der ökonomischen Instrumentarien, wie diese Prozesse ablaufen. Alle Individuen, die in ihren jeweiligen Bereichen betrachtet werden, sind dabei auch als selbstinteressierte Eigennutzen-Maximierer anzusehen. Alle Handlungen werden dabei von Individuen geleistet. Dies gilt auch für die Betrachtung der Staatsebene und schließt damit ein organisches Verständnis des Staates aus.
Die Untersuchung der Anreize zur Korruption, die in der unterschiedlichsten Form miteinander wirken, wird in der verhaltenswissenschaftlichen Ökonomie durch Laboruntersuchungen als empirische Grundlage eingesetzt. Neben dem klassischen Menschenbild der Ökonomie wird bei einzelnen Maßnahmen vorausgesetzt, dass auch soziale oder moralische Motive eine Rolle spielen können. In den Studien werden in der Hauptsache zweierlei Arten von Instrumenten abgeprüft. Zum einen solche, die über materielle Anreize wie Strafen oder Sanktionen eine Einschränkung der Korruption ermöglichen sollen, zum anderen welche, die dies durch den Einfluss moralischer Normen und Standards ermöglichen sollen. Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass Anti-Korruptionsmaßnahmen, die sich auf die materiellen Einschränkungen beziehen, eher Erfolg versprechend sind als die moralischen.
Die Wirksamkeit von Anti-Korruptionsmaßnahmen war jedoch nicht immer Thema der Ökonomie. In der traditionellen ökonomischen Sicht wird Korruption mitunter sogar als effizienzerhöhend angesehen und die positiven Effekte von Korruption betont. Genauer gesagt geht es hierbei um die positiven Effekte, die Korruption auf das Wachstum der Wirtschaft haben kann. MBAKU beschreibt diese Position in Verbindung mit den afrikanischen Staaten folgendermaßen:
„corruption can for example ‘grease’ the wheels of what is traditionally a rigid and unresponsive bureaucracy and make it more flexible and responsive to the needs of the entrepreneurial class.“
Auch HUNTINGTON hebt die positiven Konsequenzen hervor. Er betrachtet Korruption als einen entscheidenden Bestandteil der frühen Modernisierung eines Landes und bezieht diese Argumentation zum einen auf Staaten in der Phase der Industriellen Revolution im 19. Jahrhundert – wie Großbritannien oder die USA – bei denen die Korruption z. B. im Eisenbahnbereich oder im Industriebereich das Wirtschaftswachstum beschleunigt hat. Zum anderen bezieht er sie auf die afrikanischen Staaten, die sich in einer ähnlichen Modernisierungsphase befinden. Ebenso dient die Korruption nach Meinung weiterer Befürworter dieser Sicht dazu, dass beispielsweise die Genehmigungsverfahren von Projekten beschleunigt werden. Bürokraten haben einen Anreiz, für ihre Klientel Leistung zu bringen und ihnen zu helfen, das anvisierte Ziel schnell zu erreichen.
In eine ähnliche Richtung zielt das Argument der allokativen Neutralität von Korruption. Hierbei wird begründet, dass diejenige Firma bei einer öffentlichen Ausschreibung ohne Korruption zum Zuge kommt, die eine Leistung zum günstigsten Preis anbietet, weil sie einen Kostenvorsprung gegenüber den anderen Wettbewerbern aufweisen kann. Im Korruptionsfall käme dann ebenfalls diese Firma zum Zuge und würde die Ausschreibung gewinnen, weil sie die höchsten Bestechungsgelder an den korrupten Agenten zahlen kann. Dabei wird nur die Verteilung zwischen Staat und Agent verändert, weitere negative Folgen gibt es nicht.
OSTERFELD argumentiert sowohl in die positive als auch in die negative Richtung. Es existiert eine Korruptionsart, die positive Auswirkungen auf Wachstum und Entwicklung haben kann. In einer überregulierten Wirtschaft gibt es seiner Auffassung nach zwei Arten von Korruption. Die erste Art ist die expansive Korruption, die nur korrupte Aktivitäten einbezieht, die wettbewerblichen Austausch erleichtern, fördern oder verbessern und die Wirtschaft durch das Wegräumen staatlich gelegter Hindernisse zum wettbewerblichen Ideal hin bewegt. Als zweite Korruptionsart bezeichnet OSTERFELD die restriktive Korruption, die negative Auswirkungen hat und nur auf die Umverteilung von Wohlstand und Reichtum in der „hegemonic class“, wie er sie nennt, bezogen werden kann. Darunter fällt seiner Ansicht nach jedwede bürokratische Korruption, die den Beamten in der Verwaltung nur zur Bereicherung dient.
Die rein positive Sichtweise ist jedoch heute mittlerweile durch Analysen widerlegt worden. Sie beruhte hauptsächlich auf dem Aspekt, dass die Thesen und Meinungen über die Effekte von Korruption nicht empirisch überprüfbar waren, da die Instrumente dafür fehlten.
Mittlerweile ist durch Schätzungen gut dargelegt, welches Ausmaß die negativen finanziellen Konsequenzen von Korruption betragen können. Beispielsweise beruft sich der Auswärtige Ausschuss im US-Senat auf eine Studie von WINTERS, derzufolge bei der Weltbank in den vergangenen 60 Jahren etwa 100 Mrd. US-$ nicht in die dafür vorgesehenen Projekte geflossen sind. Ähnlich sei es mit den seit 1946 von der Weltbank vergebenen Darlehen gelaufen, von denen etwa 5% bis 25% der 525 Mrd. US-$, also 26 Mrd. US-$ bis 130 Mrd. US-$, für andere Zwecke missbraucht wurden.
Bei Summen in einem solchen Ausmaß kann bei den auftretenden Effizienzverlusten nicht mehr uneingeschränkt von positiven Konsequenzen gesprochen werden; es existiert daher auch die gegenteilige Meinung. Hier sei angemerkt, dass ebenfalls aus einer theoretischen Sicht der Ökonomie gegen Korruption argumentiert werden kann, weil diese das Pareto-Kriterium verletzt.
Die Autoren, die diese gegenteilige Sicht vertreten (u. a. MAURO, dessen empirische Grundlagenstudie noch angesprochen wird), sind der Auffassung, dass Korruption eher nachteilig für Geschäfte und Innovatoren ist. ABBINK spricht z. B. davon, dass Korruption für die Öffentlichkeit negative externe Effekte als Konsequenz hat. Dem Argument der allokativen Effizienz von Korruption wird u. a. entgegengehalten, dass das Geheimhalten einer korrupten Transaktion einen gewissen Aufwand ausmacht, wenn die Zahlung des Bestechungsgeldes als Vergütung für ein vermeintliches Gutachten definiert wird, da in diesem Fall der bestechenden Unternehmung kein Gegenwert für die Entlohnung entsteht. Ebenso, um den Vertrauensaspekt mit einzubeziehen, kann es zweckmäßig sein, in einem solchen Bestechungsprozess sich als Bürokrat mit bekannten Unternehmen, zu denen eine Vertrauensbeziehung besteht, zu arrangieren und keine neuen Mitbewerber in den Markt eintreten zu lassen, die einem noch unbekannt sind.
Nicht nur in der reinen Wissenschaftstheorie hat sich die Sicht auf Korruption gewandelt, sondern auch im allgemeinen Sprachgebrauch. In den 1970ern und 1980er Jahren galt Korruption weitgehend als System stabilisierend und hatte nicht das negative Image wie heute. Heutzutage hingegen wird Korruption von der öffentlichen Meinung verurteilt. Diesen Meinungswandel haben die USA angestoßen, die nach dem Lockheed-Skandal im Jahr 1976 ein nationales Antikorruptionsgesetz erließen, den „American Foreign Corrupt Practices Act“ von 1976. Damit die heimischen Unternehmen keinen Wettbewerbsnachteil hatten, setzte sich die amerikanische Regierung für die Ausarbeitung der OECD-Konvention gegen die Korruption ein. Des Weiteren machte es für die beteiligten Staaten das Ende des Kalten Krieges unnötig, mit korrupten und repressiven Regimen zu kooperieren, um Verbündete zu gewinnen. Auch in Folge der Terroranschläge des 11. Septembers 2001 wurde der Kampf gegen Korruption verstärkt. Hier wird in der Hauptsache gegen das organisierte Verbrechen – in dem Fall Geldwäsche – vorgegangen.
2.4 Zwischenfazit
In diesem Kapitel haben sich zwei Punkte herausgestellt. Zum einen gibt es in der Theorie unterschiedliche Sichten auf Korruption, die danach sowohl positive als auch negative Konsequenzen auf den Wirtschaftsprozess und einzelne Kriterien haben. Während in der traditionellen Sicht positive Effekte bemerkt wurden, die von der Korruption ausgehen, ist die Opinio communis der Wissenschaft heute, dass Korruption nachteilig für die ökonomische und politische Entwicklung ist.
Die Beschreibung der Entwicklung hat gezeigt, dass eine eindeutige Position nicht ohne den Versuch einer empirischen Untermauerung zu vertreten ist. Das führt nun zunächst zu einigen Ergebnissen, die in unterschiedlichen Studien erhoben worden sind und nun vorgestellt werden.
Diese Vorgehensweise erfolgt aus zweierlei Gründen, um zum einen damit eine bessere Basis für den Fallstudienteil zu entwickeln, und zum anderen, um die Messverfahren schon ein wenig näher betrachten zu können.
3 Messung von Korruption
Die Messung von Korruption hat in den vergangenen zehn Jahren an Bedeutung zugenommen. Seit die unabhängige Organisation TI im Jahre 1995 zum ersten Mal den so genannten CPI aufgestellt hat, konnte nun erstmalig eine Rangliste der von Korruption betroffenen Länder erstellt werden. Ebenso wurde die Analyse von Querschnittsdaten zum Hauptinstrument in der Korruptionsforschung. Dieser Entwicklung hat sich auch die Weltbank nicht weiter entziehen können und ist mittlerweile in der Messung von Korruption ebenfalls positioniert.
In der ökonomischen Korruptionsforschung wird die Haupterkenntnis aus der Analyse theoretischer Modelle gewonnen. Es existieren nur wenige empirische Untersuchungen auf diesem Gebiet. Dabei wird zwischen Verfahren mit objektiven und subjektiven Daten unterschieden. Bei den objektiven Daten werden bestimmte Entwicklungen, die auf Korruption hindeuten, mit anderen aggregierten Daten ins Verhältnis gesetzt. Als Beispiel dient bei GOEL/NELSON (1998) die Anzahl der wegen Missbrauchs der Staatsgewalt verurteilten Entscheidungsträger in der öffentlichen Verwaltung, die ins Verhältnis mit den Staatsausgaben pro Einwohner gesetzt wird, um so auf das Korruptionsniveau schließen zu können.
Auch hat sich in der praktischen Durchsetzung in den vergangenen zehn Jahren einiges getan.
Es gibt drei Kategorien von Korruptionsindizes, die sich eher auf subjektive Erhebungen stützen. Erste Kategorie sind die Indizes des „International Country Risk Guide“ und des Indexes von „Business International“, die auf Einschätzungen von Länderrisiken durch dort tätige Experten aus internationalen Unternehmen oder Banken beruhen. Eine zweite Kategorie ist entstanden durch die Befragung in- und ausländischer Geschäftsleute und der Öffentlichkeit. Dabei werden mittlerweile Einzelumfragen, wie beispielsweise von der Weltbank mit den „Business Environment and Enterprise Performance Surveys“ (BEEPS), bei denen Geschäftsleute über Schmiergeldzahlungen an Politiker befragt werden oder dem „Afrobarometer“, das regional auf den afrikanischen Kontinent bezogen ist, erhoben. Diese beiden Einzelumfragen weisen nach LAMBSDORFF jedoch kaum ausreichend große Stichproben auf, die mit überzeugenden Erhebungsmethoden geprüft werden können. Weiterhin beinhalten sie immer nur Daten aus einem Jahr und nicht aus mehreren Jahren. Als dritte Kategorie fungieren nun die Messinstrumente, die die Ergebnisse der ersten und zweiten Kategorie durch Bündelung einer größeren Anzahl von Einzelumfragen aggregieren, um die Datenzuverlässigkeit zu erhöhen und/oder Messfehler auszugleichen. In diesem Kapitel werden exemplarisch die subjektiven Messinstrumente der Weltbank und von TI vorgestellt.
Wie in Abschnitt 2.2 festgestellt, haben die am Korruptionsprozess beteiligten Individuen selbst kein Interesse daran, dass dieser Prozess aufgedeckt wird. Deshalb wickeln sie ihre Taten im Verborgenen ab und wollen eher vermeiden, dass selbige ans Tageslicht kommen. Somit ist die direkte Wirkung von Anti-Korruptionsmaßnahmen nur schwierig empirisch nachprüfbar.
Dennoch versucht der folgende Abschnitt die theoretischen Erkenntnisse empirisch zu untermauern. Dort werden zunächst die Ergebnisse der objektiven Messverfahren vorgestellt, um anschließend in Abschnitt 3.2 zwei einflussreiche subjektive Messinstrumente, den CPI von TI und den „Governance Research Indicator“ der Weltbank, vorzustellen.
Dabei wird auch kurz auf Ursachen und Folgen von Korruption eingegangen. Dies erfolgt aus Platzgründen nicht in erschöpfender Art und Weise, aber zumindest ausreichend, um einen Überblick zu erhalten.
3.1 Empirie über Ursachen und Folgen von Korruption: objektive
Messverfahren
Was die Ursachen von Korruption angeht, so haben sich im Laufe der Zeit mehrere als potenziell signifikant erwiesen, die einer empirischen Überprüfung unterzogen worden sind. Zunächst sind hierunter institutionelle Determinanten aufzuführen, wie z. B. die Größe des Regierungsapparates und dessen positive Korrelation mit Korruption. Es lässt sich innerhalb der Studien jedoch kein eindeutiges Ergebnis finden, auch gegensätzliche Resultate werden geliefert. Offensichtlich spielen kulturelle Faktoren, wie z. B. die Akzeptanz der Regierung in der Bevölkerung, in diesem Zusammenhang eine Rolle. Auch was die Qualität von Institutionen betrifft, finden sich widersprüchliche Resultate, die im Laufe dieses Abschnitts angesprochen werden.
Wichtige Begriffe, die im Zusammenhang mit einem niedrigen Grad an Korruption genannt werden können, sind Religion und das Vertrauen der Gesellschaft in die Verlässlichkeit des Rechtssystems. Die Bedeutung der Religion spiegelt sich darin wider, dass die an der Spitze des CPI stehenden Länder – mit Ausnahme von Irland – allesamt protestantischen Ursprungs sind. Die hierarchischen Religionen wie der Katholizismus oder der Islam gelten als anfälliger für Korruption und sind damit häufiger von Korruption betroffen. Diese These wurde vor LAMBSDORFF auch schon von TREISMAN untersucht. In Bezug auf das Vertrauen ist eine weitere Erkenntnis aus der Studie von TREISMAN, dass Länder, die ehemals britische Kolonien waren, einen niedrigeren Level an Korruption aufweisen, als Länder mit anderem historischen Ursprung. Er begründet dies mit der Verlässlichkeit hinsichtlich des Rechtssystems, einer so genannten „legal culture“, die in den ehemaligen britischen Kolonien sehr ausgeprägt ist. Das verdeutlicht auch das Ergebnis, dass in der langen Frist demokratischere Länder ebenfalls weniger Korruption aufweisen. TREISMAN hat in seiner Grundlagenstudie weiterhin verdeutlicht, dass ein positiver Einfluss von Staatsinterventionismus auf die Wirtschaft mit hoher Korruption einhergeht.
Es kristallisierte sich schon heraus, dass in jüngerer Vergangenheit eher die negativen Aspekte der Korruption betont und untersucht wurden. Auch diese Erkenntnisse fußen auf empirischen Studien, deren Ansätze und Ergebnisse kurz beleuchtet werden sollen.
Die im Laufe der Zeit aufgestellten verschiedenen Thesen wurden zum Großteil mit internationalen Querschnittsstudien überprüft. Pionier auf diesem Gebiet war MAURO, der den Einfluss von Korruption auf die Investitionsquote in verschiedenen Ländern misst. Grundlage für diese Messung waren die von „Business International“ aufgestellten Länderberichte, mit denen Risikoeinschätzungen für Investoren und Kapitalgeber vorgenommen wurden. Im Ergebnis ist der Einfluss der Korruption dabei hochsignifikant mit einem t-Wert von 4,41. Dabei ließ sich als Resultat festhalten, dass, wenn sich ein Land um einen bestimmten Wert innerhalb des Korruptionsniveaus verbessert, auch die Investitionsquote um einen bestimmten Prozentsatz steigt. Um es etwas deutlicher zu formulieren: MAURO fand einen signifikant negativen Zusammenhang zwischen dem Korruptionsindex und der Investitionsrate bzw. der Wachstumsrate heraus. Ein ähnliches Ergebnis erzielte MAURO für die Beziehung zwischen Staatsausgaben (als Anteil am BIP gelistet) und dem Korruptionsindex. Die Ausgaben der Regierung für Bildung – ebenfalls als Anteil am BIP gemessen – sind signifikant negativ korreliert mit Korruption. Eine Abnahme der Korruption geht einher mit höheren Ausgaben für Bildung. Dabei fällt auf, dass es leichter ist, aus großen und unübersichtlichen Infrastrukturprojekten Korruptionseinnahmen zu erzielen, als bei Maßnahmen im Bildungswesen , die sich ja durch eher kleinere Projekte auszeichnen.
Auch für den Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und Korruption findet MAURO mit Hilfe einer ökonometrischen Schätzung eine signifikant negative Beziehung über die Periode zwischen 1960 und 1985. Eine Untersuchung dieses Zusammenhangs haben ANOURU/BRAHA (2005) für 18 afrikanische Länder durchgeführt und kommen dabei zu dem Ergebnis, dass ein Zuwachs an Korruption um eine Einheit das Wachstum im Beobachtungszeitraum um 0,87% senkt.
TANZI/DAVOODI stellen heraus, dass durch Korruption die Staatseinnahmen zurückgehen und dies zu einer schlechteren öffentlichen Infrastruktur führt. Ebenso geben korrupte Länder weniger für öffentliche Unternehmen und Instandhaltung aus.
Auf den ersten Blick erscheinen die Studien alle recht eindeutig in ihrer Aussage. Über Korruption wird kein gutes Urteil gefällt. Dennoch lässt sich mit Hilfe der Empirie zumeist nur der Zusammenhang zwischen zwei Sachverhalten messen, z. B. Wirtschaftsleistung und Korruption. Die Frage nach dem Kausalzusammenhang, also im besagten Beispiel, ob ein Land eine schwache Wirtschaftsleistung erzielt, weil es korrupt ist oder ob es korrupt ist, weil es eine schwache Wirtschaftsleistung erzielt, lässt sich dabei jedoch nicht beantworten. Ähnlich ist es bei den vom „United Nation Office on Drugs and Crime“ seit 1970 erhobenen Statistiken zu offiziellen Daten nationaler Polizei- und Justizbehörden zur Anzahl korruptionsbezogener polizeilicher Vorgänge, Anklageerhebungen, Verurteilungen und Strafen. Auch hier kann es bedeuten, dass die Justiz beispielsweise effizienter arbeitet und mehr Personen, die an Korruptionsvorgängen beteiligt sind, verurteilt, während die absolute Zahl an Delikten möglicherweise am Abnehmen ist. Übrig bleibt also ein erheblicher Unsicherheitsfaktor. Das Problem bei den objektiven Daten ist zudem, dass die Ergebnisse der Korrelationen auch anders erklärt werden können, im beschriebenen Fall z. B. durch die Effizienz der Gerichte oder anderer Strafverfolgungsbehörden und nicht zwangsläufig durch einen Rückgang der Korruption.
3.2 Die subjektiven Messverfahren
Im Rahmen der Korruptionsbekämpfung ist die Ursachenforschung essenziell wichtig, um dagegen vorgehen zu können oder auch im Vorfeld zu verhindern, dass sich bestimmte Sachverhalte hin zu Korruption entwickeln. Dafür alleine reichen die objektiven Messverfahren alleine jedoch nicht aus.
Deshalb wird der größere Teil der Untersuchungen durch subjektive Daten untermauert, die durch Einzelbefragungen aufgenommen, anschließend gebündelt werden und daher die Erfahrungen sowie die Wahrnehmung der durch Korruption Betroffenen widerspiegeln. Dabei handelt es sich um die so genannten „Perception Indices“, die nun beschrieben werden.
3.2.1 Messinstrumente von Transparency International
Die in der Einleitung angesprochene private Vereinigung TI wurde 1993 auf Initiative vom vormaligen Bereichsleiter Ostafrika der Weltbank, Peter Eigen, gegründet und hat mittlerweile über 80 jeweils eigenständige Sektionen auf der ganzen Welt, die sich alle für transparente Vorgänge im Wirtschaftsgeschehen einsetzen.
In seiner Tätigkeit bei der Weltbank Anfang der 1990er hatte Eigen mit anderen Mitarbeitern aus der für Ostafrika zuständigen Gruppe festgestellt, dass Korruption alles torpedierte, was sie zur Armutsbekämpfung und zur Demokratisierung in den Ländern der Dritten Welt unternommen hatten. Innerhalb der Weltbank war es zum damaligen Zeitpunkt noch nicht möglich, dieses Problem anzugehen, dort existierte noch eine völlig andere Sichtweise auf das Korruptionsproblem. Zu diesem Zeitpunkt wurde Korruption noch nicht als Problem angesehen. Die Initiative dieser Gruppe wurde eingedämmt und musste sich fortan selbständig entwickeln, woraus TI erwuchs.
Zur Messung von Korruption nutzt TI im Wesentlichen drei Konzepte, die aber in ihrer Bedeutung unterschiedlich sind, der bereits erwähnte „Corruption Perception“-Index (CPI), der „Bribe Payers Index“ (BPI) und das „Global Corruption Barometer“ (GCB). Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt in einer Ordinalskala, auf der jedes Land seinen Rang findet.
3.2.1.1 Der Corruption Perception Index
Der CPI, den TI seit 1995 jährlich listet, beschreibt, für wie bestechlich ein Land gehalten wird. Er deckt mittlerweile (2006) 163 Länder ab, worunter sowohl Industrie- als auch Entwicklungs- oder Transformationsländer zu finden sind und ist gleichzeitig das bedeutendste Messinstrument von TI. Als Informationsquellen dienen dabei internationale Wirtschaftsanalysen von Universitäten, Wirtschaftsforschungsinstituten sowie Entwicklungsbanken. Liegen mindestens drei oder mehr solcher Untersuchungen für ein Land vor, wird es in den CPI aufgenommen. Es handelt sich um einen zusammengesetzten Index (Composite Index), der seine Ergebnisse auf verschiedene Umfragen und Daten stützt, die neun unabhängige Institutionen durchgeführt haben. Genauer gesagt beruht er auf der Einschätzung von Länderexperten, auf Umfragen bei Geschäftsleuten und auf einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage des Gallup-Institutes. Dieser Aspekt ist auch gleichzeitig der Grund, warum der CPI eine so große Bedeutung hat; er wird unter den zusammengesetzten Indizes am hochwertigsten eingeschätzt.
Der CPI ist, wie schon angesprochen, ein Wahrnehmungsindex. Dies hat zur Konsequenz, dass er Korruption in dem Ausmaß listet, wie sie bei den befragten Funktionsträgern in Politik und Wirtschaft der jeweiligen Länder wahrgenommen wird.
Dieser Aspekt kann allerdings auch zu einem Problem werden, denn es ist gut möglich, dass die Befragten nicht über eigene Erfahrungen mit Korruption berichten, sondern das wiedergeben, was sie durch Medien oder andere Informationsquellen vermittelt bekommen oder auch nichts berichten, weil sie selbst korrupt sind. Eine Veränderung des Indexwertes muss also nichts damit zu tun haben, dass es im Lande mit der Korruption besser oder schlechter geworden ist, sondern kann auch auf die eben genannten Einflüsse zurückzuführen sein.
Mit Hilfe des Indexes werden die Länder auf einer Skala von zehn („sehr geringe Korruption“) bis null („äußerst korrupt“) eingeordnet. Ein Punktwert von fünf wird von TI als Grenzlinie zwischen den Ländern angesehen, die ernste und die keine ernsten Probleme mit Korruption haben. Wie schon in der Einleitung erwähnt, kommen gerade die rohstoffreichen afrikanischen Staaten im CPI sehr schlecht weg und liegen auf den unteren Plätzen mit hohen Korruptionsniveaus. Die nordeuropäischen Staaten hingegen sind regelmäßig in der Spitzengruppe vertreten und haben damit offensichtlich kaum Probleme mit Korruption. Begründet wird dies mit der traditionell vorherrschenden Informationsfreiheit, die in den skandinavischen Ländern vorzufinden ist. Die Bürger können durch Anfragen jeden Verwaltungsakt überprüfen, was zu einer sorgfältigeren und transparenteren Bearbeitung innerhalb der Behörden führt.
Etwas Kritik an diesem Instrument ist schon angeklungen. Es hat daneben noch weitere Defizite. Zeitreihenanalysen sind aufgrund der Unterschiedlichkeit der Datenquellen nur bedingt zuverlässig. Wegen der sich jährlich ändernden Datengrundlage lässt sich kaum ein allgemeiner oder regionaler Trend für die Korruptionssituation angeben. Außerdem kann bei der Skala von TI nicht von einer „harten“ Messgröße gesprochen werden, denn dafür spielen zu viele „weiche“ Faktoren mit hinein, es geht ja um subjektive Einschätzungen von Korruption. Weiterhin stellen derartige Berechnungen auch nur statistische Durchschnittswerte bei relativ geringen Fallzahlen dar. Konkretisierungen der Fälle sind im Einzelnen sicherlich stichhaltiger. Deshalb wird in dieser Arbeit auch eine fallstudienartige Betrachtung vorgenommen, die einen tieferen Einblick in die Situation der Länder zulässt.
Ein weiteres Problem ist, dass kurzfristige Änderungen innerhalb der Korruptionsstrategie eines Landes sich nicht durch rasche Verbesserungen oder Verschlechterungen innerhalb des CPI Punktwertes ausdrücken lassen. Dieser ist immer eine Zusammensetzung der Daten der vergangenen zwei Jahre (ab dem CPI 2006 ist dies eingeführt worden, vorher setzte sich der CPI aus den Datensätzen von drei Jahren zusammen). Dabei ist zu beachten, dass diese Daten wiederum auf Wahrnehmungen basieren, die einem noch früheren Zeitraum entstammen. Die eigentlichen Veränderungen in der Korruptionswahrnehmung werden also erst nach einem längeren Zeitraum ersichtlich. Ein weiterer Mangel des CPI, der vor allem in den Ländern stark wahrgenommen wird, die ein schlechtes Ranking erhielten, ist die ausschließliche Analyse der Nehmerseite von Korruptionsprozessen; dies auch nur in Bezug auf den öffentlichen Sektor. Damit bildet er letztendlich nur die institutionellen Defizite in Politik und Verwaltung ab und blendet die Unternehmensseite aus, ein Aspekt, der bei der Definitionsfindung für diese Arbeit Erwähnung gefunden hat und bei einer vollständigen Analyse eigentlich mit einbezogen werden sollte. Aus diesem Mangel heraus entstand der BPI.
3.2.1.2 Der Bribe Payers Index
Der CPI wurde im Jahr 1999 durch den BPI ergänzt, der die andere Seite des Korruptionsprozesses – die der Entstehung – beleuchtet. Während der CPI beschreibt, in welchem Land Korruption am höchsten wahrgenommen wird, stellt der BPI in seinen Untersuchungen heraus, von welchen Exportländern der führenden Industriestaaten die Bestechungszahlungen von Unternehmen im Ausland ausgehen. Dazu werden regelmäßig in Schwellenländern Befragungen durchgeführt.
Um die Angebotsseite dieser Transaktionen zu beurteilen, werden im Rahmen des „World Economic Forum’s Executive Opinion Survey’s“ Unternehmensverantwortliche über die Neigung ausländischer Firmen, die den Großteil der Geschäfte in ihrem Land abwickeln, zur Korruption befragt.
In den aktuellen Ratings dieses Indexes kamen Länder wie Australien, Schweden, Großbritannien und sogar die USA weniger gut weg und erzielten schlechte Ergebnisse. Da der BPI dem CPI ähnelt, gelten für ihn die gleichen Kritikpunkte, die für ein subjektives Messinstrument anzuführen sind. Außerdem gibt es keine Abstufung in der Schwere der aufgetretenen Korruptionsfälle.
3.2.1.3 Das Global Corruption Barometer
Das dritte Messinstrument von TI ist das GCB, aus welchem auch für den Fallstudienteil an mehreren Stellen Ergebnisse aus Umfragen einbezogen wurden. Im aktuellen GCB von 2006, dass damit zum vierten Mal erschienen ist, sind die Ergebnisse aus Umfragen mit 59.661 Menschen in 62 Ländern mit niedrigem, mittlerem und hohem Einkommen aufgeführt.
Dieses Instrument erfasst die Auswirkungen von Korruption auf unterschiedliche Lebensbereiche. Es lässt sich damit feststellen, welcher Sektor am korruptesten ist, z. B. die Politik, die Polizei oder die Privatwirtschaft und welche Schwerpunkte bei der Korruptionsbekämpfung gelegt werden sollten. Im Gegensatz zu CPI und BPI wird hier die Meinung eines allgemeinen Bevölkerungsquerschnitts betrachtet und nicht nur die von Experten oder Unternehmensverantwortlichen. Es lassen sich weiterhin keine Länderrankings erstellen. Im aktuellen GCB ist der Polizeisektor derjenige Bereich, der vor allem in Afrika am meisten von Korruption betroffen ist. Auf weitere für die Arbeit relevante Ergebnisse wird im Rahmen der Fallstudien eingegangen.
3.2.2 Der Governance Research Indicator der Weltbank
Dieser Index beinhaltet „Control of Corruption“ als Einzelkomponente, die mit fünf weiteren Governance-Dimensionen in den Gesamtindex einfließt. Damit wird das Ausmaß der Ausübung öffentlicher Macht für private Gewinne gemessen, „Petty Corruption“ und „Grand Corruption“ einbezogen sowie „State Capture“, also das Ausmaß, in welchem der Staat durch Eliten und private Interessen gesteuert wird.
Der „Governance Research Indicator“ liefert seit 1996 im Zweijahresrhythmus neue Ergebnisse. Durch die Verwendung weiterer Variablen wird nicht nur ein Blick auf die Entwicklung der Veränderung der Korruptionsraten geworfen, sondern die Regierungspolitik der Länder allgemein erfasst.
Von den in den Fallstudien betrachteten Ländern ist beispielsweise Nigeria mit einem Punktwert von sechs im schlechtesten Quartil einzuordnen. Die Einteilung in Quartile, also in vier gleiche Teile, bedeutet, dass mindestens 75% der untersuchten Länder als weniger korrupt wahrgenommen werden.
Der „Control of Corruption“-Index versucht nicht, jedem Land eine feste Zahl als Maßzahl für Korruption zuzuordnen. Für jedes Land wird dieses Maß vielmehr als Variable der Wahrscheinlichkeit angesehen, bei dem die Ausprägung zwar nicht bekannt ist, die Verteilung aber anhand der verfügbaren Daten abgeschätzt werden kann. Die Unsicherheit bei der Bestimmung des Korruptionsausmaßes verdeutlicht, dass eine Aufstellung der Reihenfolge der Länder nach dem Korruptionsniveau mit methodischen Problemen behaftet ist.
Das kann auch als Grund dafür angesehen werden, warum die Weltbank im Rahmen des „Control of Corruption“-Index kein vollständiges Ranking veröffentlicht, sondern eine Einteilung aller untersuchten Länder in sechs Gruppen gemäß dem Niveau der Korruption unternimmt. Diese Niveaus sind in Ampelfarben gegliedert. Rot bedeutet ein hohes Maß an Korruption und Grün ein geringes. Eine Erläuterung zu den Niveaus findet sich in Anhang zwei, in welchem auch die Werte der in der Fallstudie zu betrachtenden Länder tabellarisch aufgeführt sind.
Offensichtlich lassen sich in der relativ kurzen Zeit, seitdem der Index existiert, Veränderungen in positiver wie negativer Hinsicht erkennen. Dennoch bleibt auch hier noch anzumerken, dass alle Länder unterschiedliche Ausgangslagen haben und Veränderungen dementsprechend auch nicht alle in gleichem Umfang zu bewerten sind. Die Stagnation eines Landes, das auf einem höheren Niveau liegt, ist somit immer noch höher zu bewerten, als eine signifikante Verbesserung bei einem Land, das auf einem niedrigen Niveau liegt.
3.3 Zwischenfazit Messinstrumente
Es sollte deutlich geworden sein, dass bei allen Versuchen, Korruption zu messen, den erläuterten Verfahren nicht allumfassende Erklärungsmöglichkeit bescheinigt werden kann. Die am Korruptionsprozess beteiligten Akteure haben ein in ihren Augen berechtigtes Interesse daran, dass ihr Handeln im Verborgenen bleibt. Daher ist Korruption an sich kaum beobachtbar und damit auch kaum messbar, was die tatsächliche Wirkung von Anti-Korruptionsmaßnahmen nur schwer überprüfbar macht.
Dennoch gibt es unterschiedliche internationale Institutionen, die sich dem Kampf gegen Korruption verschrieben haben, die ihr Vorgehen nicht willkürlich auswählen. Mit Hilfe ihrer Programme lässt sich eine breitere Basis für den Fallstudienteil der Untersuchung legen, weshalb sie im nun folgenden Kapitel vorgestellt werden.
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- Arbeit zitieren
- Dipl. Volksw. Stefan Arndt (Autor:in), 2007, Erklärungsmöglichkeiten von Korruptionsniveaus in Afrika, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88320
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