Viele Kreolsprachen sind von einer Dekreolisierung oder gar vom Sprachtod bedroht. Sie werden meistens zu Gunsten einer Superstratsprache aufgegeben, da sie sogar unter den eigenen Sprechern kein hohes Prestige genießt.
In dieser Arbeit soll das Kreol Papiamentu unter kontakt- und soziolinguistischen Aspekten betrachtet werden. Es wird auf die Genese, die Sprachkontakte ab dem 18. Jahrhundert und die daraus resultierenden Interferenzen und Codewechsel eingegangen.
Des Weiteren soll aber auch die Sprachgemeinschaft beleuchtet werden. Wobei hier versucht wird, den langen und leidvollen Weg von einer nichtstandardisierten zur einer standardisierten Sprache kurz zu skizzieren.
Das Papiamentu ist die Muttersprache von über 300.000 Menschen und wird vorwiegend auf den Niederländischen Antillen Aruba, Bonaire und Curaçao, den sogenannten ABC-Inseln gesprochen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2. Entstehung des Papiamentu
3. Sprachgemeinschaft
3.1. Gegenwärtige Sprachsituation
3.1.1. Wandel des Prestiges
3.1.2. Papiamentu in den Medien
3.1.3. Papiamentu im Amt- und Bildungswesen
3.2. Varietäten
3.3. Standardisierung des Papiamentu
4. Sprachkontakt
4.1. Sprachkontakt mit dem Spanischen
4.2. Sprachkontakt mit dem Niederländischen
4.3. Sprachkontakt mit dem Englischen
4.4. Interferenzen und Codewechsel
4.5. Dekreolisierung
5. Schlussbemerkung
6. Quellen
6.1. Literaturnachweis
6.2. Bildnachweis
1.Einleitung
Viele Kreolsprachen sind von einer Dekreolisierung oder gar vom Sprachtod bedroht. Sie werden meistens zu Gunsten einer Superstratsprache aufgegeben, da sie sogar unter den eigenen Sprechern kein hohes Prestige genießt.
In dieser Arbeit soll das Kreol Papiamentu unter kontakt- und soziolinguistischen Aspekten betrachtet werden. Es wird auf die Genese, die Sprachkontakte ab dem 18. Jahrhundert und die daraus resultierenden Interferenzen und Codewechsel eingegangen.
Des Weiteren soll aber auch die Sprachgemeinschaft beleuchtet werden. Wobei hier versucht wird, den langen und leidvollen Weg von einer nichtstandardisierten zur einer standardisierten Sprache kurz zu skizzieren.
Das Papiamentu ist die Muttersprache von über 300.000 Menschen und wird vorwiegend auf den Niederländischen Antillen Aruba, Bonaire und Curaçao, den sogenannten ABC-Inseln gesprochen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Auf den Niederländischen Antillen gibt es zwei gängige Bezeichnungen für das Kreol. Die im Verlaufe der Abhandlung verwendete Variante Papiamentu entspricht der offiziellen Form auf Bonaire und Curaçao. Gemessen an der Zahl der Bewohner ist dies die gebräuchlichste Bezeichnung. Auf der Insel Aruba heißt das Kreol Papiament o.
Die Bezeichnung Papiamentu ist eine Substantivierung des Verbs papia (sprechen, sich gemütlich unterhalten, schwätzen, tratschen). Etymologisch betrachtet stammt es entweder aus dem Spanischen oder dem Portugiesischen. In beiden Sprachen bezeichnet es ähnliche Funktionen: spanisch papear „stammeln, lallen, plappern“; portugiesisch papear „flüstern, tuscheln, viel reden, schwätzen, nachsprechen wie ein Papagei“. Heute ist das Verb papia die normale und unkonnotierte Form von „sprechen“ (Kramer 2004: 97).
2. Entstehung des Papiamentu
Es existieren diverse Theorien bezüglich der Genese des Papiamentu, was nicht zuletzt mit der vielschichtigen Geschichte der Inseln zusammenhängt. In der Forschung haben sich vergleichbar zur Kreolgenese zwei Theorien herausgebildet: die Theorie der Monogenese und die Theorie der Polygenese.
Die Vertreter der Monogenetischen Theorie suchen den Ausgangspunkt des Kreols in einem portugiesischen Pidgin in Afrika. Dort soll sich ein Pidgin gebildet haben, welches später zunehmend durch Superstratsprachen wie Portugiesisch, Spanisch, Französisch, Englisch oder Niederländisch relexifiziert wurde (Kramer 2004: 87-89). Die Struktur der Sprache ist aber fast immer eine afrikanische. Die Theorie der Monogenese ist jedoch für das Papiamentu und viele anderen Kreolsprachen nicht zutreffend, da die Herkunftsregionen der Sklaven oft unterschiedlich waren und die Vielfalt ihrer Sprachen auch keine eindeutig gemeinsame grammatikalische Struktur aufweisen konnte. Trotzdem ist der Einfluss der afrikanischen Idiome auf das Kreolische ersichtlich, es ist aber leider nicht mehr feststellbar im welchen Umfang dies geschah.
Wenn man die Dauer und Situationen in den Sklavenlagern sowohl in Afrika als auch auf Curaçao und die Überfahrt berücksichtigt, dann muss man feststellen, dass die Theorien, die die Herausbildung des Papiamentu auf diese Umstände zurückführen nicht haltbar sind. Viel zu kurz war in den meisten Fällen der Aufenthalt in den Lagern und die Überfahrt, aber auch der sprachliche Kontakt mit Weißen, Aufsehern, Seeleuten und anderen Sprechern des Handelsportugiesischen hat sich mit Sicherheit auf ein Minimum begrenzt (Kramer 2004: 117-123). Kramer bezieht sich unter anderem auf Untersuchungen der Sprachsituation in deutschen Konzentrationslagern von Heidi Aschenberg aus dem Jahre 2002. Aschenberg stellt fest, dass sich trotz jahrelanger Aufenthalte in den Konzentrationslagern keine stabilen Kommunikationsformen bei den Gefangenen herausbilden konnten (Kramer 2004: 119f).
Des Weiteren konnte man in den nördlichen Küstenregionen Südamerikas, z.B. in Kolumbien, Venezuela und Brasilien keine wirklichen Sprachformen vorfinden, die dem Papiamentu ähneln. Denn in diese Regionen wurden die Sklaven vorwiegend verkauft. Was fast ausschließlich auf eine Entstehung des Papiamentu auf den Niederländischen Antillen schließt.
Dem gegenüber steht die Polygenetische Theorie. Sie vertritt den Standpunkt, dass die Kreolsprachen sich auch dort entwickelten, wo sie heute noch gesprochen werden. Von Bedeutung sind hierfür die sprachlichen Einflüsse, die auf die afrikanischen Sklaven auf den Niederländischen Antillen ausgeübt wurden.
Die meisten Papiamentuforscher datieren die Genese des Kreols auf die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts (Bartens 1995: 247). Gerade zur dieser Zeit wuchs der Anteil der arbeitenden Sklaven auf den Inseln. Er überstieg jedoch noch nicht den Anteil der freien Bevölkerung, die vor allem Portugiesisch, Niederländisch, Spanisch oder Ladino sprach. Eine überwiegende Mehrheit der Sklaven arbeitete in den Haushalten der Weißen und war somit zwangsläufig täglich mit der jeweiligen Sprache der Herrschenden in Kontakt.
Zur dieser Zeit kamen auch viele sephardische Flüchtlinge aus Brasilien auf die Insel Curaçao. Sie lebten in Brasilien unter niederländischem Schutz und wurden von dort vertrieben nachdem 1654 die Niederländische-Westindien-Kompanie (WIC) das Gebiet Neu-Holland endgültig an die Portugiesen verloren hatte. Die Niederländer interessierten sich vor allem für die Sepharden aufgrund ihrer Handelsbeziehungen, und da bis dahin die meisten Versuche, Kolonisten aus Holland anzusiedeln scheiterten, stellten sie eine überaus willkommene Alternative dar.
Fast gleichzeitig stieg auch das Handelsvolumen mit Sklaven an, so dass immer mehr Feld- und Haussklaven auf den Inseln gebunden waren, um die große Anzahl der Lagersklaven und Weißen mit Lebensmitteln zu versorgen.
Warum sich das Papiamentu zur iberoromanischen und nicht zur niederländischen Kreolsprache entwickelte versucht Kramer (2004: 125) unter anderem mit der fehlenden Sprachloyalität der Niederländer zu erklären.
“Sprachloyalität ist keine niederländische Eigenschaft, und die eigene Sprache gehört kaum zur nationalen Identität. [...] Bei der niederländischen Bevölkerung gibt es kaum nationale Gefühle der Verbundenheit mit der eigenen Sprache. Daher sind Niederländer aus Gründen der Nützlichkeit immer bereit, sich anderer Sprachen zu bedienen." (Groenboer Waarom het Nederlands geen wereldtaal is geworden (2002) zitiert aus Kramer 2004: 125).
Schon in der größeren Niederländisch-Ostindischen-Compagnie ist das Handelsportugiesisch die lingua franca gewesen, so dass man annehmen kann, dass die meisten Angestellten der WIC auch diese Sprache beherrschten (Kramer 2004: 131). Bei der Westindischen-Kompanie wurde aber eine eher hispanisierte Variante gesprochen, was aufgrund der Nähe und vor allem der Handelsbeziehungen mit den spanischen Kolonien nicht verwundert.
Am Anfang war es die WIC, die Plantagen auf den Inseln betrieb und später zunehmend ehemalige Angestellte der WIC. Wie bereits oben erwähnt war den meisten Mitarbeitern der Kompanie das Handelsportugiesisch ein geläufiges Kommunikationsmittel, welches man auch im Umgang mit den Sklaven pflegte. Kramer (2004: 136) geht davon aus, dass das Minimum an Kenntnissen, des vereinfachten Portugiesisch, welches auf der Überfahrt von den Sklaven aufgegriffen wurde, später im häuslichen Gebrauch aber auch auf den Plantagen zunehmend durch die verstärkte Kommunikation mit den weißen Herren (Niederländer und Sepharden) zur Grundlage des Papiamentu ausgebaut wurde. Diese Sprachform diente auch zur Verständigung zwischen den Niederländern und den Sepharden und wurde schon früh mit niederländischer Lexik bereichert. Für die folgenden Generationen von Sklaven wurde das Ur-Papiamentu zur Muttersprache.
Einer der Gründe warum das Kreolische eine hohe Akzeptanz bei der weißen Bevölkerung hatte und sich auch später zur ihrer Muttersprache entwickeln konnte ist auf den engen Kontakt der niederländischen und sephardischen Kinder mit ihren schwarzen Kindermädchen zurückzuführen (Kramer 2004: 138).
Bereits im 18. Jahrhundert war das Papiamentu auch für die weißen Oberschichten ein gängiges Kommunikationsmittel, was uns das erste Schriftstück "carta di amor" von 1775 beweist. Diesen Liebesbrief verfasste ein Sepharde aus der höchsten Klasse der Weißen. Von Curacao aus verbreitete sich das Kreol auch später auf die restlichen Inseln, als diese seit Anfang des 18. Jh. zunehmend wirtschaftlich genutzt wurden.
3. Sprachgemeinschaft
3.1. Gegenwärtige Sprachsituation
Die gegenwärtige Sprachsituation des Papiamentu soll in den nächsten Abschnitten behandelt werden. Hier soll auf das Ansehen, die Anwendung in Medien, Schulen und der Verwaltung verwiesen werden. Des Weiteren finden hier die Varietäten und der Standardisierungsprozess des Kreols Erwähnung.
3.1.1. Wandel des Prestiges
Das Papiamentu, Muttersprache von ca. 260.000 Bewohnern der Niederländischen Antillen und einer Diaspora von ca. 100.000 Papiamentu-Sprechern genießt ein besonderes Prestige (Eckkrammer 2002: 104). Aber noch Ende des 19.Jahrhunderts hatte es bei Intellektuellen keinen allzu großen Status. Was die folgenden Zitate verdeutlichen:
„Sin duda alguna los negros traídos de Africa introdujeron en el papiametnu su acento propio o su dialecto, por lo que el papiamentu suena tan desagradable en oídos civilizados.” (P.Phoel , De Curaçaosche Courant, No. 2, (1825) zitiert aus Maurer 1998: 141)
- Arbeit zitieren
- Johann Strese (Autor:in), 2007, Kontakt- und Soziolinguistik der spanischen Kreolsprache Papiamentu, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88007
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