Die Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes im August 2006 bringt zahlreiche, zum Teil sehr weitreichende Veränderungen in verschiedenen Rechtsgebieten mit sich. Am stärksten in der Praxis betroffen sein wird zweifellos der Bereich des Arbeitsrechts.
Die vorliegende Arbeit wird sich dem AGG und seinen Wirkungen im Bereich des Gesellschaftsrechts widmen. Arbeitsrechtliche Bezüge finden keine Berücksichtigung.
Zunächst soll das AGG und seine Anwendung vorgestellt werden, insbesondere die verschiedenen Diskriminierungsmerkmale und deren Umfang. Letztlich wird das Gesetz auf die Besetzungsverfahren von Organen von GmbH und AG angewandt. Auf die Relevanz des AGG bei der Zusammensetzung der AG-Hauptversammlung wird verzichtet.
Gliederung
A. Einleitung
B. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vom 18. August 2006
I. Zweck des Gesetzes
II. Begriffsbestimmung
1. Benachteiligung
a. unmittelbare Benachteiligung
b. mittelbare Benachteiligung
2. Belästigung
3. sexuelle Belästigung
4. Diskriminierungsmerkmale
a. Rasse oder ethnische Herkunft
b. Geschlecht
c. Behinderung
d. Religion oder Weltanschauung
e. Alter
f. sexuelle Identität
III. Rechtfertigung von Benachteiligungen
IV. Beweislast
V. Rechtsfolgen
1. Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch
2. Schadensersatz
3. Kontrahierungsanspruch
VI. Anwendungsbereich
VII. Organe von AG und GmbH
1. Vorstand der AG
2. Geschäftsführer der GmbH
3. Aufsichtsrat von AG und GmbH
VIII. Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
A. Einleitung
Die Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes im August 2006 bringt zahlreiche, zum Teil sehr weitreichende Veränderungen in verschiedenen Rechtsgebieten mit sich. Am stärksten in der Praxis betroffen sein wird zweifellos der Bereich des Arbeitsrechts.
Die vorliegende Arbeit wird sich dem AGG und seinen Wirkungen im Bereich des Gesellschaftsrechts widmen. Arbeitsrechtliche Bezüge finden keine Berücksichtigung.
Zunächst soll das AGG und seine Anwendung vorgestellt werden, insbesondere die verschiedenen Diskriminierungsmerkmale und deren Umfang. Letztlich wird das Gesetz auf die Besetzungsverfahren von Organen von GmbH und AG angewandt. Auf die Relevanz des AGG bei der Zusammensetzung der AG-Hauptversammlung wird verzichtet.
B. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vom 18. August 2006
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist am 18. August 2006 als Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14. August 2006 in Kraft getreten. Das AGG vereint in sich die Umsetzung von vier EG-Richtlinien, welche die Diskriminierung – besonders im Zivilrecht – aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung bekämpfen sollen.[1]
I. Zweck des Gesetzes
Der Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz und des Verbots der Diskriminierung ist ein allgemeines Menschenrecht, das in der Verfassung als Grundrecht (Art. 3 GG) manifestiert ist.
Allerdings trifft die sich aus dem Grundgesetz ergebende Schutzpflicht – zumindest unmittelbar – nur den Staat.[2] Für eine Schutzwirkung zwischen Privatpersonen ist der Weg über das Zivilrecht notwendig, wobei die staatliche Schutzpflicht dann die Gerichte trifft, die privatrechtlichen Normen – insbesondere die §§138, 226, 242, 315, 826 BGB – entsprechend auszulegen und zu konkretisieren.[3] Man spricht hierbei von mittelbarer Privatrechtswirkung.[4]
Eine darüber hinausgehende Bindung der Privatrechtssubjekte an den Gleichheitssatz des Art. 3 GG wird jedoch überwiegend abgelehnt.[5]
Das im Allgemeinen Teil des AGG definierte Ziel des Gesetzes, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen, entfaltet auch unmittelbare Wirkung im Verhältnis von Privatrechtssubjekten zueinander.[6] In erster Linie erfasst werden schuldrechtliche Verträge.[7]
II. Begriffsbestimmung
1. Benachteiligung
-3 AGG[8] regelt die Begriffe der unmittelbaren und mittelbaren Benachteiligung, sowie der Belästigung und der sexuellen Belästigung.
a. unmittelbare Benachteiligung
Gem. §3 I 1 liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines der in §1 genannten verpönten Merkmale eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
Es muss demnach zunächst eine Vergleichssituation zwischen zwei Personen vorliegen. Dabei muss die Benachteiligung gerade aus einem erkennbaren Motiv heraus erfolgen, ein lediglich objektiv erkennbarer Kausalzusammenhang zwischen der Handlung und der Benachteiligung reicht nicht aus.[9]
b. mittelbare Benachteiligung
Im Unterschied zur unmittelbaren Benachteiligung liegt die mittelbare Benachteiligung gem. §3 II dann vor, wenn Personen durch scheinbar neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren benachteiligt werden können. Es ist hierbei also auf das vermeintlich benachteiligende Ergebnis abzustellen.[10] Allerdings normiert §3 II zugleich eine Exkulpationsmöglichkeit, wenn die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren einem sachlich gerechtfertigten Ziel dienen und überdies angemessen und erforderlich sind.
2. Belästigung
-3 III definiert den Tatbestand der (einfachen) Belästigung als eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in §1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.
Die Verhaltensweisen können sowohl verbaler als auch nonverbaler Art sein, womit z.B. auch körperliche Übergriffe erfasst sind.[11]
Unerwünscht ist die Verhaltensweise dann, wenn sie aus Sicht eines objektiven Beobachters von den Betroffenen als unerwünscht oder inakzeptabel angesehen wird.[12]
Die Verletzung der Würde der betroffenen Person muss nicht die Qualität einer Verletzung der Menschenwürde i.S.d. Art. 1 GG aufweisen, ferner muss sie bezweckt oder bewirkt werden, wobei es bei einer bezweckten Verletzung nicht auf den Erfolgseintritt ankommt und bei einer Bewirkung einer Verletzung kein Vorsatz erforderlich ist.[13]
Regelmäßige Beispiele sind Beleidigungen, Verleumdungen, abwertende Äußerungen, Drohungen usw.[14]
Ferner muss die Belästigung in Zusammenhang mit einem der in §1 genannten verpönten Merkmale stehen. Dabei ist besonders hervorzuheben, dass die Regelung nicht den Eindruck erwecken soll, die belästigenden Verhaltensweisen seien nur dann zu sanktionieren, wenn das betreffende Opfer in einen dieser Personenkreise falle. Vielmehr soll durch die Anknüpfung der Belästigung an eine gleichheitswidrige Unterscheidung der besondere Unwertcharakter des Verhaltens hervorgehoben werden.[15] Belästigungen sollen demnach nicht dadurch akzeptabler werden, dass sie nicht an eine Diskriminierung geknüpft sind.[16]
[...]
[1] Rühl/Schmid/Viethen, S. 1.
[2] Gaier/Wendtland, §1, Rn. 1.
[3] Gaier/Wendtland, §1, Rn. 2.
[4] Rust/Falke – Laskowski, AGG, Einleitung, Rn. 352.
[5] Rust/Falke – Laskowski, AGG, Einleitung, Rn. 352.
[6] Däubler/Bertzbach – Däubler, Einleitung, Rn. 15.
[7] Gaier/Wendtland, §2, Rn. 14.
[8] §§-Angaben ohne Angabe des Gesetzes sind nachfolgend solche des AGG.
[9] Adomeit/Mohr, KommAGG, §3, Rn. 7.
[10] Gaier/Wendtland, §2, Rn. 83.
[11] Rust/Falke – Eggert-Weyand, §3, Rn. 44.
[12] Rühl/Schmid/Viethen, S. 17.
[13] Rühl/Schmid/Viethen, S. 18.
[14] Rust/Falke – Eggert-Weyand, §3, Rn. 44.
[15] Gaier/Wendtlandt, §2, Rn. 89 f.
[16] Wiedemann/Thüsing, DB 2002, S.463, 464.
- Arbeit zitieren
- Johannes Pudelko (Autor:in), 2008, Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und die Besetzung von Organen bei GmbH und AG, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87916
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