Die Idee eines Vergleiches der Theorien Stein Rokkans und Charles Tilly zur Staaten und Nationenbildung in Europa entstand durch den Besuch zweier Seminare, die um dieses Thema kreisten. Im Mittelpunkt der Seminare standen einerseits die Entstehung der Gesellschaftsstrukturen Europas und andererseits die Theorie der sogenannten Neuen Kriege. Der Verknüpfungspunkt beider Seminare für mich ist hierbei die These von Charles Tilly „War make states“. Eine These die in Bezug auf die Entwicklungen in Afrika, Asien und Lateinamerika seit den 80er Jahren nur noch bedingt zutrifft, bzw. in Abrede gestellt wird, für die historisch-soziologische Entstehungsgeschichte Europas aber weiterhin als zutreffend erscheint.
Die Grundlage für meine Hausarbeit bildet die Zusammenstellung Peter Floras von Rokkans theoretischen Schriften „Staat, Nation und Demokratie in Europa“ und das Buch Charles Tillys „Coercion, Capital, and European States“. Erörtern möchte ich die von ihnen angebotenen Strukturen, Methoden und Erklärungen, welche zur Staaten- und Nationenbildung in Europa herangezogen werden.
Beginnen möchte ich mit Rokkan, dessen Vorgehensweise ich im Ersten Teil besprechen möchte, ehe ich mich im zweiten Teil Tilly zuwende. Dieser versteht sich als Schüler Rokkans, es ist daher schon interessant zu klären welche Methoden und Ansätze Rokkans sich bei ihm wiederfinden werden und inwiefern Tilly eine geänderte Perspektive einnimmt.
Der abschließende dritte Teil wendet sich der eigentlichen Gegenüberstellung zu und abschließend werde ich die Frage aufgreifen, inwiefern die Modelle Rokkans und Tillys nur für eine historische Soziologie stehen oder ob sie sich für eine Analyse der heutigen Situation in der Europäischen Union eignen.
In der Einleitung zu Stein Rokkans Werk unterscheidet Peter Flora zwei Hauptphasen innerhalb seines Wirkens. Während Rokkan sich in den 60ern zunächst mit der Strukturierung von Massenpolitik, der Entstehung von Wahlrechtssystemen und Spaltungsstrukturen in den europäischen politischen Systemen beschäftigte, wurde die zweite Phase ab 1968 von den historischen Entwicklungstendenzen in Europa bestimmt. In diese Zeit fällt die Ausarbeitung seiner konzeptuellen Karte und seines Modells von Europa, welche die historisch-soziologische Makrostruktur Europas widerspiegelt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Stein Rokkan
- Einführung
- Die zentralen Begriffe
- Grenzen und Territorium
- Zentrum und Peripherie
- Das Grundmodell und die dazugehörigen Variablen
- Ein vier Phasenmodell der Staaten- und Nationenbildung
- Elemente der europäischen Entwicklung
- Charles Tilly
- Einführung
- Die Hauptpunkte in Tillys Argumentation
- Die Logik von Kapital und physischem Zwang
- Ein vier Stufenmodell der Entwicklung
- Elemente der europäischen Entwicklung
- Krieg als Motor der Staatenbildung
- Von Münster über Wien gen Versailles
- Eine Gegenüberstellung
- Zum Verständnis der Staaten- und Nationenbildung
- Sich ergänzende Ansätze der historischen Soziologie
- Schlussbemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit beschäftigt sich mit einem Vergleich der Theorien von Stein Rokkan und Charles Tilly zur Staaten- und Nationenbildung in Europa. Sie analysiert die von ihnen entwickelten Strukturen, Methoden und Erklärungen und untersucht, inwiefern sich diese für eine historische Soziologie eignen und ob sie auch für eine Analyse der heutigen Situation in der Europäischen Union relevant sind.
- Die Entstehung von Staaten und Nationen in Europa
- Die Rolle von Krieg und Gewalt in der Staatsbildung
- Die Bedeutung von Zentrum-Peripherie-Beziehungen
- Die Herausforderungen der Grenzbildung und -kontrolle
- Die Anwendung historisch-soziologischer Modelle auf aktuelle Herausforderungen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Kontext der Arbeit dar und führt die Theorien von Rokkan und Tilly ein.
Das zweite Kapitel konzentriert sich auf die Theorie von Stein Rokkan, indem es seine zentrale Begriffe wie Grenzen, Territorium, Zentrum und Peripherie sowie sein Grundmodell zur Erklärung der europäischen Entwicklung vorstellt.
Das dritte Kapitel befasst sich mit Charles Tilly und seinen zentralen Argumenten zur Rolle von Krieg und Gewalt in der Staatenbildung, einschließlich seines vier Stufenmodells der Entwicklung.
Das vierte Kapitel stellt eine Gegenüberstellung der Theorien von Rokkan und Tilly dar und diskutiert deren Stärken und Schwächen.
Schlüsselwörter
Staaten- und Nationenbildung, Europa, Stein Rokkan, Charles Tilly, Krieg, Gewalt, Zentrum-Peripherie-Beziehungen, Grenzüberschreitung, historische Soziologie
- Quote paper
- M. A. Martin Hagemeier (Author), 2003, Gegenüberstellung der historisch-soziologischen Theorien Stein Rokkans und Charles Tillys zur europäischen Systembildung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87821