Die Höhe von Arbeitskosten bestimmt sich weitgehend nach so genannten Tarifverträgen. Solche Verträge sind keine individualrechtlichen Vereinbarungen zwischen einem Arbeitgeber und einem einzelnen Arbeitnehmer, sondern schriftliche Verträge zwischen einem oder mehreren Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden und einer oder mehreren Gewerkschaften zur Regelung arbeitsrechtlicher Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien. Diese Regelungen gelten dann kollektivrechtlich für alle tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Aufgrund der negativen Koalitionsfreiheit und dem Frageverbot des Arbeitgebers fällt es diesem schwer, herauszufinden, ob ein Arbeitnehmer tarifgebunden ist oder nicht. Deshalb werden in Arbeitsverträgen häufig so genannte Bezugnahmeklauseln verwendet. Diese verweisen im individualrechtlichen Arbeitsvertrag auf die kollektivrechtlich geltenden Normen des Tarifvertrags. Mit einer solchen Klausel sollen nicht tarifgebundene Arbeitnehmer tarifgebundenen gleichgestellt werden. Aufgrund des steigenden Wettbewerbs durch die Globalisierung oder auch die allgemein günstigere Arbeitslage versuchen viele Unternehmen, ihre Arbeitskosten zu senken. Die Höhe der Arbeitkosten bestimmt sich weitestgehend wie oben schon erläutert nach Tarifverträgen, die entweder aufgrund beiderseitiger Tarifbindung oder aufgrund von Bezugnahmeklauseln anwendbar sind. Dies versuchen viele Arbeitgeber durch Verbandaustritt oder –wechsel, Betriebsübergang, Umwandlung usw. zu ändern. Aufgrund dessen kommt es immer häufiger zu gerichtlichen Auseinandersetzungen über die Geltung der Bezugnahmeklauseln. Besondere Beachtung findet dabei ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2005, in dem das BAG ankündigt, sich von seiner bisherigen Rechtsprechung, Bezugnahmeklauseln grundsätzlich als Gleichstellungsabrede auszulegen, verabschiedet. Die alte Rechtsprechung, die Gründe zur Änderung dieser und die jetzige Auslegung sollen nun in dieser Arbeit erläutert werden. Das Spektrum der in der Praxis verwendeten Bezugnahmeklauseln ist groß. Am häufigsten fallen jedoch drei Begriffe: Statische, kleine dynamische und große dynamische Bezugnahmeklausel. Letztere wird auch Tarifwechselklausel genannt. Unterschiede treten auch bezüglich des Gegenstandes der Verweisung auf. Es gibt Global- Teil- und Einzelverweisungen. Wie oben erwähnt sind drei Typen am häufigsten Gegenstand von Diskussionen. Zunächst zur statischen Bezugnahmeklausel.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Erscheinungsformen der Bezugnahmeklauseln
2.1 Statische, kleine und große dynamische Verweisung
2.2 Global-, Teil- und Einzelverweisung
3 Allgemeine Auslegung der einzelnen Bezugnahmeklauseln
4 Auslegung der Bezugnahme bei Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers
4.1 Die alte Rechtsprechung vor dem Urteil vom 14.12.2005
4.2 Änderung der Rechtsprechung - Die Urteile des Bundesarbeitsgerichtes vom 09.11.2005 und vom 14.12.2005
4.2.1 Das Urteil vom 09.11.2005
4.2.2 Das Urteil vom 14.12.2005
4.2.2.1 Altverträge
4.2.2.1.1 tarifgebundene Arbeitgeber
4.2.2.1.2 nicht tarifgebundene Arbeitgeber
4.2.2.2 Neuverträge
4.3 Gründe für die Änderung der Rechtsprechung
5 Auswirkungen der geänderten Rechtsprechung auf die Praxis
6 Schutz vor späteren Änderungen tariflicher Bestimmungen bei dynamischen Bezugnahmeklauseln ?
6.1 Auslegungs- und Einbeziehungskontrolle
6.2 Inhaltskontrolle
7 Kritik an der Rechtsprechungsänderung
7.1 Vertrauensschutz für Verträge bis 31.12.2001
7.2 Das EuGH – Urteil vom 09.03.2006
8 Fazit
Literaturverzeichnis
Reinecke, Vertragliche Bezugnahme auf Tarifverträge in der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, BB 2006, 2637 – 2645
Simon/ Koch/ Halbsguth, Dynamische Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede – Vertrauensschutz für alle „Altverträge“, BB 2006, 2354 – 2356
Thüsing/ Lambrich, AGB – Kontrolle arbeitsvertraglicher Bezugnahmen, NZA 2002, 1361 ff.
Zerres, Fortgeltung tarifvertraglicher Regelungen beim Betriebsübergang im Falle arbeitsvertraglicher Bezugnahme, NJW 2006, 3533 – 3537
Wörlen/ Kokemoor, Arbeitstecht, 7. Auflage, 2005
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Die Höhe von Arbeitskosten bestimmt sich weitgehend nach so genannten Tarifverträgen. Solche Verträge sind keine individualrechtlichen Vereinbarungen zwischen einem Arbeitgeber und einem einzelnen Arbeitnehmer, sondern schriftliche Verträge zwischen einem oder mehreren Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden und einer oder mehreren Gewerkschaften zur Regelung arbeitsrechtlicher Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien. Diese Regelungen gelten dann kollektivrechtlich für alle tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Aufgrund der negativen Koalitionsfreiheit und dem Frageverbot des Arbeitgebers fällt es diesem schwer, herauszufinden, ob ein Arbeitnehmer tarifgebunden ist oder nicht. Deshalb werden in Arbeitsverträgen häufig so genannte Bezugnahmeklauseln verwendet. Diese verweisen im individualrechtlichen Arbeitsvertrag auf die kollektivrechtlich geltenden Normen des Tarifvertrags. Mit einer solchen Klausel sollen nicht tarifgebundene Arbeitnehmer tarifgebundenen gleichgestellt werden. Aufgrund des steigenden Wettbewerbs durch die Globalisierung oder auch die allgemein günstigere Arbeitslage versuchen viele Unternehmen, ihre Arbeitskosten zu senken.[1] Die Höhe der Arbeitkosten bestimmt sich weitestgehend wie oben schon erläutert nach Tarifverträgen, die entweder aufgrund beiderseitiger Tarifbindung oder aufgrund von Bezugnahmeklauseln anwendbar sind. Dies versuchen viele Arbeitgeber durch Verbandaustritt oder –wechsel, Betriebsübergang, Umwandlung usw. zu ändern.[2] Aufgrund dessen kommt es immer häufiger zu gerichtlichen Auseinandersetzungen über die Geltung der Bezugnahmeklauseln. Besondere Beachtung findet dabei ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2005, in dem das BAG ankündigt, sich von seiner bisherigen Rechtsprechung, Bezugnahmeklauseln grundsätzlich als Gleichstellungsabrede auszulegen, verabschiedet. Die alte Rechtsprechung, die Gründe zur Änderung dieser und die jetzige Auslegung sollen nun in dieser Arbeit erläutert werden.
2 Erscheinungsformen der Bezugnahmeklauseln
Das Spektrum der in der Praxis verwendeten Bezugnahmeklauseln ist groß. Am häufigsten fallen jedoch drei Begriffe: Statische, kleine dynamische und große dynamische Bezugnahmeklausel. Letztere wird auch Tarifwechselklausel genannt.[3] Unterschiede treten auch bezüglich des Gegenstandes der Verweisung auf. Es gibt Global- Teil- und Einzelverweisungen.
2.1 Statische, kleine und große dynamische Verweisung
Wie oben erwähnt sind drei Typen am häufigsten Gegenstand von Diskussionen. Zunächst zur statischen Bezugnahmeklausel. Bei einer solchen Verweisung wird auf einen ganz bestimmten Tarifvertrag in einer ganz bestimmten Fassung Bezug genommen. Zukünftige Entwicklungen werden dabei nicht erfasst. In der Praxis kommt eine solche Bezugnahmeklausel nur selten vor. Meistens wird eine ausdrückliche Jeweiligkeitsklausel verwendet. Soll der Tarifvertrag also in seiner jeweils gültigen Form in Bezug genommen werden, handelt es sich um eine so genannte dynamische Bezugnahmeklausel. Mit dieser Klausel werden also auch zukünftige tarifliche Änderungen, zum Beispiel eine Erhöhung des Entgeltes, erfasst.[4] In neuerer Zeit häufig verwendet werden große dynamische Bezugnahmeklauseln. Sie werden auch Tarifwechsel- oder Transformationsklauseln genannt.[5] Das Bundesarbeitsgericht definiert sie als „Bezugnahme auf den jeweils für den Betrieb fachlich/ betrieblich geltenden Tarifvertrag“[6] Unterschiedlich kann der tarifliche Hintergrund der Bezugnahmen sein.[7] Zumindest nach der alten Rechtsprechung konnte es bei der Auslegung darauf ankommen, ob der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages tarifgebunden war oder nicht. Weiterhin konnte es auch von Bedeutung sein, ob auf einschlägige oder branchenfremde Tarifverträge verwiesen wird.
2.2 Global-, Teil- und Einzelverweisung
Wie oben schon kurz erwähnt geht es hier um den Gegenstand der Verweisung. Arbeitsverträge, die Globalverweisungen enthalten, d. h. bis auf die Tätigkeitsbeschreibung vollständig auf die einschlägigen Tarifverträge verweisen, sind außerhalb des öffentlichen Dienstes eher selten.[8] Häufiger dagegen werden einige ausgewählte Punkte gesondert geregelt und in den restlichen Aspekten auf die Tarifverträge verwiesen.[9] Eine solche Verweisung wird als Teilverweisung bezeichnet. Teilweise wird nur auf bestimmte Tarifverträge, zum Beispiel Mantel- oder Urlaubstarifverträge verwiesen. Vielfach kommt es auch vor, dass nur auf einzelne Bestimmungen hinsichtlich „bestimmter Materien“[10], zum Beispiel Vergütung oder Urlaub auf tarifliche Bestimmungen verwiesen wird. Dabei handelt es sich um die so genannten Einzelverweisungen.
3 Allgemeine Auslegung der einzelnen Bezugnahmeklauseln
Häufig kommt es aufgrund unklar formulierter Klauseln zu gerichtlichen Streitigkeiten über das Ausmaß der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf den Tarifvertrag.[11] Diese Probleme treten vor allem auf, wenn es zu Änderungen bei der Anwendung von Tarifverträgen kommt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers endet, sei es durch Austritt aus dem Arbeitgeberverband oder durch Betriebsübergang auf einen nicht tarifgebundenen Arbeitgeber.[12] Aber auch ohne Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers können allgemein im Unternehmen Streitigkeiten über die Reichweite der vereinbarten Bezugnahmeklauseln auftreten. Meist geht es dabei um die Frage ob es sich um eine Global- Teil- oder Einzelverweisung handelt. Weiterhin stellt sich dann das Problem, ob diese Verweisung statisch oder dynamisch ist. Zulässig sind laut Bundesarbeitsgericht nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit alle Formen.[13] Bezugnahmeklauseln sind Bestandteile des Arbeitsvertrages. Deshalb finden auch die allgemeinen Grundsätze der Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB und nicht die der Tarifvertragsauslegung Anwendung.[14] Der Tarifvertrag, auf den Bezug genommen wird, braucht nach allgemeiner Auffassung nicht genau bezeichnet werden. Er muss lediglich bestimmbar sein. Eine Formulierung wie „im Übrigen gelten die Tarifverträge…“ würde bedeuten, dass die individualvertraglichen Vereinbarungen vorgehen.[15] Solche Auslegungsregeln sind nur dann anzuwenden, wenn sich die Vertragsparteien über die Auslegung streiten.[16] Muss die normative Regelung ausgelegt werden, auf die verwiesen wird, erfolgt dies nach den Grundsätzen der Tarifauslegung.[17] Das Bundesarbeitsgericht vertritt in zahlreichen Entscheidungen die Auffassung, dass Bezugnahmen auf anderweitige normative Regelungen in solchen Fällen in der Regel dynamisch auszulegen sind[18]. Dies geschieht unabhängig davon, ob auf den gesamten Tarifvertrag oder Teile davon verwiesen wird.[19] Zum Teil wird auch genannt, dass Bezugnahmen „im Zweifel“ so auszulegen sind. Diese Auffassung ist jedoch unter Beachtung der gesetzlichen AGB – Regeln auch im Arbeitsrecht nicht unproblematisch. Zwar sind im Regelfall dynamische Verweisungen für den Arbeitnehmer günstiger, jedoch kann dies in Einzelfällen nicht zutreffen. Im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge kann bei dynamischen Verweisungen mittlerweile regelmäßig von einer Benachteiligung des Arbeitnehmers ausgegangen werden.[20] In neueren Urteilen heißt es deshalb nur, dass Bezugnahmeklauseln regelmäßig dynamisch auszulegen sind. Diese Regel gilt vor allem bei „fehlender Angabe einer konkreten nach Datum festgelegten Fassung des in Bezug genommenen Tarifvertrags“[21] Auch bei allgemein formulierten Verweisungen wie zum Beispiel die „einschlägigen Tarifverträge“[22] ist diese Regel anzuwenden. Auch wenn ausdrücklich auf eine konkrete Fassung verwiesen wurde, kann die Bezugnahmeklausel unter Einbeziehung der näheren Umstände so ausgelegt werden, dass es sich um eine dynamische Bezugnahme handelt. Dies gilt vor allem dann, wenn in der Vergangenheit Tarifänderungen vom Arbeitgeber durchgehend beachtet und umgesetzt wurden.
4 Auslegung der Bezugnahme bei Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers
Viel häufiger als oben beschrieben direkt im Unternehmen, treten Streitigkeiten über die Auslegung von Bezugnahmeklauseln bei Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers auf. Dies ist wie schon erwähnt der Fall bei Austritt des Arbeitgebers aus dem Arbeitgeberverband oder auch bei Übergang des Betriebes auf einen nicht tarifgebundenen Arbeitgeber. Für diese Fälle hat das BAG in seinem Urteil vom 14. 12. 2005 angekündigt, seine bewährte Rechtsprechung neu zu überdenken.
[...]
[1] vgl. Reinecke, BB 2006, 2637 (2637).
[2] vgl. Reinecke, BB 2006, 2637 (2637).
[3] vgl. Reinecke, BB 2006, 2637 (2637).
[4] vgl. Zerres, NJW 2006, 3533 (3533)
[5] vgl. Reinecke, BB 2006, 2637 (2637).
[6] vgl. Reinecke, BB 2006, 2637 (2637).
[7] vgl. Reinecke, BB 2006, 2637 (2638).
[8] vgl. Reinecke, BB 2006, 2637 (2637).
[9] vgl. Reinecke, BB 2006, 2637 (2637).
[10] Reinecke, BB 2006, 2637 (2637).
[11] vgl. Reinecke, BB 2006, 2637 (2638).
[12] vgl. Zerres, NJW 2006, 3533 (3533)
[13] BAG vom 14.12.2005; 4 AZR 536/04, BB 2006, 1504.
[14] vgl. Reinecke, BB 2006, 2637 (2638).
[15] vgl. Preis, Der Arbeitsvertrag, 2. Auflage, 2005, 40, Rn. 13.
[16] vgl. Reinecke, BB 2006, 2637 (2638).
[17] vgl. Reinecke, BB 2006, 2637 (2638).
[18] vgl. Reinecke, BB 2006, 2637 (2639)
[19] vgl. Reinecke, BB 2006, 2637 (2639).
[20] vgl. Reinecke, BB 2006, 2637 (2639).
[21] Reinecke, BB 2006, 2637 (2639).
[22] BAG, 17.01.2006 – 3 AZR 255/05
- Quote paper
- Manuel Behrendt (Author), 2006, Arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf Tarifverträge und ihre Auslegung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87365
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