Seit Beginn der ersten Siedlungen im Küstenraum der südlichen Nordsee war die Bevölkerung stets durch Sturmfluten bedroht. Die Erwähnung von Sturmfluten in historischen Quellen, Volksliedern und Gedichten zeigt deren tiefe Verwurzelung im Alltagsleben der Küstenbewohner. Die Region des Untersuchungsgebietes ist altersmäßig ein sehr junger und aktiver Landschaftsraum. Die Küstenlinie ist keinesfalls festgelegt und würde sich ohne anthropogenen Eingriff unter Einwirkung natürlicher Prozesse, vor allem von Sturmfluten, stets verändern und weiterentwickeln. Der Drang des Menschen, sich in diesem geomorphologisch aktiven Raum niederzulassen, ließ schon vor vielen hundert Jahren die Erkenntnis reifen, man müsse entweder „deichen oder weichen“.
Während die ersten Deiche nur vereinzelte, kleinere Besitztümer umfassten, bildete sich in den folgenden Jahrhunderten ein immer komplexeres und umfangreicheres Deich- und Küstenschutzwesen heraus. Dabei sah man sich in der Vergangenheit durch verändernde Sturmfluthöhen stets vor neue Herausforderungen gestellt. Heute ist der Küstenraum der Nordsee vor allem im südlichen Teil durch hohe Bevölkerungsdichte und große wirtschaftliche Bedeutung (z. B. Häfen in Rotterdam und Hamburg) gekennzeichnet. Einige Indizien sprechen dafür, dass der Küstenschutz im gegenwärtigen Jahrhundert, aufgrund steigenden Meeresspiegels infolge globaler Erwärmung, vor neue Aufgaben gestellt wird.
Ausgehend von einer Eingrenzung des Untersuchungsgebiets der Nordsee in Küstenräume, die sich einer besonders hohen Gefährdung durch Sturmfluten ausgesetzt sehen, wird anschließend die Küstenentwicklung im Zusammenhang von Sturmfluten kurz umrissen, um ein tieferes Verständnis für die Wirkung von Sturmflutereignissen zu schaffen und die Aktivitäten des Küstenschutzes so besser einordnen zu können. Des Weiteren werden meteorologische und astronomische Faktorenkonstellationen, welche Sturmfluten begünstigen, erläutert. Ferner wird die Deichbaugeschichte skizziert und deren Auswirkung auf Sturmfluten diskutiert.
Abschließend werden Konzepte des Küstenschutzes beschrieben. Das Hauptaugenmerk wird dabei auf Leitmotiven und konkreten Vorhaben des „Integrierten Küstenzonenmanagement (IKZM)“ liegen. Abschließend werden mögliche klimatische Entwicklungen im 21. Jh., die Einfluss auf Veränderung der Sturmflutgefährdung haben können, diskutiert.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
1 Fragestellung und Zielsetzung
2 Das Untersuchungsgebiet
2. 1 Gliederung der Nordsee – Regionen erhöhter Sturmflutgefährdung
2. 2 Charakteristika des Küstenraums der südlichen Nordsee
3 Sturmfluten
3. 1 Begriffseingrenzung
3. 2 Meteorologische und astronomische Voraussetzungen
4 Auswirkungen auf Küstenentwicklung und Besiedlungsgeschichte
5 Sturmfluten seit Beginn des Deichbaus
5. 1 Besiedlungs- und Deichbaugeschichte im Kontext von Sturmfluten
5. 2 Sozio-ökonomische Auswirkungen einer historischen Sturmflut – Die „Weihnachtsflut“ von 1717
6 Konzepte des Küstenschutzes an der Nordsee
6.1 Konventionelle Elemente des Küstenschutzes
6. 2 aktuelle Konzepte – Integriertes Küstenzonenmanagement (IKZM) am Beispiel Schleswig-Holsteins
6. 3 GIS-gestütztes Risikomanagement
7 Der Klimawandel im 21. Jh. - Neue Herausforderungen für den Küstenschutz?
8 Fazit
Literatur
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
I Abbildungen
Abb. 1: Ausdehnung und Morphologie der Nordsee
Abb. 2: Die südliche Nordsee
Abb. 3: Typische Sturmflutwetterlage über der Nordsee (25.2.1997, 0Uhr)
Abb. 4: Der Verlauf des MThw an der südlichen Nordsee seit 5500 v.u.Z
Abb. 5: Querschnitt durch die eisenzeitliche Wurt Feddersen Wierde nördlich von
Bremerhaven
Abb. 6: Landverluste im südlichen nordfriesischen Wattenmeer in Folge der Sturmflu- ten von 1362 und 1634
Abb. 7: Vierbeinige, aus Beton bestehende, Tetrapoden
Abb. 8: Küstenschutzmaßnahmen in Schleswig-Holstein
Abb. 9: Entwicklung der Sturmflutwasserstände
II Tabellen
Tab. 1: Küstenschutzelemente
1 Fragestellung und Zielsetzung
Seit Beginn der ersten Siedlungen im Küstenraum der südlichen Nordsee war die Bevölkerung stets durch Sturmfluten bedroht. Die Erwähnung von Sturmfluten in historischen Quellen, Volksliedern und Gedichten zeigt deren tiefe Verwurzelung im Alltagsleben der Küstenbewohner. Die Region des Untersuchungsgebietes ist altersmäßig ein sehr junger und aktiver Landschaftsraum. Die Küstenlinie ist keinesfalls festgelegt und würde sich ohne anthropogenen Eingriff unter Einwirkung natürlicher Prozesse, vor allem von Sturmfluten, stets verändern und weiterentwickeln. Der Drang des Menschen, sich in diesem geomorphologisch aktiven Raum niederzulassen, ließ schon vor vielen hundert Jahren die Erkenntnis reifen, man müsse entweder „deichen oder weichen“.
Während die ersten Deiche nur vereinzelte, kleinere Besitztümer umfassten, bildete sich in den folgenden Jahrhunderten ein immer komplexeres und umfangreicheres Deich- und Küstenschutzwesen heraus. Dabei sah man sich in der Vergangenheit durch verändernde Sturmfluthöhen stets vor neue Herausforderungen gestellt. Heute ist der Küstenraum der Nordsee vor allem im südlichen Teil durch hohe Bevölkerungsdichte und große wirtschaftliche Bedeutung (z. B. Häfen in Rotterdam und Hamburg) gekennzeichnet. Einige Indizien sprechen dafür, dass der Küstenschutz im gegenwärtigen Jahrhundert, aufgrund steigenden Meeresspiegels infolge globaler Erwärmung, vor neue Aufgaben gestellt wird.
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Ausgehend von einer Eingrenzung des Untersuchungsgebiets der Nordsee in Küstenräume, die sich einer besonders hohen Gefährdung durch Sturmfluten ausgesetzt sehen, wird anschließend die Küstenentwicklung im Zusammenhang von Sturmfluten kurz umrissen, um ein tieferes Verständnis für die Wirkung von Sturmflutereignissen zu schaffen und die Aktivitäten des Küstenschutzes so besser einordnen zu können. Des Weiteren werden meteorologische und astronomische Faktorenkonstellationen, welche Sturmfluten begünstigen, erläutert. Ferner wird die Deichbaugeschichte skizziert und deren Auswirkung auf Sturmfluten diskutiert.
Den Worten Max Frischs folgend, wird sich ein Kapitel mit den unmittelbaren und mittelbaren Folgen und Schäden der Weihnachtsflut von 1717 befassen, um zu zeigen, wie ein Naturereignis zur Naturkatastrophe wird.
Abschließend werden Konzepte des Küstenschutzes beschrieben. Das Hauptaugenmerk wird dabei auf Leitmotiven und konkreten Vorhaben des „Integrierten Küstenzonenmanagement (IKZM)“ liegen. Dieses stellt einen neuen Ansatz des Managements des gesamten Küstenraums dar, wobei Anliegen des Küstenschutzes mit Interessen von Ökologie, Tourismus etc. verbunden werden. Abschließend werden mögliche klimatische Entwicklungen im 21. Jh., die Einfluss auf Veränderung der Sturmflutgefährdung haben können, diskutiert.
2 Das Untersuchungsgebiet
2. 1 Gliederung der Nordsee – Regionen erhöhter Sturmflutgefährdung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Ausdehnung und Morphologie der Nordsee.
Quelle: ALEXANDER 2000: 42.
Die Nordsee ist ein Nebenmeer des Atlantischen Ozeans, das eine Fläche von etwa 750 000 km2 einnimmt und größtenteils auf dem kontinentalen Schelfbereich Europas liegt. Die Grenze lässt sich im Norden in etwa auf Höhe der Shetland-Inseln ziehen, im Osten bildet das Kattegat zwischen Dänemark und Schweden den Übergangsbereich zur Ostsee und im Südwesten stellt der Ärmelkanal zwischen Großbritannien und Frankreich den Übergang in den Atlantik dar (s. Abb.1). Aufgrund der Lage auf dem Kontinentalschelf ist die Nordsee ein flaches Meer. Die Wassertiefen betragen in der südlichen Nordsee kaum mehr als 50 m, um nach Norden in Richtung Atlantik am Kontinentalhang auf 200 m anzusteigen. Tiefere Bereiche sind ausschließlich vor der norwegischen Küste im Skagerrak und der Norwegischen Rinne anzutreffen, wo Tiefen von bis zu 700 m erreicht werden. Einen besonders flachen Bereich stellt die Doggerbank mit einer minimalen Tiefe von 13 m dar (Ospar 2000: 2f.).
Entlang der Nordseeküste ist eine Vielzahl verschiedener Küstentypen anzutreffen. Im nördlichen Teil, in Norwegen, Schweden und Schottland sind Felsküsten vorzufinden, die stellenweise steil ins Meer abfallen. Auch entlang des Kanals in Südengland bilden häufig flache Kliffs die Küstenlinie. Von der Straße von Dover bis zur dänischen Westküste dominieren flache Sandstrände mit Dünen, die durch Ästuare großer Flüsse (Maas, Rhein, Ems, Weser und Elbe) gegliedert werden. Diese Region ist durch Landgewinnungsprojekte, Küstenschutz und Anlage von Häfen und Städten der anthropogen am stärksten überprägte Küstenbereich im Nordseeraum (Ospar 2000: 4).
Aufgrund der flachen Küsten besteht für den südlichen Bereich der Nordsee mit den Anrainerstaaten Belgien, Niederlande, Deutschland, Dänemark und England eine besondere Gefährdung durch Sturmfluten (Ospar 2000: 20).
Daraus ergibt sich gleichfalls die Eingrenzung des Untersuchungsraums. Vorliegende Arbeit wird sich auf den südlichen, Sturmfluten besonders exponierten Bereich der Nordsee konzentrieren. Dieser umfasst neben England besonders den Raum der Deutschen Bucht von den Küsten Westfrieslands in den Niederlanden, über die Küsten Ost- und Nordfrieslands in Deutschland, bis zu denen im Bereich der dänischen Wattenmeerinseln.
2. 2 Charakteristika des Küstenraums der südlichen Nordsee
Gezeiten
Sowohl das Leben der Menschen als auch der Naturraum des Untersuchungsgebiets sind maßgeblich durch den Verlauf der Gezeiten bestimmt. Diese werden durch die Gravitationskräfte von Sonne und Mond auf der sich drehenden Erde hervorgerufen, wobei der Mond die dominante, steuernde Kraft darstellt. Die Gezeiten äußern sich im rhythmischen Ansteigen und Fallen des Wasserspiegels mit einer Zyklusdauer von etwa 12,5 Stunden. Der Tidenhub bezeichnet den Unterschied zwischen mittlerem Tidehochwasser (MThw) und mittlerem Tideniedrigwasser (MTnw). Aufgrund der Küstengestalt differiert der Tidenhub im Nordseeraum zum Teil erheblich. Im weltweiten Vergleich ist dieser jedoch als gering einzustufen. Im Inneren der Deutschen Bucht werden Werte von über 3,5 m erreicht (Kortum 2001:46), während er nach Norden in Richtung Dänemark und nach Westen in Richtung Niederlande abnimmt. Die Höhe des Tidenhubs ist außerdem durch ein monatliches Muster, hervorgerufen durch die unterschiedlichen Mondphasen, charakterisiert. Stehen Sonne und Mond in einer Linie (bei Voll- und Neumond) verstärken sich ihre Anziehungskräfte, wodurch mit einer Verzögerung von etwa zwei Tagen die größten Fluthöhen, die so genannten Springfluten oder Springtiden, erreicht werden (vgl. Kirchhoff 1990: 78). Bei Halbmond heben sich die Kräfte von Mond und Sonne teilweise auf und die Fluthöhe erreicht im Mittel ein Minimum (Nipptide).
Innen- und Außenküste
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Generell lässt sich die Küste der südlichen Nordsee in einen äußeren und einen inneren Küstenbereich gliedern (s. Abb. 2). Von der Rheinmündung bis zum Ijsselmeer in den Niederlanden verläuft im äußeren Küstenbereich ein geschlossener Strandwall, an welchen sich ein System von holozän gebildeten Barriereinseln anschließt, welches die West-, Ost- und Nordfriesischen Inseln umfasst. In Dänemark verläuft ab Blåvands Huk wieder ein geschlossener Strandwall. Aufgrund des starken Tidenhubs von über 3 m und der damit verbundenen stark erosiven Wirkung vor allem des Ebbstroms konnten sich im Inneren der Deutschen Bucht keine Barriereinseln ausbilden (Behre 2002: 329f.).
3 Sturmfluten
3. 1 Begriffseingrenzung
Als Sturmflut wird eine „außergewöhnlich hohe Flut an Gezeitenküsten“ bezeichnet, wobei die Springflut mit starken auflandigen Stürmen (ab Beaufortskala 9 bzw. 75 km/h) zusammentrifft. Die Flutwelle wird dabei durch Brandung und Windstau extrem verstärkt (Leser 2001: 848f.).
In der Literatur finden sich abweichende Definitionen ab welchem Wasserspiegel von einer Sturmflut gesprochen wird. Während Jonas 2004 von einer leichten Sturmflut ab einem Wasserspiegel von 1 m über MThw, von einer mittleren ab 2 m über MThw und von einer schweren ab 3 m über MThw spricht, finden sich im Generalplan zum Küstenschutz des Landes Schleswig-Holstein davon abweichende Angaben. Hier wird eine Sturmflut mit 1,5 m über MThw definiert, eine schwere Sturmflut ab 2,5 m über MThw und eine sehr schwere ab 3,5 m über MThw (Innenministerium Schleswig-Holstein 2001: 22).
Neben der offensichtlichen Überflutungs- und Überschwemmungsgefahr, sind weitere durch Sturmfluten hervorgerufene Bedrohungen erhöhte Erosionsraten, Trinkwasserversalzung, Verschlechterung der Böden und Bedrohung des Ökosystems Wattenmeer (Germanwatch 2007).
3. 2 Meteorologische und astronomische Voraussetzungen
Im Bereich des Untersuchungsgebietes treten Sturmfluten häufig bei West- bis Nordwestwind auf (s. Abb. 3). Dabei stellen der Weg von Island in Richtung Skandinavien (Sturmfluttyp Skandinavien) oder vom Ostatlantik über die südliche Nordsee (Sturmfluttyp Nordsee) nach Dänemark typische Zugrichtungen von Tiefdruckgebieten dar (Dwd 2007). Eine besondere Gefährdung besteht, wenn die Windrichtung nach mehreren Tagen Südwest auf Nordwest wechselt. Dabei befördern lang anhaltende Südwestwinde große Wassermengen durch den Ärmelkanal aus dem Atlantik in die südliche Nordsee. Bei raschem Wechsel der Windrichtung auf Nord oder Nordwest werden die Wassermassen innerhalb kurzer Zeit in das Innere der Deutschen Bucht verlagert (Kirchhoff 1990: 75).
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